Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Märchen für Kinder
(Hans Christian Andersen, empfohlenes Alter: 8 - 14 Jahre)

Die Schneekönigin
Märchen in sieben Geschichten

<p>Erste Geschichte&period; Der Zauberspiegel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>in böser Zauberer hatte einst einen Spiegel angefertigt&comma; der die Eigenschaft besaß&comma; daß alles Gute und Schöne&comma; das sich darin spiegelte&comma; zusammenschrumpfte und häßlich grinste&comma; während das&comma; was nichts taugte&comma; deutlich hervortrat und sich gut ausnahm&period; Das wäre lustig&comma; meinten die&comma; welche die Schule des Zauberers besuchten&comma; denn dieser gab Unterricht im Zaubern&period; Sie liefen mit dem Spiegel umher und zuletzt war weder ein Land noch ein Mensch&comma; die nicht ihr verdrehtes Bild gesehen hätten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun wollten sie zuletzt sogar auch noch zum Himmel emporfliegen&comma; um mit den Engeln und dem lieben Gott ihren Spott zu treiben&period; Je höher sie mit dem Spiegel flogen&comma; desto stärker grinste er&comma; daß sie ihn kaum festhalten konnten&period; Höher und höher flogen sie&comma; Gott und seinen Engeln immer näher&period; Da erbebte der Spiegel in seinem Grinsen so furchtbar&comma; daß er ihren Händen entglitt und auf die Erde hinunterstürzte&comma; wo er in hundert Millionen&comma; Billionen und noch mehr Stücke zerbrach&period; Aber gerade hienieden richtete er weit größeres Unglück an als zuvor&comma; denn einige Stücke waren kaum so groß wie ein Sandkorn&comma; und diese verbreiteten sich über die ganze weite Welt&period; Wo sie den Leuten in die Augen kamen&comma; da blieben sie sitzen&comma; und dann sahen die Menschen alles verkehrt oder hatten nur Augen für das Verkehrte bei einer Sache&comma; denn jedes Spiegelsplitterchen hatte dieselben Kräfte behalten&comma; welche dem ganzen Spiegel eigen waren&period; Einigen Menschen drang ein solcher Spiegelsplitter sogar in das Herz&comma; und dann war es entsetzlich&comma; das Herz wurde förmlich ein Eisklumpen&period; Einige Scherben waren so groß&comma; daß sie zu Fensterscheiben benutzt wurden&comma; andere Stücke dienten als Brillengläser&comma; was natürlich eine große Verwirrung anrichtete&period; Und immer noch flogen kleine Glassplitter in der Luft umher&period; Wir werden nun hören&comma; was durch dieselben geschah&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Zweite Geschichte&period; Die Nachbarskinder&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In der großen Stadt&comma; wo so viel Leute beisammenwohnen&comma; daß nicht alle ein Gärtchen haben können&comma; sondern viele sich mit Blumentöpfen begnügen müssen&comma; lebten einst zwei arme Kinder&comma; die einen etwas größeren Garten als einen Blumentopf besaßen&period; Sie waren nicht Bruder und Schwester&comma; hatten einander aber eben so lieb&comma; als ob sie es wären&period; Ihre Eltern wohnten in unmittelbarer Nachbarschaft&period; Sie bewohnten zwei Dachkammern&comma; da&comma; wo das Dach des einen Nachbarhauses das des andern berührte und die Wasserrinne zwischen den Dächern entlang lief&period; Dort hinaus blickte aus jedem Hause ein Fenster&period; Man brauchte nur über die Rinne zu schreiten&comma; um von dem einen Fenster nach dem andern zu gelangen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jedes Elternpaar hatte draußen einen hölzernen Kasten angebracht&comma; in welchem die nötigsten Küchenkräuter gezogen wurden&period; Auch befand sich in jedem Kästchen ein kleiner Rosenstock und beide wuchsen und gediehen herrlich&period; Nun gerieten die Eltern auf den Gedanken&comma; die Kästen quer über die Rinne so auszustellen&comma; daß sie fast von dem einen Fenster bis zu dem andern reichten und sich völlig wie zwei Blumenwälle ausnahmen&period; Erbsenranken hingen über die Kästen hinunter und die Rosenstöcke trieben lange Zweige&comma; rankten sich um die Fenster&comma; neigten sich einander zu und bildeten fast eine Laube&comma; und die Kinder erhielten oftmals die Erlaubnis&comma; hinauszuklettern und unter den Rosen miteinander zu spielen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Im Winter war ja dies Vergnügen vorüber&period; Die Fenster waren dann oft ganz zugefroren&period; Doch dann wärmten sie Kupferdreier auf dem Ofen&comma; hielten sie gegen die gefrorene Scheibe und dann bildete sich dort ein prächtiges Guckloch&comma; so rund&comma; o so rund&semi; dahinter strahlte ein glückliches sanftes Auge&comma; eines hinter jedem Fenster&period; Das war der kleine Knabe und das kleine Mädchen&period; Er hieß Kay und sie hieß Gerda&period; Im Sommer konnten sie rasch bei einander sein&comma; im Winter aber mußten sie die vielen Treppen hinunter und hinauf&period; — Draußen wirbelte der Schnee&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Jetzt schwärmen die weißen Bienen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die alte Großmutter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Haben sie auch eine Bienenkönigin&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte der kleine Knabe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die haben sie&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Großmutter&comma; „sie fliegt immer dort&comma; wo sie am dichtesten schwärmen&period; Sie ist die größte von allen Schneeflocken&comma; und nie ist sie ruhig auf Erden&comma; sie fliegt gleich wieder zu der schwarzen Wolke empor&period; Manche Winternacht fliegt sie durch die Straßen der Stadt und guckt zu den Fenstern hinein&comma; und dann gefrieren diese so wunderbar&comma; als wären sie mit Blumen besäet&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; das habe ich gesehen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; riefen beide Kinder&comma; und nun wußten sie&comma; daß es Wahrheit wäre&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kann die Schneekönigin hereinkommen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte das kleine Mädchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Laß sie nur kommen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Knabe&comma; „dann setze ich sie auf den warmen Kachelofen und sie muß zerschmelzen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber die Großmutter strich ihm das Haar glatt und erzählte andere Geschichten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Des Abends&comma; als der kleine Kay zu Hause und halb ausgezogen war&comma; kletterte er auf den Stuhl am Fenster und guckte zu dem kleinen Loch hinaus&period; Ein paar Schneeflocken fielen draußen und eine derselben&comma; die allergrößte&comma; blieb auf dem Rande des einen Blumenkastens hängen&period; Die Schneeflocke wuchs und wuchs&comma; bis sie sich zuletzt in eine vollständige Frau verwandelte&comma; in den feinsten weißen Flor gehüllt&comma; der wie von Millionen sternartiger Flocken zusammengesetzt war&period; Sie war schön und fein&comma; aber von Eis&comma; dem blendenden&comma; blinkenden Eis&comma; doch war sie lebendig&period; Die Augen funkelten wie zwei helle Sterne&comma; aber unstät rollten sie umher ohne Ruh und Rast&period; Sie nickte nach dem Fenster zu und winkte mit der Hand&period; Der kleine Knabe erschrak und sprang vom Stuhle hinunter&period; Da war es&comma; als flöge ein großer Vogel draußen an dem Fenster vorüber&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am folgenden Tag war klares Frostwetter — — und dann begann es zu thauen&comma; der Lenz hielt seinen Einzug&comma; die Sonne schien&comma; die Spitzen der Grashälmchen sproßten hervor&comma; die Schwalben bauten Nester&comma; die Fenster wurden geöffnet&comma; und die kleinen Kinder saßen wieder in ihrem Gärtchen hoch oben in der Dachrinne über allen Stockwerken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Rosen blühten während dieses Sommers besonders schön&period; Das kleine Mädchen hatte ein Lied gelernt und sang es dem Knaben vor und er sang mit&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich liebe die Rosen in all ihrer Pracht&comma;<br&sol;>Doch mehr noch den Heiland&comma; der selig uns macht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kay und Gerda saßen und sahen sich das Bilderbuch mit den vielen Tieren und Vögeln an&comma; da war es — die Uhr auf dem großen Kirchturme schlug gerade fünf — daß Kay sagte&colon; „Au&excl; es ging mir wie ein Stich durch das Herz&excl; Und jetzt ist mir etwas ins Auge geflogen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Das kleine Mädchen faßte ihn um den Hals&semi; er blinzelte mit den Augen&colon; nein&comma; es war durchaus nichts zu sehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich denke&comma; es ist fort&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; aber fort war es nicht&period; Es war gerade einer von diesen Glassplittern&comma; die von dem Spiegel abgesprungen waren&comma; dem Zauberspiegel&period; Wir entsinnen uns desselben wohl noch&comma; der bewirkte&comma; daß alles Große und Gute&comma; welches sich darin abspiegelte&comma; klein und häßlich wurde&comma; und jeder Fehler an einer Sache sich sofort bemerkbar machte&period; Der arme Kay&comma; ihm war ein solches Splitterchen auch gerade in das Herz eingedrungen&period; Das sollte nun bald wie ein Eisklumpen werden&period; Nun that es zwar nicht mehr wehe&comma; aber da