Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Die Familie Pfäffling
(Agnes Sapper, 1907, empfohlenes Alter: 6 - 12 Jahre)

Herr Direktor?

<p>November&excl; Du düsterer&comma; nebeliger&comma; naßkalter Monat&comma; wer kann dich leiden&quest; Ich glaube&comma; unter allen zwölfen hast du die wenigsten Freunde&period; Du machst den Herbstfreuden ein Ende und bringst doch die Winterfreuden noch nicht&period; Aber zu etwas bist du doch gut&comma; zur ernsten&comma; regelmäßigen Arbeit&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Was wurde allein in der Familie Pfäffling gearbeitet an dem großen Tisch unter der Hängelampe&comma; die schon um 5 Uhr brannte&excl; Von den vier Brüdern schrieb der eine griechisch&comma; der andere lateinisch&comma; der dritte französisch&comma; der vierte deutsch&period; Der eine stierte in die Luft und suchte nach geistreichen Gedanken für den Aufsatz&comma; der andere blätterte im Lexikon&comma; der dritte murmelte Reihen von Zeitwörtern&comma; der vierte kritzelte Rechnungen auf seine Tafel&period; Dazwischen wurde auch einmal geplaudert und gefragt&comma; gestoßen und aufbegehrt&comma; auch gehustet und gepustet&comma; wie's der November mit sich bringt&period; Die Mutter saß mit dem Flickkorb oben am Tisch&comma; neben sich Elschen&comma; die sich still beschäftigen sollte&comma; was aber nicht immer gelang&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Marie und Anne&comma; die Zwillingsschwestern&comma; saßen selten dabei&period; Sie hatten ein Schlafzimmer für sich&comma; und in diesem ihrem kleinen Reich konnten sie ungestört ihre Aufgaben machen&period; Zwar war es ein kaltes Reich&comma; denn der Ofen&comma; der darin stand&comma; wurde nie geheizt&comma; aber die Schwestern wußten sich zu helfen&period; Sie lernten am liebsten aus einem Buch&comma; dabei rückten sie ihre Stühle dicht zusammen&comma; wickelten einen großen alten Schal um sich und wärmten sich aneinander&period; Nur mit der Beleuchtung hatte es seine Schwierigkeit&period; Eine eigene Lampe wurde nicht gestattet&comma; es wäre ihnen auch nicht in den Sinn gekommen&comma; einen solchen Anspruch zu machen&period; Aber im Vorplatz auf dem Schränkchen stand eine Ganglampe&period; Sie mußte immer brennen wegen der Stundenschüler&comma; die den langen Gang hinunter gehen mußten bis zu dem Eckzimmer&comma; in dem Herr Pfäffling seine Stunden gab&period; Hatte aber ein Schüler den Weg gefunden und hinter sich die Türe des Musikzimmers geschlossen&comma; so konnten die Mädchen wohl auf eine Stunde die Ganglampe rauben&period; Dann war es freilich stockfinster im Vorplatz und manchmal stolperte eines der Geschwister&comma; wenn es über den Gang ging und begehrte ein wenig auf&comma; aber das nahmen die Schwestern kühl&period; Schlimmer war's&comma; wenn sie etwa überhörten&comma; daß die Musikstunde vorbei war und die Schüler im Finstern tappen mußten&period; Dann erschraken sie sehr&comma; stürzten eilig hinaus&comma; um zum Schluß noch zu leuchten&comma; entschuldigten sich und waren froh&comma; wenn der Vater es nicht bemerkt hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am 1&period; November ging die Sache nicht so gut ab&period; Fräulein Vernagelding hatte Stunde&comma; die Ganglampe war weg&period; Aus der Ferne hörten die Mädchen das Spiel&period; Jetzt wurde es still&comma; rasch gingen sie hinaus mit der Lampe&period; Aber die Stunde war noch nicht aus&comma; sie lauschten und hörten den Vater noch sprechen&colon; "das ist doch nicht e&comma; wie heißt denn diese Note&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Sie sind noch nicht fertig&comma;" sagten sich die Schwestern und gingen wieder an ihre Arbeit&period; Aber Herr Pfäffling sagte nur noch etwas rasch zu seiner Schülerin&colon; "Ich glaube&comma; es ist genug für heute&comma; besinnen Sie sich daheim&comma; wie diese Note heißt&comma;" und gleich darauf kam Fräulein Vernagelding heraus und stand in dem stockfinsteren Gang&period; Jede andere hätte ihren Rückweg im Dunkeln gesucht&comma; aber das Fräulein gehörte nicht zu den tapfersten&comma; sie kehrte um&comma; klopfte noch einmal am Eckzimmer an und sagte mit ihrem gewohnten Lachen&colon; "Ach bitte&comma; Herr Pfäffling&comma; mir graut so vor dem langen dunkeln Gang&comma; würden Sie nicht Licht machen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Da entschuldigte sich der Musiklehrer und leuchtete seiner ängstlichen&nbsp&semi;Schülerin&comma; aber gleichzeitig rief er gewaltig&colon; "Marianne&excl;" und die&nbsp&semi;Schwestern mit der Lampe kamen erschrocken herbei&period; Sie wurden noch in&nbsp&semi;Gegenwart von Fräulein Vernagelding gezankt&comma; so daß dieser ganz das&nbsp&semi;Lachen verging und sie so schnell wie möglich durch