Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Heidi kann brauchen, was es gelernt hat
(Johanna Spyri, 1881)

Wie es auf der Alp weitergeht

<p>Eben war die Sonne hinter den Felsen heraufgestiegen und warf nun ihre goldenen Strahlen über die Hütte und über das Tal hinab&period; Der Almöhi hatte&comma; wie er jeden Morgen tat&comma; still und andächtig zugeschaut&comma; wie ringsum auf den Höhen und im Tal die leichten Nebel sich lichteten und das Land aus dem Dämmerschatten herausschaute und zum neuen Tage erwachte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Heller und heller wurden oben die lichten Morgenwolken&comma; bis jetzt die Sonne völlig heraustrat und Fels und Wald und Hügel mit goldenem Lichte übergoß&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt trat der Öhi in seine Hütte zurück und ging leise die kleine Leiter hinauf&period; Klara hatte eben die Augen aufgeschlagen und schaute in der höchsten Verwunderung auf die hellen Sonnenstrahlen&comma; die durch das runde Loch hereindrangen und auf ihrem Bette tanzten und blitzten&period; Sie wußte gar nicht&comma; was sie sah und wo sie war&period; Doch jetzt erblickte sie das schlafende Heidi an ihrer Seite&comma; und nun ertönte auch die freundliche Stimme des Großvaters&colon; »Gut geschlafen&quest; Nicht müde&quest;« Klara versicherte&comma; sie sei nicht müde&comma; und&comma; einmal eingeschlafen&comma; sei sie auch die ganze Nacht nicht mehr erwacht&period; Das gefiel dem Großvater&comma; und nun fing er gleich an und besorgte die Klara so gut und so verständnisvoll&comma; als wäre es geradezu sein Beruf&comma; kranke Kinder zu besorgen und es ihnen bequem zu machen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Heidi hatte seine Augen jetzt auch aufgemacht und sah auf einmal mit Erstaunen&comma; wie der Großvater die schon fertig gerüstete Klara auf den Arm nahm und forttrug&period; Da mußte es doch dabeisein&period; Blitzschnell ging seine Ausrüstung vor sich&period; Dann ging's die Leiter hinunter&comma; und nun war auch das Heidi aus der Tür und stand draußen&comma; mit großer Verwunderung betrachtend&comma; was der Großvater jetzt wieder ausführte&period; Er hatte am Abend vorher&comma; als die Kinder schon oben auf ihrem Lager angekommen waren&comma; überlegt&comma; wo der breite Rollstuhl unter Dach gebracht werden könnte&period; Die Tür der Hütte war ja viel zu schmal&comma; hier konnte er nie eingefahren werden&period; Da war ihm ein Gedanke gekommen&period; Er machte hinten am Schopf zwei große Laden los&comma; so daß da eine breite Öffnung entstand&period; Der Stuhl wurde hineingestoßen und die hohen Bretter wieder an ihre Stelle gebracht&comma; wenn auch nicht festgemacht&period; Das Heidi kam eben an&comma; nachdem der Großvater Klara drinnen in ihren Stuhl gesetzt&comma; dann die Bretter weggenommen hatte und nun mit ihr aus dem Schopf in den Morgensonnenschein herausgefahren kam&period; Mitten auf dem Platze ließ er den Stuhl stehen und ging dem Geißenstall zu&period; Das Heidi sprang an Klaras Seite&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der frische Morgenwind wehte um die Gesichter der Kinder&comma; und ein würziger Tannenduft kam mit jedem neuen Windeswehen herüber und durchströmte die sonnige Morgenluft&period; Klara zog tiefe Züge ein und lehnte sich in ihren Stuhl zurück&comma; in einem Gefühl des Wohlseins&comma; wie sie es nie empfunden hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Noch nie in ihrem Leben hatte sie ja auch frische Morgenluft draußen in der freien Natur eingeatmet&comma; und nun wehte die reine Alpenluft um sie so kühl und erfrischend&comma; daß jeder Atemzug ein Genuß war&period; Dazu der helle&comma; süße Sonnenschein&comma; der gar nicht heiß war hier oben und so lieblich warm auf ihren Händen lag und an dem trockenen Grasboden zu ihren Füßen&period; Daß es so auf der Alp sein könnte&comma; das hatte sich Klara gar nicht