Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Märchen für Kinder
(Hans Christian Andersen, empfohlenes Alter: 8 - 14 Jahre)

Des Kaisers Nachtigall

<p>Das Schloß des Kaisers von China war das prächtigste in der Welt&comma; durch und durch von feinem Porzellan&period; Im Garten sah man die herrlichsten und merkwürdigsten Blumen und an den allerprächtigsten waren silberne Glocken befestigt&comma; die fortwährend tönten&comma; damit man nicht vorüberginge&comma; ohne die Blumen zu bemerken&period; Alles war in des Kaisers Garten auf das Geschmackvollste und Kunstreichste ausgegrübelt und er erstreckte sich so weit&comma; daß selbst der Gärtner das Ende desselben nicht kannte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aus dem Garten gelangte man in einen Wald&comma; und dieser stieß an das Meer&comma; welches blau und tief war&period; Große Schiffe konnten unter den überhängenden Zweigen hinsegeln&comma; und in diesen wohnte eine Nachtigall&comma; welche so himmlisch schön sang&comma; daß selbst der arme Fischer&comma; der vollauf von seinem Geschäft in Anspruch genommen war&comma; still lag und lauschte&comma; wenn er nachts ausgefahren war&comma; sein Netz aufzuziehen und dann die Nachtigall hörte&period; „Mein Gott’&comma; wie ist das schön&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; dann aber mußte er seinem Gewerbe nachgehen und vergaß den Vogel&period; Doch wenn derselbe in der nächsten Nacht wieder sang&comma; und der Fischer dorthin kam&comma; wiederholte er&colon; „Mein Gott&comma; wie ist das doch schön&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Von allen Ländern der Welt kamen Reisende nach der Stadt des Kaisers und bewunderten dieselbe&comma; das Schloß und den Garten&semi; vernahmen sie aber die Nachtigall&comma; dann sagten sie alle&colon; „Das ist doch das Allerbeste&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Reisenden erzählten davon nach ihrer Heimkunft&comma; und die Gelehrten schrieben Bücher über die Stadt&comma; das Schloß und den Garten&comma; aber die Nachtigall vergaßen sie nicht&comma; der wurde das Hauptkapitel gewidmet&semi; und die&comma; welche dichten konnten&comma; schrieben die herrlichsten Gedichte über die Nachtigall im Walde bei der tiefen See&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Bücher wurden in alle Sprachen übersetzt und einige gerieten dann auch einmal dem Kaiser in die Hände&period; Er saß in seinem goldenen Stuhl&comma; las und las und nickte jeden Augenblick mit dem Kopfe&comma; denn es freute ihn&comma; diese prächtigen Beschreibungen von der Stadt&comma; dem Schlosse und dem Garten zu vernehmen&period; „Aber die Nachtigall ist doch das Allerbeste&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; stand da geschrieben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Was soll das heißen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte der Kaiser&period; „Die Nachtigall&quest; Die kenne ich ja gar nicht&period; Giebt es einen solchen Vogel in meinem Kaiserreiche und sogar in meinem eigenen Garten&quest; Davon habe ich nie gehört&period; So etwas muß man erst aus Büchern erfahren&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Darauf rief er seinen Kavalier&period; „Hier soll sich ja ein höchst merkwürdiger Vogel aufhalten&comma; der Nachtigall genannt wird&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; redete ihn der Kaiser an&period; „Man sagt&comma; daß er das Allerbeste in meinem großen Reiche ist&excl; Weshalb hat man mir nie etwas von demselben gesagt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich habe ihn nie vorher nennen hören&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kavalier&semi; „er ist nie bei Hofe vorgestellt worden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich will&comma; daß er heute abend herkommt und vor mir singt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; fuhr der Kaiser fort&period; „Die ganze Welt weiß&comma; was ich habe&comma; und ich weiß es nicht&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich habe ihn nie vorher nennen hören&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegnete der Kavalier&comma; „aber ich werde ihn suchen&comma; ich werde ihn finden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber&comma; wo war er zu finden&quest; Der Kavalier lief treppauf und treppab&comma; durch Säle und Gänge&comma; keiner von allen&comma; die er traf&comma; hatte von der Nachtigall je reden gehört&semi; und der Kavalier lief wieder zum Kaiser und behauptete&comma; es müßte gewiß eine Fabel der Buchschreiber sein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; aber das Buch&comma; in dem ich es gelesen habe&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; versetzte der Kaiser&comma; „ist mir von dem großmächtigen Kaiser von Japan geschickt worden und folglich ist es keine Unwahrheit&period; Ich will die Nachtigall hören&excl; Sie soll heute abend hier sein&excl; Sie steht in meiner allerhöchsten