die Treppentüre&nbsp&semi;verschwand&period; Das Arbeiten im eigenen Zimmer mußte also mit mancher&nbsp&semi;Aufregung erkauft werden&comma; aber sie mochten doch nicht davon lassen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So lernten denn die jungen Pfäfflinge an den langen Winterabenden&comma; der eine mehr&comma; der andere weniger&comma; im ganzen hielten sie sich alle wacker in der Schule&comma; machten ihre Aufgaben ohne Nachhilfe und brachten nicht eben schlechte Zeugnisse nach Hause&period;<&sol;p>&NewLine;<p>An einem solchen Novemberabend war es&comma; daß Herr Pfäffling in das Zimmer trat und seiner Frau zurief&colon; "Cäcilie&comma; komme doch einen Augenblick zu mir herüber&comma; aber bitte gleich&excl;" und er hatte kaum hinter ihr die Türe zugemacht&comma; als er ihr leise sagte&colon; "Ein hochinteressanter Brief&excl;" Sie folgte ihm über den Gang&comma; dieser war wieder stockfinster&comma; aber sie beachteten es nicht&period; Im Musikzimmer&comma; wo die Klavierlampe brannte&comma; lag auf den Tasten ein Brief&period; Lebhaft reichte er ihn seiner Frau&colon; "Lies&comma; lies nur&excl;" und als er sah&comma; daß sie mit der fremden Handschrift für seine Ungeduld nicht schnell genug vorwärts kam&comma; sprach er&colon; "Die erste Seite ist nebensächlich&comma; die Hauptsache ist eben&colon; Kraußold aus Marstadt schreibt&comma; es solle dort eine Musikschule gegründet werden&comma; und er wolle mich&comma; wenn ich Lust hätte&comma; als Direktor vorschlagen&period; Ob ich Lust hätte&comma; Cäcilie&comma; wie kann man nur so fragen&excl; Ob ich Lust hätte&comma; in einer größeren aufblühenden Stadt eine Musikschule zu gründen&comma; alles nach meinen Ideen einzurichten&comma; ein mit festem Gehalt angestellter Direktor zu werden&comma; anstatt mich mit Vernagelding und ähnlichen zu plagen&semi; Cäcilie&comma; hast du Lust&comma; Frau Direktor zu werden&quest;" Da wiederholte sie mit fröhlichem Lachen seine eigenen Worte&colon; "Ob ich Lust hätte&quest; Wie kann man nur so fragen&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Und nun setzten sie sich zusammen auf das kleine altmodische Kanapee und besprachen die Zukunftsaussicht&comma; die sich so ganz unvermutet eröffnete&period; Und sprachen so lang&comma; bis Elschen herübergesprungen kam und rief&colon; "Walburg hat das Abendessen hereingebracht und nun werden die Kartoffeln kalt&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Eine ganz pflichtvergessene Hausfrau&comma;" sagte Herr Pfäffling neckend&comma; folgte Mutter und Töchterchen und war den ganzen Abend voll Fröhlichkeit&comma; ging singend oder pfeifend im Familienzimmer hin und her&comma; und die glückliche Stimmung teilte sich allen mit&comma; obwohl nach stiller Übereinkunft die Eltern zunächst vor den Kindern noch nichts von dem unsicheren Zukunftsplan erwähnten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Kraußold aus Marstadt&comma; der durch seinen Brief so freudige Aufregung hervorgebracht hatte&comma; war Herrn Pfäffling aus früheren Jahren gut bekannt&comma; doch hatte er die Familie Pfäffling noch nie besucht&period; Bei diesem Anlaß nun kündigte er sich zur Vorbesprechung der Angelegenheit auf den nächsten Mittwoch an&period; Zeitig am Nachmittag wollte er eintreffen und mit dem fünf Uhr Zug wieder abreisen&period; Herr Pfäffling war in einiger Aufregung wegen des Gastes&period; "Er ist ein etwas verwöhnter Herr&comma;" sagte er zu seiner Frau&comma; "ein Junggeselle&comma; der nicht viel Sinn für Kinder hat&comma; am wenigsten für sieben auf einmal&period; Sie sollten ganz in den Hintergrund treten&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Du wirst ihn wohl im Musikzimmer empfangen&comma; dann stören die Kinder nicht&comma;" sagte Frau Pfäffling&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber zum Tee möchte ich ihn herüber ins Eßzimmer bringen&period; Die Kinder können ja irgendwo anders sein&comma; dann richtest du für uns drei einen gemütlichen Teetisch&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Am Mittwoch wurde bei Tisch den Kindern mitgeteilt&comma; daß sie an diesem Nachmittag möglichst unhörbar und unsichtbar sein sollten wegen des erwarteten Gastes&period; Um der Sache mehr Nachdruck zu geben&comma; sagte der Vater zu den Kleinen&colon; "Laßt euch nur nicht blicken&comma; wer weiß&comma; wie es euch sonst geht&comma; wenn der Kinderfeind kommt&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Zunächst mußten alle zusammen helfen&comma; die schönste Ordnung herzustellen&comma; bis der Vater mit dem Fremden vom Bahnhof herein käme&period; Das Wetter war leidlich&comma; sie wollten sich unten im Hof aufhalten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am Fenster stand immer