vorstellen können&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»O Heidi&comma; wenn ich nur immer&comma; immer hier oben bei dir bleiben könnte&excl;« sagte sie jetzt&comma; sich ganz wohlig hin und her wendend in ihrem Stuhl&comma; um so recht von allen Seiten Luft und Sonne einzutrinken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Jetzt siehst du&comma; daß es so ist&comma; wie ich dir gesagt habe«&comma; entgegnete das Heidi erfreut&comma; »daß es am schönsten auf der ganzen Welt beim Großvater auf der Alm ist&period;« Eben trat dieser aus dem Stalle heraus zu den Kindern heran&period; Er brachte zwei Schüsselchen voll schäumender&comma; schneeweißer Milch und reichte eins der Klara&comma; das andere dem Heidi&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Das wird dem Töchterchen wohltun«&comma; sagte er&comma; Klara zunickend&period; »Sie ist vom Schwänli&comma; die gibt Kraft&period; Zum Wohlsein&excl; Nur zu&excl;« Klara hatte noch nie Milch von einer Geiß getrunken&comma; sie hatte erst zur Sicherheit ein wenig daran riechen müssen&period; Als sie nun aber sah&comma; mit welcher Begier das Heidi seine Milch heruntertrank&comma; ohne ein einziges Mal abzusetzen - so erstaunlich gut schmeckte sie ihm -&comma; da setzte Klara auch an und trank und trank&comma; und wahrhaftig&comma; sie war so süß und kräftig&comma; als wäre Zucker und Zimmet darin&comma; und Klara trank zu&comma; bis nichts mehr im Schüsselchen war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Morgen nehmen wir zwei«&comma; sagte der Großvater&comma; der mit Befriedigung zugesehen hatte&comma; wie Klara Heidis Beispiel gefolgt war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt erschien der Peter mit seiner Schar&comma; und während das Heidi durch die allseitigen Morgenbegrüßungen gleich mitten in die Herde hineingedrängt wurde&comma; nahm der Öhi den Peter ein wenig auf die Seite&comma; damit dieser verstehen könne&comma; was er ihm zu sagen hatte&comma; denn die Geißen meckerten immer&comma; eine stärker als die andere&comma; vor lauter Freude und Freundschaftsbezeugungen&comma; sobald sie das Heidi in ihrer Mitte hatten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Jetzt hör zu und paß auf«&comma; sagte der Öhi&period; »Von heut an lässest du dem Schwänli seinen Willen&period; Es hat die Fühlung&comma; wo die kräftigsten Kräutlein sind&semi; also wenn es hinauf will&comma; so gehst du nach&comma; den anderen tut's ja auch gut&comma; und wenn es höher will&comma; als du sonst mit ihnen gehst&comma; so gehst du wieder und hältst es nicht zurück&comma; hörst du&excl; Wenn du auch ein wenig klettern mußt&comma; schad't nichts&comma; du gehst&comma; wo es will&comma; denn in dieser Sache ist es vernünftiger als du&comma; und es muß nur noch vom Besten bekommen&comma; daß es eine Prachtmilch gibt&period; Warum guckst du dort hinüber&comma; wie wenn du einen verschlucken wolltest&quest; Es wird dir niemand im Wege sein&period; So&comma; jetzt vorwärts&comma; und denk daran&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Der Peter war gewohnt&comma; dem Öhi aufs Wort zu folgen&period; Er trat gleich seinen Marsch an&semi; man konnte aber sehen&comma; daß er noch etwas im Hinterhalt hatte&comma; denn er drehte immer den Kopf um und rollte mit den Augen&period; Die Geißen folgten und drängten das Heidi noch eine Strecke mit vorwärts&period; Das war dem Peter eben recht&period; »Du mußt mit«&comma; rief er jetzt drohend in den Geißenrudel hinein&comma; »du mußt mit&comma; wenn man dem Schwänli nachmuß&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Nein&comma; ich kann nicht«&comma; rief das Heidi zurück&comma; »und ich kann jetzt lange&comma; lange nicht mitkommen&comma; solange die Klara bei mir ist&period; Aber einmal kommen wir dann miteinander hinauf&comma; der Großvater hat es uns versprochen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Unter diesen