Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Die Familie Pfäffling
(Agnes Sapper, 1907, empfohlenes Alter: 6 - 12 Jahre)

Ein Haus ohne Mutter

<p>So ganz allmählich und unmerklich war es gekommen&comma; daß von Frau Pfäfflings Reise zur Großmutter gesprochen wurde als von einer ausgemachten Sache&comma; obwohl niemand hätte sagen können&comma; an welchem Tag sie die Ansicht aufgegeben hatte&comma; daß die Reise ganz unmöglich sei&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nur "auf alle Fälle" entschloß sie sich zum Einkauf eines Kleiderstoffs&comma; und als die Schneiderin das Kleid anfertigte&comma; hörte man Frau Pfäffling sagen&colon; "Nicht zu lang&comma; damit es nötigenfalls auch als Reisekleid praktisch ist&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Auf alle Fälle" nahm sie eines Tages das Kursbuch zur Hand&comma; um zu sehen&comma; wie sich die Reise praktisch machen ließe&comma; und was sie gesehen&comma; trug sie "auf alle Fälle" in ihr Notizbuch ein&period; Wer wird aber nicht reisen&comma; wenn das Reisekleid fertig im Schrank hängt und die besten Zugverbindungen herausgefunden sind&quest; So war es denn wirklich soweit gekommen&comma; daß sich Frau Pfäffling anfangs Februar für einen bestimmten Tag bei ihrer Mutter ansagte&period; Darauf erfolgte eine Karte&comma; die mit herzlichem Willkommruf begann und mit der Anfrage schloß&comma; ob Frau Pfäffling nicht mit leichterem Herzen reisen würde&comma; wenn sie ihr Elschen mitnähme&quest; Das Kind zahle ja nur den halben Fahrpreis&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Diese Karte&comma; die Herr Pfäffling im Zimmer vorlas&comma; brachte große Aufregung in die Kinderschar&comma; und ungefragt gaben sie alle ihre Gefühle und Meinungen kund&comma; bis der Vater die Türe weit aufmachte und den ganzen aufgeregten Schwarm hinausscheuchte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Du hättest es gar nicht vor den Kindern vorlesen sollen&comma; ehe wir entschlossen sind&comma;" sagte Frau Pfäffling&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Freilich&comma; aber ich kann dich auch nicht bei jeder Gelegenheit zu mir herüberrufen&comma; und wo du bist&comma; sind immer ein paar Kinder&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; ja&comma;" erwiderte Frau Pfäffling lächelnd&comma; "und warten&comma; bis sie in der Schule sind oder bis am Abend&comma; warten kann man nicht&comma; wenn man Pfäffling heißt&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie berieten zusammen&comma; waren sehr bald entschlossen und riefen die Kinder zurück&period; Frau Pfäffling sah den Blick der Kleinen gespannt auf sich gerichtet&period; Sie zog das Kind an sich&period; "Es kann nicht sein&comma; Elschen&comma;" sagte sie&comma; "und ich will dir auch erklären warum&period; Bei einer so weiten Reise ist auch der halbe Fahrpreis schon teuer und selbst&comma; wenn ihn die gute Großmutter für dich zahlen wollte&comma; könnte ich dich doch nicht mitnehmen&comma; denn wer sollte denn daheim die Türe aufmachen&comma; wenn es klingelt&comma; während alle in der Schule sind&quest; Walburg hört das ja nicht und sie versteht nicht&comma; was die Leute sagen&comma; die kommen&period; Du mußt unsere Pförtnerin sein&comma; solange ich fort bin&semi; wenn du nicht daheim wärest&comma; könnte ich gar nicht reisen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Das kleine Jüngferchen war verständig&comma; es sah ein&comma; daß es zurückbleiben mußte&period; Der Traum hatte nur kurz gedauert und war undeutlich gewesen&comma; denn was wußte Elschen von fremden Ländern und Menschen&comma; von Reiselust und Erlebnissen&quest; Für sie war die Heimat noch die Welt&comma; die Neues und Merkwürdiges genug brachte&period; So kam es zur Verwunderung der großen Geschwister nicht einmal zu ein paar Tränen bei der kleinen Schwester&comma; die doch heute nach Tisch geweint hatte&comma; weil sie nicht mit hinunter gedurft hatte auf die Balken in dem nassen Hof&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Der letzte Tag vor der Abreise war gekommen&comma; Frau Pfäffling war es schwer ums Herz&period; Gut&comma; daß Tag und Stunde längst festgesetzt waren&comma; sonst hätte sie ihren Koffer wohl wieder ausgepackt&period; Aber sie wußte&comma; wie sehnlich sie erwartet wurde&comma; es gab kein Zurück mehr&comma; es mußte jetzt sein&period; Geschäftig ging sie heute&comma; alles voraus bedenkend&comma; hin und her im Haus&period; Aber überall&comma; wo sie auch war&comma; in Küche&comma; Keller und Kammern&comma; folgte ihr Frieder&period; Er störte sie nicht&comma; wenn sie räumte&comma; überlegte oder anordnete&comma; er verlangte nichts&comma; als bei ihr zu sein&comma; nahe&comma; so nahe wie möglich&period; Sie spürte sein Heimweh&period; Es war ein langes&comma; stummes Abschiednehmen&period; Einmal kam es auch zur Aussprache&comma; in einem Augenblick&comma; wo sie oben&comma; in der Bodenkammer&comma; allein mit ihm war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Mutter&comma; gelt&comma; du glaubst das nimmer&comma; was du neulich gesagt hast&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Was denn&comma; Kind&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Es wollte nicht über seine Lippen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Was&comma; mein Kind&comma; komm&comma; sage es mir&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Daß ich die Violine lieber habe als dich und den Vater&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; Herzkind&comma; das glaube ich schon lange nimmer&comma; du hast ja dem Vater deine Violine gegeben&period; Ich weiß gut&comma; wie lieb du uns hast&period; Darum tut dir ja auch der Abschied weh&period; Aber es muß doch auch einmal sein&comma; daß ich zu meinem eigenen Mütterlein wieder gehe&comma; eben weil man seine Mutter so lieb hat&comma; das verstehst du ja&period; Und denke nur&comma; das Freudenfest&comma; wenn wir wieder zusammen kommen&excl; Wie wird das köstlich werden&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>So tröstete die Mutter den Kleinen und tröstete sich selbst zugleich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und dann nahm sie die Gelegenheit wahr und sprach mit Karl allein ein Wort&colon; "Nimm dich ein wenig um Frieder an&comma; er ist immer noch traurig wegen seiner Violine&comma; darum fällt ihm auch der Abschied besonders schwer&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; er geigt oft ohne Violine ganz in der Stille&comma; Mutter&comma; hast du es schon gesehen&quest; Er