Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Wie Wiselis Weg gefunden wird
(Johanna Spyri)

Wie es dem Kranken und jemand anderem besserging

<p>Seit dem Tag&comma; da der Oberst den Andres besucht hatte&comma; blieb seine Frau auch nicht mehr draußen in der Stube&comma; wenn sie kam&comma; um nach dem Kranken zu sehen&period; Täglich ging sie nun zu ihm hinein&comma; setzte sich eine Weile an sein Bett zu einer gemütlichen kleinen Unterhaltung und freute sich jedesmal über die Fortschritte der Genesung&period; Zweimal schon waren auch Otto und Miezchen dagewesen und hatten ihrem Freund Stärkungen mitgebracht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Andres sagte ganz gerührt zu der Trine&comma; wenn selbst ein König krank wäre&comma; man könnte ihm nicht mehr Teilnahme zeigen&period; Der Doktor war sehr zufrieden mit Andres&comma; und als er einmal beim Herauskommen auf den eintretenden Oberst traf&comma; sagte er zu ihm&colon; "Es geht Andres schon viel besser&period; Deine Frau kann nun ihre Trine wieder heimnehmen&comma; die hat gute Dienste geleistet&period; Nur sollte ab und zu jemand kommen&period; Der arme&comma; verlassene Kerl muß doch essen und hat keine Frau und kein Kind&period; Vielleicht weiß deine Frau Rat&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Der Oberst richtete den Auftrag aus&comma; und am folgenden Morgen sagte seine Frau&comma; als sie den Andres besuchte&colon; "Jetzt muß ich etwas mit Ihnen besprechen&comma; Andres&period; Ist es Ihnen recht&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Gewiß&comma; gewiß&comma; mehr als recht"&comma; erwiderte er und stützte seinen&nbsp&semi;Kopf auf den Ellbogen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich will nun die Trine wieder heimkommen lassen&comma; weil es Ihnen schon so gut geht"&comma; fing sie an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ach&comma; Frau Oberst&comma; glauben Sie mir"&comma; fiel der Andres ein&comma; "ich wollte sie jeden Tag heimschicken&period; Ich weiß ja&comma; daß sie Ihnen fehlt&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich hätte sie nicht hereingelassen&comma; wenn sie Ihnen gefolgt hätte"&comma; fuhr die Frau Oberst fort&period; "Aber jetzt ist es anders&comma; da der Doktor sie entläßt&period; Er sagte aber&comma; was ich auch längst dachte&period; Jemand sollte noch für ein paar Wochen Ihr Essen kochen oder es bei mir holen und allerlei kleine Hilfsleistungen ausführen&period; Ich habe nun gedacht&comma; Andres&comma; Sie könnten für diese Zeit das Wiseli aufnehmen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Kaum hatte der Andres den Namen aussprechen gehört&comma; als er von seinem Ellbogen auf und in die Höhe schoß&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; nein&comma; Frau Oberst&comma; nein&comma; sicher nicht"&comma; rief er und wurde ganz rot vor Anstrengung&period; "So etwas können Sie nicht denken&period; Ich sollte hier drinnen im Bett liegen&comma; und draußen in der Küche sollte das schwache Kind für mich arbeiten&excl; Ach&comma; um Himmels willen&comma; wie dürfte ich noch an seine Mutter unter der Erde denken&comma; wie würde sie mich ansehen&comma; wenn sie so etwas wüßte&excl; Nein&comma; nein&comma; Frau Oberst&comma; meiner Lebtag nicht&comma; lieber nicht essen&comma; lieber nicht mehr aufkommen—als so etwas&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Die Oberstin hatte ihn ganz ruhig zu Ende reden lassen&period; Jetzt&comma; als er sich auf sein Kissen zurücklegte&comma; sagte sie besänftigend&colon; "Es ist nicht so schlimm&comma; was ich ausgedacht habe&comma; Andres&period; Überlegen Sie doch einmal&period; Sie wissen ja&comma; wo das Wiseli versorgt ist&period; Meinen Sie&comma; es habe dort nichts zu tun oder nur besonders leichte Arbeit&quest; Recht tüchtig muß es heran und bekommt so wenig freundliche Worte dazu&period; Würden Sie ihm etwa auch keine geben&quest; Wissen Sie&comma; was Wiselis Mutter tun würde&comma; wenn sie jetzt neben uns stände&quest; Mit Tränen würde sie Ihnen danken&comma; wenn Sie das Kind jetzt in Ihr Haus nehmen würden&comma; wo es gute Tage hätte&period; Das weiß ich&comma; und Sie sollten sehen&comma; wie gern es Ihnen helfen