einer der Brüder als Posten und als nun der Vater in der Frühlingsstraße in Begleitung eines kurzen&comma; dicken Herrn auftauchte&comma; rannte die ganze junge Gesellschaft die Treppe hinunter und verschwand hinter dem Haus&period; Dort war der Boden tief durchweicht und mit dem zäh an den Fußsohlen haftenden Lehm ließ sich nicht gut auf den Balken klettern&period; Elschen fiel gleich beim ersten Versuch herunter und weinte kläglich&comma; denn sie sah übel aus&period; Die Schwestern bemühten sich&comma; mit Wischen und Reiben ihr Kleid wieder zu säubern&period; Da tat sich ein Fenster auf im unteren Stock und die Hausfrau rief&colon; "Kinder&comma; ihr macht das ja immer schlimmer&comma; das kann ich gar nicht mit ansehen&comma; kommt nur herein&comma; ich will euch helfen&period; Es ist doch auch so kalt&comma; geht lieber hinauf&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Es ist ja der Kinderfeind droben&excl;" rief Elschen kläglich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"O weh&excl;" sagte die Hausfrau mit freundlicher Teilnahme&comma; "was tut auch ein Kinderfeind bei euch&excl; Dann kommt nur zu mir&comma; aber streift die Füße gut ab&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Die Mädchen ließen sich's nicht zweimal sagen&period; Aber Frieder wußte nicht recht&comma; ob er auch mit der Einladung gemeint sei&period; Er sah sich nach den Brüdern um&comma; die waren hinter den Balken verschwunden&period; So wollte er doch lieber mit hinein zu der Hausfrau&period; Inzwischen waren aber auch die Schwestern weg und bis er ihnen nach ins Haus ging&comma; hatten sie eben die Türe hinter sich geschlossen&period; Anklingeln wollte er nicht extra für seine kleine Person&period; So hielt er sich wieder an seine treueste Freundin&comma; die Ziehharmonika&comma; und bestieg mit ihr den Thron&comma; hoch oben auf den Brettern&period; Im neuen Schuljahr wurden neue Choräle eingeübt&comma; die wollte er auf seiner Harmonika herausbringen&period; Darein vertiefte er sich nun und hatte kein Verlangen mehr nach den Brüdern&comma; obwohl er sie von seinem hohen Sitz ans gleich entdeckt hatte&period; Die drei standen an dem Zaun&comma; der den Balkenplatz von dem Kasernenhof und Exerzierplatz trennte&period; Im Oktober waren neue Rekruten eingerückt&comma; die nun täglich ihre Turnübungen ganz nahe dem Zaune machten&period; Unter diesen Soldaten war ein guter Bekannter&comma; ein früherer Lehrling des Schreiners Hartwig&comma; der zugleich ein Verwandter der Hausfrau war und bei ihr gewohnt hatte&period; Diesen nun in Uniform zu sehen&comma; ihm beim Turnen und Exerzieren zuzuschauen&comma; war von großem Interesse&period; Er kam auch manchmal an den Zaun und plauderte freundschaftlich mit Karl&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aufmerksam sahen die jungen Pfäfflinge nach dem Turnplatz hinüber&period; Unter den Rekruten&comma; die jetzt eben am Turnen waren und den Sprung über ein gespanntes Seil üben sollten&comma; waren drei&comma; die sich gar ungeschickt dazu anstellten&period; Der eine zeigte wenigstens Eifer&comma; er nahm immer wieder einen Anlauf&comma; um über die Schnur zu kommen und wenn es ihm fünfmal mißlungen war&comma; so kam er doch das sechste mal darüber und der Schweiß redlicher Anstrengung stand ihm auf der Stirne&period; Die beiden anderen Ungeschickten machten gleichgültige&comma; störrische Gesichter und träge Bewegungen&period; Als die Abteilung zur Kaserne zurück kommandiert wurde&comma; mußten sie nachexerzieren&period; Das war nun kein schöner Anblick&period; Dazu fing es an zu regnen&comma; große wässerige Schneeflocken mischten sich darunter&comma; und die kleinen Zuschauer entfernten sich im lebhaften Gespräch über die unbeholfenen Turner&period; So wollten sie sich einmal nicht anstellen&period; Sie wollten all diese Übungen schon vorher machen&comma; gleich morgen sollte da&comma; zwischen den Balken&comma; ein Sprungseil gespannt werden&period; Sie kamen an Frieder vorbei&semi; der hatte auch bemerkt&comma; daß Schnee und Regen herunter fielen und kletterte von seinem Brettersitze&period; Nun besprachen sich die Brüder über ihn&period; Er würde vielleicht auch einmal so ein Ungeschickter&period; Welche Schande&comma; wenn ein Pfäffling so schlecht auf dem Turnplatz bestünde&period; Es durfte nicht sein&comma; daß er immer nur Harmonika spielte&comma; sie wollten ihn auch springen lehren&comma; er mußte mittun&comma; gleich morgen&period; Er sagte auch ja dazu&comma; aber es war ihm ein wenig bedenklich und mit Recht&colon; drei eifrige Unteroffiziere gegen einen ungeschickten Rekruten&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Als sie ans Haus kamen&comma; fiel ihnen erst wieder der Gast ein&comma; der droben die