war es&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Weshalb weinst du&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte er&period; „So siehst du häßlich aus&period; Mir fehlt ja durchaus nichts&excl; Pfui&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er plötzlich aus&comma; „die Rose da ist ja vom Wurme angefressen&excl; Und sieh&comma; jene ist gar nicht gerade gewachsen&period; Das sind eigentlich recht häßliche Rosen&period; Sie sind ebenso garstig wie die Kasten&comma; in denen sie stehen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und dann stieß er heftig mit dem Fuße gegen den Kasten und riß die beiden Rosen ab&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kay&comma; was thust du&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief das kleine Mädchen&semi; und als er ihr heftiges Erschrecken bemerkte&comma; riß er noch eine Rose ab und sprang dann in sein Fenster hinein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wenn sie später mit dem Bilderbuche kam&comma; spottete er darüber und wenn die Großmutter Geschichten erzählte&comma; kam er stets mit einem Aber dazwischen&semi; zuweilen schlich er sich hinter ihr her&comma; setzte ihre Brille auf und ahmte ihre Stimme nach&period; Er konnte bald allen Leuten in der Straße Gang und Redeweise nachahmen und besonders das Unschöne wußte er treffend zu kopieren&period; Aber daran war das Glas schuld&comma; welches ihm in die Augen geflogen war&comma; das Glas&comma; welches ihm in dem Herzen saß&period; Daher kam es&comma; daß er sogar die kleine Gerda neckte&comma; die ihn von ganzer Seele lieb hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Seine Spiele nahmen jetzt einen ganz anderen Charakter an&comma; sie wurden mehr verständig&period; An einem Wintertage&comma; als Schneegestöber eingetreten war&comma; kam er mit einem Vergrößerungsglase&comma; hielt seine blauen Rockzipfel hinaus und ließ die Schneeflocken darauf fallen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sieh nun einmal in das Glas&comma; Gerda&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; und jede Schneeflocke wurde ungleich größer und nahm sich wie eine prächtige Blume oder ein zehnzackiger Stern aus&period; Es gewährte einen herrlichen Anblick&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Siehst du&comma; wie kunstreich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Kay aus&semi; „das bietet weit mehr Vergnügen und Stoff zum Nachdenken dar&comma; als die wirklichen Blumen&excl; Auch ist kein einziger Fehler an ihnen&comma; sie sind ganz regelmäßig&semi; wenn sie nur nicht schmelzen würden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Nicht lange darauf kam Kay mit großen Fausthandschuhen und seinem Schlitten auf dem Rücken&period; Er flüsterte Gerda in die Ohren&colon; „Ich habe Erlaubnis bekommen&comma; auf den großen Platz zu fahren&comma; wo die Andern spielen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und fort war er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Dort auf dem Platze banden mitunter die kecksten Knaben ihre Schlitten an die Bauernwagen und fuhren dann eine tüchtige Strecke mit&period; Das ging gerade recht lustig&period; Als das Spiel im vollen Gange war&comma; kam ein großer&comma; weiß angestrichener Schlitten&period; Eine Person saß in demselben&comma; die in einen weißen&comma; rauhen Pelz eingehüllt und mit einer weißen Pelzmütze bedeckt war&period; Der Schlitten fuhr zweimal um den Platz herum und Kay gelang es&comma; seinen kleinen Schlitten an denselben festzubinden und nun fuhr er mit&period; Rascher und immer rascher ging es gerade in die nächste Straße hinein&period; Der Führer des Schlittens wandte den Kopf und nickte ihm so freundlich zu&comma; als ob sie mit einander bekannt wären&period; So oft Kay seinen kleinen Schlitten abbinden wollte&comma; nickte die Person abermals und dann blieb Kay sitzen&semi; sie fuhren gerade zum Stadtthore hinaus&period; Da wurde das Schneegestöber so heftig&comma; daß der kleine Knabe nicht die Hand vor den Augen mehr erkennen konnte&comma; während er gleichwohl weiter fuhr&period; Endlich ließ er den Strick fallen&comma; um sich von dem großen Schlitten los zu machen&comma; aber es half nichts&comma; sein kleines Fuhrwerk hing fest und es ging mit Windeseile&period; Da rief er ganz laut&comma; aber niemand hörte ihn&comma; und der Schnee wirbelte und der Schlitten flog vorwärts&period; Mitunter gab es einen Stoß&comma; als ob man über Gräben und Hecken führe&period; Er war ganz entsetzt&comma; wollte sein Vaterunser beten&comma; konnte sich aber nur noch auf das große Einmaleins besinnen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Schneeflocken wurden größer und größer&comma; zuletzt sahen sie wie große weiße Hühner aus&period; Plötzlich sprangen die Pferde zur Seite&comma; der Schlitten hielt und die Person&comma; welche ihn fuhr&comma; erhob sich&semi; Pelz und Mütze waren von lauter Schnee&period; Es war eine Dame&comma; hoch und schlank&comma; blendend weiß&comma; es war die Schneekönigin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wir sind wacker vorwärts gekommen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&period; „Aber ist das etwa ein Wetter zum Frieren&quest; Komm&comma; krieche mit in meinen Bärenpelz hinein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und sie setzte ihn in den Schlitten an ihre Seite und schlug den Pelz um ihn&comma; daß es ihm vorkam&comma; als versänke er in einen Schneehaufen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Frierst du noch&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte sie und küßte ihn dann auf die Stirn&period; Huh&comma; das war noch kälter als Eis&comma; das ging ihm gleich bis ans Herz&comma; welches ja schon halb und halb ein Eisklumpen war&period; Ihm war zu Mute&comma; als sollte er sterben&semi; — aber nur einen Augenblick&comma; dann that es ihm gerade gut&period; Er empfand nichts mehr von der Kälte um sich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Meinen Schlitten&excl; vergiß meinen Schlitten nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dessen erinnerte er sich zuerst&period; Er wurde auch auf eins der weißen Hühner gebunden&comma; welches mit dem Schlitten auf dem Rücken hinterher flog&period; Die Schneekönigin küßte Kay noch einmal und dann hatte er die kleine Gerda und die Großmutter und alle daheim vergessen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kay fürchtete sich gar nicht vor der Schneekönigin&semi; er erzählte ihr&comma; daß er im Kopfe rechnen könne und sogar mit Brüchen&comma; daß er die Größe und Einwohnerzahl der Länder wüßte und sie lächelte zu allem&period; Und sie flog mit ihm&comma; flog hoch hinauf zu der schwarzen Wolke und der Sturm sauste und brauste&comma; als sänge er alte Lieder&period; Sie flogen über Wälder und Seen&comma; über Meere und Länder&period; Unten in der Tiefe sauste der kalte Wind&comma; heulten die Wölfe&comma; flimmerte der Schnee und über denselben flogen die schwarzen&comma; schreienden Krähen hinweg&comma; aber über ihnen glänzte der Mond groß und klar und zu ihm schaute Kay auf&comma; die lange&comma; lange Winternacht hindurch&period; Am Tage schlief er zu den Füßen der Schneekönigin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Dritte Geschichte&period; Der Blumengarten der Zauberin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber was wurde aus der kleinen Gerda&comma; als Kay nicht wiederkam&quest; Wo in aller Welt befand er sich doch&quest; — Niemand wußte es&comma; niemand konnte Auskunft erteilen&period; Die Knaben erzählten nur&comma; daß sie gesehen&comma; wie er seinen kleinen Schlitten an einen großen und prächtigen angebunden hätte&comma; der in die Straßen hinein und dann zum Stadtthore hinausgefahren wäre&period; Niemand wußte&comma; wo er war&semi; viele Thränen flossen&comma; die kleine Gerda weinte bitterlich und lange&period; Dann hieß es&comma; er wäre tot&comma; er wäre in dem Flusse ertrunken&comma; der nahe bei der Stadt vorbeifloß&period; O&comma; es waren recht lange dunkle Wintertage&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt erschien der Lenz mit wärmerem Sonnenscheine&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kay ist tot und fort&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die kleine Gerda&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das glaube ich nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Sonnenschein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er ist tot und fort&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie zu den Schwalben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das glauben wir nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegneten dieselben&comma; und endlich glaubte die kleine Gerda es auch nicht mehr&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich will meine neuen roten Schuhe anziehen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie eines Morgens&comma; „diejenigen&comma; welche Kay noch nie gesehen hat&comma; und dann will ich zum Flusse hinuntergehen und mich bei diesem erkundigen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Noch war es ganz früh&comma; als sie sich erhob&comma; die alte Großmutter&comma; welche noch schlummerte&comma; küßte&comma; die roten Schuhe anzog und dann ganz allein zum Thore hinaus nach dem