würde&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt mußte dem Andres auf einmal alles anders vorkommen&period; Er wischte sich die Augen&comma; dann sagte er&colon; "Ach&comma; ach&excl; Wie könnte ich aber zu dem Kind kommen&quest; Sie geben es gewiß nicht weg&comma; und dann müßte man ja doch auch wissen&comma; ob es wollte&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Es ist jetzt schon gut&comma; kümmern Sie sich nicht weiter darum&comma;&nbsp&semi;Andres"&comma; sagte die Frau Oberst fröhlich und stand von ihrem Sessel&nbsp&semi;auf&period; "Ich will nun selbst sehen&comma; wie's geht&comma; denn mir liegt die&nbsp&semi;Sache nach allen Seiten hin am Herzen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Damit nahm sie Abschied von Andres&period; Als sie aber schon unter der&nbsp&semi;Tür war&comma; rief er ihr ängstlich nach&colon; "Aber nur&comma; wenn es will&comma; das&nbsp&semi;Wiseli&comma; nur&comma; wenn es will—bitte&comma; Frau Oberst&excl;"<&sol;p>&NewLine;<p>Sie versprach noch einmal&comma; das Kind sollte nur freiwillig zu ihm kommen oder dann gar nicht&comma; und verließ das Haus&period; Sie ging aber nicht den Berg hinauf&comma; sondern hinunter zum Buchenrain&comma; denn sie wollte gleich versuchen&comma; das Wiseli dahin zu bringen&comma; wo sie es so gern haben wollte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am Buchenrain angekommen&comma; traf die Frau Oberst gerade mit dem Patenonkel zusammen&comma; als er ins Haus gehen wollte&period; Er begrüßte sie&comma; ein wenig erstaunt über den Besuch&comma; und sie teilte ihm gleich beim Eintreten in die Stube mit&comma; warum sie gekommen sei und wie sehr sie hoffe&comma; keinen abschlägigen Bescheid zu bekommen&period; Denn es liege ihr viel daran&comma; daß das Wiseli die Pflege zu Ende führen könne&period; Da die Tante in der Küche die Unterhaltung hörte&comma; kam sie auch herein und war noch erstaunter als ihr Mann&comma; den Besuch vorzufinden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er erklärte ihr&comma; warum die Frau Oberst gekommen sei&comma; und sie meinte gleich&comma; das sei schon nichts&comma; von dem Kind werde niemand eine besondere Hilfe erwarten&period; Da sagte aber der Mann&comma; was recht sei&comma; müsse man gelten lassen&period; Das Wiseli könne helfen&comma; wo es sei&comma; es sei sehr tüchtig&period; Er würde das Kind nicht einmal gern weggehen lassen&comma; es sei folgsam und gelehrig&period; So für vierzehn Tage wollte er nichts dagegen haben&comma; daß es den Andres ein wenig verpflege&period; Bis dahin werde er wohl wieder auf sein&comma; daß es heim könne&period; Denn länger könnte es dann nicht fort sein&comma; dann komme schon so allerhand Arbeit&comma; denn da müsse man sich schon auf den Frühling vorbereiten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; ja"&comma; fügte die Frau hinzu&comma; "ich habe nicht vor&comma; immer wieder von vorn mit ihm anzufangen&period; Jetzt habe ich ihm alles mit Mühe gezeigt&comma; das kann es nun anwenden&period; Der Andres soll nur selber ein Kind anlernen&comma; wenn er eins braucht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; wegen vierzehn Tagen"&comma; sagte der Mann beschwichtigend&comma; "da wollen wir auch nichts sagen&period; Man muß einander schon einen Gefallen tun&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich danke Ihnen"&comma; sagte nun die Frau Oberst und stand auf&period; "Der&nbsp&semi;Andres wird Ihnen gewiß auch recht dankbar sein&period; Kann ich das&nbsp&semi;Wiseli gleich mit mir nehmen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Die Tante meinte&comma; es werde nicht so stark pressieren&period; Aber der Mann fand es am besten so&period; Je schneller Wiseli gehe&comma; desto früher sei es wieder da&comma; meinte er&period; Denn er bestand auf den vierzehn Tagen&period; Wiseli wurde herbeigerufen&comma; und der Onkel sagte ihm&comma; es solle schnell sein Bündelchen Kleider zusammenpacken&comma; weiter nichts&period; Wiseli gehorchte&period; Fragen durfte es nicht&comma; warum&period; Seit es sein Bündelchen in das Haus gebracht hatte&comma; war gerade ein Jahr vergangen&period; Es war nichts Neues hinzugekommen als sein schwarzes Röcklein&comma; das hatte es an&period; Es war aber nun