Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Die Familie Pfäffling
(Agnes Sapper, 1907, empfohlenes Alter: 6 - 12 Jahre)

Ein Künstlerkonzert

<p>Der Vorabend des Konzertes war gekommen&comma; die ganze Stadt sprach von dem bevorstehenden seltenen Kunstgenuß&period; Die schon früher Gelegenheit gehabt hatten&comma; die Künstler zu hören&comma; stritten darüber&comma; ob die entzückende Stimme der Sängerin&comma; die meisterhaften Leitungen des Klavierspielers die Menschen von nah und fern herbei lockten oder ob das kleine musikalische Wunderkind einen solchen Reiz ausübte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Im Zentralhotel waren Zimmer bestellt für die Künstlerfamilie und ihre Begleitung&period; Herr Pfäffling wußte das nicht&comma; als er dem Hotel zuging&comma; um seine letzte Stunde bei der russischen Familie zu geben&period; Noch einmal musizierten sie zusammen&comma; weit über die festgesetzte Zeit hinaus&comma; dann nahm Herr Pfäffling Abschied&period; Der General und seine Gemahlin schienen ihm ernst und traurig&period; Schwer lag auf ihnen der Gedanke&comma; sich von den Söhnen trennen zu sollen&period; Auf der Durchreise wollten sie die beiden jungen Leute in Berlin zurücklassen&period; Schwer bedrückte sie auch der jammervolle Zustand des Vaterlandes&comma; in das sie zurückkehren mußten&period; Unordnung herrschte im ganzen russischen Reich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Bei diesem letzten Zusammensein schwand jede Schranke&comma; welche durch den großen Abstand der äußeren Stellung und Lebensverhältnisse zwischen den beiden Männern etwa noch bestanden hatte&semi; in offener Mitteilsamkeit und warmer Teilnahme fanden und trennten sie sich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Unsere Söhne werden morgen noch zu Ihnen kommen&comma;" sagte der General&comma; "um sich bei Ihnen zu verabschieden und auch unseren Dank zu überbringen&period; Übermorgen werden wir reisen&period; Das Konzert wollen wir noch anhören&comma; vielleicht sehen wir uns im Saal&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Vom General und seiner Gemahlin freundlich bis zur Treppe geleitet&comma; verabschiedete sich Herr Pfäffling&period; Auf der Treppe mußte er Platz machen&period; Ein prächtiger Blumenkorb wurde eben herauf getragen&period; Er war für das Empfangszimmer des Künstlerpaares bestimmt&period; Eine gewisse Unruhe und Erregung herrschte in dem ganzen Hotel&period; Um so mehr war Herr Pfäffling verwundert&comma; als ihn der Hotelbesitzer auf der Treppe einholte und ruhig anredete&period; "Haben Sie vielleicht einen Augenblick Zeit&comma; mit mir hier herein zu kommen&quest;" fragte er&comma; die Türe eines Zimmers aufmachend&period; "Ich wohl&comma;" sagte Herr Pfäffling&comma; "aber Sie sind heute wieder vollauf in Anspruch genommen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Allerdings&comma; und man sollte meinen&comma; ich hätte keinen anderen Gedanken als meine Gäste&comma; aber auch uns Geschäftsleuten steht das eigene Fleisch und Blut doch am nächsten&period; Mir klingt heute in aller Unruhe immer nach&comma; was mir mein Sohn diesen Morgen geschrieben hat&period; Sie wissen es vielleicht&comma; daß er seit Weihnachten bei meiner verheirateten Schwester ist&period; Sie&comma; Herr Pfäffling&comma; haben mir ja damals&comma; als ich blind war&comma; den Star gestochen&period; Es war eine schmerzhafte&comma; aber erfolgreiche Operation&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Wenn sie erfolgreich war&comma; so freut mich das herzlich&comma; denn ich bin mir sehr bewußt&comma; daß ich sie mit plumper&comma; ungeschickter Hand vorgenommen habe&period; Was schreibt Ihr Sohn&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Anfangs wollte er sich nicht recht in das einfache Familienleben finden&comma; aber nun sollten Sie hören&comma; wie er begeistert schreibt über seine Tante&comma; obwohl diese ihn fest führt&comma; wie wichtig es ihm ist&comma; ob er ihr zum Quartalsabschluß ein gutes Zeugnis bringen wird und wiederum&comma; wie vergnügt er die Schlittenfahrten&comma; die Spiele mit den Kindern schildert&period;" Herr Meier warf einen Blick in den Brief&comma; den er ans seiner Tasche zog&comma; und schien Lust zu haben&comma; ihn vorzulesen&comma; aber er steckte ihn rasch wieder ein&comma; da ein Bursche eintrat und ihm eine ganze Anzahl Telegramme überreichte&comma; die eben eingetroffen waren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich will Sie nicht länger aufhalten&comma;" sagte Herr Pfäffling&period; "Ihre&nbsp&semi;Telegramme beunruhigen mich&comma; auch höre ich unten immerfort das&nbsp&semi;Telephon&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Für dieses sorgt der Portier&comma; und die Telegramme enthalten vermutlich alle nur Zimmerbestellungen&period; Viele Fremde möchten da absteigen&comma; wo sie wissen&comma; daß die Künstler ihr Absteigequartier genommen haben&comma; besonders auch die Berichterstatter für die Zeitungen&comma; diese hoffen im gleichen Hause etwas mehr zu hören und zu sehen von den Künstlern&comma; als was sich im Konzertsaal abspielt&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Meier hatte einen Blick in die Telegramme getan&colon; "Nur Zimmerbestellungen&comma;" sagte er&comma; "es ist aber schon alles bei mir besetzt oder vorausbestellt&period; Ich muß für Aufnahme in anderen Häusern sorgen&period; Mir ist es lieb&comma; zu denken&comma; daß Rudolf fern von dem allem an seiner Arbeit oder auch beim Kinderspiel sitzt&period; Ich werde Ihnen immer dankbar sein für Ihren Rat&comma; Herr Pfäffling&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Die beiden Männer trennten sich und als Herr Pfäffling das Zentralhotel verließ&comma; dessen schöne Freitreppe er nun vielleicht zum letztenmal überschritten hatte&comma; wandte er sich unwillkürlich und warf noch einmal einen Blick auf diesen Ort des Luxus und des Wohllebens zurück&period; Wie wenig Unterschied war doch im Grund bei aller äußeren Verschiedenheit zwischen dem&comma; was hier und was im einfachen Hause die Herzen bewegte&period; Der russische General&comma; der reiche Geschäftsmann und er&comma; der schlichte Musiklehrer&comma; schließlich hatten sie alle das gleiche Herzensanliegen&period; Geld und Gut allein befriedigte keinen&comma; um ihre Kinder sorgten sie sich&comma; tüchtige Söhne wollten sie alle&comma; und das konnte ein armer Musiklehrer so gut oder leichter haben als die Reichen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am folgenden Morgen erschienen die beiden jungen Russen in der Frühlingsstraße&comma; um ihren Abschiedsbesuch zu machen&period; Herr Pfäffling war in der