Worten hatte das Heidi sich aus den Geißen herausgewunden und sprang nun zu Klara zurück&period; Jetzt machte der Peter mit beiden Fäusten eine so drohende Gebärde gegen den Rollstuhl hinunter&comma; daß die Geißen auf die Seite sprangen&period; Er sprang aber auf der Stelle nach und ohne Aufenthalt eine ganze Strecke weit hinauf&comma; bis er außer Sicht war&comma; denn er dachte&comma; der Öhi könnte ihn etwa gesehen haben&comma; und er wollte lieber nicht wissen&comma; was für einen Eindruck das Fausten dem Öhi gemacht habe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Klara und Heidi hatten für heute so viel im Sinn&comma; daß sie gar nicht wußten&comma; wo anfangen&period; Das Heidi schlug vor&comma; zuerst den Brief an die Großmama zu schreiben&comma; den hatten sie ja bestimmt versprochen&comma; und so für jeden Tag einen neuen&period; Die Großmama war doch ihrer Sache nicht so ganz sicher&comma; wie es in die Länge da droben der Klara behagen und auch&comma; wie es mit ihrer Gesundheit gehen würde&comma; und so hatte sie den Kindern das Versprechen abgenommen&comma; ihr jeden Tag einen Brief zu schreiben und alles zu erzählen&comma; was sie erlebten&period; So konnte die Großmama auch sogleich wissen&comma; wenn sie oben nötig werden sollte&comma; und bis dahin ruhig unten bleiben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Müssen wir in die Hütte hinein zum Schreiben&quest;« fragte Klara&comma; die wohl dafür war&comma; der Großmama Bericht zu geben&semi; aber da draußen war es ihr so wohl&comma; daß sie gar nicht weg mochte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber das Heidi wußte sich einzurichten&period; Augenblicklich rannte es in die Hütte hinein und kam mit seinen sämtlichen Schulsachen und dem niedrigen Dreibeinstühlchen beladen wieder zurück&period; Nun legte es sein Lesebuch und Schreibheft der Klara auf den Schoß&comma; daß sie darauf schreiben konnte&comma; und es selbst setzte sich an die Bank hin auf sein Stühlchen&comma; und nun begannen sie beide der Großmama zu erzählen&period; Aber nach jedem Satze&comma; den Klara geschrieben hatte&comma; legte sie ihren Bleistift wieder hin und schaute um sich&period; Es war gar zu schön&period; Der Wind war nicht mehr so kühl&semi; nur lieblich fächelnd wehte er um ihr Gesicht&comma; und drüben in den Tannen flüsterte er leise&period; In der klaren Luft tanzten und summten die kleinen&comma; fröhlichen Mücken&comma; und weit umher lag eine große Stille auf dem ganzen sonnigen Gefilde&period; Groß und still schauten die hohen Felsenberge herüber&comma; und das ganze weite Tal hinab lag alles wie im stillen Frieden&period; Nur dann und wann schallte das frohe Jauchzen eines Hirtenbuben durch die Luft&comma; und leise gab das Echo die Töne in den Felsen wieder&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Morgen war dahin&comma; die Kinder wußten nicht&comma; wie&comma; und schon kam der Großvater mit der dampfenden Schüssel daher&comma; denn er sagte&comma; mit dem Töchterchen bleibe man nun draußen&comma; solang ein Lichtstrahl am Himmel sei&period; So wurde das Mittagsmahl wie gestern vor der Hütte aufgestellt und mit Vergnügen eingenommen&period; Dann rollte das Heidi den Stuhl samt der Klara unter die Tannen hinüber&comma; denn die Kinder hatten ausgemacht&comma; den Nachmittag wollten sie dort in dem schönen Schatten sitzen und einander alles erzählen&comma; was sich zugetragen&comma; seit das Heidi Frankfurt verlassen hatte&period; Wenn auch da alles im gewohnten Geleise weitergegangen war&comma; so hatte Klara doch allerlei Besonderes zu berichten von den Menschen&comma; die im Hause Sesemann lebten und die dem Heidi ja so gut bekannt waren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So saßen die Kinder nebeneinander unter den alten Tannen&comma; und je eifriger sie im Erzählen wurden&comma; desto lauter pfiffen die Vögel oben in den Zweigen&comma; denn das Geplauder