Gegend unsicher machte&period; War er vielleicht schon fort&quest; Die Mädchen&comma; die noch bei der Hausfrau waren&comma; wurden gerufen und beschlossen&comma; daß sie erkundigen sollten&comma; wie es oben stünde&period; Marie wagte sich hinauf&comma; erschien bald wieder an der Treppe und winkte den anderen&comma; leise nachzukommen&period; Elschen folgte nur zaghaft den Geschwistern&comma; sie stellte sich den Kinderfeind als eine Art Menschenfresser vor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Er ist im Wohnzimmer&comma;" flüsterte Marie&comma; "wir gehen in das Musikzimmer&comma; da hört man uns nicht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Auf den Zehen schlich sich die ganze Kindergesellschaft in das Eckzimmer&period; Dort fühlten sie sich in Sicherheit&period; Nur war von allem&comma; was sie gerne gehabt hätten&comma; von Büchern und Heften oder Spielen hier nichts zu haben&period; So standen sie alle sieben herum&comma; warteten und fingen an&comma; in dem kühlen Zimmer zu frieren&comma; denn sie waren naß und durchkältet&period; "Wir wollen miteinander ringen&comma; daß es uns warm wird&comma;" schlug Wilhelm vor und Otto ging darauf ein&period; Karl war auch dabei&colon; "Ich nehme es mit der ganzen Marianne auf&comma;" rief er&comma; "kommt&comma; du Marie gegen meine rechte Hand&comma; du Anne gegen meine linke&comma; Frieder&comma; Elschen&comma; stellt die Stühle aus dem Weg&period;" Sie taten es und dann machten sie es den großen Geschwistern nach&period; Das gab ein Gelächter und Gekreisch und aber auch einen großen Plumps&comma; weil Otto und Wilhelm zu Boden fielen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In diesem Augenblick ging die Türe auf&semi; Herr Pfäffling hatte ahnungslos seinen Besuch aufgefordert&comma; das Klavier zu probieren und so traten sie miteinander ins Musikzimmer&period; Nein&comma; auch für einen Kinderfreund wäre dieser Knäuel sich balgender Knaben und ringender Mädchen kein schöner Anblick gewesen&comma; und nun erst für den Kinder&lowbar;feind&lowbar;&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Er prallte ordentlich zurück&period; Elschen schrie beim Anblick des gefürchteten Fremden laut auf und ergriff eiligst durch den anderen Ausgang die Flucht&comma; alle Geschwister ihr nach&period; Aber noch unter der Türe besann sich Karl&comma; kehrte zurück&comma; grüßte und sagte&colon; "Entschuldige&comma; Vater&comma; wir wollten drüben nicht stören&comma; deshalb sind wir alle hier gewesen&comma;" dann stellte er rasch die Stühle an ihren Platz und rettete dadurch noch einigermaßen die Ehre der Pfäfflinge&comma; die sich wohl noch nie so ungünstig präsentiert hatten&comma; wie eben diesem Fremden gegenüber&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eine kleine Weile darnach reiste der Gast ab&comma; von Herrn Pfäffling zur Bahn geleitet&period; Die Kinder nahmen wieder Besitz von dem großen Tisch im Wohnzimmer und saßen bald in der gewohnten Weise an ihren Aufgaben&comma; doch war ihnen allen bang&comma; wie der Vater wohl die Sache aufgenommen habe und was er sagen würde bei seiner Rückkehr von der Bahn&semi; die Mutter war ja nicht dabei gewesen&comma; sie konnte es nicht wissen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun kam der Vater heim&period; Eine merkwürdige Stille herrschte im Zimmer&comma; als er über die Schwelle trat&period; Er blieb einen Augenblick stehen und betrachtete das friedliche Familienbild&period; Dann sagte er&colon; "Da sitzen sie nun wie Musterkinder ganz brav bei der Mutter&comma; sanft wie unschuldige Lämmlein&comma; nicht wieder zu erkennen die wilde Horde von drüben&excl;" Bei diesem Scherzenden Ton wurde ihnen allen leicht ums Herz&comma; sie lachten&comma; sprangen dem Vater entgegen und Elschen fragte&colon; "Ist der Herr weit weggereist&comma; Vater&comma; und bleibt der jetzt schön da&comma; wo er hin gehört&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Jawohl&comma; du kannst beruhigt sein&comma; er kommt nicht mehr&period; Und wenn er käme oder wenn ein anderer kommt&comma;" setzte Herr Pfäffling hinzu&comma; indem er sich an seine Frau wandte&comma; "dann geben wir uns gar keine Mühe mehr&comma; unser Hauswesen in stiller Vornehmheit zu zeigen und in künstliches Licht zu stellen&comma; denn so ein künstliches Licht verlöscht doch plötzlich und dann ist die Dunkelheit um so größer&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Ein paar Stunden später&comma; als Elschen längst schlief&comma; die Schwestern Gute Nacht gesagt hatten und Frieder mit Wilhelm und Otto im sogenannten Bubenzimmer ihre Betten aufsuchten&comma; saß Karl noch allein mit den Eltern am Tisch&period; Seit seinem fünfzehnten Geburtstag hatte er dies Vorrecht&period; Es