Musikschule&comma; seine Frau empfing mit Freundlichkeit diese beiden Schüler&comma; die ihrem Lehrer seine Aufgabe immer leicht gemacht hatten&period; Die jungen Leute drückten sich nun schon gewandt in der deutschen Sprache aus&comma; baten Frau Pfäffling&comma; ihren Dank zu vermitteln und teilten ihr mit&comma; daß die Eltern ihre Abreise noch um einige Tage verschoben hätten&comma; selbst noch einen Gruß schreiben und diesem das Honorar für die Stunden beilegen wollten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unser Musiklehrer hätte sie noch in der Frühlingsstraße treffen müssen&comma; wenn er zur gewohnten Zeit heim gekommen wäre&period; Aber es hatte heute in der Musikschule nach Schluß des Unterrichts eine sehr erregte Besprechung zwischen den Lehrern der Anstalt gegeben&comma; und Herr Pfäffling kam später als sonst und nicht mit seiner gewohnten fröhlichen Miene heim&period; Heute war er nicht&comma; wie gestern&comma; der Ansicht&comma; daß reich oder arm nicht viel zum Glück des Menschen ausmache&excl; Der Direktor hatte mitgeteilt&comma; daß zu dem abendlichen Konzert nur eine einzige Freikarte&comma; auf seinen Namen lautend&comma; für die Lehrer der Musikschule abgegeben worden sei&period; Darüber herrschte große Entrüstung unter den Kollegen&period; Manche konnten sich ja auf eigene Kosten noch Plätze verschaffen&comma; für Herrn Pfäffling war solch eine Ausgabe ausgeschlossen&period; Seine Frau machte einen schwachen Versuch&comma; ihn doch dazu zu überreden&period; "Nein&comma;" sagte er&comma; "ich säße nur mit schlechtem Gewissen in dem Saal&comma; habe ich doch noch nicht einmal die 60 Mark beisammen für den Arzt&excl; Wenn die Russen heute das Geld geschickt hätten&comma; das hätte mich vielleicht verführt&period; Die Leute sind auch so gedankenlos&comma; sie tun&comma; wie wenn unser einem das ganz gleich wäre&comma; ob man auf das Stundenhonorar wochenlang warten muß oder nicht&excl; Und die Künstler&excl; Wie leicht hätten sie noch eine Freikarte mehr schicken können&excl; Weißt du&comma; daß Fräulein Vernagelding mit ihrer Mutter in das Konzert gehen wird&quest; Ich habe bisher nicht gedacht&comma; daß ich neidisch bin&comma; aber&colon; ich glaube wirklich&comma; in diesem Fall bin ich es&excl; Denke dir&comma; das junge Gänschen&comma; das nicht hört&comma; was recht und was falsch klingt&comma; soll diesen Kunstgenuß haben&comma; und unsereines bleibt ausgeschlossen&period; Und warum geht sie hin&quest; Weil Mama sagt&colon; Bei solch hohem Eintrittspreis sei man sicher&comma; nur die vornehmste Gesellschaft zu treffen&excl; Und da soll man nicht bitter werden&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Bitter&quest;" wiederholte Frau Pfäffling&comma; "du und bitter&quest; Das ist gar nicht zusammen zu denken&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie waren allein miteinander im Musikzimmer&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling sprach noch manches gute&comma; beruhigende Wort&comma; so lange bis Elschen als schüchterner Bote eintrat und fragte&comma; wann denn heute zu Mittag gegessen würde&quest; Mit dem schlechten Gewissen einer säumigen Hausfrau folgte die Mutter augenblicklich der Mahnung&period; Herr Pfäffling sah ihr nach&semi; von Erbitterung war nichts mehr auf seinen Zügen zu lesen&comma; aber er sagte vor sich hin&colon; "Das gibt eine öde Zeit&comma; wenn sie für vier Wochen verreist&comma; ich wollte&comma; es wäre schon überstanden&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Im Zentralhotel herrschte an diesem Tag Leben und Bewegung&period; Alle Zimmer waren besetzt&comma; Kunstverständige waren von nah und fern herbei geeilt&comma; alte Bekannte&comma; neue Größen suchten das Künstlerpaar auf und das Künstlerkind wurde liebkost&comma; mit Bonbons überschüttet&comma; aber dennoch langweilte es sich heute und war verstimmt&period; Dem Fräulein&comma; das für den kleinen Künstler zu sorgen hatte und ihn an Konzerttagen bei guter Laune erhalten sollte&comma; wollte es heute nicht gelingen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am Nachmittag ließ die junge Mutter Herrn Meier zu sich bitten&period; Viele Fremde der Stadt hätten ihn wohl beneidet um diese Audienz bei der Künstlerin&comma; um die Gelegenheit&comma; die auch beim Sprechen so liebliche Stimme der Sängerin zu hören und ihre anmutige Erscheinung zu sehen&period; "Ich bin in Verzweiflung&comma;" sagte sie&comma; "unser Edmund ist heute gar nicht in Stimmung&comma; und es wird mir so bang vor dem Abend&period; Denken Sie nur&comma; wenn das Kind sich weigern sollte&comma; zu spielen&comma; wenn es versagen würde in dem Augenblick&comma; wo alle auf ihn blicken&quest; Er war noch nie so verstimmt&comma; sein Fräulein ist selbst ganz nervös von der Anstrengung&comma; ihn aufzuheitern&period; Nun möchte ich Sie bitten&comma; daß Sie mir ein paar muntere Kinder verschaffen&comma; Knaben oder Mädchen&comma; die mit ihm spielen und ihn zerstreuen&comma; bis es Zeit wird&comma; ihn anzukleiden&period; Bitte&comma; bitte&comma; sorgen Sie mir dafür&comma; nicht wahr&comma; und so bald wie möglich&period; Auch etwas Spielzeug wird zu bekommen sein&comma; aber vor allem lustige Kameraden&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich werde dafür sorgen&comma; gnädige Frau&comma;" versicherte Herr Meier&comma; und verließ das Zimmer&period; Die Wünsche der Gäste mußten befriedigt werden&comma; das stand ein für allemale fest bei dem Besitzer des Zentralhotels&period; Also auch dieser Wunsch&period; "Wo bringe ich schnell muntere Kinder her&quest;" fragte er sich und dachte an seinen Sohn Rudolf&period; In solchen Fällen hatte dieser ihm oft Rat gewußt&comma; er kannte so viele Menschen&period; Ja&comma; manchmal war Rudolf doch tatsächlich nützlich gewesen&period; Bei diesem Gedankengang sah Herr Meier wieder den Musiklehrer vor sich&comma; und nun kam ihm in Erinnerung&colon; Dieser Mann sollte ja Kinder haben in jedem Alter und munter&comma; lebhaft&comma; temperamentvoll mußten die Kinder dieses Mannes sicherlich sein&period; Er ging zum Portier&colon; "Schicken Sie sofort eine Droschke zu Musiklehrer Pfäffling in die Frühlingsstraße&period; Lassen Sie ausrichten&comma; der kleine Künstler habe Langeweile und ich ließe Herrn Pfäffling freundlich bitten&comma; mir sofort zwei oder drei seiner Kinder&comma; Knaben oder Mädchen&comma; zur Unterhaltung des Jungen zu schicken&period; Auch Spielzeug dazu&comma; aber rasch&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>So fuhr denn mitten am Nachmittag ein Wagen in der Frühlingsstraße vor&comma; und der Kutscher richtete aus&colon; "Herr Meier vom Zentralhotel lasse bitten