stellt sich so hin&comma; wie wenn er seine Geige hätte&comma; neigt den Kopf nach links&comma; biegt den Arm und streicht mit dem rechten&comma; wie wenn er den Bogen führte&comma; und dann hört er die Melodien&comma; das sieht man ihm gut an&period; Da tut er mir oft leid&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; mir auch&period; Aber morgen&comma; wenn ich fort bin&comma; will ihm der Vater die erste Klavierstunde geben&comma; darüber wird er die Violine vergessen&period; Und wenn nun der Schnee vollends geschmolzen ist und ihr wieder am Kasernenhof turnen könnt&comma; dann nimm nur auch Frieder dazu und mache ihm Lust&period; Und noch etwas&colon; ich meine&comma; deine Mathematikstunden mit Wilhelm werden nimmer regelmäßig eingehalten&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"O doch&comma; Mutter&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Oder sie sind so kurz&comma; daß man nicht viel davon bemerkt&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Das kann sein&comma; auf die Uhr schauen wir gewöhnlich nicht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich glaube&comma; eure Stunde hat manchmal nur fünfzehn Minuten&semi; das ist aber nicht genug&comma; ihr müßt eure Zeit einhalten&semi; denke nur&comma; wenn Wilhelm wieder eine so schlechte Note bekäme&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Die bekommt er nicht noch einmal&comma; Mutter&comma; du kannst dich darauf verlassen&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Bald nachher rief Frau Pfäffling Wilhelm und Otto zu sich hinunter in die Holzkammer&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ihr habt ja gar keinen Vorrat gespaltenes Holz mehr&comma;" sagte sie&comma; "daran dürft ihr es nicht fehlen lassen&comma; solange ich fort bin&period; Walburg muß in dieser Zeit alle meine Arbeit tun&comma; sie kann nicht auch für Holz und Kohlen sorgen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Und nun ging's an die Mädchen&period; "Marianne&comma; ihr müßt Walburg soviel wie möglich alle Gänge abnehmen&comma; solange ich fort bin&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; ja&comma; Mutter&comma; das tun wir doch immer&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Manchmal sagt ihr doch&colon; wir haben zuviel Aufgaben&comma; oder&colon; wir haben die Stiefel schon ausgezogen&period; Ihr müßt lieber die Stiefel dreimal aus- und anziehen&comma; als es darauf ankommen lassen&comma; daß Walburg mitten am Vormittag vom Kochen fortspringen muß&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>So ging der letzte Tag mit Vorsorgen und Ermahnungen aller Art hin und am Morgen der Abreise&comma; schon im Reisekleid&comma; nahm Frau Pfäffling noch einmal Nadel und Fingerhut zur Hand&comma; um einen eben entdeckten Schaden an einem Kinderkleid auszubessern&period; Sie sorgte noch auf dem Weg zur Bahn&comma; ja aus dem Wagenfenster kamen noch hausmütterliche Ermahnungen&comma; bis endlich der Zug durch eine kaum hörbare erste Bewegung zur fertigen Tatsache machte&comma; daß Frau Pfäffling verreist war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie konnte ihre Gedanken nicht gleich losmachen&comma; die gingen noch eine Weile im alten Geleise&period; Dann kam die Einsicht&comma; daß all dies Denken ihr selbst nur das Herz schwer machen und den Zurückgebliebenen nichts nützen konnte&period; Zugleich verschwanden auch die letzten Häuser und Anlagen der Stadt&comma; freie&comma; noch mit Schnee bedeckte Äcker und Felder tauchten auf&comma; eine stille&comma; einförmige Natur&period; Da machte sie es sich bequem in dem Wagen&comma; lehnte sich behaglich zurück&comma; ergab sich darein&comma; daß sie nicht sorgen und nichts leisten konnte&comma; und empfand eine wohltuende Ruhe&comma; ein Gefühl der Erholung&comma; während sie der Stätte ihrer Tätigkeit mit gewaltiger Eile immer weiter entführt wurde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Manches Dorf war schon an Frau Pfäffling vorübergesaust&comma; bis ihr Mann mit den Kindern nur wieder in die Frühlingsstraße zurückgekehrt war&period; Sie machten sich an ihre Arbeit wie sonst und alles ging seinen geregelten Gang&period; Nur Elschen lief an diesem Vormittag mit Tränen durch die stillen Zimmer&comma; die andern empfanden die Lücke erst so recht bei dem Mittagessen&period; Es verlief auffallend still&period; Eigentlich war ja Frau Pfäffling keine sehr gesprächige Frau&comma; ihr Mann und ihre Kinder waren lebhaftere Naturen&semi; heute hätte man das Gegenteil glauben können&comma; eine so schweigsame Mahlzeit hatte es noch selten an diesem Tisch gegeben&period; Freilich war der Vater auch von der ihm ungewohnten Beschäftigung hingenommen&comma; das Essen auszuteilen&period; Er merkte jetzt erst&comma; wieviel das zu tun machte&comma; und es dauerte gar nicht lange&comma; so führte er den Brauch ein&comma; daß Karl für Wilhelm die Suppe ausschöpfen mußte&comma; Wilhelm für Otto und so nacheinander herunter&comma; immer das ältere unter den Geschwistern dem jüngern&period; Anfangs machte es den Kindern Spaß&comma; aber es ging nicht immer so friedlich und so säuberlich zu wie bei der Mutter&comma; und Walburg wunderte sich&comma; daß sie bald eine noch fast gefüllte&comma; bald eine ganz leere Suppenschüssel abzutragen hatte&semi; da war gar kein regelmäßiger Verbrauch mehr wie bisher&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ganz kurios erschienen Herrn Pfäffling und Karl die späten Abendstunden&comma; wo sie allein beisammen saßen&period; Sie waren sich so nahe gerückt und wußten doch nicht viel miteinander anzufangen&comma; so glich das Zimmer oft einem Lesesaal&comma; in dem die Vorschrift befolgt wird&colon; Man bittet&comma; nicht zu sprechen&period; Das wurde aber besser nach den ersten Tagen&period; Es kamen ja auch Briefe von der Mutter&comma; und diese bildeten ein gemeinsames Interesse zwischen Vater und Sohn&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Briefe brachten gute Nachrichten&period; Es war ein beglückendes Wiedersehen zwischen Mutter&comma; Tochter und Geschwistern&comma; wenn auch nicht ganz ohne Wehmut&period; Was war es für ein gealtertes&comma; pflegebedürftiges Großmütterlein&comma; das da im Lehnstuhl saß&comma; nicht mehr imstande&comma; ohne Hilfe von einem Zimmer in das andere zu gehen&excl; Und wiederum&comma; wo war Frau Pfäfflings Jugendblüte geblieben&quest; Welch deutliche Spuren hatte die Mühsal des Lebens auf ihren feinen Zügen eingegraben&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber dieser erste wehmütige