da unten freute sie&comma; und sie wollten auch mithalten&period; So flog die Zeit dahin&comma; und unversehens war es Abend geworden&comma; und schon kam das Geißenheer heruntergestürmt&comma; der Anführer hintendrein mit Stirnrunzeln und grimmiger Miene&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Gute Nacht&comma; Peter&excl;« rief ihm das Heidi zu&comma; als es sah&comma; daß er nicht im Sinne hatte stillzustehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Gute Nacht&comma; Peter&excl;« rief auch Klara freundlich hinüber&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er gab keinen Gruß zurück und jagte schnaubend die Geißen weiter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als Klara jetzt sah&comma; wie der Großvater das saubere Schwänli zum Melken nach dem Stalle führte&comma; da ergriff sie auf einmal ein solches Verlangen nach der gewürzigen Milch&comma; daß sie es fast nicht erwarten konnte&comma; bis der Großvater damit kommen würde&period; Sie mußte selbst erstaunen darüber&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Das ist aber einmal kurios&comma; Heidi«&comma; sagte sie&period; »Solange ich weiß&comma; habe ich nur gegessen&comma; weil ich mußte&comma; und alles&comma; was ich bekam&comma; schmeckte nach Fischtran&comma; und tausendmal habe ich gedacht&colon; Wenn man nur nie essen müßte&excl; Und jetzt kann ich es fast nicht erwarten&comma; bis der Großvater kommt mit der Milch&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Ja&comma; ich weiß schon&comma; was das ist«&comma; entgegnete das Heidi ganz verständnisvoll&comma; denn es gedachte der Tage in Frankfurt&comma; da ihm alles im Halse steckenblieb und nicht hinunter wollte&period; Klara aber begriff die Sache doch nicht&period; Sie hatte aber&comma; solange sie lebte&comma; noch nie einen Tag lang in der freien Luft gesessen wie heute&comma; und nun gar in dieser hohen&comma; belebenden Bergluft&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als der Großvater mit seinen Schüsselchen herankam&comma; erfaßte Klara schnell dankend das ihrige&comma; und in durstigen Zügen trank sie hintereinander und war diesmal noch vor dem Heidi zu Ende&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Darf ich noch ein wenig haben&quest;« fragte sie&comma; dem Großvater das&nbsp&semi;Schüsselchen hinhaltend&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er nickte wohlgefällig&comma; nahm auch Heidis Gefäß wieder in Empfang und ging zur Hütte zurück&period; Als er wiederkam&comma; brachte er auf jedem Schüsselchen einen hohen Deckel mit&comma; der war aber von anderem Stoff&comma; als die Deckel gewöhnlich sind&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Großvater hatte am Nachmittag einen Gang nach dem grünen Maiensäß hinüber gemacht&comma; zu der Sennhütte&comma; wo die süße&comma; hellgelbe Butter gemacht wird&period; Von dort hatte er einen schönen runden Ballen mitgebracht&period; Jetzt hatte er zwei feste Schnitten Brot genommen und die süße Butter schön dick daraufgestrichen&period; Diese sollten nun die Kinder zu ihrem Nachtessen haben&period; Gleich bissen auch alle beide so tief in die appetitlichen Schnitten hinein&comma; daß der Großvater stehenblieb und zuschaute&comma; wie das weitergehen würde&comma; denn das gefiel ihm&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als Klara nachher auf ihrem Lager wieder nach den schimmernden Sternen schauen wollte&comma; ging es ihr wie dem Heidi an ihrer Seite&colon; Die Augen fielen ihr auf der Stelle zu&comma; und es kam ein so fester&comma; gesunder Schlaf über sie&comma; wie sie ihn niemals gekannt hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In dieser erfreulichen Weise verging auch der folgende Tag und dann noch einer&comma; und dann folgte eine große Überraschung für die Kinder&period; Es kamen zwei kräftige Träger den Berg heraufgestiegen&semi; jeder trug auf seinem Reff ein