um zwei bis drei Stück Kinder&comma; Buben oder Mädel&comma; das sei egal&comma; sie sollten dem kleinen Künstler die Zeit vertreiben&comma; weil er gar so zuwider sei&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Diese Einladung erregte Heiterkeit bei den Eltern Pfäffling&comma; und sie waren gleich bereit&comma; die Bitte zu erfüllen&period; Wer paßte am besten dazu&quest; Marianne war nicht zu Hause&comma; Karl schon zu erwachsen&comma; so konnten nur Wilhelm und Otto&comma; Frieder und Elschen in Betracht kommen&period; Otto erklärte&comma; er geniere sich&period; Wilhelm konnte das nicht begreifen&period; "Wie kann man sich genieren&comma; wenn man mit einem kleinen Buben spielen soll&quest; Dem wollte ich Purzelbäume vormachen und Spaß mit ihm treiben&comma; daß er kreuzfidel würde&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Gut&comma;" sagte Herr Pfäffling&comma; "wenn es dir so leicht erscheint&comma; wirst du es auch zustande bringen&period; Und Frieder&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Der ist zu still&comma;" sagte die Mutter&comma; "eher würde ich zu Elschen raten&period; Wo ist sie denn&quest; Ein Künstlerkind hat vielleicht Freude an dem niedlichen Gestältchen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Meinst du&quest;" sagte Herr Pfäffling zweifelnd&comma; "ist sie nicht zu schüchtern&quest; Wir wollen sie fragen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie suchten nach dem Kind&period; Elschen stand allein im kalten Schlafzimmer&comma; hatte in ihr eigenes Bett die Puppe gelegt&comma; und als nun die Eltern und Brüder unvermutet herein kamen&comma; hob sie abwehrend die Hand und sagte bittend&colon; "Leise&comma; leise&comma; mein Kind ist krank&excl;" Sie war herzig anzusehen&period; Frau Pfäffling beugte sich zu ihr und sagte&colon; "Ein wirkliches&comma; lebendiges Kind verlangt jetzt nach dir&comma; Elschen&period; Der kleine Violinspieler&comma; von dem wir dir erzählt haben&comma; ist so traurig&comma; weil er kein Kind in der Stadt kennt&period; Willst du zu ihm und mit ihm spielen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Freilich&comma;" sagte Elschen mitleidig&comma; "mein Kind schläft jetzt&comma; da kann ich schon fort&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Schnell waren die beiden Geschwister gerichtet&comma; auch einiges Spielzeug herbeigesucht und nun fuhren sie in der geschlossenen Droschke durch die ganze Stadt&comma; voll Freude über das unverhoffte Vergnügen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Hotelbesitzer trat selbst herzu&comma; als der Wagen vorfuhr&comma; etwas bange&comma; ob entsprechendes herauskommen würde&period; Er öffnete den Schlag&period; Der Anblick von Elschens lieblichem kleinem Persönchen erfreute ihn&period; Behutsam hob er sie aus dem Wagen&comma; stellte sie auf die Freitreppe und sagte sich&colon; "Das entspricht&comma; wird sicherlich Beifall finden&period;" Inzwischen war Wilhelm mit Behendigkeit aus der Droschke gesprungen&comma; hatte das Spielzeug zusammen gerafft und war schon unter der großen Haustüre&period; Lächelnd sah ihn Herr Meier an&period; "Ganz wie sein Vater&comma; langbeinig&comma; hager und flink&comma;" dachte er und sagte befriedigt&colon; "Nun kommt mir&comma; Kinder&comma; ich will euch selbst einführen&period; Edmund heißt der Kleine&period; Er ist ein wenig müde von der Reise&comma; aber wenn ihr mit ihm spielt&comma; wird er schon lustig&period; Vom Konzert und von Musik müßt ihr nicht mit ihm reden&comma; das mag er nicht&comma; er will nur spielen&comma; er ist ganz wie andere Kinder auch&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Oben am Zimmer angekommen&comma; klopften sie an und horchten auf das "Herein"&comma; statt dessen hörten sie die Stimme eines Fräuleins&period; "Aber Edmund&comma; wer wird denn die Fensterscheiben ablecken&quest;" "Was soll ich denn sonst tun&quest;" hörte man eine weinerliche Kinderstimme entgegnen&period; Da lachte Wilhelm und sagte zu seinem Begleiter&colon; "Der muß freilich arg Langeweile haben&excl; Ich will lieber gleich mit einem Purzelbaum herein kommen&period;" Herr Meier wußte nicht recht&comma; ob er das gut heißen sollte&comma; aber er hatte inzwischen noch einmal angeklopft&comma; das "herein" war erfolgt und durch die geöffnete Türe kam Wilhelm auf dem Kopf herein und einen Purzelbaum nach dem andern schlagend&comma; auf weichen Teppichen&comma; die dazu sehr einladend waren&comma; bis zu dem Kleinen am Fenster&comma; der nun laut auflachte und sagte&colon; "Wie macht man denn das&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Das Fräulein atmete erleichtert auf bei dieser willkommenen Ablösung in ihrer Aufgabe&comma; das Kind zu unterhalten&period; Die Sängerin&comma; die aus dem nebenan liegenden Zimmer unter die Türe getreten war&comma; lächelte freundlich und dankbar Herrn Meier zu&comma; der sich sofort befriedigt entfernte&comma; und kam Elschen entgegen&comma; die auf sie zuging&period; Das Kind hatte ein Gefühl dafür&comma; daß die Art&comma; wie ihr Bruder sich einführte&comma; ungewöhnlich und vielleicht nicht passend war&comma; und in der mütterlichen Art&comma; die sie von ihrer älteren Schwester überkommen hatte&comma; sagte sie zu der jungen Frau&colon; "Wilhelm kommt gewöhnlich nicht mit Purzelbäumen herein&comma; bloß heute&comma; weil er lustig sein will&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ein süßes Kind&comma;" sagte die junge Mutter zu dem Fräulein&period; "nun ist Edmund versorgt und wir können ein wenig ausruhen&period; Lassen Sie die Kinder nur ganz gewähren&comma; solange sie nicht gar zu wild werden&period;" Das Fräulein schien dieser Aufforderung sehr gern nachzukommen&comma; zog sich mit einem Buch zurück und die Kinder blieben sich selbst überlassen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Freundschaft war bald geschlossen&period; Der kleine Künstler hatte etwas sehr Gewinnendes in seinem Wesen und ein anmutiges Äußeres&period; Weiche&comma; blonde Locken umgaben das feine Gesicht&comma; alles an ihm war schön und wohlgepflegt&period; Das ansprechendste waren seine großen&comma; tiefblauen Augen&comma; die mit ihrem träumerischen Ausdruck ahnen ließen&comma; daß diese Kinderseele mehr als andere empfand&period; Während er mit den Kindern spielte&comma; sah auch er kindlich-fröhlich aus&comma; sobald er aber still war&comma; lag ein ungewöhnlicher Ernst und eine Frühreife in seinem Gesicht&comma; die ihn viel älter erscheinen ließen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eine gute Weile belustigte er sich an Wilhelms Spässen und ergötzte sich mit diesem&comma; während Elschen zusah&period; Nun