Eindruck verwischte sich bald&period; Schon nach einigen Stunden hatten sie sich an die Veränderung gewöhnt und fanden wieder die geliebten&comma; vertrauten Züge heraus&period; Es war auch kein Grund zu trauriger Empfindung da&comma; denn die alte Frau hatte keine Schmerzen zu leiden&comma; sie genoß dankbar ein friedliches Alter unter der treuen Pflege der unverheirateten Tochter&comma; die bei ihr und für sie lebte&period; Und die junge Frau&comma; wenn man Frau Pfäffling noch so nennen wollte&comma; sprach mit solcher Liebe von ihrem großen Familienkreis und schien so gereift durch reiche Lebenserfahrung&comma; daß es allen deutlich zum Bewußtsein kam&comma; das Leben habe ihr mit all seiner Mühe und Arbeit Köstliches gebracht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am wenigsten verändert hatte sich Frau Pfäfflings Schwester&comma; Mathilde&comma; die noch ebenso frisch und kräftig erschien&comma; wie vor Jahren&period; Sie führte die Schwester in das freundliche&comma; sonnig gelegene und wohldurchwärmte Gastzimmer&comma; zog sie an sich&comma; küßte sie herzlich und sagte&colon; "Cäcilie&comma; nun soll dir's gut gehen&excl; Du wirst sehen&comma; wie ich dich pflege&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich bin ja gar nicht krank&comma; Mathilde&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; das ist ja eben das Gute&comma; daß du nur überanstrengt bist&period; Nichts tue ich lieber als solche abgearbeitete Menschenkinder zur Ruhe bringen und herausfüttern&period; Es ist eine wahre Lust&comma; zu sehen&comma; wie rasch das anschlägt&comma; da kann man viel erreichen in vier Wochen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling wurde nachdenklich&period; "Mathilde&comma;" sagte sie&comma; "kannst du das nicht in drei Wochen erreichen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Warum&quest; Nein&comma; das ist zu kurz&comma; du hast doch vier Wochen Urlaub&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; mein Mann und die Kinder denken auch gar nicht anders&comma; als daß ich vier Wochen wegbleibe&comma; aber ich selbst habe mir im stillen von Anfang an vorgenommen&comma; nach drei Wochen zurückzukommen&comma; und habe gehofft&comma; daß du mich darin unterstützest&comma; denn sieh&comma; es ist zu lange&comma; einen solchen Haushalt&comma; Mann&comma; sieben Kinder und ein fast taubes Mädchen zu verlassen&period; Es kommt so oft etwas vor bei uns&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Was soll denn vorkommen&quest; Was fürchtest du&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Das kann ich dir nicht sagen&comma; ich weiß es ja selbst nicht vorher&comma; aber es ist so&period; Bald schreiben die Kinder einen Brief&comma; der unangenehme Folgen haben könnte&comma; bald hört einer nicht auf zu musizieren&comma; wenn er einmal anfängt&comma; und selbst&comma; wenn nichts Besonderes vorkäme&comma; das Alltägliche bringt schon Schwierigkeiten genug&colon; Elschen muß vormittags immer allein die Türe aufmachen und Bescheid geben&comma; das ist unheimlich in einer großen Stadt&period; Und wenn du immer noch nicht überzeugt bist&comma; Mathilde&comma; dann will ich dir noch etwas sagen&colon; Ich meine&comma; wenn mein Mann einundzwanzigmal mit Karl abends allein am Tisch gesessen ist&comma; so ist das wirklich genug und es wäre an der Zeit&comma; daß ich wieder käme&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"So sollen wir dich ziehen lassen&comma; ehe nur dein Urlaub abgelaufen ist&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich habe mir das so nett ausgedacht und freue mich darauf&comma; Mathilde&comma; wenn ich etwa nach zwei Wochen heimschreibe&comma; daß ich schon in der nächsten Woche komme&period; Du kennst ja meinen Mann&comma; er ist noch gerade so lebhaft wie früher und die meisten unserer Kinder haben sein Temperament&period; Da gibt es nun bei solch einer Nachricht immer gleich einen Jubel&comma; das solltest du nur einmal mit ansehen und hören können&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling sah im Geist ihre fröhliche Schar&comma; und ein glückliches Leuchten ging über ihr Gesicht&period; In diesem Augenblick sah sie ganz jugendlich&comma; gar nicht pflegebedürftig aus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als die Schwestern das Gastzimmer verließen&comma; hatten sie sich auf drei&nbsp&semi;Wochen geeinigt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die ersten Tage vergingen in stillem&comma; glücklichem Beisammensein&period; Es war für Frau Pfäffling eine Wonne&comma; so ganz ohne häusliche Sorgen bei der Mutter sitzen zu dürfen und zu erzählen&period; Teilnahme und volles Verständnis war da zu finden für alles&comma; was ihr Leben erfüllte&comma; und doch stand die Mutter selbst schon fast über dem Leben&period; Einen weiten Weg hatte sie in achtzig Jahren zurückgelegt und nun&comma; nahe dem Ziel&comma; überblickte sie das Ganze wie aus der Ferne&period; Da sieht sich manches anders an&comma; als wenn man mitten darinsteht&period; Von der Höhe herab erkennt man&comma; was Irrwege sind oder richtige Wege&comma; und wer hören wollte&comma; der konnte hier manch guten Rat für den eigenen Lebensweg bekommen&period; Frau Pfäffling war von denen&comma; die hören wollten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In die zweite Woche ihres Aufenthalts fiel der achtzigste Geburtstag&period; Zu diesem Familienfest fand sich unter andern Gästen auch Frau Pfäfflings einziger Bruder ein mit seiner Frau und einer fünfzehnjährigen Tochter&comma; einem lieblichen&comma; fein erzogenen Mädchen&period; Diesen Bruder&comma; der Professor an einer norddeutschen Universität war&comma; hatte Frau Pfäffling auch seit vielen Jahren nimmer gesehen&comma; aber aus der Ferne hatte eines an des andern Schicksal und Entwicklung stets Anteil genommen&comma; und so war es beiden eine besondere Freude&comma; sich einmal wieder ins Auge zu sehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Wir müssen auch ein Stündchen herausfinden&comma; um allein miteinander zu plaudern&comma;" sagte der Bruder während des festlichen Mittagsmahls zu seiner Schwester&period; Und als nach Tisch&comma; während die Geburtstägerin ruhte&comma; eine Schlittenfahrt unternommen wurde&comma; saßen Bruder und Schwester in einem kleinen Schlitten allein&period; Hier&comma; im nördlichen Deutschland&comma; lag in diesem Februar noch überall Schnee&comma; die Bahn war glatt&comma; die Kälte nicht streng&comma; die Fahrt eine Lust&period; Frau Pfäffling sah nach dem Schlitten