wurde allmählich still im Haus&period; Auch Walburg hatte Gute Nacht gewünscht&semi; manchmal lag kein anderes Wort zwischen ihrem "Guten Morgen" und "Gute Nacht"&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die drei&comma; die nun noch am Tische saßen&comma; waren ganz schweigsam und bewegten doch ungefähr denselben Gedanken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Pfäffling dachte&colon; Wenn nur Karl auch zu Bett ginge&comma; daß ich mit meiner Frau von Marstadt reden könnte&period; Die Kinder sollen ja noch nichts davon wissen&period; Er zog seine Taschenuhr—es war noch nicht spät&period; Dann ging er auf und ab&comma; sah wieder nach der Uhr und wurde immer ruheloser&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling dachte&colon; Meinem Mann ist es lästig&comma; daß wir nicht allein sind&comma; aber er möchte Karl doch nicht so früh zu Bett schicken&period; Nein&comma; diese Unruhe&excl; Und dagegen die Ruhe&comma; mit der Karl in sein Buch schaut und nicht ahnt&comma; daß er stört&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Darin täuschte sich aber Frau Pfäffling&comma; denn Karl dachte&colon; Der Vater schweigt und die Mutter schweigt&period; Wenn ich zur Türe hinausginge&comma; würden sie reden&comma; über Herrn Kraußold aus Marstadt&comma; denn mit diesem hat es eine besondere Bewandtnis&period; Nun zieht der Vater zum drittenmal in fünf Minuten seine Uhr&period; Er möchte mich fort haben und doch nicht fortschicken&period; Und die Mutter auch&period; Da ist's wohl angezeigt&comma; daß ich freiwillig gehe&period; Er klappte das Buch zu&comma; stand auf und sagte&colon; "Gute Nacht&comma; Vater&comma; gute Nacht&comma; Mutter&comma; ich will jetzt auch gehen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Gute Nacht&comma; Karl&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie waren überrascht&comma; daß er so bald aufbrach&period; "Es ist Zufall&comma;" sagte&nbsp&semi;Herr Pfäffling&period; "Oder hat er gemerkt&comma; daß er uns stört&comma;" meinte die&nbsp&semi;Mutter&period; "Woran sollte er das gemerkt haben&quest; Wir haben nichts gesagt und&nbsp&semi;er hat gelesen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Dir kann man so etwas schon anmerken&comma;" erwiderte Frau Pfäffling lächelnd&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Das muß ich noch erfahren&comma;" sagte Herr Pfäffling lebhaft und rief seinen Jungen noch einmal zurück&colon; "Sage offen&comma; warum du so bald zu Bett gehst&quest;" Einen Augenblick zögerte Karl&comma; dann erwiderte er schelmisch&colon; "Weil du dreimal auf deine Uhr gesehen hast&comma; Vater&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Also doch&quest; So geh du immerhin zu Bett&comma; Karl&comma; es ist nett von dir&comma; daß du Takt hast—übrigens&comma; wenn du Takt hast&comma; dann kannst du ebensogut hier bleiben&comma; dann wirst du auch nicht taktlos ausplaudern&comma; was wir besprechen&period;" "Das meine ich auch&comma;" sagte Frau Pfäffling&comma; "er wird nun bald sechzehn Jahre&period; Komm&comma; Großer&comma; setze dich noch einmal zu uns&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Dem Sohn wurde ganz eigen zumute&period; Mit einemmal fühlte er sich wie ein Freund zu Vater und Mutter herbeigezogen&comma; und in dieser Abendstunde erfuhr er&comma; was seine Eltern gegenwärtig freudig bewegte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als er sich aber eine Stunde später leise neben seine Brüder zu Bette legte&comma; da besann er sich&comma; ob irgend etwas auf der Welt ihn bewegen könnte&comma; das Vertrauen der Eltern zu täuschen&comma; und er fühlte&comma; daß keine Lockung noch Drohung stark genug wäre&comma; ihm das anvertraute Geheimnis zu entreißen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In aller Stille reiste am folgenden Sonntag unser Musiklehrer nach Marstadt&comma; um sich dort den Herren vorzustellen&comma; die über die Ernennung des Direktors für die neu zu gründende Musikschule zu entscheiden hatten&period; Es kam noch ein anderer&comma; jüngerer Mann aus Marstadt für die Stelle in Betracht&comma; und nun mußte sich's zeigen&comma; ob Herr Pfäffling wirklich&comma; wie sein Freund Kraußold meinte&comma; die besseren Aussichten habe&period; Unterwegs nach der ihm unbekannten Stadt wurde Herr Pfäffling immer kleinmütiger&period; Warum sollten sie denn ihn&comma; den Fremdling&comma; wählen&comma; statt dem Einheimischen&quest; Sie konnten ja gar nicht wissen&comma; wie eifrig er sich seinem neuen Beruf widmen wollte und wie ihm dabei all seine seitherigen Erfahrungen an der Musikschule zustatten kommen würden&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>In Marstadt angekommen&comma; machte er Besuche bei den