hohes Bett&comma; fertig aufgerüstet in der Bettschaft&comma; beide ganz gleich bedeckt mit einer weißen Decke&comma; sauber und nagelneu&period; Auch hatten die Männer einen Brief von der Großmama abzugeben&period; Da stand darin&comma; daß diese Betten für Klara und Heidi seien&comma; daß das Heu- und Deckenlager nun aufgehoben werden solle und daß von nun an das Heidi immer in einem richtigen Bette schlafen müsse&comma; denn im Winter solle das eine der beiden ins Dörfli heruntergeschafft werden&comma; das andere aber oben bleiben&comma; damit Klara es immer vorfinde&comma; wenn sie wiederkomme&period; Dann lobte die Großmama die Kinder um ihrer langen Briefe willen und ermunterte sie&comma; täglich so fortzufahren&comma; damit sie immer alles mitleben könne&comma; als ob sie bei ihnen wäre&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Großvater war hineingegangen&comma; hatte den Inhalt von Heidis Lager auf den großen Heuhaufen geworfen und die Decken weggelegt&period; Nun kam er wieder&comma; um mit Hilfe der Männer die beiden Betten dort hinauf zu transportieren&period; Dann rückte er sie hart aneinander&comma; damit von beiden Kopfkissen aus die Aussicht durch das Loch dieselbe bliebe&comma; denn er kannte die Freude der Kinder an dem Morgen- und Abendschein&comma; der da hereinglänzte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unterdessen saß die Großmama unten im Bade Ragaz und war hocherfreut über die vortrefflichen Nachrichten&comma; die täglich von der Alp zu ihr heruntergelangten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Entzücken über ihr neues Leben steigerte sich bei Klara noch von Tag zu Tag&comma; und sie wußte nicht genug zu sagen von der Güte und sorglichen Pflege des Großvaters und wie lustig und kurzweilig das Heidi sei&comma; noch viel mehr als in Frankfurt&comma; und wie sie jeden Morgen beim Erwachen immer zuerst denke&colon; O gottlob&semi; ich bin noch auf der Alp&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Über diese ausnehmend erfreulichen Berichte war die Großmama jeden Tag aufs neue froh&period; Sie fand auch&comma; da alles so stand&comma; so könne sie ihren Besuch auf der Alp gar wohl noch ein wenig verschieben&comma; was ihr nicht unlieb war&comma; denn der Ritt den steilen Berg hinauf und wieder herunter war ihr doch etwas beschwerlich vorgekommen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Großvater mußte eine ganz besondere Teilnahme für seinen Pflegling gefaßt haben&comma; denn es verging kein Tag&comma; an welchem er nicht irgend etwas Neues zu seiner Kräftigung ausdachte&period; Er machte jetzt jeden Nachmittag weitere Gänge in die Felsen hinauf&comma; immer höher&comma; und jedesmal brachte er ein Bündelchen mit zurück&comma; das duftete schon von weitem durch die Luft wie gewürzige Nelken und Thymian&comma; und kehrten die Geißen am Abend heim&comma; so fingen sie alle zu meckern und zu springen an und wollten alle miteinander in den Stall eindringen&comma; wo das Bündelchen lag&comma; denn sie kannten den Geruch&period; Aber der Öhi hatte die Tür gut zugemacht&comma; denn er kletterte den seltenen Kräuterchen nicht nach&comma; hoch an die Felsen hinauf&comma; damit die Geißenschar ohne Mühe zu einer guten Mahlzeit komme&period; Die Kräutlein waren alle für das Schwänli bestimmt&comma; damit es immer noch kräftigere Milch hergebe&period; Man konnte auch gut sehen&comma; wie die außerordentliche Pflege bei ihm anschlug&comma; denn es warf den Kopf immer lebendiger in die Höhe und machte ganz feurige Augen dazu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So war nun schon die dritte Woche gekommen&comma; seit Klara auf der Alp war&period; Seit einigen Tagen hatte der Großvater des Morgens&comma; wenn er sie heruntertrug&comma; um sie in ihren Stuhl zu setzen&comma; jedesmal gesagt&colon; »Will das Töchterchen nicht einmal probieren&comma; ein wenig auf dem Boden zu stehen&quest;« Klara