zurück&comma; in dem mit andern Gästen ihre junge Nichte saß&period; "Wie reizend ist sie&comma;" sagte Frau Pfäffling&comma; "und so wohlerzogen&period; Wenn du meine Kinder daneben sehen würdest&comma; kämen sie dir ein wenig ungehobelt vor&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Zum Abhobeln hast du wohl keine Zeit&comma; meine Frau hat es leichter als du&comma; sie gibt sich auch viel Mühe mit der Erziehung&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; bei sieben geht es immer nur so aus dem gröbsten&comma; und man wird damit oft kaum fertig&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Unsere drei haben trotzdem auch ihre Fehler&period; Sie streiten viel miteinander&comma; wie ist das bei euch&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Es kommt auch vor&comma; aber meistens sind sie doch vergnügt miteinander&period; Sie haben ihres Vaters frohe Natur und sind leicht zu erziehen&comma; nur sollte man sich eben mehr mit dem einzelnen abgeben können&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Hat man für die deinigen zu wenig Zeit&comma; so für die unserigen zu viel&period; Ich fürchte&comma; daß sie gar zu sorgfältig beachtet werden&period; Jederzeit ist das Fräulein zu ihrer Verfügung&comma; außerdem haben wir noch zwei Dienstmädchen&comma; und mit unserem Jungen werden sie oft alle drei nicht fertig&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>So besprachen die Geschwister in alter Vertraulichkeit miteinander die häuslichen Verhältnisse&comma; und dann wollte Frau Pfäffling Näheres hören über einen Reiseplan&comma; den ihr Bruder schon bei Tisch erwähnt hatte&period; Er beabsichtigte in den Osterferien eine Reise nach Italien zu machen&comma; dabei durch Süddeutschland zu kommen und die Familie Pfäffling zu besuchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>An diesen Plan schloß sich noch ein weiterer an&comma; den der Professor nach dieser Schlittenfahrt faßte und zunächst mit seiner Frau allein besprach&period; Wenn auf der einen Seite viele Kinder waren&comma; auf der anderen wenig&comma; auf der einen Seite Zeit&comma; Bedienung und Geld knapp&comma; auf der andern alles reichlich&comma; warum sollte man nicht einen Ausgleich versuchen&quest; Bruder und Schwägerin machten den Vorschlag&comma; einen der jungen Pfäfflinge auf Jahr und Tag zu sich zu nehmen&period; Die Sache wurde überlegt&comma; und es sprach viel für den Plan&period; Frau Pfäffling wollte mit ihrem Mann darüber sprechen&comma; und wenn er einverstanden wäre&comma; sollte der Bruder auf der Osterreise sich selbst umsehen und wählen&comma; welches der Kinder am besten zu den seinigen passen würde&period; Das Auserlesene sollte er dann auf der Heimreise gleich mit sich nehmen&period; Mit dieser Aussicht auf ein baldiges Wiedersehen reiste der Bruder mit seiner Familie wieder ab&comma; und in der Umgebung der achtzigjährigen Mutter wurde es still wie vorher&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling erhielt treulich Berichte von den Ihrigen&comma; aber sie erfuhr doch nicht alles&comma; was daheim vor sich ging&period; Ihr Mann hatte die Losung ausgegeben&colon; "Nur was erfreulich ist&comma; wird brieflich berichtet&comma; sonst ist der Mutter der Aufenthalt verdorben&comma; alles andere wird erst mündlich erzählt&period;" So gingen denn Nachrichten ab über gelungene Mathematikarbeiten und neue Klavierschüler&comma; über einen Maskenzug und Fastnachtskrapfen&comma; über Frieders regelmäßiges Klavierspiel und über der Hausfrau freundliche Teilnahme&comma; aber worin sich zum Beispiel diese Teilnahme Frau Hartwigs gezeigt hatte&comma; das und manches andere blieb verschwiegen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mit der Hausfrau hatte sich das so verhalten&colon; Eines Mittags&comma; als Herr&nbsp&semi;Pfäffling von der Musikschule heimkam&comma; sprach ihn Frau Hartwig an&colon;&nbsp&semi;"Haben Sie heute nacht nichts gehört&comma; Herr Pfäffling&comma; nicht ein Stöhnen&nbsp&semi;oder dergleichen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma;" sagte Herr Pfäffling&comma; "ich habe gar nichts Auffallendes gehört&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber es muß doch aus Ihrer Wohnung gekommen sein&period; Nun ist es schon die zweite Nacht&comma; daß ich daran aufgewacht bin&period; Kann es sein&comma; daß eines der Kinder so Heimweh hat&comma; daß es bei Nacht laut weint&quest; Aus einem der Schlafzimmer kommt der schmerzliche Ton&period; Irgend etwas ist nicht in Ordnung&comma; ich habe schon die Kinder danach gefragt&comma; aber nichts erfahren können&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Das will ich bald herausbringen&comma;" sagte Herr Pfäffling und ging hinauf&period; Er fragte zunächst nicht&comma; sah sich aber bei Tisch aufmerksam die Tafelrunde an&period; Frische&comma; fröhliche Gesichter waren es&comma; die nichts verrieten von nächtlichem Kummer&period; Oder doch&quest; Ja&comma; eines sah allerdings blaß und überwacht aus&comma; ernst und fast wie von Schmerz verzogen&period; Das war Anne&period; Ihr mußte etwas fehlen&period; Er beobachtete sie eine Weile und machte sich Vorwürfe&comma; daß er das bisher übersehen hatte&period; Wenn die Mutter dagewesen wäre&comma; die hätte es bemerkt&comma; auch ohne der Hausfrau Mitteilung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nach Tisch&comma; als sich die Kinder zerstreut hatten&comma; hielt er die&nbsp&semi;Schwestern zurück&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ist dir's nicht gut&comma; Anne&quest;" fragte er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"O doch&excl;" erwiderte sie rasch und wurde über und über rot&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Du meinst wohl&comma; in dem Punkt dürfe man lügen&comma;" entgegnete Herr Pfäffling&comma; "weil ich lieber höre&comma; daß du wohl bist&period; Aber ich möchte doch auch darüber gern die Wahrheit hören&period;" Da senkte sie schon mit Tränen in den Augen den Kopf&comma; und Herr Pfäffling wußte&comma; woran er war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Warum hast du denn geweint heute nacht&quest;" fragte er&comma; "wenn die Mutter nicht da ist&comma; müßt ihr mir euren Kummer anvertrauen&period;" Das geschah nun auch und er erfuhr&comma; daß Anne wieder an Ohrenschmerzen litt&period; Diese waren bei Nacht heftig geworden&period; Marie hatte ihr ein Mittel eingeträufelt&comma; das noch vom vergangenen Jahr dastand&comma; und Umschläge gemacht&comma; aber das hatte alles nichts geholfen und erst gegen Morgen waren die