wandte er sich an sie&period; "Mit dir möchte ich gerne tanzen&comma;" sagte er&comma; "kannst du tanzen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma;" sagte die Kleine zuversichtlich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Was willst du tanzen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Was du willst&comma;" antwortete sie freundlich&comma; zum Erstaunen ihres Bruders&comma; der von der Tanzkunst seiner Schwester bisher noch nichts gewußt hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Also Walzer&comma;" entschied der kleine Kavalier und wollte sein Dämchen zum&nbsp&semi;Tanz führen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Warte ein wenig&comma;" sagte Elschen&comma; "Wilhelm muß mir das erst vormachen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Dieser hatte zwar noch nie getanzt&comma; aber ihm machte das keine Bedenken&comma; für so kleine Tänzer traute er sich dennoch zu&comma; den Tanzmeister zu machen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Bei Walzer zählt man drei&comma;" sagte er zur Schwester&comma; "ich will dir einen&nbsp&semi;Walzer vorpfeifen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Und er fing an&comma; die Melodie zu pfeifen&comma; den Takt dazu zu schlagen und sich im Kreis zu drehen&period; Das Fräulein&comma; im Hintergrund&comma; verbarg hinter ihrem Buch das Lachen&comma; das sie bei diesem Tanzunterricht schüttelte&period; Edmund fuhr die Tanzlust in die Füße&comma; er ergriff seine kleine Tänzerin&period; Sie wäre ja keine Pfäffling gewesen&comma; wenn sie den Rhythmus nicht erfaßt hätte&semi; niedlich tanzte das kleine Paar hinter dem pfeifenden&comma; mit den Fingern schnalzenden und sich drehenden Wilhelm einher&period; Das Fräulein rief unbemerkt die Mutter des Kleinen herbei&comma; auch der Vater trat unter die Türe&comma; sie sahen belustigt zu&period; "Eine solche Nummer sollten wir in unserem Programm heute Abend einschalten&comma;" sagte er scherzend zu seiner Frau&comma; "das gäbe einen Jubel&excl; Wem gehören denn diese Kinder&quest;" fragte er das Fräulein&period; Sie wußte es nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Der langbeinige&comma; bewegliche Kerl ist zu drollig und das Mädchen ist die&nbsp&semi;Anmut selbst&period; Musikalisch sind sie offenbar alle beide&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Zwei Stunden waren den Kindern schnell verstrichen&comma; nun mahnte das Fräulein&comma; daß es Zeit für Edmund sei&comma; sein Abendessen einzunehmen und sich umkleiden zu lassen für das Konzert&period; Als er das hörte&comma; verschwand alle Fröhlichkeit aus seinem Gesicht&comma; er erklärte&comma; daß er nichts essen möge&comma; sich nicht umkleiden und seine neuen Freunde nicht missen wolle&period; Die vernünftigen Vorstellungen des Fräuleins&comma; die zärtlichen Worte der Mutter hatten nur Tränen zur Folge&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wilhelm versuchte seinen Einfluß auf den kleinen Kameraden&period; "Du mußt doch vorspielen&comma;" sagte er&comma; "viele Hunderte von Menschen hier freuen sich schon so lange auf das Konzert&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Geht ihr auch hin&quest;" fragte der Kleine und ehe er noch Antwort hatte&comma; sagte er eifrig zu seiner Mutter&colon; "Die Beiden sollen zu mir in das Künstlerzimmer kommen&comma; und den Abend bei mir bleiben&comma; es ist immer so langweilig&comma; während du singst und Papa spielt&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Aber Wilhelm ging auf diesen Vorschlag nicht ein&period; "Wir können nicht kommen&comma;" sagte er&period; "Elschen liegt um diese Zeit schon im Bett und ich habe jetzt den ganzen Nachmittag nichts gearbeitet und habe viele Aufgaben für morgen&period;" Da flossen bei dem Kleinen wieder die Tränen&comma; er drückte sein Köpfchen an die Mutter und schluchzte&colon; "Wenn er nicht kommt&comma; will ich auch nicht spielen&comma; mir ist gar nicht gut&period;" Es sah auch tatsächlich ein wenig elend aus&comma; das kleine Bübchen&period; Seine Mutter rief den Vater zu Hilfe&period; "Sieh doch nur&comma;" sagte sie&comma; "wie Edmund verweint und jämmerlich aussieht&excl; Was hat er nur&quest; Er ist doch sonst so verständig&comma; aber heute will er nicht spielen&period; Ich werde Qualen durchmachen&comma; heute abend&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Der Vater stampfte ungeduldig mit dem Fuß&period; Edmund ergriff Wilhelms Hand und hielt sie krampfhaft fest&comma; um ihn nicht gehen zu lassen&period; Die beiden Eltern besprachen sich eifrig miteinander&comma; aber die Kinder verstanden nichts davon&comma; das Gespräch wurde in italienischer Sprache geführt&period; Endlich wandte sich der Vater an Wilhelm&colon; "Wir wären sehr froh&comma;" sagte er&comma; "wenn du zu unserem Kleinen in das Künstlerzimmer kommen und den Abend bei ihm bleiben wolltest&period; Du müßtest eben deine Aufgaben einmal bei Nacht machen&period; Ein frischer Junge&comma; wie du bist&comma; kann das doch wohl tun&quest; Wir verlangen auch diese Gefälligkeit nicht umsonst&comma; wir bieten dir dagegen ein Freibillet zu unserem Konzert an&comma; das du gewiß jetzt noch leicht an irgend jemand in deiner Bekanntschaft verkaufen kannst&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Bei dem Wort "Freibillet" hatte Wilhelms Gesicht hell aufgeleuchtet&period; Ein Billet&comma; für den Vater natürlich&comma; welch ein herrlicher Gedanke&excl; "Ja&comma;" rief er&comma; "ja&comma; ja&comma; für ein Freibillet&comma; wenn ich es meinem Vater geben darf&comma; will ich gern zu Edmund kommen und gern die ganze Nacht durch arbeiten&excl;" Und als er bemerkte&comma; wie nun der Kleine plötzlich vom Weinen zum Lachen überging&comma; sagte er zu diesem&colon; "Könntest du nur dabei sein&comma; wenn ich meinem Vater die Karte bringe und sehen&comma; wie er sich freut&excl; Mein Vater ist wohl so groß wie die Türe da&comma; und wenn er einen Freudensprung macht&comma; dann kommt er fast bis an unsere Decke&period; Weißt du so&excl;" und Wilhelm fing an&comma; Sprünge zu machen&comma; daß der kleine Kamerad laut lachte und seine Mutter leise zu dem Fräulein sagte&colon; "Nun führen Sie ihn rasch zum Umkleiden&comma; so lange er noch vergnügt ist&comma;" und dem Kinde redete sie gütig zu&colon; "Wenn du nun artig bist&comma; Edmund&comma; so kommt heute abend Wilhelm zu dir&period;" Darauf hin folgte der Knabe willig dem Fräulein und sein Vater wandte sich an Wilhelm&period; "Das Konzert ist in der Musikschule&semi; neben dem Saal ist das Zimmer&comma; in dem wir uns aufhalten&comma; so lange wir nicht spielen&comma; du darfst nur nach dem Künstlerzimmer