Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Der Trotzkopf
(Emmy von Rhoden, 1885, empfohlenes Alter: 10 - 12 Jahre)

Kapitel 18

Nun ist eigentlich meine Erzählung zu Ende, denn die überraschten Gesichter der Gäste zu schildern ist langweilig, selbst wenn die Ueberraschung ihnen so unerwartet kam, wie Ilses Verlobung am Erntefeste. Eins aber muß ich meinen lieben Leserinnen noch mitteilen, wie nämlich Onkel Curt an demselben Tage plötzlich verschwunden war. Während alle fröhlich bei der Tafel saßen, hatte er sich von Johann still und ohne Aufsehen nach dem Bahnhof fahren lassen.

Frau Macket fiel seine Flucht nicht weiter auf, sie kannte ihren Bruder als einen unstäten Geist, der, wie es ihm einfiel, kam und verschwand. – Drei Wochen vergingen ohne das geringste Lebenszeichen, da endlich langte ein Brief aus München von ihm an. Sein Inhalt versetzte alle auf Moosdorf in sprachloses Erstaunen. Ilse aber kam darüber ganz außer Rand und Band. Sie klatschte in die Hände, tanzte im Zimmer umher und rief jubelnd: »Ich bin die Ursache ihres Glückes, durch mich haben sie sich gefunden! Was wird Leo dazu sagen? Wie freue ich mich!« – Doch ich will nicht vorgreifen, sondern lieber den kurzen Inhalt des Briefes mitteilen.

»Wir sind auf der Hochzeitsreise. Lotte und ich wollen den Winter in Italien zubringen. Ihr wundert Euch, nicht wahr? Ist aber gar nichts dabei zu verwundern. Lotte und ich waren schon uralte Brautleute, haben nur niemals davon gesprochen. – Im Frühjahr kehren wir zurück, ich werde Euch dann meine junge Frau vorstellen. – Dem Fischchen besonderen Gruß – sie weiß schon warum. Soll übrigens fleißig weitermalen, wenn der Brautstand ihr die Zeit dazu läßt.« –

»Nun bin ich Deine Tante, mein Liebling! Wer hätte das gedacht!« schrieb seine Frau, ehemals Fräulein Güssow, unter den Brief. »Wie gern hätte ich Dir längst die ganze wunderbare Geschichte, – und wie alles gekommen ist, mitgeteilt, aber ich durfte es nicht. Onkel Curt wollte erst nach unsrer Verheiratung die Erlaubnis dazu geben. Auch heute kann ich nur wenige Zeilen Dir schreiben, mein Mann steht hinter mir und treibt, daß ich aufhöre.

»Denkst Du noch an Lucies Geschichte? – Jene Lucie hieß Lotte und war ich selbst – und der Maler? – Nun, Du errätst schon, wer es war, ohne daß ich ihn nenne.

»Wenn wir zurückkehren, bist Du am Ende auch eine junge Frau? Wie habe ich mich gefreut über dein sonniges Glück, Herz! Der Himmel erhalte es Dir!«

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