Flusse ging&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ist es wahr&comma; daß du mir meinen kleinen Spielkameraden genommen hast&quest; Ich will dir meine roten Schuhe schenken&comma; wenn du mir ihn wiedergeben willst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Es kam ihr vor&comma; als ob die Wellen ihr so eigentümlich zunickten&period; Dann nahm sie ihre roten Schuhe&comma; das liebste&comma; was sie besaß&comma; und warf sie beide in den Fluß&comma; aber sie fielen dicht an das Ufer&comma; und die kleinen Wellen trugen sie wieder zu ihr an das Land&comma; als wollte der Fluß sie ihres liebsten Eigentums nicht berauben&comma; zumal er ja den kleinen Kay nicht hatte&period; Nun aber glaubte sie&comma; daß sie die Schuhe nicht weit genug hinausgeworfen hätte&comma; und kletterte deshalb in ein Boot&comma; welches im Schilfe lag&period; Sie ging bis an das äußerste Ende und warf die Schuhe von neuem in die Wellen&period; Das Boot war jedoch nicht befestigt&comma; und bei der Bewegung&comma; welche sie machte&comma; glitt es vom Lande ab&period; Sie bemerkte es zwar und beeilte sich zurückzukommen&comma; aber ehe es ihr gelang&comma; war das Boot schon ein Stück vom Ufer&comma; und nun glitt es rascher den Fluß abwärts&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da erschrak die kleine Gerda gewaltig und begann zu weinen&comma; allein nur die Sperlinge hörten sie und diese konnten sie nicht an das Land tragen&comma; aber sie flogen das Ufer entlang und zwitscherten&comma; als wollten sie sie trösten&colon; „Hier sind wir&excl; Hier sind wir&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Das Boot trieb mit dem Strome&semi; die kleine Gerda saß ganz still in bloßen Strümpfen&period; Ihre kleinen roten Schuhe schwammen hinterher&comma; konnten das Boot jedoch nicht erreichen&comma; da dasselbe schneller vom Strome fortgerissen wurde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Lieblich war es an beiden Ufern&semi; prächtige Blumen&comma; alte Bäume und die Abhänge mit Schafen und Kühen belebt&comma; aber nicht ein Mensch war zu sehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Vielleicht trägt mich der Fluß zum kleinen Kay hin&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; dachte Gerda und da wurde sie besserer Laune&comma; sie erhob sich und betrachtete viele Stunden lang die schönen grünen Ufer&period; Dann fuhr sie an einem großen Kirschgarten vorüber&comma; in welchem ein Häuschen mit merkwürdig roten und blauen Fenstern stand&semi; übrigens war es mit Stroh gedeckt und draußen standen zwei hölzerne Soldaten&comma; welche vor den Vorübersegelnden das Gewehr schulterten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerda rief sie an&semi; sie hielt sie für lebendig&comma; aber sie antworteten natürlich nicht&semi; sie kam ihnen ganz nahe&comma; die Strömung trieb das Boot gerade auf das Land zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerda rief noch lauter und da trat aus dem Hause eine alte&comma; alte Frau&comma; die sich auf einen Krückstock stützte&period; Um sich gegen die Sonne zu schützen&comma; hatte sie einen großen Hut auf&comma; der mit den schönsten Blumen bemalt war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du liebes armes Kind&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die alte Frau&comma; „wie bist du auf den großen starken Strom gekommen und so fern in die weite Welt hinausgetrieben&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Darauf ging die alte Frau bis an den Rand des Wassers&comma; zog das Boot mit ihrem Krückstock an das Land und hob die kleine Gerda heraus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Obgleich Gerda froh war&comma; auf das Trockene zu kommen&comma; fürchtete sie sich doch ein wenig vor der fremden alten Frau&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Komme doch und erzähle mir&comma; wer du bist und wie du hierher kommst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerda erzählte ihr alles und fragte sie&comma; ob sie den kleinen Kay nicht gesehen hätte&period; Die alte Frau meinte&comma; er käme wohl noch&comma; sie möchte nur nicht betrübt sein und Kirschen essen und sich ihre Blumen ansehen&period; Dann nahm sie Gerda bei der Hand&comma; ging mit ihr in das kleine Häuschen und schloß die Thüre zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Fenster waren sehr hoch angebracht und die Scheiben waren rot&comma; blau und gelb&period; Das Tageslicht fiel ganz eigentümlich herein&comma; aber auf dem Tische standen die köstlichsten Kirschen und Gerda aß nach Herzenslust davon&comma; weil sie die Erlaubnis dazu erhalten hatte&period; Während sie aß&comma; kämmte ihr die alte Frau das Haar mit einem goldenen Kamme&comma; und das Haar ringelte sich und schimmerte goldig um ihr liebes freundliches Gesichtchen&comma; welches rund war und wie eine Rose blühte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nach einem so holden kleinen Mädchen habe ich mich schon lange gesehnt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Alte&period; „Du wirst nun sehen&comma; wie gut wir uns gegenseitig gefallen werden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und je länger sie das Haupt der kleinen Gerda kämmte&comma; desto mehr vergaß dieselbe ihren Pflegebruder Kay&comma; denn die alte Frau konnte zaubern&comma; aber eine böse Zauberin war sie nicht&period; Sie ging in den Garten hinaus&comma; streckte ihren Krückstock über alle Rosenstöcke aus und diese versanken sofort in die schwarze Erde&period; Die Alte befürchtete&comma; daß Gerda beim Anblick der Rosen ihrer eigenen gedenken&comma; sich dadurch des kleinen Kay erinnern und dann davonlaufen würde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt führte sie Gerda in den Blumengarten hinaus&period; Welch’ ein Duft&comma; welch’ eine Pracht herrschte hier&excl; Alle erdenkliche Blumen&comma; und zwar für jede Jahreszeit&comma; standen hier in üppigstem Flor&period; Gerda hüpfte vor Freude und spielte&comma; bis die Sonne hinter den hohen Kirschbäumen unterging&period; Dann bekam sie ein hübsches Bett mit rotseidenen Kissen&comma; die mit blauen Veilchen gestopft waren&comma; und schlief und träumte so herrlich&comma; wie eine Königin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am nächsten Morgen durfte sie wieder mit den Blumen in dem warmen Sonnenscheine spielen — und so ging es viele Tage&period; Gerda kannte jede Blume&comma; aber wie viele auch vorhanden waren&comma; so kam es ihr doch vor&comma; als ob eine darunter fehlte&comma; nur wußte sie nicht welche&period; Eines Tages sah sie aber auf dem Sonnenhut der alten Frau eine gemalte Rose&period; Sie sprang zwischen den Beeten umher und suchte eine Rose unter den Blumen&comma; aber da war keine zu finden&period; Da setzte sie sich hin und weinte&semi; aber ihre heißen Thränen fielen gerade auf eine Stelle&comma; wo ein Rosenstock versunken war&comma; und als die warmen Thränen die Erde benetzten&comma; da schoß plötzlich der Stock ebenso blühend&comma; wie er versunken war&comma; empor&comma; und Gerda umarmte ihn&comma; küßte die Rosen und gedachte der hübschen Rosen daheim und dabei kam ihr auch der kleine Kay wieder in den Sinn&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„O wie lange bin ich nun schon hier bei der alten Frau&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Mädchen&period; „Ich wollte ja Kay suchen&excl; — Wißt ihr nicht&comma; wo er ist&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte sie die Rosen&period; „Glaubt ihr&comma; daß er tot und fort ist&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Tot ist er nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagten die Rosen&period; „Wir sind ja in der Erde gewesen&comma; wo alle Tote sind&comma; aber dort war Kay nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dank&comma; tausend Dank&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; erwiderte die kleine Gerda und ging zu den andern Blumen&comma; schaute in ihren Kelch und fragte&colon; „Wißt ihr nicht&comma; wo der kleine Kay ist&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber jede Blume stand in der Sonne und träumte ihr eigenes Märchen oder Geschichtchen&period; Von diesen vernahm die kleine Gerda viele&comma; viele&comma; aber keine wußte etwas von Kay&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es ist vergebens&comma; daß ich die Blumen frage&comma; sie wissen nur ihr eigenes Lied&comma; sie erteilen mir keine Auskunft&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte Gerda&comma; als ihr die Blumen des Gartens ihre Geschichten erzählt hatten&period; Und dann schürzte sie ihr Röckchen auf&comma; um besser laufen zu können und eilte nach dem Ausgang des Gartens&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Thüre war zwar verschlossen&comma; doch drückte sie auf die verrostete Klinke&comma; bis sie nachgab und die Thüre aufsprang&comma; und nun lief die kleine Gerda barfuß in die weite Welt hinaus&period; Dreimal schaute sie zurück&comma; aber niemand verfolgte sie&period; Endlich konnte sie nicht mehr gehen und setzte sich auf einen großen Stein&period; Als sie nun um sich schaute&comma; war der Sommer vorbei&semi; es war Spätherbst&comma; was man in dem schönen Garten&comma; wo fortwährend Sonnenschein herrschte und Blumen aller Jahreszeiten standen&comma; gar