fragen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"O&comma; ich weiß es gut&comma;" sagte Wilhelm&comma; "neben dem Garderobezimmer liegt es&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Der Künstler wunderte sich&period; "Du bist ja zu allem zu brauchen&comma;" sagte er&comma; "woher weißt du das Zimmer&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Mein Vater ist Lehrer an der Musikschule&comma; ich habe ihn schon oft dort abgeholt&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ah&comma; Musiklehrer&comma; und hat dennoch kein Billet genommen für unser&nbsp&semi;Konzert&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma;" sagte Wilhelm&comma; "aber kein Mensch in der ganzen Stadt kann sich mehr darüber freuen&comma; als mein Vater&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Auch Elschen stimmte zu mit einem fröhlichen "ja&comma; ja&excl;" und dabei schlüpfte sie&comma; so schnell sie konnte&comma; in ihren Mantel und beiden Kindern war die Ungeduld&comma; heimzukommen&comma; an allen Gliedern anzumerken&period; Die Karte wurde ihnen denn auch wirklich eingehändigt und nachdem Wilhelm fest versprochen hatte&comma; sich rechtzeitig im Künstlerzimmer einzufinden und Edmund zu unterhalten&comma; ohne ihn aufzuregen&comma; ihn zu belustigen&comma; ohne Lärm zu machen&comma; wurden die Kinder entlassen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wilhelm faßte die kleine Schwester bei der Hand&semi; "Jetzt nur schnell&comma; schnell&comma; Elschen&comma; wenn nur der Vater ganz gewiß zu Hause ist&comma; es ist schon sechs Uhr&comma; um halb acht Uhr geht das Konzert an&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>So rasch eilten sie am Portier vorüber&comma; daß dieser sie kaum mehr erreichte&comma; obwohl er aus seinem Zimmer ihnen nacheilte auf die Freitreppe vor dem Hotel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Halt&comma;" rief er&comma; "wartet doch&comma; Kinder&comma; ihr dürft wieder heim fahren&period;" Wilhelm wollte nicht&period; "Nein&comma; nein&comma;" sagte er&comma; "wir springen schnell und kommen viel früher heim&comma; als wenn wir auf eine Droschke warten&period;" Aber die Hand des großen&comma; stattlichen Portiers lag fest auf der Schulter des Knaben und hielt ihn zurück&period; "Herr Meier hat Auftrag gegeben&comma; daß eine Droschke geholt werden soll&comma; es ist für dies kleine Mädchen ein weiter Weg und draußen ist's kalt und dunkel&semi; aber wenn du so Eile hast&comma; so kannst du ja selbst flink zum Droschkenplatz springen und einen Wagen holen&period;" Wie ein Pfeil war Wilhelm davon&semi; seiner Schwester wurde im Portierzimmer ein Sessel zurecht gerückt&period; Da saß sie neben zwei riesigen Reisekoffern&comma; und betrachtete die glänzenden Metallbeschläge&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Das sind große Koffer&comma; nicht&quest;" sagte der Portier zu ihr&comma; "die reisen bis nach Rußland&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Dann gehören sie dem General&comma;" sagte Elschen&comma; "der in der nächsten&nbsp&semi;Woche nach Berlin reist&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Weißt du davon&quest; Du hast ganz recht&comma; das heißt&comma; er reist schon morgen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; die Reise ist um ein paar Tage verschoben&period;" Der Portier sah erstaunt auf die Kleine&period; "Das wäre das neueste&comma; wer hat denn das gesagt&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Die zwei jungen Russen&comma; wie sie heute vormittag bei Mama waren&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Heute vormittag&quest; Nun&comma; dann ist's doch nicht wahr&comma; denn der General selbst hat heute nach dem Diner zu mir gesagt&comma; sie reisen morgen vormittag&period; Horch&comma; nun kommt schon dein Bruder mit der Droschke&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Wilhelm hätte mehr Lust gehabt&comma; seine eigenen flinken Beine in Bewegung zu setzen als die eines müden Droschkengauls&comma; Elschen hingegen war sehr einverstanden mit der Fahrt und fand sich schnell darein&comma; daß der Wagenschlag für sie aufgerissen wurde wie für ein kleines Dämchen und sie selbst sorgsam hinaufgehoben&comma; damit sie auf dem schmalen Tritt nicht ausgleite&period; Nun fuhren sie durch die schön beleuchteten Straßen&comma; dann durch die stillen Gassen der Vorstadt und endlich bogen sie in die Frühlingsstraße ein&period; "Wenn der Vater nicht daheim ist&comma; müssen alle auslaufen und ihn suchen&comma;" sagte Wilhelm&comma; "Karl und Otto&comma; Marianne und Frieder&comma; vielleicht hat auch Walburg Zeit&comma; der Vater muß das Billet zu rechter Zeit bekommen&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>In der Frühlingsstraße war abends kein großer Wagenverkehr&comma; und Frau Pfäffling&comma; die bei den Kindern am Tisch saß&comma; horchte auf und sagte&colon; "Sie kommen&excl;" Herr Pfäffling&comma; der im Musikzimmer ein wenig unruhig hin und her wandelte&comma; seine Musikzeitung lesen wollte und dabei immer durch den Gedanken gestört wurde&comma; wie viel schöner es wäre&comma; heute abend Musik&comma; Musik erster Klasse&comma; zu hören&comma; als über Musik zu lesen&comma; Herr Pfäffling hörte auch das Geräusch des Wagens&colon; "Das können die Kinder sein&comma; ob sie wenigstens etwas gehört haben in der Künstlerfamilie&comma; singen&comma; Klavier oder Violine&quest;" Das mußte er doch gleich fragen&comma; also&colon; die Treppe hinunter&period; Im untern Stock sagte Frau Hartwig zu ihrem Mann&colon; "Es hält eine Droschke&period; Du wirst sehen&comma; das ist mein Bruder&comma; um die Zeit kommt ein Zug an&period;" Sie ging hinaus in den Vorplatz&period; Herr Pfäffling stand inzwischen schon am Wagenschlag&comma; machte ihn auf und wollte fragen&comma; aber so flink er war&comma; diesmal kam er nicht zu Wort vor den eifrigen Ausrufen seiner Kinder&colon; "Wie gut&comma; daß du zu Hause bist&comma; Vater&comma; wir haben dir ja ein Billet&comma; ein Konzertbillet&comma; da&comma; sieh nur&comma; geschenkt vom Künstler selbst&excl;" Und wenn nun auch Herr Pfäffling nicht den Freudensprung machte&comma; den der kleine Edmund von ihm erwartet hätte&comma; enttäuscht wäre dieser doch nicht gewesen&comma; denn dieser fröhliche Ausruf der Überraschung&comma; dieses stürmische Stufenüberspringen&comma; um möglichst schnell die Treppe hinauf zu kommen und dieser warme Ruf "Cäcilie&excl;" der durch die ganze Wohnung klang&comma; war auch ergötzlich und herzerfreuend&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wilhelm folgte dem Vater in gleicher Hast&comma; der kleinen Else blieb es