abgetragen und hing wie ein Fetzchen an dem Kind herab&period; Und Wiseli schaute ein wenig scheu die Frau Oberst an&comma; als es nun mit seinem leichten Bündelchen dastand&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie verstand den schüchternen Blick und sagte&colon; "Komm nur&comma; Wiseli&comma; wir gehen nicht weit&comma; es geht schon so&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Dann nahm sie schnell Abschied von den Leuten&comma; und als Wiseli dem Onkel die Hand gab&comma; sagte er&colon; "Du kommst bald wieder heim&comma; du brauchst dich nicht groß zu verabschieden&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Schweigend und sehr verwundert ging das Wiseli hinter der Frau Oberst her&comma; die rasch über den beschneiten Feldweg schritt&comma; so als befürchtete sie&comma; man könnte sie samt dem Wiseli wieder zurückholen&period; Als aber der Buchenrain nicht mehr zu sehen war&comma; drehte sie sich um und bleib stehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Wiseli"&comma; sagte sie freundlich&comma; "kennst du den Schreiner Andres&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&comma; freilich"&comma; antwortete Wiseli&comma; und seine Augen leuchteten auf&comma; als es den Namen hörte&period; Die Frau Oberst war erstaunt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Er ist krank"&comma; fuhr sie fort&period; "Willst du ihn ein wenig verpflegen und etwa vierzehn Tage bei ihm bleiben&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>Mehr als Wiselis schnelle und kurze Antwort&colon; "Ja&comma; gern&excl;" sagte der Frau Oberst sein Gesicht&period; Das wurde ganz von Freudenröte übergossen&period; Die Frau Oberst sah das gern&period; Doch mußte sie sich wundern&comma; daß Wiseli eine so besondere Freude zeigte&period; Denn sie wußte nichts von seinem Erlebnis mit dem Andres&comma; aber das Wiseli hatte es nie vergessen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie gingen nun wieder weiter&period; Aber nach einer Weile fügte die Frau&nbsp&semi;Oberst noch hinzu&colon; "Du mußt es dann dem Schreiner Andres sagen&comma; daß&nbsp&semi;du so gern zu ihm gekommen bist&comma; Wiseli&period; Er glaubt es sonst nicht&period;&nbsp&semi;Vergiß es nicht&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; nein"&comma; versicherte das Kind&comma; "ich denke schon daran&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Nun waren sie bei dem Haus angekommen&period; Hier hielt es die Frau Oberst für richtig&comma; das Wiseli seinen Weg allein machen zu lassen&period; Denn nach allem&comma; was sie bemerkt hatte&comma; mußte es ihm nicht schwer werden&comma; ihn zu finden&period; Sie verabschiedete das Kind an der Ecke und sagte ihm&comma; am Morgen werde sie wieder herunterkommen und sehen&comma; wie es ihm in dem neuen Haushalt gehe&period; Und wenn der Schreiner Andres etwas brauche&comma; das nicht da sei&comma; so solle es zu ihr kommen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wiseli ging nun zuversichtlich durch das Gärtchen und machte die Haustür auf&period; Es wußte&comma; daß der Andres drinnen in der Kammer hinter der Stube liege&period; So trat es leise in die Stube ein&period; Darin war niemand&comma; aber es war schön aufgeräumt&comma; noch von der alten Trine her&period; Wiseli schaute alles gut an&comma; wie es sein müsse&period;<&sol;p>&NewLine;<p>An der Wand hinten in der Stube stand ein Bett&period; Der Vorhang davor war fast zugezogen&comma; aber Wiseli konnte doch sehen&comma; wie schön und sauber es aussah&comma; und es fragte sich&comma; wer da schlafe&period; Jetzt klopfte es leise an die Kammertür&comma; und auf den Ruf des Andres trat es ein und blieb ein wenig scheu an der Tür stehen&period; Andres richtete sich auf in seinem Bett&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ach&comma; ach"&comma; sagte er&comma; halb erfreut und halb erschrocken&comma; "bist du es&comma; Wiseli&quest; Komm&comma; gib mir die Hand&period;" Wiseli gehorchte&period; "Bist du auch nicht ungern zu mir gekommen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; nein"&comma; antwortete Wiseli&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber der Schreiner Andres war noch nicht beruhigt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich meine nur&comma; Wiseli"&comma; fuhr er wieder fort&comma; "du wärst vielleicht lieber nicht gekommen&period; Aber die Frau Oberst ist so gut&comma; und du hast ihr vielleicht einen Gefallen tun wollen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; nein"&comma; versicherte Wiseli noch einmal&comma; "sie hat gar nicht gesagt&comma; daß es ihr ein Gefallen sei&period; Sie hat mich gefragt&comma; ob ich gehen wolle&comma; und ich wäre auf der ganzen Welt nirgends so gern hingegangen wie zu Ihnen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Diese Worte mußten den Andres ganz beruhigt haben&period; Er fragte nichts mehr&comma; er legte seinen Kopf auf sein Kissen zurück und schaute stumm das Wiseli an&period; Dann mußte er sich auf einmal umdrehen und immer wieder über seine Augen wischen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Was muß ich jetzt tun&quest;" fragte Wiseli&comma; als er sich immer noch nicht umkehrte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jetzt wandte er sich zu dem Kind und sagte freundlich&colon; "Ich weiß es gewiß nicht&period; Wiseli&comma; tu du nur&comma; was du willst&comma; wenn du nur ein wenig bei mir bleiben willst&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Wiseli wußte gar nicht&comma; wie ihm geschah&period; Seit es die Stimme seiner Mutter zum letztenmal hörte&comma; hatte niemand mehr so zu ihm geredet&period; Es war gerade&comma; als spüre es die Liebe seiner Mutter wieder in Andres' Worten&period; Es mußte mit beiden Händen seine Hand nehmen&comma; so wie es oft die Hand der Mutter gefaßt hatte&period; Und so stand es eine Weile an dem Bett&comma; und es war so glücklich&comma; daß es gar nichts sagen konnte&period; Aber es dachte&colon; Jetzt weiß es die Mutter auch und ist froh&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerade so dachte der Andres&colon; "Jetzt weiß es die Mutter auch und ist froh&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Dann sagte das Wiseli&colon; "Jetzt muß ich Ihnen gewiß etwas kochen&comma; es ist schon über Mittag&period; Was muß ich kochen&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Koch du nur&comma; was du willst"&comma; sagte der Andres&period; Aber dem Wiseli war es darum zu tun&comma; es dem Kranken recht zu machen&period; Und es fragte so lange hin und her&comma; bis es gemerkt hatte&comma; was er essen müsse— eine gute Suppe und ein Stück von dem Fleisch&comma; das im Kasten war&period; Und dann bestand er darauf&comma; das Wiseli müsse noch einen Milchbrei für sich kochen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es wußte recht gut Bescheid in der Küche&comma; denn es hatte wirklich etwas gelernt bei der Tante&comma; wenn auch unter harten Worten&period; Das konnte es nun gut brauchen&period; So hatte es in kurzer Zeit alles bereit gemacht&comma; und der Kranke wünschte&comma; daß es ein Tischchen an sein Bett rücke und neben ihm sitze zum Essen&comma; damit er es auch sehen könne und wisse&comma; daß es noch da sei&period; Ein so vergnügtes Mittagsmahl hatte Wiseli lange nicht genossen&comma; und auch der Schreiner Andres nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als sie damit zu Ende waren&comma; stand das Kind auf&period; Aber Andres sah das nicht gern und sagte&colon; "Wohin willst du&comma; Wiseli&quest; Willst du nicht noch ein wenig dableiben&comma; oder wird es dir ein bißchen langweilig bei mir&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; gewiß nicht"&comma; versicherte Wiseli&period; "Aber nach dem Essen muß man immer abwaschen und alles wieder sauber auf das Gestell hinaufräumen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Ich weiß schon&comma; wie man's macht"&comma; gestand Andres&period; "Ich habe gedacht&comma; heute nur&comma; so zum erstenmal&comma; könntest du ja nur alles zusammenstellen und dann etwa morgen auf einmal aufwaschen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Wenn aber die Frau Oberst das sähe&comma; so müßte ich mich fast zu Tode schämen&period;" Und Wiseli machte ein ganz ernsthaftes Gesicht zu seiner Versicherung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>"Ja&period; Ja&comma; du hast recht"&comma; beschwichtigte Andres das Kind&period; "Mach