nicht hatte wahrnehmen können&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Gott&comma; wie viel Zeit habe ich versäumt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die kleine Gerda&period; „Es ist ja Herbst geworden&comma; da darf ich nicht rasten&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und sie erhob sich&comma; um weiter zu gehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>O wie wund und müde ihre kleinen Füße waren&comma; und wie rauh und kalt es ringsumher aussah&excl; Die langen Weidenblätter waren gelb und in großen Perlen träufelte der Tau herab&period; Ein Blatt nach dem andern fiel ab&comma; nur der Schlehendorn trug noch Früchte&comma; die freilich herb genug waren und den Mund zusammenzogen&period; O&comma; wie grau und schwer es in der weiten Welt doch war&excl; —<&sol;p>&NewLine;<p>Vierte Geschichte&period; Prinz und Prinzessin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerda mußte sich wieder ausruhen&period; Da hüpfte auf dem Schnee gerade vor ihr eine große Krähe&comma; die schon dagesessen&comma; sie aufmerksam angeschaut und mit dem Kopfe gewackelt hatte&period; Nun sagte sie&colon; „Kra&comma; kra&excl; — gut’ Tag&comma; gut’ Tag&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Besser konnte sie es nicht aussprechen&comma; aber trotzdem meinte sie es mit dem kleinen Mädchen sehr gut und fragte&comma; wohin sie so allein in die weite Welt hinausginge&period; Das Wort allein verstand Gerda nur zu wohl und fühlte den ganzen Inhalt desselben gar tief&comma; und dann erzählte sie der Krähe ihr ganzes Leben und Schicksal und fragte&comma; ob sie Kay nicht gesehen hätte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und die Krähe nickte ganz bedächtig und sagte&colon; „Es könnte sein&comma; es könnte sein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wie&quest; Glaubst du&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; rief das kleine Mädchen und küßte die Krähe so ungestüm&comma; daß sie dieselbe fast tot gedrückt hätte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Vernünftig&comma; vernünftig&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegnete die Krähe&period; „Ich denke&comma; es wird der kleine Kay sein&excl; Aber jetzt hat er dich wohl schon vergessen&period; Doch es macht mir Mühe&comma; deine Sprache zu reden&period; Allein&comma; wenn du die Krähensprache verstehst&comma; dann kann ich besser erzählen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; die habe ich nicht gelernt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte Gerda&comma; „doch die Großmutter konnte sie recht geläufig&period; Hätte ich sie nur gelernt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Thut nichts&comma; thut nichts&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Krähe&comma; „ich werde erzählen&comma; so gut ich kann&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; und dann erzählte sie&comma; was sie wußte&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„In dem Königreiche&comma; in welchem wir hier sitzen&comma; wohnt eine ungeheuer kluge Prinzessin&period; Eines Tages fiel es dieser ein&comma; sich zu vermählen&period; Sie wollte jedoch einen Mann haben&comma; der zu antworten verstand&comma; wenn man ihn anredete&comma; einen&comma; der nicht nur dastand und vornehm aussah&comma; denn das ist höchst langweilig&period; Nun ließ sie alle Hofdamen zusammentrommeln&comma; und als diese ihre Willensmeinung vernahmen&comma; wurden sie sehr froh&period; „So hab ichs gern&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief eine jede&comma; „daran hab’ ich neulich auch schon gedacht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die Zeitungen erschienen sofort mit einem Rande von Herzen und den Namenszügen der Prinzessin&period; Manniglich konnte darin schwarz auf weiß lesen&comma; daß es einem jeden jungen Manne von hübschem Äußeren frei stände&comma; auf das Schloß zu kommen und mit der Prinzessin zu sprechen&comma; und den&comma; welcher so zu reden verstände&comma; daß er sich trotz des ihn umgebenden Glanzes unbefangen äußerte und zugleich am besten spräche&comma; den wollte die Prinzessin zum Manne nehmen&excl; — Ja&comma; ja&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Krähe&comma; „du kannst es mir glauben&comma; es ist so wahr&comma; wie ich hier sitze&period; Die Leute strömten herzu&comma; da war ein Gedränge und Gelaufe&comma; aber dennoch glückte es niemand&comma; weder den ersten noch den zweiten Tag&period; Wenn sie draußen auf der Straße waren&comma; konnten alle vortrefflich plaudern&comma; sobald sie aber zum Schloßportale hereintraten und die silberstrotzenden Leibwächter und die Treppen hinauf die Diener in Gold und die großen erleuchteten Säle erblickten&comma; dann wurden sie verwirrt&period; Standen sie nun vor dem Throne&comma; auf welchem die Prinzessin saß&comma; so vermochten sie nur ihr letztes Wort nachzusprechen&comma; und diese Wiederholung flößte ihr kein Interesse ein&period; In ganzen Reihen standen sie vom Stadtthore bis zum Schlosse&period; Ich war selbst drinnen&comma; um es mit anzusehen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; versicherte die Krähe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber Kay&comma; der kleine Kay&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte Gerda&period; „Wann kam er&quest; Befand er sich unter der Menge&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Eile mit Weile&excl; nun sind wir gerade bei ihm&excl; Am dritten Tage kam eine kleine Person&comma; weder mit Pferd&comma; noch mit Wagen&comma; ganz lustig und guter Dinge gerade auf das Schloß hinaufspaziert&period; Seine Augen blitzten wie deine&comma; er hatte prächtiges langes Haar&comma; aber sonst ärmliche Kleider&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das war Kay&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; jubelte Gerda&period; „O&comma; dann habe ich ihn gefunden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und dabei klatschte sie in die Hände&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er hatte einen kleinen Ranzen auf seinem Rücken&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Krähe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; das war sicherlich sein Schlitten&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte Gerda&comma; „denn damit ging er fort&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist wohl möglich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegnete die Krähe&semi; „ich sah nicht so genau hin&excl; Aber so viel weiß ich&comma; daß er&comma; als er in das Schloßthor hineintrat und die silberstrotzenden Leibwachen und die Treppen hinauf die Diener in Gold erblickte&comma; nicht im Geringsten in Verlegenheit geriet&period; Er nickte ihnen flüchtig zu und sagte&colon; „Das muß langweilig sein&comma; auf der Treppe zu stehen&period; Ich gehe lieber hinein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Drinnen erglänzten die Säle in hellem Kerzenscheine&period; Geheimeräte und Exzellenzen gingen auf bloßen Füßen und trugen goldene Gefäße&semi; man konnte wohl beklommen werden&period; Seine Stiefel knarrten entsetzlich laut&comma; doch schien er sich darüber gar nicht zu beunruhigen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist ganz gewiß Kay&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Gerda&comma; „ich weiß&comma; er hatte neue Stiefel&semi; ich habe sie in der Stube der Großmutter knarren hören&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; geknarrt haben sie&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; versetzte die Krähe&comma; „und munter und guter Dinge ging er gerade zur Prinzessin hinein&semi; dieselbe saß auf einer Perle&comma; die so groß wie ein Spinnrad war&period; Alle Hofdamen mit ihren Zofen&comma; und den Zofen ihre Zofen&comma; und alle Kavaliere mit ihren Dienern&comma; und den Dienern ihrer Diener&comma; die sich auch einen Burschen hielten&comma; standen ringsherum aufgestellt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das muß fürchterlich sein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die kleine Gerda&period; „Und Kay hat die Prinzessin doch bekommen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; er hat sie bekommen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Krähe&comma; „da er so gut zu reden verstand&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; sicher&excl; das war Kay&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte Gerda&comma; „er war so klug&comma; er konnte mit Brüchen im Kopfe rechnen&excl; — O&comma; willst du mich nicht auf dem Schlosse einführen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; das ist leicht gesagt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; meinte die Krähe&period; „Aber wie machen wir das&quest; Denn das will ich dir nur sagen&comma; so ein kleines Mädchen&comma; wie du bist&comma; erhält nie Erlaubnis zum Eintritt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; die bekomme ich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Gerda aus&period; „Wenn Kay von meiner Ankunft hört&comma; kommt er gleich heraus und holt mich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Erwarte mich dort am Zaune&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; erwiderte die Krähe&comma; wackelte mit dem Kopfe und flog