diesmal überlassen zuzusehen&comma; wie sie allein aus dem Wagenschlag herauskam&period; Frau Hartwig&comma; die ordentlich ausgewichen war&comma; um nicht überrannt zu werden&comma; wollte eben die Haustüre zumachen&comma; als sie die Kleine&comma; mit dem Spielzeug beladen&comma; nachkommen sah&period; "Da hat es wieder so pressiert&comma;" sagte sie vor sich hin&comma; "daß sich keines die Zeit genommen hat&comma; auf das Kind zu warten&comma;" und sie reichte ihm die Hand und schloß für sie die Haustüre&comma; während oben schon die Tritte der Hinauseilenden verhallten&period; Elschen fand es ganz natürlich&comma; daß man sich nicht um sie gekümmert hatte&comma; auf ihrem Gesichtchen lag noch der Abglanz der Freude&comma; der Vater hatte ja sein Billet&period; Freundlich grüßte sie die Hausfrau und sagte&comma; auf der Treppe zurückblickend&colon; "Jetzt weiß ich es&comma; Hausfrau&comma; wie du das machen mußt&comma; damit kein Gepolter ist und die Treppe geschont wird&comma; du mußt nur dicke&comma; dicke Teppiche legen&semi; so ist es im Zentralhotel und es sieht auch viel schöner aus als das Holz da&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Wirklich&quest;" sagte Frau Hartwig&comma; "dann bringe du mir nur bald die dicken&nbsp&semi;Teppiche&comma; damit ich sie legen kann&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Bei Pfäfflings war große Bewegung&comma; die Freude über das Konzertbillet hatte sich allen mitgeteilt&comma; die Fragen und Antworten über die Erlebnisse im Zentralhotel überstürzten sich&comma; zugleich wurden die Vorbereitungen für das Abendessen beschleunigt&comma; damit Herr Pfäffling und Wilhelm rechtzeitig zum Beginn des Konzertes kommen konnten&period; Frau Pfäffling hörte mit besonderer Teilnahme und auch mit Besorgnis von dem kleinen Violinspieler&period; "Wenn das Kind sich unwohl fühlt&comma;" sagte sie zu Wilhelm&comma; "so wirst du es auch nicht stundenlang mit Spässen bei guter Laune erhalten können&excl;" Aber Wilhelm war guter Zuversicht und war zu vergnügt über die Freikarte&comma; als daß er von dem heutigen Abend irgend etwas anderes als Erfreuliches hätte erwarten können&period; Er strahlte mit dem ganzen Gesicht und sah nur immer zu seinem Vater hinüber&comma; der ebenso strahlte&comma; während sie beide das rasch erschienene Abendessen verzehrten und sich dann unter allgemeiner Teilnahme und Hilfsbereitschaft der Familie für das Konzert richteten&period; "Wenn der Kleine aufgeregt wird oder nicht mehr spielen will&comma;" sagte Frau Pfäffling zu Wilhelm&comma; "so laß ihn sich zu dir setzen und erzähle ihm allerlei&comma; etwa von Frieders Harmonika und Geige oder von unserem Weihnachtsfest&semi; es wird besser sein&comma; als wenn du ihn immer zum Lachen bringen willst&period; Weißt du&comma; wenn man unwohl ist&comma; mag man gar nicht lachen&comma; aber über dem Erzählen vergessen die Kinder ihre kleinen Leiden&period;" Da mischte sich Elschen ein&colon; "Er ist ja gar nicht krank&comma; er hat ja mit mir getanzt&period;" "Freilich&comma; und gelacht&comma;" sagte Wilhelm&comma; "und unartig ist er auch&comma; weiter ist gar nichts los mit ihm&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>So gingen Vater und Sohn fröhlich und guter Dinge miteinander nach der Musikschule und trennten sich&comma; Herr Pfäffling&comma; um seinen Platz in dem schon dicht gefüllten Saal aufzusuchen&comma; Wilhelm&comma; um seines Vaters Billet nachträglich zu verdienen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er fand das Künstlerzimmer ziemlich besetzt&comma; verschiedene Herrn begrüßten hier die Künstlerfamilie&comma; erwiesen der gefeierten Sängerin allerlei Aufmerksamkeiten und umschmeichelten den Kleinen&period; Dieser stand in schneeweißem Anzug da und lehnte das Lockenköpfchen an seine Mutter&comma; die in ihrem duftigen Seidenkleid reizend anzusehen war&period; "Sieh&comma; da kommt dein kleiner Freund&comma;" sagte Edmunds Vater&comma; der Wilhelms bescheidenes Eintreten bemerkt hatte&period; "Aber er macht ja keine Purzelbäume&comma;" entgegnete Edmund&comma; ohne seine Mutter zu verlassen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Das wäre hier wohl auch nicht gut möglich&comma;" sagte der Vater&period; Im Hintergrund des kleinen Zimmers stand ein Tischchen&comma; neben demselben hielt sich das Fräulein auf&comma; das Wilhelm schon im Hotel kennen gelernt hatte&period; Zu ihr ging er hin und sagte&colon; "Ich habe einen kleinen Kreisel für Edmund mitgebracht&comma; soll ich ihn auf dem Tischchen tanzen lassen&quest;" "Später&comma; wenn wir allein sind und Edmund schwierig wird&comma;" sagte das Fräulein&comma; "jetzt hat er noch seine Mama&period;" Ein paar Augenblicke später kam geschäftig und ohne anzuklopfen ein Herr herein&period; "Ist es Zeit&comma; Herr Weismann&quest;" frug ihn der Künstler&period; "Ja&comma; wenn ich bitten darf&period;" Die anwesenden Herrn verließen nun rasch das Künstlerzimmer&comma; um sich an ihre Plätze im Saal zu begeben&comma; das Fräulein strich noch die Falten am Kleide der Sängerin glatt&comma; der Vater löste mit einer gewissen Strenge die Hand des Kindes aus der der Mutter und sagte&colon; "Du gehst hierhin&comma; zu Wilhelm&comma;" die Mutter drückte rasch noch einen Kuß auf die Stirn des Kleinen&comma; der sie betrübt&comma; aber doch ohne Widerspruch losließ&period; Dann öffnete Weismann eine Seitentüre&comma; von der aus ein paar Stufen nach dem erhöhten Teil des Saals führten&comma; auf dem nun das Künstlerpaar auftreten sollte&period; Wilhelm konnte von dem tieferliegenden Künstlerzimmer aus nicht hinaufsehen&comma; aber er hörte das mächtige Beifallklatschen&comma; mit dem das junge Paar empfangen wurde&comma; dann schloß Weismann hinter ihnen die Türe und von den wunderbaren Tönen&comma; die nun im Saal die Menschenmenge entzückten&comma; drangen nur einzelne Klänge herunter in das Nebenzimmer&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Weismann trat zu dem Kleinen heran&colon; "Die dritte Nummer des Programms hat unser kleiner Künstler&comma;" sagte er&comma; und auf die bereit gelegte Violine deutend&comma; fragte er&colon; "Ist dein Instrument schön im Stande&quest;" Edmund antwortete nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich denke wohl&comma;" sagte statt seiner das Fräulein&comma; "sein Vater hat vorhin darnach gesehen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Hast du dir auch den Platz auf dem Podium gut gemerkt&comma; an dem du stehen sollst&comma; wenn du spielst&quest;" fragte der Herr&comma; "du weißt doch noch&comma; nicht ganz dicht am Flügel&quest;" Es erfolgte wieder keine Antwort&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber Edmund&comma; wie bist du heute so unartig&comma;" sagte das Fräulein&comma; "wenn dich Papa so sähe&excl;" Da ließ der Kleine den Kopf hängen und fing au zu weinen&period; Erschrocken zog ihn das Fräulein an sich&period; "Sei nur zufrieden&comma; Kind&comma;" tröstete sie&comma; "du darfst doch nicht weinen&quest; Wer wird dir Beifall klatschen&comma; wenn du mit verweinten Augen kommst&excl;" Sie trocknete ihm die Tränen&comma; Weismann hielt es für klüger&comma; sich zurück zu ziehen&comma; Wilhelm ließ den Kreisel tanzen&semi; halb widerwillig sah Edmund zu&comma; dann versuchte er selbst die Kunst&comma; die seinen geschickten Fingerchen bald gelang&period; Er vertiefte sich in das Spiel&period; Plötzlich horchte er auf&period; Ein Beifallssturm dröhnte aus dem Saal&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Nun ist Mama fertig&comma;" sagte er und sah nach der Türe&period; "Nein&comma; sie muß noch einmal wiederholen&comma;" fügte er nach einer Weile gespannten Horchens hinzu und kehrte wieder an sein Spiel zurück&period; "Bei mir ist das auch manchmal so&comma; ich mag nicht gern wiederholen&comma; aber man muß&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber bei dir wird doch nicht so rasend geklatscht&quest;" fragte Wilhelm&comma; "so etwas habe ich noch gar nicht gehört&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"O ja&comma; einmal ist bei mir am allermeisten Beifall gewesen&comma; du wirst es nachher schon hören&comma;" sagte Edmund&comma; war aber schon wieder bei dem Kreisel&comma; und als nun die Sängerin&comma; bis zu den Stufen von ihrem Gemahl geleitet&comma; und dann von Weismann empfangen&comma; wieder in das Künstlerzimmer zurückkam&comma; rief er ihr fröhlich entgegen&colon; "Sieh Mama&comma; was ich kann&quest;" Die Mutter beugte sich zu ihm und sagte&colon; "Gottlob&comma; daß er vergnügt ist&excl;" und ein dankbarer Blick fiel auf Wilhelm&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Im Saal erklang der Konzertflügel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Nach Papa kommst du an die Reihe&comma;" sagte die junge Mutter und sich an das Fräulein wendend&comma; fügte sie leise hinzu&colon; "Wie mir immer angst ist&comma; wenn das Kind auftritt&comma; kann ich gar nicht sagen&excl; Früher war es mir bange&comma; wenn ich vorsingen mußte&comma; aber seitdem das Kind öffentlich spielt&comma; hat diese große Angst jede andere vertrieben&period; Wir hätten es nie anfangen sollen&period;" Tröstend sprach das junge Mädchen der Mutter zu&colon; "So sagen Sie vor jedem Konzert und nachher&comma; wenn alle Welt begeistert ist von dem Kleinen&comma; sind Sie doch glücklich und stolz&comma; mehr als über Ihre eigenen Erfolge&period; Er ist nun schon fünfmal aufgetreten und hat seine Sache immer gut gemacht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber heute wird es anders werden&comma;" flüsterte die Mutter&comma; "hat er nicht auch trübe Augen&quest; Edmund&comma; gib mir deine Hände&period; Sie sind heiß&comma; fühlen Sie&comma; Fräulein&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Vom Kreiseln&comma;" sagte sie&comma; "er sollte vielleicht die Hände jetzt ruhen lassen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; ja&comma; Wilhelm&comma; bitte&comma; fange ein anderes Spiel an&excl; Die Hände dürfen nicht müde sein vor dem Violinspiel&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Es war doch nicht leicht&comma; immer wieder eine Beschäftigung zu wissen&period; Eine gelernte Kindergärtnerin war unser Wilhelm denn doch nicht&excl; Aber ihm war&comma; als verlöre sein Vater das Recht auf den Konzertbesuch von dem Augenblick an&comma; wo er aufhören würde&comma; den Jungen zu unterhalten&period; Also mußten ihm Gedanken kommen&comma; Einfälle&comma; um die Zeit zu vertreiben&comma; und sie kamen auch&comma; und als der Klaviervirtuose&comma; mit einem Lorbeerkranz in der Hand&comma; unter lebhaftem Beifall den Saal verlassen hatte&comma; fand er Edmund bei guter Laune und bereit&comma; ihm mit der Violine zu folgen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Nun wirst du hören&comma; ob sie mir ebenso klatschen wie Papa und Mama&comma;" sagte er munter zu Wilhelm&period; Er schien gar nicht aufgeregt&comma; um so mehr war es seine Mutter&period; Sie flüsterte Wilhelm zu&colon; "Sieh ein wenig durch den Türspalt&comma; wie er seine Sache macht&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Wilhelm folgte leise die Stufen hinauf den beiden Künstlern&comma; sah&comma; wie der Kleine&comma; der mit freundlichem Beifall begrüßt worden war&comma; in kindlicher Weise den Gruß erwiderte und&comma; von seinem Vater auf dem Klavier begleitet&comma; das Spiel begann&period; Wilhelm wurde durch den kleinen Violinspieler an Frieder erinnert und deshalb kam ihm diese Leistung nicht so wunderbar vor wie den Zuhörern im Saal&period; Mit denselben träumerischen Augen wie Edmund&comma; ganz in seine Musik versenkt&comma; hatte Frieder immer seine Harmonika gespielt und strich er seine Geige&period; Freilich war Frieder erst ein Anfänger auf diesem Instrument und dieser Kleine war ein Meister&period; Das Publikum lauschte in atemloser Stille&semi; die Violine war ja klein und der Spieler hatte nicht den kräftigen Strich eines Mannes&period; Aber reine&comma; zarte&comma; tief empfundene Töne wußte er zu wecken und eine staunenswerte Gewandtheit zeigten die kleinen Hände&period; Unter den Zuhörerinnen war manche zu Tränen gerührt&comma; und als der letzte Ton sanft verklungen war&comma; rauschte ein Beifallssturm durch den Saal&comma; Blumen flogen&comma; und eine junge Dame trat auf das Podium&comma; um dem kleinen Künstler ein Füllhorn zu überreichen&comma; das auf sein kindliches Alter berechnet war&comma; denn während es nur mit Rosen gefüllt schien&comma; waren unter den Blumen Bonbons verborgen&period; Weismann kam dem Kleinen zur Hilfe&comma; die Schätze zu sammeln&period; Man hörte die helle Kinderstimme ein schlichtes&comma; freundliches "Danke&excl;" rufen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In das Künstlerzimmer drangen einige Bekannte ein&comma; den Eltern zu gratulieren&comma; und es kam so&comma; wie das junge Mädchen voraus gesagt hatte&colon; die Mutter war über die Leistung ihres Kindes und seinen Erfolg glücklicher&comma; als über den eigenen&semi; auch war es ihr nun leichter um das Herz&comma; Edmund hatte ja nur noch einmal vorzuspielen&comma; freilich ein schwieriges und längeres Musikstück und ganz ohne Begleitung&comma; aber sie war nun wieder guter Zuversicht und angeregt durch die begeisterten Schilderungen einiger Freunde&comma; die in das Künstlerzimmer