nur alles&comma; wie du meinst&comma; und geradeso&comma; wie es dir recht ist&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Nun ging das Wiseli an seine Arbeit und putzte und räumte und ordnete&comma; daß alles glänzte in der Küche&period; Dann stand es einen Augenblick still&comma; schaute ringsum und sagte ganz befriedigt&colon; "So&comma; nun kann die Frau Oberst kommen&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Dann ging es wieder in die Stube hinein und warf einen fröhlichen Blick auf das schöne&comma; große Bett hinter dem Vorhang&comma; denn der Schreiner Andres hatte ihm gesagt&comma; da müsse es schlafen&period; Der kleine Kasten in der Ecke gehöre auch ihm&comma; da könne es seine Sachen hineinräumen&period; Es legte nun die Sachen aus seinem Bündelchen alle ordentlich hinein&comma; das war auch sehr bald getan&comma; denn es war wenig darin&period; Und nun ging es in die Kammer und setzte sich voller Freude wieder an das Bett des Kranken&comma; der schon lange nach der Tür geschaut hatte&comma; ob es noch nicht komme&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kaum war Wiseli wieder an dem Bett&comma; so fragte es&colon; "Haben Sie auch einen Strumpf&comma; an dem ich stricken kann&quest;"<&sol;p>&NewLine;<p>"Nein&comma; nein"&comma; antwortete Andres&comma; "du hast ja jetzt gearbeitet&comma; und wir wollen nun ein wenig vergnügt zusammen reden&comma; über allerlei&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Aber Wiseli war gut geschult worden—zuerst in unvergeßlicher Freundlichkeit von der Mutter und dann von der Tante mit Worten&comma; die auch nicht vergessen wurden&comma; vor lauter Furcht&comma; sie wieder zu hören&period; Es sagte ganz überzeugt&colon; "Ich darf nicht nur so dasitzen&comma; weil es doch nicht Sonntag ist&period; Aber ich kann reden und gleichzeitig an dem Strumpf stricken&period;"<&sol;p>&NewLine;<p>Das gefiel dem Andres nun auch wieder&comma; und er ermunterte das Wiseli von neuem&comma; nur immer zu tun&comma; was es meine&period; Und einen Strumpf könne es auch holen&comma; wenn es wolle&comma; er habe aber keinen&period; Nun holte Wiseli den seinigen und setzte sich damit wieder an das Bett hin&period; Und es hatte recht gehabt&comma; es konnte gut reden und stricken gleichzeitig&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Schreiner Andres hatte aber auch gleich ein Gespräch angefangen&comma; das dem Wiseli das allerwillkommenste war&period; Er hatte gleich von der Mutter zu reden begonnen&comma; und Wiseli hatte so gern geantwortet&comma; denn noch nie und mit keinem Menschen hatte es von seiner Mutter reden können&period; Und es dachte doch immer an sie und alles&comma; was es mit ihr erlebt hatte&period; Nun wollte der Schreiner Andres so gern von allem wissen&comma; immer noch mehr&comma; und das Wiseli erzählte fort und fort&comma; als könne es nicht mehr aufhören&period; Und der Andres hörte gespannt zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In dieser Weise verging nun dem Wiseli ein Tag nach dem anderen&period; Für jeden geringsten Dienst&comma; den es leistete&comma; dankte ihm der Andres&comma; als ob es ihm die größte Wohltat erwiesen hätte&period; Und was es nur tat&comma; gefiel dem guten Mann&comma; und er mußte es loben dafür&period; Er wurde in wenigen Tagen so frisch und munter bei der Pflege&comma; daß er aufstehen wollte&period; Der Doktor war ganz erstaunt&comma; wie gut es ihm ging und wie fröhlich der Schreiner Andres auf einmal aussah&period; Er saß nun den ganzen Tag am Fenster&comma; wo die Sonne hinkam&comma; und schaute dem Wiseli nach auf Schritt und Tritt&comma; so als ob er es gar nie genug sehen könnte—wie es einen Kasten aufmachte und dann wieder zu&comma; wie ihm unter den Händen alles sauber und ordentlich wurde&comma; wie er es vorher nie gesehen hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Wiseli aber war glücklich in dem stillen Häuschen&comma; da es nur liebevolle Worte hörte&comma; und unter den freundlichen Augen&comma; die es immerfort begleiteten&period; Es durfte gar nicht daran denken&comma; wie bald die vierzehn Tage zu Ende sein würden und es wieder zum Buchenrain zurückkehren mußte&period;<&sol;p>

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