Schwestern eingeschlafen&period; So war es schon zwei Nächte gewesen&period; Sie hatten es dem Vater verschweigen wollen&comma; denn Anne mochte nicht zum Ohrenarzt geschickt werden&comma; sie fürchtete die Behandlung&comma; fürchtete auch die große Neujahrsrechnung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am Nachmittag saßen aber doch die zwei Schwestern im Wartezimmer des Arztes&period; Der Vater hatte der Verzagten Mut gemacht und den Schwestern vorgehalten&comma; daß Anne so schwerhörig wie Walburg werden könnte&comma; wenn etwas versäumt würde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Arzt erkannte das Zwillingspaar gleich wieder&period; Die zwei Unzertrennlichen rührten ihn&period; Die gesunde Schwester sah gerade so ängstlich aus wie die kranke&comma; sie zuckte wie diese beim Schmerz&comma; und doch kam sie immer als treue Begleiterin&period; Diesmal konnte er beide trösten&period; "Es ist nichts Schlimmes&comma;" sagte er&comma; "das gibt keine so böse Geschichte wie voriges Jahr&period; Aber das alte Mittel schüttet weg&comma; das macht die Sache nur schlimmer&period; Ich gebe euch ein anderes&period; Wenn eure Mutter verreist ist&comma; so kommt lieber alle Tage zu mir&comma; ich will es selbst einträufeln&period; Und sagt nur eurem Vater einen Gruß&comma; und das gehe noch auf die Rechnung vom vorigen Jahr&comma; das ist Nachbehandlung&comma; die gehört dazu&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Darüber wurden die Schwestern so vergnügt&comma; daß sie anfingen&comma; mit dem gefürchteten Arzt ganz vertraulich zu plaudern&period; So erfuhr er denn auch&comma; daß Anne nicht so taub werden wollte wie Walburg&period; "Hört die denn gar nichts mehr&quest;" fragte er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Uns versteht sie schon noch&comma; wenn wir ihr etwas recht laut ins Ohr sagen&comma; aber es wird alle Jahre schlimmer&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Geht sie nie zum Arzt&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Davon hatten die Schwestern nicht reden hören&comma; aber sie wußten ganz gewiß&comma; daß man ihr nicht helfen konnte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Manchmal kann man so ein Übel doch zum Stillstand bringen&comma;" sagte der Arzt&comma; "schickt sie mir nur einmal her&comma; ich will danach sehen und sagt daheim&comma; das gehe auch noch in die alte Rechnung&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Die Schwestern konnten gar nicht schnell genug heimkommen&comma; so freuten sie sich&comma; den guten Bescheid dem Vater mitzuteilen&period; Unverdrossen riefen sie es auch Walburg ins Ohr&comma; bis diese endlich verstand&comma; daß es sich um sie handelte&comma; und ihren Auftrag erteilte&colon; "Sagt nur dem Arzt&comma; wenn euere Mutter zurückkommt&comma; werde ich so frei sein&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Das nächtliche Stöhnen war bald nimmer zu hören&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die letzte Woche von Frau Pfäfflings Abwesenheit war angebrochen&comma; zum gestrigen Sonntag hatte sie die fröhliche Botschaft gesandt&comma; daß sie volle acht Tage früher heimkommen würde&comma; als verabredet war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In dieser Zeit wurde nie&comma; wie sonst manchmal&comma; vergessen&comma; das Blättchen vom Kalender rechtzeitig abzureißen&period; Sie sollte nur schnell vergehen&comma; diese letzte Februarwoche&comma; zugleich die letzte Woche ohne die Mutter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Immer ist das Blatt schon weg&comma; wenn ich zum Frühstück komme&comma;" sagte einmal Karl&comma; "das ist doch bisher mein Geschäft gewesen&comma; wer tut es denn so zeitig&quest; Der Kalender gehört eigentlich mir&period;" "Ich&comma;" sagte Frieder&comma; "ich habe es manchmal getan&period;" "Du bist doch gar nicht vor mir zum Frühstück gekommen&quest;" Es wurde noch weiter nachgeforscht&comma; und da stellte es sich heraus&comma; daß Frieder immer schon abends den Kalenderzettel abzog und mit ins Bett nahm&period; "Du meinst wohl&comma; es kommt dann schneller der 1&period; März und die Mutter mit ihm&quest;" sagte Karl und wehrte dem kleinen Bruder nicht&comma; dem war ja immer anzumerken&comma; daß er Heimweh hatte&period; Aber an diesem Montag morgen ging er vergnügt seinen Schulweg mit den Geschwistern&comma; die Heimkehr der Mutter war ja plötzlich so nahegerückt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nur Elschen wurde heute die Zeit besonders lang&comma; so allein mit Walburg&semi; ja im Augenblick war sie sogar ganz allein&comma; denn am Samstag hatten die jungen Kohlenträger und Holzlieferanten nicht genügend für Vorrat gesorgt und Walburg mußte hinuntergehen&comma; sich selbst welches zu holen&period; Während dieser Zeit wurde geklingelt und Elschen lief herzu&comma; um aufzumachen&period; Ein Herr fragte nach Herrn Pfäffling&comma; dann nach dessen Frau und nach den Geschwistern&period; Als er hörte&comma; daß sie alle fort seien&comma; bedauerte er das sehr und fragte&comma; ob er wohl ein kleines Briefchen an Herrn Pfäffling schreiben könne&comma; er sei ein guter Bekannter von ihm&comma; und er wolle schriftlich ausmachen&comma; wann er ihn wieder aussuchen würde&period; Elschen führte den Herrn freundlich in des Vaters Zimmer an den Schreibtisch&comma; wo das Tintenzeug stand&period; "Es ist gut&comma; liebes Kind&comma;" sagte der Herr&comma; "du kannst nun hinausgehen&comma; daß ich ungestört schreiben kann&comma; den Brief für deinen Vater lasse ich hier liegen&period;" Elschen verließ das Zimmer&period; Nach einer ganz kurzen Weile kam der Herr wieder heraus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Sind Sie schon fertig&quest;" fragte die Kleine verwundert&period; Aber sie bekam keine Antwort&comma; der Herr schien große Eile zu haben&comma; ging rasch die Treppe hinunter und hielt sich auch gar nicht bei Walburg auf&comma; die eben heraufkam&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Wer war da&quest;" fragte diese&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Bloß ein Herr&comma; der den Vater sprechen wollte&comma;" rief ihr Elschen ins Ohr&semi; weiteres von diesem Besuch zu erzählen war dem kleinen Persönchen zu unbequem&comma; Walburg verstand doch immer nicht recht&period; Aber beim Mittagessen fiel ihr die Sache wieder ein und sie erzählte sie dem Vater&period; Dem kam es verdächtig vor&period; "Wo ist denn der Brief&quest;" fragte er&period; Ja&comma; wo war der Brief&quest; Nirgends war einer zu