Herren&comma; die sein Freund Kraußold ihm nannte&period; War er bei dem ersten noch verzagt&comma; so wuchs seine Zuversicht bei jedem weiteren Besuch&comma; denn wie aus einem Munde lautete das Urteil über seinen Mitbewerber&colon; "Zu jung&comma; viel zu jung zum Direktor" Und einmal&comma; als er in Begleitung seines Freundes über die Straße ging&comma; sah er selbst den Jüngling&comma; der sein Mitbewerber war&comma; und von da an war er beruhigt&semi; das war noch kein Mann für solch eine Stelle&comma; der sollte nur noch zehn Jahre warten&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>In froher Zuversicht konnte unser Musiklehrer die Heimreise antreten&period; Am Bahnhof von Marstadt bot ein Mädchen Blumen an&period; In seiner hoffnungsfreudigen Stimmung gestattete er sich einen bei ihm ganz unerhörten Luxus&colon; Er kaufte eine Rose&period; Sein Freund Kraußold sah ihn groß an&colon; "Zu was brauchst du so etwas&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Für die zukünftige Frau Direktor&comma;" antwortete Herr Pfäffling fröhlich&comma; und als sein Freund noch immer verwundert schien&comma; setzte er ernst hinzu&colon; "Weißt du&comma; sie hat es schon manchmal recht schwer gehabt in unseren knappen Verhältnissen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie verabschiedeten sich und Kraußold versprach&comma; am nächsten Donnerstag gleich nach Schluß der Sitzung ihm den Entscheid über die Besetzung der Stelle zu telegraphieren&period; Als bei seiner Heimkehr Herr Pfäffling seiner Frau die Rose reichte&comma; wußte sie alles&comma; auch ohne Worte&colon; seine glückselige siegesgewisse Stimmung&comma; seine Freude&comma; daß er auch ihr ein schöneres Los bieten konnte&comma; das alles erkannte sie an der unerhört verschwenderischen Gabe einer Rose im November&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Sache blieb nicht länger Geheimnis&period; Herr Pfäffling besprach sie mit seinem Direktor&comma; in der Zeitung kam eine Notiz aus Marstadt über die geplante Musikschule und die zwei Bewerber um die Direktorstelle&period; Auch die Kinder hörten nun davon&comma; die Hausleute erfuhren es und Walburg wurde es ins Ohr gerufen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Je näher der Donnerstag kam&comma; um so mehr wuchs die Spannung auf den&nbsp&semi;Entscheid&period; Am Vorabend lief noch ein Brief von Kraußold ein&comma; der keinen&nbsp&semi;Zweifel mehr darüber ließ&comma; daß Pfäffling einstimmig gewählt würde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gegen Mittag konnte das Telegramm einlaufen&period; Es war noch nicht da&comma; als Herr Pfäffling aus der Musikschule heimkam&period; So setzten sie sich alle zu Tisch wie gewöhnlich&comma; aber die Kinder stritten sich darum&comma; wer aufmachen dürfte&comma; wenn der Telegraphenbote klingeln würde&period; Die Mutter hatte das aufmerksame Ohr einer Hausfrau&comma; sie legte den Löffel aus der Hand und sagte&colon; "Er kommt&period;" Einen Augenblick später klingelte es&comma; und von den dreien&comma; die hinaus gerannt waren&comma; brachte Wilhelm das Telegramm dem Vater&comma; der rasch den Umschlag zerriß&period; Es war ein langes&comma; ein bedenklich langes Telegramm&period; Es besagte&comma; daß noch in der letzten Stunde der Beschluß&comma; im nächsten Jahre schon eine Musikschule zu gründen&comma; umgestoßen worden sei und man eines günstigen Bauplatzes wegen noch ein paar Jahre warten wolle&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Herrn Pfäffling war zumute&comma; wie wenn man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen hätte&comma; als er las&comma; daß die ganze Musikschule&comma; die er dirigieren wollte&comma; wie ein Luftschloß zusammenbrach&period;<&sol;p>&NewLine;<p>O&comma; diese traurige Tischgesellschaft&excl; Wie bestürzt sahen die Eltern aus&comma; wie starrten die Buben das unheilvolle Telegramm an&comma; wie flossen den Mädchen die Tränen aus den Augen&comma; wie schaute Elschen so ratlos von einem zum andern&comma; weil sie gar nichts von dem allen verstand&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Frieder&comma; der neben der Mutter saß&comma; wandte sich halblaut an sie&colon; "Es wäre viel freundlicher gewesen&comma; wenn sie das mit der Musikschule schon vorher ausgemacht hätten&comma; und das mit dem Vater erst nachher&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"O Frieder&comma;" rief der Vater und fuhr so lebhaft vom Stuhl auf&comma; daß alle erschraken&comma; "wenn die Marstadter nur so klug wären wie du&comma; aber die sind so—ich will gar nicht sagen wie&comma; das kann man überhaupt gar nicht sagen&comma; dafür gibt es keinen Ausdruck&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Pfäffling nahm das Telegramm