Gnade&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Kavalier und mit ihm der halbe Hof suchten und fragten nun nach der merkwürdigen Nachtigall&comma; die alle Welt kannte&comma; nur niemand bei Hofe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Endlich trafen sie ein armes kleines Küchenmädchen&period; Sie sagte&colon; „O Gott&comma; die Nachtigall&excl; Die kenne ich gut&excl; Ja&comma; wie kann die singen&excl; Jeden Abend darf ich meiner Mutter einige Speisereste bringen&period; Sie wohnt unten am Meeresufer&comma; und wenn ich zurückkehre&comma; müde bin und im Walde ruhe&comma; dann höre ich die Nachtigall singen&period; Die Thränen treten mir dabei in die Augen&comma; es kommt mir gerade so vor&comma; als ob mich meine Mutter küßte&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kleines Küchenmädchen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kavalier&comma; „ich will dir eine Anstellung in der Schloßküche verschaffen&comma; wenn du uns zur Nachtigall führst&comma; denn sie ist heute abend zum Gesang befohlen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Darauf zogen sie alle nach dem Wald hinaus&comma; wo die Nachtigall zu singen pflegte&comma; der halbe Hof war mit&period; Als sie im besten Marsche waren&comma; fing eine Kuh zu brüllen an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Oh&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte ein Ho&fjlig;unker&comma; „nun haben wir sie&excl; Es steckt doch wirklich eine ganz außerordentliche Kraft in einem so kleinen Tierchen&period; Ich habe sie sicher schon früher einmal gehört&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; das sind Kühe&comma; welche brüllen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Küchenmädchen&semi; „wir sind noch weit von der Stelle entfernt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt quackten Frösche im Sumpfe&period; „Herrlich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der chinesische Schloßbonze&period; „Nun höre ich sie&comma; es klingt gerade wie kleine Glocken&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; das sind die Frösche&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; versetzte das kleine Küchenmädchen&period; „Aber nun werden wir sie&comma; denke ich&comma; bald hören&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Da begann die Nachtigall zu schlagen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist sie&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief das kleine Mädchen&comma; „hört&comma; hört&comma; und dort sitzt sie&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und dabei zeigte sie auf einen kleinen&comma; grauen Vogel oben in den Zweigen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ist es möglich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kavalier&comma; „so einfach von Aussehen hätte ich sie mir nicht vorgestellt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kleine Nachtigall&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief das kleine Küchenmädchen ganz laut&comma; „unser allergnädigster Kaiser wünscht&comma; daß du vor ihm singst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mit größtem Vergnügen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Vogel&comma; und sang gleich&comma; daß es eine wahre Lust war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es klingt gerade wie Glasglocken&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kavalier&comma; „und seht nur die kleine Kehle&comma; wie die sich anstrengt&excl; Es ist merkwürdig&comma; daß wir sie früher nie gehört haben&excl; Sie wird einen großen Erfolg bei Hofe haben&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Soll ich noch einmal vor dem Kaiser singen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte die Nachtigall&comma; welche glaubte&comma; daß der Kaiser zugegen wäre&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Meine vortreffliche&comma; liebe Nachtigall&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kavalier&comma; „ich habe die große Freude&comma; Sie zu einem Hoffeste heute abend zu befehlen&comma; wo Sie Seine kaiserliche Gnaden mit Ihrem reizenden Gesange bezaubern sollen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es nimmt sich im Grünen am besten aus&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegnete die Nachtigall&comma; aber sie ging doch mit&comma; als sie hörte&comma; daß es der Kaiser wünschte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Im Schlosse war alles im festlichen Staate&period; Wände und Fußboden&comma; die von Porzellan waren&comma; erglänzten im Scheine vieler tausend goldener Lampen&period; Die schönsten Blumen&comma; die recht laut klingeln konnten&comma; waren in den Gängen aufgestellt&period; Da war ein Laufen und Rennen&comma; und von dem starken Zugwind klingelten alle Glocken&comma; so daß man sein eigenes Wort nicht verstand&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mitten in dem Saale&comma; in