finden&excl; Und wo war denn—ja&comma; wo war denn das Geld&comma; das in der kleinen Schublade jahraus&comma; jahrein seinen Platz hatte&quest; Sie standen zu acht herum&comma; der Vater mit allen sieben&comma; mit entsetzten Blicken stierten sie alle in den leeren Raum&period; Oft schon war er dünn besetzt gewesen&comma; aber so öde hatte es noch nie in dieser Schublade ausgesehen&comma; in die hinein&comma; aus der heraus das kam&comma; was die Familie Pfäffling am Leben erhielt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ein Dieb&comma; ein Betrüger&comma; ein schändlicher Mensch hatte sich eingeschlichen&comma; hatte alles Geld genommen&comma; nichts zurückgelassen&comma; keinen Pfennig fürs tägliche Brot&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Walburg wurde hereingeholt und über den "Herrn" ausgefragt&period; Man brauchte ihr gar nichts ins Ohr zu rufen&comma; die offenstehende leere Schublade&comma; die bestürzten Gesichter sprachen auch für sie deutlich genug&semi; sie wurde kreideweiß im Gesicht und fragte bloß&colon; "Gestohlen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Und nun flogen Vorwürfe hin und her&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Du bist die rechte Pförtnerin&comma; führst den Dieb selbst an den Schreibtisch&excl;" warfen die Brüder der kleinen Schwester vor&period; "Es war ja gar kein Dieb&comma; es war ein freundlicher Herr&comma;" rief sie weinend&period; Marie nahm sie in Schutz&period; "Sie kann nichts dafür&comma; aber ihr&comma; weil ihr kein Holz getragen habt&comma; wegen euch hat Walburg hinunter gemußt&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Hätte ich den Schlüssel abgezogen&comma; o&comma; hätte ich ihn doch nicht stecken lassen&excl;" rief Herr Pfäffling immer wieder&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die sich keinen Vorwurf zu machen hatten&comma; waren am ruhigsten&semi; Frieder wagte zuerst ein Trostwort&colon; "Die Mutter wird schon Geld haben&comma; wir wollen ihr schreiben&comma;" aber der Gedanke an die Mutter schien diesmal niemand zu beruhigen&comma; es war so traurig&comma; zu denken&comma; daß man sie mit solch einer Botschaft empfangen sollte&excl; Karl und Marie hatten leise miteinander gerechnet&colon; "Vater&comma;" sagten sie jetzt&comma; "wir alle zusammen haben doch noch genug für eine Woche&comma; und am 1&period; März kommt wieder dein Gehalt&period; Wir sparen recht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; ja&comma;" sagte Herr Pfäffling&comma; "verhungern müssen wir nicht&comma; ich habe auch noch etwas im Beutel&comma; aber alles&comma; was für die Miete und für die Steuer zurückgelegt war&comma; ist weg&comma; und wenn ich meinen Schlüssel abgezogen hätte&comma; wäre vielleicht alles noch da&excl;" Er rannte aufgeregt hin und wieder&comma; bis ihn ein Wort Walburgs stillstehen machte&comma; das Wort&colon; Polizei&period; Es war ja eine Möglichkeit&comma; daß der Dieb ausfindig gemacht werden und ihm das Geld wieder abgenommen werden konnte&period; Ja&comma; sofort Anzeige auf der Polizei&comma; das war das einzig richtige&period; Elschen sollte mit&comma; um den Eindringling zu beschreiben&period; Nur schnell&comma; nur schnell&comma; schon waren viele Stunden verloren&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Kaum wollte sich der Vater gedulden&comma; bis die Kleine gerichtet war&period; Sie setzten sie rasch auf den Stuhl&comma; vor ihr knieten die Schwestern&comma; jede knöpfte ihr einen Stiefel an&comma; Walburg brachte Mantel und Häubchen&comma; die Brüder wollten ihr die Handschuhe anziehen&comma; machten es verkehrt&comma; erklärten dann Handschuhe für ganz übertrieben und die Kleine sprang ohne solche dem Vater nach&comma; der schon an der Treppe stand und nun mit so langen Schritten die Frühlingsstraße hinunterging&comma; daß das Kind an seiner Hand immer halb springend neben ihm hertrippeln mußte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Von der Polizei brachten sie günstigen Bescheid zurück&period; Ein junger Musiker&comma; der angeblich Arbeit suchte&comma; war am Tag vorher auf Bettel betroffen worden und mochte wohl der Missetäter sein&period; Man hoffte&comma; ihn aufzufinden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es war gut&comma; daß am gestrigen Sonntag ein Brief an Frau Pfäffling abgegangen war&comma; denn heute und in den folgenden Tagen hätte niemand schreiben mögen&period; So aber kam es&comma; daß sie gerade&comma; während ihre Lieben in großer Trübsal waren&comma; einen dicken Brief von ihrem Mann erhielt&comma; aus dem ihr eine ganze Anzahl Briefblättchen entgegen flatterten&comma; alle voll Jubel über das unerwartet nahe Wiedersehen&period; Jedes der Kinder hatte seine Freude selbst aussprechen wollen&period; Nicht die leiseste Ahnung sagte Frau Pfäffling&comma; daß die Stimmung daheim inzwischen vollkommen umgeschlagen war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Pfäffling ging gleich am nächsten Morgen auf die Polizei&comma; um sich zu erkundigen&period; Er erfuhr&comma; daß bisher vergeblich nach dem jungen Musiker gefahndet worden war&period; Als er aber am Nachmittag nochmals kam und ebenso am nächsten Tag in frühester Morgenstunde auf der Polizei erschien&comma; wurde ihm bedeutet&comma; daß er sich nicht mehr bemühen möchte&comma; es würde ihm Nachricht zukommen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Darüber verstrich die halbe Woche und der Gedanke&comma; daß man die Mutter mit einer so unangenehmen Botschaft empfangen sollte&comma; ließ gar nicht die rechte Freude des Wiedersehens aufkommen&period; Herr Pfäffling war unschlüssig&comma; ob er die Nachricht nicht doch vorher schriftlich mitteilen sollte&comma; zögerte aber noch immer in der Hoffnung auf Festnahme des Diebes und fand endlich&comma; als er sich zum Schreiben entschloß&comma; daß der Termin doch schon verpaßt sei und der Brief erst nach der Abreise seiner Frau ankommen würde&period; So blieb denn nichts übrig&comma; als der Heimkehrenden schonend die Hiobspost mitzuteilen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Für Frau Pfäffling war die Abschiedsstunde gekommen&period; "Ich wundere mich&comma;" sagte sie zu Mutter und Schwester&comma; "daß ich nicht noch einen letzten Gruß von daheim bekommen habe&period; Es wird doch alles in Ordnung sein&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Alles ist nie in Ordnung&comma; wenn die Hausfrau fort war&comma;" sagte die&nbsp&semi;Mutter&comma; "auch dann nicht&comma; wenn die daheim es meinen&period; Laß dir nur das&nbsp&semi;Wiedersehen