davon&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es war schon dunkel&comma; als die Krähe zurückkehrte&period; „Rar&comma; rar&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&period; „Es ist für dich unmöglich&comma; in das Schloß zu gelangen&comma; weil du barfuß bist&period; Die silberstrotzenden Leibwachen und Diener in Gold würden es nicht gestatten&period; Weine jedoch nicht&comma; du sollst doch schon hinaufkommen&period; Ich habe nämlich eine Base&comma; die im Schlosse Kammerjungfer ist&comma; die kennt eine kleine Hintertreppe&comma; die zum Schlafzimmer hinaufführt&comma; und sie weiß&comma; wo sie den Schlüssel holen kann&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie gingen in den Garten hinein&comma; in den großen Baumgang&comma; wo schon ein Blatt nach dem andern abfiel&comma; und als auf dem Schlosse nach und nach die Lichter ausgelöscht wurden&comma; führte die Krähe die kleine Gerda zu einer Hinterthür&comma; die nur angelehnt war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>O&comma; wie Gerdas Herz vor Angst und Sehnsucht klopfte&excl; Ihr war zu Mute&comma; als ob sie etwas Böses thun wollte&comma; und sie wollte doch nur erfahren&comma; ob der kleine Kay da wäre&period; Ja&comma; er mußte es sein&excl; Sie stellte sich ganz lebendig seine klugen Augen&comma; sein langes Haar vor&semi; sie sah ihn ordentlich lächeln&comma; wie damals&comma; als sie daheim unter den Rosen saßen&period; Er würde sich gewiß freuen&comma; sie zu sehen und dann von ihr zu hören&comma; einen wie weiten Weg sie um seinetwegen zurückgelegt hätte&comma; und wie betrübt sie alle zu Hause gewesen wären&comma; als er nicht wieder heimkehrte&period; O&comma; das war eine Furcht und eine Freude&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun waren sie auf der Treppe&period; Dort brannte eine kleine Lampe auf einem Schranke&period; Mitten auf dem Fußboden stand die Base der Krähe und betrachtete Gerda&comma; die sich vor ihr verneigte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich werde vorangehen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; begann die Schloßkrähe&period; „Wir gehen hier den geraden Weg&comma; denn da begegnen wir niemand&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mir ist&comma; als ob jemand hinter uns kommt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte Gerda&comma; und es sauste wirklich etwas an ihr vorüber&period; Es war&comma; als ob Schatten über die Wand hin glitten&comma; Pferde mit flatternden Mähnen und schlanken Beinen&comma; Jägerburschen&comma; Herren und Damen zu Pferde&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das sind nur Träume&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Krähe&comma; „sie kommen und holen die Gedanken der hohen Herrschaft zur Jagd ab&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun traten sie in den ersten Saal hinein&semi; er war mit rosenrotem Atlas behängt und künstliche Blumen zogen sich an allen Wänden hinauf&period; Hier sausten die Träume schon an ihnen vorüber&comma; flogen aber so schnell&comma; daß Gerda die hohe Herrschaft nicht zu sehen bekam&period; Ein Saal war immer prächtiger als der andere&semi; der Anblick der vielen Kostbarkeiten konnte einen förmlich betäuben&period; Jetzt waren sie in dem Schlafzimmer&period; Die Decke desselben glich einer großen Palme mit Blättern vom herrlichsten Glase&comma; und mitten auf dem Fußboden hingen an einem dicken Stengel von Gold zwei Betten&comma; deren jedes die Gestalt einer Lilie hatte&period; Das eine&comma; in welchem die Prinzessin lag&comma; war weiß&semi; das andere war rot&comma; und in diesem sollte Gerda den kleinen Kay suchen&period; Sie bog eines der roten Blätter zur Seite und da erblickte sie einen braunen Nacken&period; Ja&comma; das war Kay&excl; Sie rief ganz laut seinen Namen&comma; hielt die Lampe&comma; daß das Licht auf ihn fiel — die Träume sausten zu Pferde wieder in die Stube hinein — er erwachte&comma; wandte das Haupt — — — und es war nicht der kleine Kay&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Prinz ähnelte ihm nur im Nacken&comma; war aber jung und schön&period; Und aus dem weißen Lilienbette guckte die Prinzessin hervor und fragte&comma; was das wäre&period; Da weinte die kleine Gerda und erzählte ihre ganze Geschichte und alles&comma; was die Krähen für sie gethan hätten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du arme Kleine&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagten der Prinz und die Prinzessin und lobten die Krähen und sagten&comma; sie wären gar nicht böse auf sie&comma; sie sollten es aber doch ja nicht öfter thun&period; Indes sollten sie eine Belohnung erhalten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wollt ihr frei fliegen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Prinzessin&comma; „oder wollt ihr eine feste Anstellung als Hofkrähen haben&comma; mit allem&comma; was aus der Küche abfällt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und beide Krähen verneigten sich und baten um feste Anstellung&comma; denn sie dachten an ihr Alter und sagten&comma; es wäre so schön&comma; im Alter sorgenfrei leben zu können&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Prinz erhob sich aus seinem Bette und ließ Gerda in demselben schlafen&comma; und mehr konnte er doch nicht thun&period; Sie faltete ihre keinen Händchen und dachte&colon; „Wie gut Menschen und Tiere doch sind&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und dann schloß sie die Augen und entschlummerte sanft&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am nächsten Morgen wurde sie von Kopf bis zu Fuß in Sammet und Seide gekleidet&period; Sie wurde freundlich aufgefordert&comma; auf dem Schlosse zu bleiben und herrlich und in Freuden zu leben&comma; aber sie bat lediglich um einen kleinen Wagen mit einem Pferde und um ein Paar Stiefelchen&comma; dann wollte sie wieder in die weite Welt hinausfahren und Kay suchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie erhielt sowohl Stiefelchen als auch einen Muff und ward niedlich gekleidet&period; Als sie fort wollte&comma; hielt vor der Thüre ein neues Wägelchen aus reinem Golde&comma; das Wappen des Prinzen und der Prinzessin leuchtete wie ein Stern auf demselben&period; Kutscher&comma; Diener und Vorreiter saßen da mit goldenen Kronen auf dem Kopfe&period; Der Prinz und die Prinzessin halfen Gerda in den Wagen und wünschten ihr alles Glück&period; „Lebewohl&comma; lebewohl&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; riefen ihr beide nach&comma; und die kleine Gerda weinte und die Krähen auch&period; Die Waldkrähe begleitete sie die ersten drei Meilen&semi; sie saß ihr zur Seite&comma; weil sie das Fahren auf dem Rücksitz nicht vertragen konnte&period; Inwendig war der Wagen mit Zuckerbretzeln gefüttert und die Sitzkasten waren mit Früchten und Pfeffernüssen angefüllt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So ging es die ersten drei Meilen&comma; dann sagte auch die Krähe Lebewohl&comma; und das war der schwerste Abschied&period; Sie flog auf einen Baum und schlug mit ihren schwarzen Flügeln&comma; solange sie noch den Wagen&comma; der wie der helle Sonnenschein glänzte&comma; sehen konnte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Fünfte Geschichte&period; Das kleine Räubermädchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie fuhren durch den dunklen Wald&comma; aber der Wagen leuchtete weithin&period; „Das ist Gold&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; riefen die Räuber&comma; stürzten hervor&comma; fielen den Pferden in die Zügel&comma; erschlugen die kleinen Vorreiter&comma; den Kutscher und die Diener und zogen nun die kleine Gerda aus dem Wagen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sie ist fett&comma; sie ist reizend&comma; sie ist mit Nußkernen gemästet&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das alte Räuberweib&comma; welches einen langen struppigen Bart und Augenbrauen hatte&comma; die ihr bis über die Augen herabhingen&period; „Das ist ebenso gut wie ein kleines fettes Lamm&excl; Nun&comma; wie soll sie schmecken&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Bei diesen Worten zog sie ihr blankes Messer heraus und das blitzte&comma; daß es Angst einjagen konnte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Au&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie das Weib zu gleicher Zeit&period; Kein Wunder&excl; der Frau wilde und ungeberdige Tochter&comma; die auf ihrem Rücken hing&comma; hatte sie in das Ohr gebissen und so konnte sie nicht gleich dazu kommen&comma; Gerda zu schlachten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sie soll mit mir spielen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Räubermädchen herrisch&period; „Sie soll mir ihren Muff&comma; ihr schönes Kleid geben&comma; sie soll neben mir in meinem Bette schlafen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich will in den Wagen hinein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Räubermädchen&comma; und es mußte und wollte seinen Willen haben&comma; denn es war gar verhätschelt und gar halsstarrig&period; Es setzte sich mit Gerda hinein und dann fuhren sie über Stock und Stein immer tiefer in den Wald&period; Das kleine Räubermädchen war eben so groß wie Gerda&comma; aber kräftiger&comma; breitschultriger