noch einmal zur Hand&colon; "Ein paar Jahre wollen sie warten&comma;" sagte sie&comma; "vielleicht nur zwei Jahre&comma; dann wäre es ja nicht so sehr ferne gerückt&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Es können auch fünf daraus werden und zehn&comma;" entgegnete Herr Pfäffling&comma; "inzwischen kommen die&comma; die jetzt noch zu jung waren&comma; ins richtige Alter und ich komme darüber hinaus&period; Nein&comma; nein&comma; da ist nichts mehr zu hoffen&comma; Direktor bin ich gewesen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Mit diesen Worten verließ er das Zimmer&comma; und man hörte ihn über den Gang in das Musikzimmer gehen&period; Die Kinder aßen&comma; was auf ihren Tellern fast erkaltet war&period; "Ich wollte&comma; Herr Kraußold wäre gar nie in unser Haus gekommen&excl;" sagte Anne&period; Da stimmten alle ein und der ganze Zorn entlud sich über ihn&comma; bis die Mutter wehrte&colon; "Herr Kraußold hat es nur gut gemeint&period; Ihr Kinder habt überdies allen Grund&comma; froh zu sein&comma; daß wir hier bleiben&period; Ihr bekommt es nirgends mehr so gut wie hier außen in der Frühlingsstraße&period; Für euch wäre es kein Gewinn gewesen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber für den Vater und für dich&comma;" sagte Karl&comma; und er dachte an den schönen Abend&comma; an dem die Eltern ihm die frohe Zukunftsaussicht anvertraut hatten&period; "Ja&comma;" sagte die Mutter&comma; "aber der Vater und ich kommen darüber weg&period; In der ersten Viertelstunde ist man wohl betroffen&comma; aber dann stemmt man sich gegen das Ungemach und sagt sich&colon; dies gehört auch zu den Dingen&comma; die uns zum besten dienen müssen&comma; wie alles&comma; was Gott schickt&comma; und dann besinnt man sich&colon; wie muß ich's anpacken&comma; damit es mir zum besten dient&quest;" Die Mutter versank in Gedanken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Seid ihr satt&comma; Kinder&quest;" fragte sie nach einer kleinen Weile&period; "Dann deckt den Tisch ab&comma; ich will ein wenig zum Vater hinübergehen&period; Nehmt auch die Rose mit hinaus&comma; die Blätter fallen ab&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Im Eckzimmer wanderte Herr Pfäffling auf und ab und wartete auf seine&nbsp&semi;Frau&comma; denn er wußte ganz gewiß&comma; daß sie zu ihm kommen würde&period; Sie hatten&nbsp&semi;schon manches Schwere miteinander getragen&comma; und nun mußte auch diese&nbsp&semi;Enttäuschung gemeinsam durchgekämpft werden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als Frau Pfäffling eintrat&comma; hatte ihr Mann ein Blatt Papier in der Hand und reichte es ihr mit schmerzlichem Lächeln&colon; "Da sieh&comma; gestern abend war ich so zuversichtlich&comma; da habe ich für dich ein kleines Lied komponiert&comma; das wollte ich dir heute abend mit der Guitarre singen&period; Die Kinder hätten im Chor den Schlußreim mitsingen dürfen&comma; auf den jeder Vers ausgeht&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>"'Drum rufen wir mit frohem Sinn&colon;<br&sol;>Es lebe die Direktorin&excl;'<&sol;p>&NewLine;<p>"Nun muß es heißen&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>"'Schlag dir die Ehre aus dem Sinn<br&sol;>Du wirst niemals Direktorin&period;'"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; nein&comma;" wehrte Frau Pfäffling&comma; "du mußt es anders umändern&comma; es muß ausgedrückt sein&comma; daß wir trotz allem einen frohen Sinn behalten&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Für den Gedanken finde ich jetzt noch keinen Reim&comma;" sagte er trübselig&comma; "ich brauche auch keinen&comma; mit dem Lied kannst du Feuer machen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie sprachen noch lange von der großen Enttäuschung&comma; und dann kamen sie auf den beginnenden Winter zu sprechen&comma; für den noch nicht so viel Stunden angesagt waren als nötig erschien&comma; um gut durchzukommen&period; So erschien ihnen die Zukunft grau wie der heutige Novemberhimmel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Inzwischen war wohl eine halbe Stunde vergangen&period; Da fragte vor der Türe eine Kinderstimme&colon; "Dürfen wir herein&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Was wollt ihr denn&quest;" rief dagegen&comma; wenig ermutigend&comma; der Vater&period; Unter der Türe erschienen die drei Schwestern&semi; voran die Kleine mit strahlendem Ausdruck&comma; dann Marie und Anne&period; Sie trugen zwei Tassen&comma; Kaffee- und Milchkanne und stellten das alles vorsichtig auf den Tisch&period; Die zwei Großen sahen zaghaft aus&comma; wußten nicht recht&comma; wie die Überraschung wohl aufgenommen würde&period; "Was fällt euch denn ein&comma; Kinder&quest;" fragte die