welchem der Kaiser saß&comma; war eine kleine&comma; goldene Säule aufgestellt&comma; auf welcher die Nachtigall sitzen sollte&period; Der ganze Hof war dort versammelt&comma; und das kleine Küchenmädchen hatte die Erlaubnis erhalten&comma; hinter der Thür zu stehen&comma; da ihr nun der Titel einer „wirklichen Hofköchin&OpenCurlyDoubleQuote; beigelegt war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Nachtigall sang so lieblich&comma; daß dem Kaiser Thränen in die Augen traten&semi; die Thränen liefen ihm über die Wangen hinab&comma; und nun sang die Nachtigall noch schöner&comma; daß es recht zu Herzen ging&period; Der Kaiser war so froh und zufrieden&comma; daß er zu bestimmen geruhte&comma; die Nachtigall sollte einen goldenen Pantoffel um den Hals tragen&period; Die Nachtigall aber dankte&comma; sie hätte schon eine hinreichende Belohnung erhalten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich habe Thränen in den Augen des Kaisers gesehen&comma; das ist mir der reichste Schatz&excl; Eines Kaisers Thränen haben eine wunderbare Macht&excl; Gott weiß&comma; ich bin belohnt genug&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dann sang sie wieder mit ihrer süßen&comma; bezaubernden Stimme&period; Ja&comma; die Nachtigall machte wirklich Glück&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie sollte nun bei Hofe bleiben&comma; ihren eigenen Käfig haben und die Freiheit genießen&comma; zweimal des Tages und einmal des Nachts sich im Freien zu ergehen&period; Zwölf Diener mußten sie begleiten&comma; die sie alle an einem um das eine Bein geschlungenen Bande festhielten&period; Ein solcher Ausgang war nun eben kein Vergnügen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eines Tages wurde dem Kaiser eine große Kiste mit der Aufschrift „Nachtigall&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; überreicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Da haben wir nun gewiß ein Buch über unsern berühmten Vogel&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; dachte der Kaiser&semi; aber es war kein Buch&comma; es war ein kleines Kunstwerk&comma; welches in einer Schachtel lag&comma; eine künstliche Nachtigall&comma; die der lebendigen ähneln sollte&comma; aber überall mit Diamanten&comma; Rubinen und Saphiren besetzt war&period; Sobald man den künstlichen Vogel aufzog&comma; konnte er eines der Stücke singen&comma; welche die wirkliche Nachtigall sang&comma; und dabei bewegte er den Schwanz auf und nieder und glänzte von Silber und Gold&period; Um den Hals hing ihm ein Bändchen&comma; auf dem geschrieben stand&colon; „Die Nachtigall des Kaisers von Japan ist arm gegen die des Kaisers von China&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist herrlich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagten sie sämtlich&comma; und derjenige&comma; welcher den künstlichen Vogel überbracht hatte&comma; erhielt sofort den Titel eines „kaiserlichen Oberhofnachtigallenüberbringers&OpenCurlyDoubleQuote;&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun müssen sie zusammen singen&excl; Was wird das für ein Duett werden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>So mußten sie denn zusammen singen&comma; aber es wollte nicht recht gehen&comma; denn die wirkliche Nachtigall ging auf ihre Art und der Kunstvogel ging auf Walzen&period; „Der trägt nicht die Schuld&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Spielmeister&comma; „der ist besonders taktfest und ganz aus meiner Schule&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Nun sollte der Kunstvogel allein singen&period; — Er machte ein ebenso großes Glück wie der wirkliche und dann bot er auch einen viel prächtigeren Anblick&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Dreiunddreißigmal sang er ein und dasselbe Stück und wurde doch nicht müde&period; Die Leute hätten ihn gern wieder von vorn gehört&comma; doch meinte der Kaiser&comma; daß nun auch die lebendige Nachtigall etwas vortragen sollte — — aber wo war diese&quest; Niemand hatte bemerkt&comma; daß sie zum offenen Fenster hinausgeflogen war&comma; fort zu ihren grünen Wäldern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber was ist denn das&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Kaiser&semi; und alle Hofleute schalten und meinten&comma; die Nachtigall wäre ein höchst undankbares Tier&period; „Den besten Vogel haben wir doch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; trösteten sie sich und so mußte der Kunstvogel wieder singen&period; Der Spielmeister lobte den Vogel über alle Maßen&comma; ja&comma; er versicherte&comma; er wäre besser als die wirkliche Nachtigall&comma; nicht nur was die Kleider und die vielen strahlenden Diamanten anbelangte&comma; sondern auch hinsichtlich seines Innern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Kaiser stimmte ihm bei und der Spielmeister erhielt Befehl&comma; den Vogel am nächsten Sonntage dem Volke vorzuweisen&period; Und die Leute hörten ihn und waren