und gebräunter&period; Seine Augen waren ganz schwarz&comma; sie sahen fast traurig aus&period; Es faßte die kleine Gerda um den Leib und sagte&colon; „Sie sollen dich nicht schlachten&comma; so lange ich nicht böse auf dich werde&excl; Du bist gewiß eine Prinzessin&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; erwiderte die kleine Gerda&comma; und erzählte ihr alles&comma; was sie erlebt hatte und wie lieb sie den kleinen Kay hätte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt hielt der Wagen still&semi; sie befanden sich mitten auf dem Hofe eines Räuberschlosses&period; Von oben bis unten war es geborsten&comma; Raben und Krähen flogen aus den offenen Löchern&comma; und die großen Bullenbeißer&comma; die aussahen&comma; als könnte jeder einen Menschen verschlingen&comma; sprangen hoch empor&comma; aber ohne zu bellen&comma; denn das war verboten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mitten auf dem steinernen Fußboden des großen&comma; alten&comma; verräucherten Saales brannte ein großes Feuer&period; Der Rauch zog unter der Decke hin und drang durch die zahlreichen Risse und Sprünge ins Freie&period; In einem großen Braukessel wurde Suppe gekocht und Hasen wie Kaninchen wurden am Spieße gedreht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du sollst diese Nacht mit mir bei allen meinen lieben Tierchen schlafen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Räubermädchen&period; Sie erhielten nun zu essen und zu trinken und gingen dann nach einer Ecke&comma; wo Stroh und Decken lagen&period; Oben drüber saßen auf Latten und Stangen wohl an hundert Tauben&comma; die alle zu schlafen schienen&comma; sich aber doch ein wenig bewegten&comma; als die kleinen Mädchen kamen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die gehören samt und sonders mir&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Räubermädchen und ergriff schnell eine der nächsten&comma; hielt sie an den Beinen und schüttelte sie&comma; bis sie mit den Flügeln schlug&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dort sitzt das Waldgesindel&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; fuhr sie fort und deutete auf eine Menge Stäbe&comma; die hoch oben vor einem Loche in die Mauer eingeschlagen waren&period; „Das ist mein Waldgesindel und hier steht mein altes&comma; liebstes Bä&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dabei zog sie ein Renntier am Geweihe hervor&comma; welches einen blanken Kupferring um den Hals hatte und angebunden war&period; „Jeden Abend kitzle ich es mit meinem scharfen Messer am Halse&comma; wovor es sich sehr fürchtet&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Das kleine Mädchen zog ein langes Messer aus einer Spalte in der Mauer und ließ es über den Hals des Renntieres hingleiten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Willst du das Messer während des Schlafes bei dir behalten&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte Gerda und sah sie etwas ängstlich an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich schlafe immer mit dem Messer&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Räubermädchen&period; „Man weiß nicht&comma; was sich ereignen kann&period; Aber nun lass mich’s noch einmal hören&comma; was du mir vorhin von dem kleinen Kay erzähltest&comma; und weshalb du in die weite Welt hinausgegangen bist&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und Gerda begann ihre Geschichte wieder von vorn&comma; und die Waldtauben girrten oben in ihrem Käfig&comma; die andern Tauben aber schliefen&period; Das kleine Räubermädchen legte einen Arm um Gerda’s Hals&comma; hielt das Messer in der andern Hand und schnarchte&comma; daß man es hören konnte&comma; Gerda jedoch war nicht imstande&comma; ein Auge zu schließen&comma; wußte sie doch nicht&comma; ob sie leben bleiben oder sterben sollte&period; Die Räuber saßen rund um das Feuer&comma; sangen und tranken und das Räuberweib schlug Purzelbäume&period; O&comma; es war dem kleinen Mädchen wahrhaft entsetzlich&comma; dies mit ansehen zu müssen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da sagten die Waldtauben&colon; „Kurre&comma; kurre&excl; wir haben den kleinen Kay gesehen&period; Ein weißes Huhn trug seinen Schlitten&comma; er saß auf dem Wagen der Schneekönigin&comma; welche unmittelbar über den Wald hinfuhr&comma; als wir im Neste lagen&period; Sie blies uns junge Tauben an und mit Ausnahme von uns beiden starben alle&semi; kurre&comma; kurre&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Was sagt ihr dort oben&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Gerda&period; „Wohin reiste die Schneekönigin&quest; Ist euch etwas davon bekannt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sie reiste vermutlich nach Lappland&comma; denn dort ist immer Schnee und Eis&excl; Frage nur das Renntier&comma; welches dort angebunden steht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dort ist Eis und Schnee&comma; dort ist ein gesegnetes und herrliches Land&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; versetzte das Renntier&period; „Dort springt man in den großen&comma; glitzernden Thälern frei umher&period; Dort hat die Schneekönigin ihr Sommerzelt&comma; aber ihr festes Schloß hat sie oben nach dem Nordpole zu&comma; auf der Insel&comma; die Spitzbergen genannt wird&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„O&comma; Kay&comma; lieber Kay&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; seufzte Gerda&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun mußt du still liegen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Räubermädchen&comma; „sonst stoße ich dir das Messer in den Leib&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Am Morgen erzählte Gerda ihr alles&comma; was die Waldtauben gesagt hatten&comma; und das kleine Räubermädchen sah ganz ernsthaft aus&comma; nickte jedoch mit dem Kopfe und sagte&colon; „Das ist ganz gleich&excl; — Weißt du&comma; wo Lappland liegt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte sie das Renntier&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wer sollte es wohl besser wissen&comma; als ich&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Tier&comma; und die Augen leuchteten ihm im Kopfe&period; „Dort bin ich geboren und aufgewachsen&comma; dort habe ich mich auf den Schneefeldern umhergetummelt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Höre&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Räubermädchen zu Gerda&period; „Wie du siehst&comma; sind unsere Mannsleute sämtlich fort&comma; aber Mutter ist noch hier und bleibt auch zu Hause&period; Zum Frühstück trinkt sie jedoch aus der großen Flasche und entschlummert bald darauf&period; Dann will ich etwas für dich thun&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Als nun die Mutter aus ihrer Flasche getrunken hatte und einen kleinen Nickkopf machte&comma; ging das Räubermädchen zum Renntiere und sagte&colon; „Ich hätte zwar ganz besondere Lust&comma; dich noch manchmal mit dem scharfen Messer zu kitzeln&comma; denn das ist außerordentlich belustigend&comma; aber gleichviel&comma; ich will trotzdem deinen Strick lösen und dir hinaushelfen&comma; daß du nach Lappland laufen kannst&comma; aber du mußt laufen wie noch nie und mir dieses kleine Mädchen nach dem Schlosse der Schneekönigin bringen&comma; wo sich ihr Spielkamerad aufhält&period; Du hast wohl gehört&comma; was sie erzählte&comma; denn sie schwatzte laut genug&comma; und du pflegst zu lauschen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Renntier sprang vor Freude hoch auf&period; Das Räubermädchen hob die kleine Gerda hinauf und war vorsichtig genug&comma; sie festzubinden und ihr sogar ein kleines Sitzkissen zu geben&period; „Das ist einerlei&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&comma; „da hast du deine Pelzstiefelchen wieder&comma; denn es wird kalt werden&comma; den Muff behalte ich aber&comma; er ist doch gar zu niedlich&excl; Gleichwohl sollst du nicht frieren&period; Hier hast du meiner Mutter große Fausthandschuhe&comma; sie reichen dir gerade bis an die Ellbogen&excl; Zieh sie an&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerda weinte vor Freude&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Solch’ Gejammer kann ich nicht ausstehen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das kleine Räubermädchen&period; „Nun mußt du gerade vergnügt aussehen&excl; Hier hast du noch zwei Brote und einen Schinken&comma; damit du nicht zu hungern brauchst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Beides wurde hinten auf das Renntier gebunden&semi; das kleine Räubermädchen öffnete die Thüre&comma; lockte alle die großen Hunde herein&comma; zerschnitt dann den Strick mit ihrem Messer und sagte zum Renntiere&colon; „Lauf nun&comma; aber gieb wohl auf das kleine Mädchen acht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und Gerda streckte die Hände mit den großen Fausthandschuhen gegen das Räubermädchen aus&comma; sagte Lebewohl und dann flog das Renntier vorwärts über Gebüsch und Gestrüpp&comma; durch den großen Wald&comma; über Sümpfe und Steppen&comma; so schnell es vermochte&period; Die Wölfe heulten und die Raben schrieen&period; Schwaches Knistern ließ sich aus weiter Ferne vernehmen und starkes Wetterleuchten zeigte sich auf allen Seiten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das