nicht verderben&comma; wenn du nun siehst&comma; daß manches in&nbsp&semi;Unordnung geraten ist während deiner Abwesenheit&period; Unser Zusammensein&nbsp&semi;hier war so schön&comma; das ist doch auch eines Opfers wert&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma;" sagte die Schwester&comma; "du hast ja selbst gesagt&comma; daß jeden Tag irgend etwas Ungeschicktes vorkommt bei deinen Kindern&comma; auch wenn du daheim bist&period; Einundzwanzig Tage warst du fort&comma; also so lang du nicht mehr als einundzwanzig Dummheiten entdeckst&comma; darfst du dich gar nicht beklagen&comma; darfst nicht behaupten&comma; daß dein Wegsein daran schuld ist&comma; und nicht gleich erklären&colon; ich reise nie mehr&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling lag freilich in dieser Abschiedsstunde der Gedanke sehr fern&comma; nie mehr reisen zu wollen&comma; nie mehr hieher zu kommen&period; Sie riß sich mit schwerem Herzen los von dem geliebten Mütterlein&comma; von der Schwester&comma; die sie so treulich gepflegt hatte&comma; und das Wort "auf Wiedersehen" war ihr letzter Gruß aus dem abfahrenden Zug&comma; als sie die weite Heimreise antrat&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Noch immer war es draußen in der Natur kahl und winterlich&comma; die drei Wochen waren anscheinend spurlos vorübergegangen&comma; noch war nirgends ein Keimen und Sprossen&comma; eine Frühlingsandeutung zu bemerken&period; Und doch schien ihr die Zeit so weit zurück zu liegen&comma; seitdem sie hieher gereist war&excl; Jetzt war ihr Herz noch vom Abschiedsweh bewegt&comma; und doch rührte sich schon und drängte gewaltig in den Vordergrund die Freude auf das Wiedersehen mit Mann und Kindern&period; Wohl dem&comma; der so von Lieben zu Lieben kommt&comma; der ungern entlassen und mit Wonne empfangen wird&period; Wer kann sich reicher fühlen als so eine Frau&comma; die von daheim nach daheim reist&quest;<&sol;p>&NewLine;<p>Den Kindern hatte der Schrecken wegen des abhanden gekommenen Geldes doch nicht lange die Freude auf das Heimkommen der Mutter verderben können&period; Die Kleinen hatten das fatale Ereignis ohnedies von Montag bis Samstag schon halb vergessen&period; Die Großen dachten ja wohl noch daran&comma; aber doch mit dem unbestimmten Gefühl&comma; daß die Mutter um so mehr her gehöre&comma; je schwieriger die Lage im Haus war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Pfäffling sah auch nicht aus wie einer&comma; der sich nicht freut&comma; als er am Samstagmittag&comma; gleich von der Musikschule aus an den Bahnhof eilte&period; Er kam dort fast eine Viertelstunde zu frühe an&comma; lief in ungeduldiger Erwartung der Kinder&comma; die von der Schule aus kommen sollten&comma; vor dem Bahnhofgebäude hin und her und winkte mit seinen langen Armen&comma; als er in der Ferne zuerst Wilhelm&comma; dann Karl und Otto auftauchen sah&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er hatte angeordnet&comma; daß nicht alle Kinder die Mutter am Bahnhof begrüßen sollten&period; "Sie ist den Tumult nicht mehr gewöhnt&comma;" sagte er&comma; "und soll nicht gleich so überfallen werden&period; Marianne kann uns bis an den Marktplatz entgegenkommen&comma; Frieder bis an die Ecke der Frühlingsstraße und Elschen soll die Mutter an der Treppe empfangen&comma; denn etwas Liebes muß auch noch zu Hause sein&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>So war es denn festgesetzt worden&comma; daß bloß die drei Großen mit dem Vater an die Bahn kommen sollten&comma; aber bis zum Zug selbst durften auch sie nicht vordringen&comma; das wahrte sich Herr Pfäffling als alleiniges Vorrecht&period; Sie standen alle drei spähend hinter dem eisernen Gitter&comma; während der Zug einfuhr&comma; entdeckten die Mutter schon&comma; als sie noch aus dem Wagenfenster forschend nach ihren Lieben aussah&comma; und bemerkten&comma; wie sich dann plötzlich ihre Züge verklärten&comma; als sie den Vater erblickte&comma; der&comma; dem Schaffner zuvorkommend&comma; die Türe ausriß und mit froher Begrüßung seiner Frau aus dem Wagen half&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mitten im Menschengewühl und Gedränge gab es ein glückliches Wiedersehen und Willkommenheißen und der kleine Trupp schob sich durch die Menge hinaus auf den Bahnhofsplatz&period; Schwester Mathilde hätte zufrieden sein können mit ihrem Erfolg&comma; denn die Verwunderung über der Mutter frisches&comma; rundliches Aussehen kam zu einstimmigem Ausdruck und hätte noch nicht so schnell ein Ende gefunden&comma; wenn nicht Frau Pfäfflings ängstlich klingende Frage dazwischen gekommen wäre&comma; ob die Kinder alle und auch Walburg gesund seien&period; Als sie die Versicherung erhielt&comma; daß sich alle frisch und wohl befänden wie bei ihrer Abreise&comma; da kam aus erleichtertem Herzen ein dankbares&colon; Gottlob&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich habe schon gefürchtet&comma; da keine Karte kam&comma; es möchte eines von euch krank sein&comma;" sagte sie&period; "Nein&comma; das war nicht der Grund&comma; warum ich nimmer geschrieben habe&comma;" entgegnete Herr Pfäffling und seine Antwort lautete ein wenig bedrückt&period; Sie bemerkte es&period; "Alles andere&comma; was etwa vorgekommen ist&comma; bekümmert mich gar nicht&comma;" sagte sie und drückte glücklich die Hand ihres Mannes&period; Das freute ihn&period; "Hört nur&comma; Kinder&comma;" sagte er lachend&comma; "die Mutter ist ordentlich leichtsinnig geworden auf der Reise&period;" So kamen sie&comma; fröhlich plaudernd&comma; bis zum Marktplatz&comma; wo ganz brav&comma; der Verabredung gemäß&comma; die zwei Schwestern gewartet hatten und jetzt der überraschten Mutter jubelnd in die Arme flogen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun nahmen diese beiden der Mutter Hände in Beschlag&comma; bis sie an der&nbsp&semi;Ecke der Frühlingsstraße von einem andern verdrängt wurden&period; Dort hatte&nbsp&semi;Frieder gewartet und ausgeschaut&comma; schon eine gute Weile&period; Aber in dem&nbsp&semi;Augenblick&comma; als die Familie um die Ecke bog&comma; sah er doch gerade in&nbsp&semi;anderer Richtung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Frieder&excl;" rief ihn die Mutter an&period; Da wandte er sich&period; "Mutter&comma; o&nbsp&semi;Mutter&excl;" rief er&comma; drückte sich an sie und schluchzte&period; Sie küßte ihn&nbsp&semi;zärtlich und sagte ihm freundlich&colon; "Warum weinst du denn&comma; mein kleines&nbsp&semi;Dummerle&comma; wir sind ja jetzt wieder beisammen&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"O&comma; du