ganz entzückt und riefen&colon; „O&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und hielten nach ihrer Sitte einen Finger in die Höhe und nickten dabei&period; Aber die armen Fischer&comma; welche die wirkliche Nachtigall gehört hatten&comma; meinten&colon; „Das klingt wohl ganz hübsch&comma; es läßt sich auch eine Ähnlichkeit der Melodie nicht ableugnen&comma; aber es fehlt doch etwas&period; Was es nur sein mag&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Die wirkliche Nachtigall ward aus Land und Reich verwiesen&semi; der Kunstvogel aber hatte seinen Platz auf einem seidenen Kissen&comma; unmittelbar neben dem Bette des Kaisers&period; Alle Geschenke&comma; die er erhalten hatte&comma; Gold und Edelsteine&comma; lagen rings um ihn her&comma; und im Titel war er bereits bis zum „Kaiserlichen Nachttischsänger&OpenCurlyDoubleQuote; mit dem Range eines Rates erster Klasse aufgestiegen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So ging es ein ganzes Jahr&colon; Der Kaiser&comma; der Hof und alle andern Chinesen kannten jeden Laut in dem Gesange des Kunstvogels auswendig&comma; aber gerade deshalb hielten sie die größten Stücke auf ihn&period; Sie konnten selbst mitsingen und thaten es&period; Die Gassenbuben sangen&colon; „Zizizi&excl; Kluckkluckkluck&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und der Kaiser sang es&period; O&comma; es war himmlisch&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber eines Abends&comma; als der Kunstvogel gerade am besten sang&comma; und der Kaiser im Bette lag und zuhörte&comma; ging es inwendig im Vogel&colon; „Schwupp&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Da sprang etwas&colon; „Schnurrrrr&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Alle Räder liefen herum&comma; und dann schwieg die Musik&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Kaiser sprang sogleich aus dem Bette und ließ seinen Leibarzt holen&comma; aber was konnte der helfen&excl; Dann schickte man nach dem Uhrmacher&comma; und nach vielem Fragen und vielem Untersuchen setzte er den Vogel wenigstens einigermaßen wieder in Stand&comma; erklärte aber&comma; er müßte sehr geschont werden&comma; denn die Zapfen wären abgenutzt und es wäre unmöglich&comma; neue dergestalt einzusetzen&comma; daß die Musik sicher ginge&period; Da war nun große Trauer&period; Nur einmal des Jahres durfte man den Kunstvogel singen lassen&comma; und schon das war ein großes Wagnis&period; Dann aber hielt der Spielmeister eine kleine Rede und versicherte&comma; daß es noch ebenso gut wäre wie früher&comma; und dann war es auch ebenso gut wie früher&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun waren fünf Jahre verstrichen&comma; als das ganze Land plötzlich eine wirkliche Ursache zu großer Trauer bekam&comma; denn der Kaiser&comma; der sehr geliebt wurde&comma; erkrankte lebensgefährlich&period; Ein neuer Kaiser war schon im voraus gewählt und das Volk stand auf der Straße und fragte&comma; wie es mit dem Herrn stände&period; Es hieß schon&comma; der Kaiser sei tot&period; Aber der Kaiser war noch nicht tot&period; Steif und bleich lag er in dem prächtigen Bette mit den langen Sammetvorhängen und den schweren Goldquasten&period; Hoch oben stand ein Fenster offen und der Mond schien herein auf den Kaiser und den Kunstvogel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der arme Kaiser konnte kaum noch atmen&comma; es war ihm&comma; als ob etwas auf seiner Brust läge&period; Er schlug die Augen auf und da sah er&comma; daß es der Tod war&comma; der auf seiner Brust saß&period; Er hatte sich seine goldene Krone aufgesetzt und hielt in der einen Hand den goldenen Säbel des Kaisers und in der andern dessen prächtige Fahne&period; Aus den Falten der großen Sammetvorhänge schauten ringsumher seltsame Köpfe hervor&comma; einige sehr häßlich&comma; andere Frieden verheißend und mild&period; Es waren alle böse und gute Thaten des Kaisers&comma; die ihn jetzt&comma; wo der Tod auf seinem Herzen saß&comma; anblickten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Erinnerst du dich dessen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; flüsterte eine nach der anderen&period; „Erinnerst du dich dessen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; und dann erzählten sie ihm so viel&comma; daß ihm der Schweiß von der Stirne lief&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das habe ich nie gewußt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; seufzte der Kaiser&period; „Musik&comma; Musik&comma; die große chinesische Trommel&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er&comma; „damit ich nicht alles höre&comma; was sie sagen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber sie verstummten nicht&comma; und der Tod nickte zu allem&comma; was gesagt wurde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Musik&comma; Musik&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie der Kaiser&period; „Du kleiner lieblicher