Mutter&period; Marie antwortete&comma; aber ihre Stimme zitterte und die Tränen wollten kommen&colon; "Wir haben auf heute einen Kaffee gemacht&comma; weil ihr fast nichts gegessen habt&excl;" und Anne flüsterte der Mutter zu&colon; "Von unserem Geld&comma; du darfst nicht zanken&period;" Schnell gingen sie wieder hinaus und hörten eben unter der Türe&comma; wie die Mutter freundlich sagte&colon; "Dann kann ich freilich nicht zanken&comma;" so war also die Überraschung gut aufgenommen worden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Solch ein Kaffee nach Tisch war eine Liebhaberei von Herrn Pfäffling&comma; die er sich nur an Festtagen gestattete&period; So kam es ihm auch wunderlich vor&comma; sich gerade heute mit seiner Frau an den Kaffeetisch zu setzen&comma; er war sich keiner festtäglichen Stimmung bewußt&excl; Aber man mußte es doch schon den Kindern zuliebe tun&comma; sicher würde Marie&comma; das Hausmütterchen&comma; gleich nachher visitieren&comma; ob auch die Kannen geleert seien&period; Diesem festtäglichen Kaffee gegenüber wich die graue Novemberstimmung unwillkürlich&comma; und bei der zweiten Tasse sagte unser Musiklehrer zu seiner Frau&colon; "Man müßte eben den Schlußreim so verändern&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>"'Direktor her&comma; Direktor hin&comma;<br&sol;> Wir haben dennoch frohen Sinn&period;'"<&sol;p>&NewLine;<p>Der letzte Schluck Kaffee war noch nicht genommen&comma; da klingelte es&period; Frau Pfäffling horchte und rief erschrocken&colon; "Kann das Fräulein Vernagelding sein&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Donnerstag&quest; Freilich&comma; das ist ihr Tag&period; O&comma; die unglückselige Stunde&comma; die hatte ich total vergessen&comma; muß die auch gerade heute sein&excl; Wenn ich die jetzt vertrage&comma; Cäcilie&comma; dann bewundere ich mich selber&period; Du glaubst nicht&comma; wie unmusikalisch das Fräulein ist&excl;" Frau Pfäffling hatte das Kaffeegeschirr rasch auf das Brett gestellt und war längst damit verschwunden&comma; bis Fräulein Vernagelding im Vorplatz am Kleiderhalter und Spiegel Toilette gemacht und ihre niedlichen Löckchen zurechtgesteckt hatte&period; Herr Pfäffling nahm sich gewaltig zusammen&comma; als diese unbegabteste aller Schülerinnen sich neben ihn ans Klavier setzte und mit holdem Lächeln sagte&colon; "Heute dürfen Sie es nicht so streng mit mir nehmen&comma; Herr Pfäffling&comma; ich konnte nicht so viel üben&comma; denken Sie&comma; ich war gestern auf meinem ersten Ball&period; Es war ganz reizend&period; Ich war in Rosa&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Freut mich&comma; freut mich&comma;" sagte Herr Pfäffling und trippelte bereits etwas nervös mit seinem rechten Fuß&period; "Aber jetzt wollen wir gar nicht mehr an den Ball denken&comma; sondern bloß an unsere Tonleiter&period; G-dur&period; Nicht immer wieder f nehmen statt fis&comma; das lautet greulich für mich&period; Schon wieder f&excl; Wieder f&excl; Aber Sie nehmen ja jedesmal f&comma; Sie denken wieder an den gestrigen Ball&excl;" "Nein&comma; Herr Pfäffling&comma;" entgegnete sie und sah ihn strahlend an&comma; "ich denke ja an den morgigen Ball&comma; was sagen Sie dazu&comma; daß ich morgen schon wieder tanze&excl; Diesmal in Meergrün&period; Ist das nicht süß&quest;" Herr Pfäffling sprang vom Stuhl auf&period; "Süß&comma; ja süß&excl;" wiederholte er&comma; "aber zwischen zwei Bällen Sie mit der G-dur Tonleiter zu plagen&comma; das wäre grausam&comma; vielleicht auch gegen mich&period; Da gehen Sie lieber heim für heute&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; darf ich&quest;" sagte sie aufstehend&comma; und die hoffnungsvolle Schülerin empfahl sich mit dankbarem Lächeln und Knix&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als Frau Pfäffling durch den Vorplatz ging&comma; sah sie mit Staunen&comma; daß Fräulein Vernagelding schon wieder am Spiegel stand&period; Sie hatte diesmal entschieden mehr Zeit am Spiegel als am Klavier verbracht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Herr Pfäffling erzählte&comma; daß ihm die Geduld ausgegangen sei&comma; er glaube aber nicht&comma; daß es das Fräulein übelgenommen habe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Aber Frau Privatiere Vernagelding wird um so mehr gekränkt sein&comma;" sagte&nbsp&semi;Frau Pfäffling besorgt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unnötige Sorge&excl; Als das tanzlustige Fräulein daheim von der abgekürzten&nbsp&semi;Stunde berichtete&comma; sagte die Mutter&colon; "Dies ist ein einsichtsvoller Herr&period;&nbsp&semi;Er gönnt doch auch der Jugend ihr unschuldiges Vergnügen&period; Wir müssen ihm&nbsp&semi;gelegentlich ein Präsent machen&comma; Agathe&period;"<&sol;p>

«

»