sind meine alten Nordlichter&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Renntier&comma; „sieh&comma; wie sie leuchten&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und dann lief es noch hurtiger vorwärts&comma; Tag und Nacht&period; Die Brote wurden verzehrt&comma; der Schinken dazu und dann waren sie in Lappland&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sechste Geschichte&period; Die Lappin und die Finnin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Vor einem kleinen&comma; unansehnlichen Häuschen machten sie Halt&period; Das Dach ging bis zur Erde hinunter&comma; und die Thüre war so niedrig&comma; daß die Bewohner nur auf dem Bauche kriechend sich durch den Eingang zwängen konnten&period; Mit Ausnahme einer Lappin&comma; welche neben einer Thranlampe stand und Fische briet&comma; war niemand daheim&period; Das Renntier erzählte ihr Gerdas ganze Geschichte&comma; zuerst jedoch seine eigene&comma; welche ihm ungleich wichtiger erschien&comma; und Gerda war vor Kälte so erstarrt&comma; daß sie nicht zu reden vermochte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&comma; ihr Armen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Lappin&comma; „da habt ihr noch weit zu laufen&excl; Ihr müßt über hundert Meilen weit in das Innere der Finnmark hinein&comma; denn dort hat die Schneekönigin ihre Sommerwohnung und läßt jeden Abend blaue Flammen auflodern&period; Ich werde in Ermangelung des Papiers ein paar Worte auf einen trocknen Stockfisch schreiben&comma; den werde ich euch an die Finnin dort oben mitgeben&comma; welche euch bessere Auskunft erteilen kann&comma; als ich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Als sich Gerda nun wieder erwärmt und zu essen und zu trinken bekommen hatte&comma; schrieb die Lappin ein paar Worte auf einen trocknen Klippfisch&comma; bat Gerda&comma; denselben wohl zu verwahren&comma; band sie wieder auf das Renntier und dieses sprang davon&period; Oben in der Luft knisterte es und die ganze Nacht brannten die schönsten blauen Nordlichter&semi; und dann kamen sie nach Finnmark und klopften an den Schornstein der Finnin&comma; denn sie hatte nicht einmal eine Thür&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es herrschte eine Hitze darin&comma; daß sogar die Finnin nur eine ganz dünne Bekleidung trug&period; Sie war klein und starrte von Schmutz&period; Sie löste sofort die Kleider der kleinen Gerda auf&comma; zog ihr die Fausthandschuhe und Stiefel aus&comma; weil sie die Hitze sonst nicht hätte ertragen können&comma; legte dem Renntiere ein Stück Eis auf den Kopf und las dann&comma; was auf dem Klippfische geschrieben stand&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du bist sehr klug&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Renntier&semi; „ich weiß&comma; du kannst alle Winde der Welt mit einem Zwirnsfaden zusammenbinden&period; Wenn der Schiffer den einen Knoten löst&comma; erhält er guten Wind&comma; löst er den andern&comma; dann bläst ein scharfer Wind&comma; und löst er den dritten und vierten&comma; dann stürmt es&comma; daß die Wälder niederstürzen&period; Willst du dem kleinen Mädchen nicht einen Trank geben&comma; daß sie die Kraft von zwölf Männern erhält und die Schneekönigin überwindet&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die Kraft von zwölf Männern&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Finnin&comma; „die würde sicher nicht ausreichen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dann ging sie nach einem Gestell&comma; holte ein großes zusammengerolltes Fell hervor und entrollte es&period; Seltsame Buchstaben waren darauf geschrieben&comma; und die Finnin las&comma; daß ihr dicke Schweißtropfen von der Stirn rieselten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber das Renntier bat so beweglich für die kleine Gerda und diese schaute die Finnin mit so bittenden&comma; thränenfeuchten Augen an&comma; daß dieselbe das Renntier in eine Ecke zog&comma; wo sie demselben zuflüsterte&comma; während sie ihm frisches Eis auf den Kopf legte&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Der kleine Kay ist wirklich bei der Schneekönigin&comma; findet dort alles nach seinem Wunsche und Behagen und meint&comma; ihm sei das beste Los in der Welt zugefallen&period; Das rührt aber davon her&comma; daß ihm ein Glassplitter in das Herz und ein Glaskörnchen in das Auge gedrungen ist&period; Beides muß erst heraus&comma; sonst wird er nie wieder ein tüchtiger Mensch und die Schneekönigin behält Gewalt über ihn&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber kannst du der kleinen Gerda nichts eingeben&comma; daß sie Macht über das Ganze erhält&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich kann ihr keine größere Macht geben&comma; als sie schon besitzt&excl; Siehst du nicht&comma; wie groß diese ist&quest; Siehst du nicht&comma; wie Menschen und Tiere ihr dienen müssen&comma; wie sie auf bloßen Füßen so gut in der Welt vorwärts gekommen ist&quest; Von uns darf sie ihre Macht nicht erfahren&comma; die sitzt in ihrem Herzen und besteht darin&comma; daß sie ein süßes&comma; unschuldiges Kind ist&period; Kann sie nicht selbst in das Schloß der Schneekönigin eindringen und den kleinen Kay von dem Glase befreien&comma; dann können wir nicht helfen&excl; Zwei Meilen von hier beginnt der Garten der Schneekönigin&semi; dorthin kannst du das kleine Mädchen bringen&semi; setze sie neben dem großen Busche ab&comma; der mit roten Beeren bedeckt im Schnee steht&period; Halte dich nicht mit langem Geschwätz auf und beeile dich&comma; hierher zurückzukommen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dann hob die Finnin die kleine Gerda auf das Renntier&comma; welches aus Leibeskräften davon eilte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Meine Stiefelchen&excl; Meine Fausthandschuhe&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief die kleine Gerda&comma; der sich die schneidende Kälte fühlbar machte&period; Aber das Renntier wagte nicht anzuhalten&comma; es lief&comma; bis es den großen Busch mit den roten Beeren erreichte&period; Dort setzte es Gerda ab&comma; küßte sie auf den Mund&comma; wobei dem Tiere große heiße Thränen über die Backen hinabrollten&comma; und dann lief es&comma; so schnell es konnte&comma; wieder zurück&period; Da stand nun die arme Gerda&comma; ohne Stiefelchen&comma; ohne Handschuhe&comma; mitten in der unwirtbaren&comma; kalten Finnmark&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie lief vorwärts&comma; so schnell sie vermochte&period; Da zeigte sich plötzlich ein ganzes Regiment Schneeflocken&period; Sie fielen aber nicht etwa vom Himmel herab&comma; der war ganz klar und strahlte von Nordlichtern&comma; die Schneeflocken flogen vielmehr gerade über die Oberfläche der Erde hin und nahmen&comma; je näher sie kamen&comma; an Größe zu&period; Gerda erinnerte sich noch&comma; wie groß und kunstvoll sie unter dem Brennglase ausgesehen hatten&period; Aber hier zeigten sie sich wahrlich noch in ganz anderer Größe und Schreckensgestalt&semi; es waren lebendige Wesen&comma; es waren die Vorposten der Schneekönigin&period; Sie hatten die seltsamsten Gestalten&semi; einige sahen aus wie häßliche&comma; große Stachelschweine&comma; andere wie ganze Schlangenknäuel&comma; aus denen die Köpfe hervorragten&comma; und andere wie kleine dicke Bären&comma; auf welchen sich die Haare sträubten&semi; alle aber schimmerten weiß&comma; alle aber waren lebendige Schneeflocken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da betete die kleine Gerda ihr Vaterunser&period; Die Kälte war so stark&comma; daß sie ihren eigenen Atem sehen konnte&comma; welcher ihr wie Rauch vor dem Munde stand&period; Der Atem wurde dichter und dichter und verwandelte sich in lauter kleine Engel&comma; die&comma; sobald sie die Erde berührten&comma; mehr und mehr wuchsen&comma; und alle Helme auf dem Kopfe und Spieß und Schild in den Händen hatten&period; Ihre Anzahl vermehrte sich&comma; und als Gerda ihr Vaterunser beendet hatte&comma; war eine ganze Legion um sie versammelt&period; Sie stachen mit ihren Spießen nach den schrecklichen Schneeflocken&comma; daß dieselben in hundert Stücke zersprangen&comma; und die kleine Gerda sicher und fröhlich vorwärts schreiten konnte&period; Die Engel streichelten ihre Füße und Hände und da fühlte sie die Kälte weniger und ging rasch auf das Schloß der Schneekönigin zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber nun müssen wir erst sehen&comma; wie es Kay geht&period; Er dachte wahrlich nicht an die kleine Gerda und am allerwenigsten&comma; daß sie draußen vor dem Schlosse stände&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Siebente Geschichte&period; Im Schlosse der Schneekönigin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Mauern des Schlosses waren von dem wirbelnden Schnee aufgetürmt und schneidende Winde hatten die Thüren und Fenster gebildet&period; Über hundert Säle reihten sich aneinander&comma; wie sie gerade ein Schneetreiben zusammengeweht hatte&semi; der größte erstreckte sich viele Meilen weit&period; Alle aber waren von starken Nordlichtern erleuchtet und waren groß&comma; leer&comma; eisig kalt und schimmernd&period; Nie herrschte hier eine Lustbarkeit&comma; nicht einmal ein kleiner Bärenball&comma; wobei der Sturm hätte die Blasinstrumente spielen