Goldvogel&comma; singe doch&comma; singe&excl; Ich habe dir Gold und Kostbarkeiten gegeben&comma; ich habe dir selbst meinen goldenen Pantoffel um den Hals gehängt&comma; singe doch&comma; singe&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber der Vogel schwieg&comma; es war niemand da&comma; ihn aufzuziehen&comma; und sonst sang er nicht&period; Aber der Tod fuhr fort&comma; den Kaiser mit seinen großen&comma; leeren Augenhöhlen anzuschauen&comma; und es war so still&comma; so erschrecklich still&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da ertönte plötzlich&comma; dicht neben dem Fenster&comma; der herrlichste Gesang&period; Er rührte von der kleinen&comma; lebendigen Nachtigall her&comma; die draußen auf einem Zweige saß&period; Sie hatte von ihres Kaisers Not gehört und war deshalb gekommen&comma; ihm Trost und Hoffnung zuzusingen&period; Und wie sie sang&comma; erbleichten die Spukgestalten mehr und mehr&comma; immer rascher pulsierte das Blut in des Kaisers schwachem Körper und selbst der Tod lauschte und sagte&colon; „Fahre fort&comma; kleine Nachtigall&comma; fahre fort&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; wenn du mir des Kaisers goldenen Säbel&comma; seine Fahne und seine Krone geben willst&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Tod gab jedes Kleinod für einen Gesang hin&comma; und die Nachtigall war unermüdlich&period; Sie sang von dem stillen Friedhofe&comma; wo die weißen Rosen wachsen&comma; wo der Flieder duftet und wo das frische Gras von den Thränen der Überlebenden benetzt wird&period; Da bekam der Tod Sehnsucht nach seinem Garten und schwebte wie ein kalter&comma; weißer Nebel zum Fenster hinaus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dank&comma; Dank&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kaiser&comma; „du himmlischer kleiner Vogel&comma; ich kenne dich wohl&excl; Dich habe ich aus meinem Lande und Reiche verwiesen&comma; und doch hast du die bösen Geister von meinem Bette hinweggesungen&comma; den Tod von meinem Herzen vertrieben&excl; Wie soll ich dir lohnen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du hast mir gelohnt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Nachtigall&comma; „Thränen haben deine Augen vergossen&comma; als ich das erstemal sang&semi; das vergesse ich dir nie&comma; das sind die Juwelen&comma; die eines Sängers Herzen wohl thun&period; Aber schlafe nun&comma; werde frisch und gesund&excl; Ich will dich einsingen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie sang — — und der Kaiser fiel in einen süßen&comma; sanften&comma; erquickenden Schlaf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Sonnenstrahlen fielen durch das Fenster auf ihn&comma; als er gestärkt und gesund erwachte&period; Noch war keiner von seinen Dienern zurückgekommen&comma; denn sie hielten ihn für tot&comma; aber die Nachtigall saß noch da und sang&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Immer mußt du bei mir bleiben&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kaiser&semi; „du sollst nur singen&comma; wenn du willst&comma; und den Kunstvogel schlage ich in tausend Stücke&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Thue das nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Nachtigall&period; „Er hat gethan&comma; was er zu thun vermochte&semi; behalte ihn auch fernerhin&period; Ich kann in einem Schlosse nicht wohnen&comma; doch laß mich zu dir kommen&comma; so oft mich das Verlangen dazu treibt&semi; dann will ich des Abends dort auf dem Zweige vor dem Fenster sitzen und dir vorsingen&comma; damit du froh&comma; aber auch zugleich nachdenklich wirst&period; Ich will singen von den Glücklichen und von denen&comma; welche leiden&semi; ich will singen vom Bösen und Guten&comma; was dir verhehlt wird&period; Der kleine Singvogel fliegt weit umher zu dem armen Fischer&comma; zu des Landmannes Dach&comma; zu jedem&comma; der fern von dir und deinem Hofe ist&period; Dein Herz liebe ich mehr&comma; als deine Krone&comma; und doch hat die Krone etwas von dem Dufte des Heiligen an sich&period; — Ich komme&comma; ich singe dir vor&excl; Aber Eins mußt du mir versprechen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Alles&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Kaiser und stand da in seiner kaiserlichen Tracht&comma; die er sich selbst angelegt hatte&comma; und legte den Säbel&comma; der von Gold schwer war gegen sein Herz&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Um Eines bitte ich dich&excl; Erzähle niemand&comma; daß du einen kleinen Vogel hast&comma; der dir alles sagt&comma; dann wird es noch besser gehen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Darauf flog die Nachtigall fort&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Diener kamen herein&comma; um nach ihrem toten Kaiser zu sehen&semi; — ja&comma; da standen sie und der Kaiser sagte ganz frisch und munter&colon; „Guten Morgen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>