eindrangen und von dem bereits errungenen Erfolg berichteten&period; Fröhlich und siegesgewiß trat das Künstlerpaar auf's neue auf&comma; Edmund blieb wieder allein zurück bei dem Fräulein und dem treuen Kameraden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber so bald es still um ihn wurde&comma; verfiel er wieder in seine weinerliche Stimmung und war nicht mehr heraus zu reißen&comma; Wilhelm mochte sich buchstäblich auf den Kopf stellen&comma; es war alles umsonst&colon; Da dachte er an seiner Mutter Rat&comma; setzte sich neben den Kleinen und fing an&comma; ihm zu erzählen&period; Der lehnte sich an das Fräulein&comma; und es dauerte gar nicht lange&comma; so fielen ihm die Augen zu und er schlief ein&period; Sie ließen ihn ruhen&comma; aber gegen den Schluß des Konzertabends&comma; während sein Vater allein spielte und schon am Ende des Stückes war&comma; auf das Edmunds Auftreten folgen sollte&comma; mußte er doch geweckt werden&period; Die Mutter tat es mit schwerem Herzen und unter zärtlichen Liebkosungen&period; Es kam ihr grausam vor&comma; und wieder versicherte sie&comma; es sei das letzte Mal&comma; daß sie das Kind vorspielen lasse&period; Sie bemühten sich zu dritt um das Kind&comma; boten ihm Erfrischungen an und hatten ihn&comma; bis sein Vater erschien&comma; wohl aus dem Schlaf gebracht&comma; aber mit allen guten Worten nicht zu bestimmen vermocht&comma; daß er noch einmal vorspiele&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Draußen&comma; im Saal war nichts als Wonne und Begeisterung und ungeduldige&nbsp&semi;Erwartung des kleinen Künstlers&comma; auf dessen Wiedererscheinen die große&nbsp&semi;Menge sich mehr freute als über die großartigen Kompositionen&comma; die der&nbsp&semi;Vater ihr soeben vorgetragen hatte&period; Innen&comma; im Künstlerzimmer&comma; herrschte&nbsp&semi;Niedergeschlagenheit&comma; Sorge und Kampf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Laß nun einmal die zärtlichen Worte&comma;" sagte der Künstler zu seiner&nbsp&semi;Frau&comma; "sie helfen nichts mehr&comma; wie du siehst&semi; laß mich allein mit Edmund&nbsp&semi;reden&period;" Er führte das Kind beiseite&comma; und sah ihm fest und streng in die&nbsp&semi;Augen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Du bist heute abend krank&comma; Edmund&comma;" sagte er&comma; "und möchtest lieber zu Bette gehen als vorspielen&period; Ich war auch schon einmal krank und habe doch dabei ein ganzes&comma; langes Konzert allein gegeben&comma; und du mußt nur ein einziges Stück spielen&period; Fest habe ich mich hingestellt und gedacht&colon; Die vielen Menschen haben die teuern Karten gekauft&comma; und ich habe ihnen dafür Musik versprochen und muß mein Versprechen halten&period; Du mußt das deinige auch halten&comma; dann erst darfst du dich zu Bette legen&period; Aber eines will ich für dich tun&comma; wenn du mir versprichst&comma; daß du dich tapfer hältst&comma; ich will dir erlauben&comma; daß du anstatt des schwierigen Mendelssohn die leichte kleine Romanze von Beethoven spielst&comma; die du so gut kannst&period; Ich will es den Zuhörern sagen&semi; wenn du das Stück recht schön vorträgst&comma; sind sie damit auch zufrieden&period; Nun komm&comma; in einer Viertelstunde ist es überstanden&period; Sieh die Menschen freundlich an&comma; dann verzeihen sie es dir&comma; daß du so ein kurzes Stück spielst&period;" Und er nahm das Kind fest an der Hand&comma; machte der Mutter&comma; die sich von ihm verabschieden wollte&comma; ein abwehrendes Zeichen&comma; gab dem Kleinen die Violine&comma; die er folgsam nahm und führte ihn die Stufen hinauf&period; "Vater&comma;" fragte leise der Kleine&comma; "haben vorhin bei dir die Bretter&comma; der Boden&comma; auf dem man steht&comma; auch so geschwankt&quest; Ich habe gemeint&comma; ich falle um&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Die Bretter sind jetzt alle festgenagelt&comma;" sagte ruhig und bestimmt der&nbsp&semi;Vater&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie hatten schon den Saal erreicht und traten miteinander vor&period; Als das Klatschen sich gelegt hatte und Edmund eben zum Spiel ansetzte&comma; wandte sich der Vater an das Publikum&colon; "Ich bitte es dem zarten Alter des Künstlers zugute zu halten&comma; daß er sein Programm nicht einhält&period; Er möchte Ihnen lieber eine Romanze von Beethoven als das Konzert von Mendelssohn vorspielen&period;" Ein freundliches Klatschen bezeugte die Zustimmung&comma; die wenigsten der Anwesenden wußten&comma; daß ihnen damit die Freude verkürzt wurde&period; "Nun mach es um so besser&comma;" flüsterte der Vater noch seinem Kind zu und stellte sich so&comma; daß sie einander im Auge behielten&period; Ihm war es&comma; als müßte er unablässig durch seinen Blick die Selbstbeherrschung des Kleinen aufrechterhalten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Wie er das Kind anschaut&comma;" dachten manche der Zuhörer&comma; aber die meisten hatten keinen Blick für den Vater&comma; sie waren wieder hingerissen von dem Knaben und seinem einschmeichelnden Spiel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es ging vorüber&period; Dem Vater war die Viertelstunde wie eine Ewigkeit erschienen&comma; und diesmal kamen Beide wie träumend zurück zu der Mutter&comma; die den Kleinen in zärtlichen Armen empfing&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Fahren Sie gleich mit dem Jungen heim und bringen Sie ihn zu Bett&comma;" sagte der Vater zu dem Fräulein&comma; "Wilhelm begleitet Sie hinüber zum Droschkenplatz&comma; nicht wahr&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Am Schluß des Konzerts sammelten sich viele der begeisterten Zuhörer vor dem Künstlerzimmer&comma; sie hofften&comma; auch das Künstlerkind noch einmal zu sehen&period; Umsonst&period; Es lag schon in dem Bett&comma; das Herr Meier vom Zentralhotel sorgsam hatte erwärmen lassen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am nächsten Tag kam in den Zeitungen eine begeisterte Schilderung des&nbsp&semi;Konzerts&comma; und am übernächsten folgte eine Notiz&colon; der kleine&nbsp&semi;Geigenspieler sei an den Masern erkrankt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Acht Tage später lag auch seine kleine Tänzerin Elschen masernkrank darnieder&comma; und wenn Frau Pfäffling an ihrem Bettchen saß&comma; dachte sie manchmal mit Teilnahme an das kleine Menschenkind&comma; das schon öffentlich auftreten mußte&comma; ehe es noch die Kinderkrankheiten durchgemacht hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Über diesen Erlebnissen war der kalte Januar zu Ende gegangen&period;<&sol;p>

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