bist so lang&comma; so furchtbar lang fort geblieben&excl;" sagte er&comma; aber die Tränen versiegten schon&comma; verklärt sah er mit noch nassen Augen zu ihr auf&comma; ging dicht neben ihr her und ließ ihre Hand nicht los&comma; bis sie&comma; im Hausflur angekommen&comma; wieder beide Arme frei haben mußte&comma; um darin die Jüngste aufzufangen&comma; die ihr in lauter Freude entgegensprang und schon auf der Treppe mit fröhlichem Plappermäulchen erzählte&comma; daß soeben zum Empfang eine Torte geschickt worden sei von Fräulein Vernagelding&comma; und daß Frau Hartwig einen großen&comma; großen Kaffeekuchen gebacken habe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unter ihrer Küchentüre stand Walburg und sah noch ernster aus als sonst&period; Sie hatte die ganze Woche bei Tag und Nacht den Verlust nicht vergessen können&comma; an dem nach ihrer Überzeugung nur sie allein schuld war&period; Was konnte man von Kindern erwarten&quest; Auf sie hatte sich Frau Pfäffling verlassen&comma; ihr hatte sie das Haus übergeben&comma; und wenn sie nicht die Kleine allein im Stockwerk gelassen hätte&comma; so wäre kein Unglück geschehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Walburg hatte nicht an die Möglichkeit gedacht&comma; daß Frau Pfäffling auf dem langen Weg von der Bahn bis zum Haus noch nichts von dem Ereignis erfahren hätte&period; Sie erwartete&comma; daß Frau Pfäfflings erstes Wort ein Vorwurf sein würde&period; Den wollte sie hinnehmen&comma; aber ein anderes Wort fürchtete sie zu hören&comma; das sie schon einmal schwer getroffen hatte&comma; das Wort&colon; "ich will lieber eine&comma; die hört&excl;" Darum stand sie so starr und stumm&comma; daß Frau Pfäffling fast an ihr erschrak&comma; als sie nun an der Küchentüre vorüber kam&period; Einen Augenblick durchzuckte sie der Gedanke&colon; es ist doch etwas Schlimmes vorgefallen&comma; aber im nächsten Moment sagte sie zu sich selbst&colon; nein&comma; du hast es nur vergessen&comma; wie groß&comma; wie ernst&comma; wie stumm sie ist&comma; und sie reichte dem Mädchen mit herzlichem Gruß die Hand&period; Walburg hörte den Gruß nicht&comma; aber den Händedruck&comma; den freundlichen Blick deutete sie sich als Verzeihung&semi; es wurde ihr leicht ums Herz&comma; die Dankbarkeit löste ihr die Zunge und ihr Gegengruß schloß mit den Worten&colon; "einen Lohn nehme ich nicht für das Vierteljahr&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Das waren freilich unverständliche Worte für Frau Pfäffling&comma; aber ehe sie noch nach Erklärung fragen konnte&comma; wurde sie von den Kindern angerufen&colon; "Dein Koffer kommt&comma; wohin soll er gestellt werden&quest;" Sie ließ ihn in das Schlafzimmer bringen und nahm aus ihrem Täschchen ein Geldstück für den Dienstmann&period; Frieder&comma; der neben ihr stand&comma; sah begierig in den offenen Geldbeutel&period; "Die Mutter hat noch viel Geld&comma;" rief er freudig den Geschwistern zu&period; "Seit wann fragt denn mein Frieder nach Geld&quest;" sagte Frau Pfäffling und bemerkte&comma; als sie aufsah&comma; daß die Großen ihm ein Zeichen machten&comma; still zu sein&period; Einen Augenblick blieb sie nachdenklich&comma; dann war es ihr klar&colon; am Geld fehlte es&period; Man hatte zu viel verbraucht in ihrer Abwesenheit&comma; und Walburg machte sich darüber Vorwürfe&period; Aber viel konnte das in drei Wochen nicht ausgemacht haben&comma; dadurch sollte kein Schatten auf das Wiedersehen fallen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; ich habe noch Geld&comma;" sagte sie heiter zu den Kindern&comma; "aber nun kommt nur&comma; der Vater wartet ja schon&comma; und der Tisch ist so schön gedeckt&comma; Walburg hat gewiß etwas Gutes gekocht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Nun standen sie alle um den großen Eßtisch&period; "Heute betet die Mutter wieder&comma;" sagte der Vater&comma; "wir wollen hören&comma; was ihr erstes Tischgebet ist&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich habe mich schon unterwegs auf diese Stunde gefreut&comma;" sagte Frau&nbsp&semi;Pfäffling und sie sprach mit innerer Bewegung&colon;<&sol;p>&NewLine;<p style&equals;"margin-left&colon; 30px&semi;">"Von Dank bewegt&comma; o Gott&comma; wir heute<br&sol;> Hier vor dir stehen&excl;<br&sol;> Du schenkest uns die schönste Freude&comma;<br&sol;> Das Wiedersehen&period;<br&sol;> Nun gehn wir wieder eng verbunden<br&sol;> Durch Lust und Leid&comma;<br&sol;> In guten und in bösen Stunden<br&sol;> Gib uns Geleit&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Zur Feier des Tages hatte Walburg nach Tisch für die Eltern Kaffee machen müssen&comma; im Musikzimmer hatten die Kinder ein Tischchen dazu gedeckt&period; "Sollen wir den Kaffee gleich bringen&quest;" fragte Marie&period; "Ja&comma;" sagte die Mutter&period; "Nein&comma; erst wenn ich rufe&comma;" fiel Herr Pfäffling ein und schickte die Kinder hinaus&period; "Zuerst kommt etwas anderes&comma;" sagte er nun zu seiner Frau&comma; "zuerst kommt meine Beichte&comma;" und er führte sie an den Schreibtisch und zog die kleine leere Schublade auf&comma; deckte auch das leere Käßchen auf&comma; in dem sonst das Ersparte lag&period; Dieser Stand der Dinge war schlimmer&comma; als Frau Pfäffling gefürchtet hatte&period; "Ich habe schon geahnt&comma; daß mit dem Geld etwas nicht in Richtigkeit ist&comma;" sagte sie&comma; "aber daß gar nichts mehr da ist&comma; hätte ich doch nicht für möglich gehalten&comma; wie kann man denn nur so viel verbrauchen&comma; das brächte ich ja gar nicht zustande&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Verbrauchen&quest; Nein&comma; verbraucht ist das Geld nicht&comma; wir haben redlich gespart&semi; gestohlen ist es&comma; gestohlen&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Pfäffling erzählte den Hergang und auch&comma; daß er gestern die Nachricht erhalten habe&comma; der Dieb sei wegen mehrerer Schwindeleien festgenommen&comma; aber das Geld habe er verspielt&period; Es war keine Hoffnung mehr&comma; es zurück zu erhalten&period; Aber unentbehrlich war es und mußte auf irgend eine Weise wieder hereingebracht werden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eine lange Beratung folgte zwischen den beiden Gatten&period; Der Schluß derselben war&comma; daß Herr Pfäffling lebhaft rief&colon; "Ja&comma; so kann es gelingen&comma; das ist ein guter Plan&excl;" Und fröhlich klang sein Ruf hinaus&colon; "Jetzt&comma; Kinder&comma; den Kaffee&excl;"<&sol;p>

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