können&semi; leer&comma; weit und kalt war es in den Sälen der Schneekönigin&period; Die Nordlichter flammten so regelmäßig&comma; daß man berechnen konnte&comma; wann sie am höchsten und wann sie am niedrigsten standen&period; Mitten in dem leeren und unendlichen Schneesaale war ein gefrorener See&period; Er war in tausend Stücke geborsten&comma; aber jedes Stück glich dem andern auf das Genaueste&comma; so daß es ein wahres Kunstwerk war&period; Mitten auf demselben saß die Schneekönigin&comma; so oft sie zu Hause war&comma; und dann sagte sie&comma; sie säße im Spiegel des Verstandes&comma; und dieser wäre der beste in dieser Welt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der kleine Kay war ganz blau vor Kälte&comma; ja fast schwarz&comma; aber er merkte es doch nicht&comma; denn sie hatte ihm den Frostschauer weggeküßt&comma; und sein Herz war so gut wie ein Eisklumpen&period; Er ging und schleppte einige scharfe&comma; flache Eisstücke herbei&comma; die er auf alle mögliche Weise zusammenlegte&comma; um ein gegebenes Muster nachzubilden&comma; gerade so&comma; wie wenn wir kleine Holzstückchen zu bestimmten Figuren zusammenpassen&comma; was das chinesische Spiel genannt wird&period; Kay ging auch und legte Figuren&comma; es waren die allerkunstreichsten&comma; es war das „Eisspiel des Verstandes&OpenCurlyDoubleQuote;&period; In seinen Augen waren diese Figuren ganz ausgezeichnet und von der allerhöchsten Wichtigkeit&semi; das bewirkte das Glaskörnchen&comma; welches ihm im Auge saß&semi; er legte ganze Figuren&comma; die ein geschriebenes Wort bildeten&comma; aber immer scheiterte er an der Zusammensetzung des Wortes&comma; welches er gerade wünschte&comma; des Wortes&colon; „Ewigkeit&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; und die Schneekönigin hatte gesagt&period; „Kannst du mir diese Figur zu stande bringen&comma; dann sollst du dein eigener Herr sein&comma; und ich schenke dir die ganze Welt und noch ein Paar neue Schlittschuhe&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Aber er konnte es nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun sause ich fort nach den warmen Ländern&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Schneekönigin&period; „Ich will in meine schwarzen Töpfe hineingucken&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Das waren die feuerspeienden Berge Aetna und Vesuv&comma; wie man sie nennt&period; „Ich werde sie ein wenig mit Weiß überziehen&comma; das gehört dazu und thut den Zitronen und Weintrauben gut&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Darauf flog die Schneekönigin fort und Kay saß ganz allein in dem viele Meilen weiten&comma; leeren Eissaale&comma; betrachtete die Eisstücke und dachte und dachte&comma; daß es in ihm ordentlich knackte&period; Ganz steif und still saß er da&comma; man hätte glauben können&comma; er wäre erfroren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In diesem Augenblicke trat die kleine Gerda durch die große Eingangspforte in das Schloß&period; Schneidende Winde wehten ihr entgegen&comma; aber sie betete ihr Abendgebet und da legten sich die Winde&comma; als ob sie schlafen wollten&period; Sie trat in die großen leeren&comma; kalten Säle — da gewahrte sie Kay&semi; sie erkannte ihn&comma; sie flog ihm um den Hals&comma; hielt ihn fest umschlungen und rief&colon; „Kay&excl; süßer&comma; lieber Kay&excl; so habe ich dich endlich gefunden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Er aber saß ganz still&comma; steif und kalt&semi; — da weinte die kleine Gerda heiße Thränen&comma; sie fielen auf seine Brust&comma; sie drangen in sein Herz&comma; sie tauten den Eisklumpen auf und verzehrten das kleine Spiegelsplitterchen in demselben&period; Er blickte sie an und sie sang&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich liebe die Rosen in all’ ihrer Pracht&comma;<br&sol;>Doch mehr noch den Heiland&comma; der selig uns macht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da brach Kay in Thränen aus&semi; er weinte so&comma; daß ihm das Spiegelkörnchen aus den Augen geschwemmt wurde&comma; er erkannte sie und jubelte&colon; „Gerda&excl; süße&comma; liebe Gerda&excl; — Wo bist du doch so lange gewesen und wo bin ich gewesen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; Und er schaute rings um sich her&period; „Wie kalt es hier ist&excl; Wie leer und weit es hier ist&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und er umfaßte Gerda und sie lachte und weinte vor Freude&period; Das war ein so lieblicher Anblick&comma; daß sogar die Eisstücke vor Freude ringsumher tanzten&period; Als sie nun müde waren&comma; legten sie sich gerade auf die Buchstaben&comma; von denen die Schneekönigin gesagt hatte&comma; wenn er sie ausfindig machen könnte&comma; sollte er sein eigener Herr sein und sie wollte ihm die ganze Welt und noch ein Paar neue Schlittschuhe schenken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerda küßte ihm die Wangen und sie wurden wieder blühend&semi; sie küßte ihn auf die Augen und sie glänzten wie die ihrigen&semi; sie küßte ihn auf Hände und Füße und er war gesund und munter&period; Nun mochte die Schneekönigin dreist nach Hause kommen&comma; sein Freibrief stand mit flimmernden Eisstücken geschrieben da&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie reichten einander die Hände und wanderten aus dem großen Schlosse hinaus&period; Auch sprachen sie von der Großmutter und von den Rosen oben auf dem Dache&comma; und wo sie gingen&comma; legten sich die Winde und die Sonne brach hervor&period; Als sie den Busch mit den roten Beeren erreichten&comma; stand das Renntier da und wartete&period; Es hatte ein zweites Renntier mitgebracht und beide trugen Gerda und Kay erst zu der Finnin&comma; in deren heißer Stube sie sich wärmten&comma; und dann zur Lappin&comma; welche ihnen neue Kleider genäht und ihren Schlitten in stand gesetzt hatte&period; Die Renntiere und die Lappin begleiteten sie bis zur Landesgrenze&comma; dort nahmen sie Abschied&period; „Lebt wohl&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagten sie sämtlich&period; Die ersten kleinen Vögel begannen zu zwitschern&comma; der Wald trieb grüne Knospen und aus demselben heraus kam auf einem prächtigen Pferde&comma; welches Gerda kannte &lpar;es war nämlich vor den goldenen Wagen gespannt gewesen&rpar;&comma; ein junges Mädchen angeritten mit einer weithin leuchtenden roten Mütze auf dem Kopfe und Pistolen im Gürtel&period; Es war das kleine Räubermädchen&period; Sie erkannte Gerda sofort und Gerda erkannte sie auch&comma; das war eine Freude&period; Gerda streichelte ihr die Wangen und fragte nach dem Prinzen und der Prinzessin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die sind nach fremden Ländern gereist&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte das Räubermädchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber die Krähe&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte die kleine Gerda&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&comma; die Krähe ist tot&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; antwortete sie&semi; „ihre Base trauert um sie mit einem schwarzwollenen Lappen um das Bein&period; Doch nun erzähle mir&comma; wie es dir ergangen ist und wie du seiner habhaft geworden bist&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und Gerda und Kay erzählten alle beide&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Räubermädchen reichte beiden die Hand&comma; nahm Abschied und ritt dann in die weite Welt hinaus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber Kay und Gerda gingen Hand in Hand&comma; und während sie dahinschritten&comma; war es ein herrliches Frühlingswetter und die Blumen dufteten&period; Die Kirchenglocken läuteten und sie erkannten die hohen Türme&comma; die große Stadt&comma; es war ihre Geburtsstätte&comma; und sie gingen in dieselbe hinein und hin zu der Thüre der Großmutter&comma; die Treppe hinauf&comma; in die Stube hinein&comma; wo noch alles auf derselben Stelle wie früher stand&period; Die alte Uhr sagte&colon; „Tick&comma; tack&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und die Zeiger drehten sich&period; Während sie aber durch die Thüre schritten&comma; bemerkten sie&comma; daß sie erwachsene Menschen geworden waren&period; Die Rosen blühten von der Dachrinne her zu den offenen Fenstern herein&comma; und da standen die kleinen Kinderstühlchen&comma; und Kay und Gerda setzten sich&comma; ein jedes auf den seinigen&comma; und hielten einander bei den Händen&period; Wie einen schweren Traum hatten sie die kalte leere Herrlichkeit bei der Schneekönigin vergessen&period; Großmutter saß in Gottes klarem Sonnenscheine und las laut aus der Bibel&colon; „Es sei denn&comma; daß ihr umkehrt und werdet wie die Kinder&comma; so könnet ihr nicht in das Reich Gottes kommen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und Kay und Gerda schauten einander in die Augen und verstanden auf einmal das alte Lied&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich liebe die Rosen in all’ ihrer Pracht&comma;<br&sol;>Doch mehr noch den Heiland&comma; der selig uns macht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da saßen die beiden&comma; Erwachsene und doch Kinder&comma; Kinder im Herzen&semi; und es war Sommer&comma; warmer&comma; erquickender Sommer&period; —<&sol;p>