hatte dann wohl versucht&comma; ihm den Gefallen zu tun&comma; aber sie hatte immer gleich gesagt&colon; »Oh&comma; 's tut zu weh&excl;« und hatte sich an ihn festgeklammert&semi; er ließ sie aber jeden Tag ein wenig länger probieren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ein so schöner Sommer war seit Jahren nicht auf der Alp gewesen&period; Jeden Tag zog die strahlende Sonne durch den wolkenlosen Himmel hin&comma; und alle kleinen Blumen machten ihre Kelche weit auf und glühten und dufteten zu ihr empor&comma; und am Abend warf sie ihr Purpur- und Rosenlicht auf die Felsenhörner und das Schneefeld hinüber und tauchte dann in ein golden flammendes Meer hinab&period; Davon erzählte das Heidi seiner Freundin Klara immer wieder&comma; denn nur oben auf der Weide konnte man das alles so recht sehen&comma; und von der Stelle oben am Abhange erzählte es mit besonderem Feuer&comma; wie dort jetzt die großen Scharen der glitzernden&comma; goldenen Weideröschen stehen und Blauglöckchen so viele&comma; daß man meine&comma; dort sei das Gras blau geworden&comma; und daneben ganze Büsche von den braunen Kolbenblümchen&comma; die so schön riechen&comma; daß man nur auf den Boden sitzen müsse zu ihnen und gar nicht mehr fort wolle&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eben jetzt&comma; unter den Tannen sitzend&comma; hatte das Heidi aufs neue von den Blumen dort oben und der Abendsonne und den leuchtenden Felsen erzählt&comma; und dabei war ein solches Verlangen in ihm aufgestiegen&comma; wieder einmal dorthin zu kommen&comma; daß es mit einemmal aufsprang und davonrannte&comma; dem Großvater zu&comma; der im Schopf auf seinem Schnitzstuhl saß&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»O Großvater«&comma; rief es schon von weitem hinüber&comma; »kommst du morgen mit uns auf die Weide&quest; Oh&comma; jetzt ist es so schön dort oben&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Es bleibt dabei«&comma; sagte der Großvater zustimmend&comma; »aber dann muß mir das Töchterchen auch einen Gefallen tun&colon; Es muß mir heut abend das Stehen noch einmal recht probieren&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Frohlockend kam das Heidi mit seiner Nachricht zu Klara zurück&comma; und diese versprach gleich&comma; sovielmal versuchen zu wollen&comma; auf ihren Füßen zu stehen&comma; als der Großvater nur wolle&comma; denn sie freute sich ganz ungeheuer&comma; diese Reise nach der schönen Geißenweide hinauf zu machen&period; Das Heidi war so voller Jubel&comma; daß es gleich dem Peter entgegenrief&comma; sobald es ihn am Abend beim Herunterkommen erblickte&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>»Peter&excl; Peter&excl; Morgen kommen wir auch mit und bleiben den ganzen Tag dort oben&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Als Antwort brummte der Peter wie ein gereizter Bär und schlug mit Wut nach dem unschuldigen Distelfink&comma; der neben ihm trabte&period; Aber der flinke Distelfink hatte die Bewegung zur rechten Zeit wahrgenommen&period; Er machte einen hohen Satz über das Schneehöppli weg&comma; und der Hieb sauste in die Luft hinaus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Klara und Heidi bestiegen heute voll herrlicher Erwartungen ihre zwei schönen Betten&comma; und so erfüllt waren sie von ihren Plänen für morgen&comma; daß sie beschlossen&comma; die ganze Nacht wach zu bleiben und immerfort davon zu sprechen&comma; bis sie wieder aufstehen durften&period; Kaum lagen sie aber auf ihren guten Kissen&comma; so hörten die Gespräche plötzlich auf&comma; und Klara sah im Traume ein großes&comma; großes Feld vor sich&comma; das war ganz himmelblau anzusehen&comma; so dicht besät war es von lauter Glockenblumen&semi; und das Heidi hörte den Raubvogel oben in den Höhen&comma; wie er herunterschrie&colon; »Kommt&excl; Kommt&excl; Kommt&excl;«<&sol;p>

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