Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Kasperle auf Burg Himmelhoch
(Josephine Siebe, 1922, empfohlenes Alter: 5 - 12 Jahre)

Das Nest auf der Ulme

<p>An diesem Morgen kam die Prinzessin Gundolfine mit einem Gesicht zum Frühstück&comma; als hätte sie drei Metzen Schlackerwetter aufessen müssen&period; „Es hat heute nacht gespukt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie böse&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist noch nie geschehen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; antwortete der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fiel der Prinzessin etwas ein und sie rief&colon; „Dann war es Kasperle&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; der war es nicht&period; Der war eingeschlossen im Turm&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er soll kommen&comma; ich will ihn fragen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Meinetwegen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; brummte der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da wurde Kasperle geholt&comma; und dem kleinen Schelm wurde es wind und weh bei dem Gedanken&comma; die Prinzessin zu sehen&period; Dazu sagte ihm noch der Haushofmeister&colon; „Kasperle&comma; Kasperle&comma; das wird bös&excl; Sie denkt&comma; du seiest das Gespenst gewesen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Jemine und Kasperle konnte doch nicht lügen&excl; Dummheiten machen&comma; ja&comma; aber schwindeln&comma; nein&comma; das brachte er nicht fertig&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da war er schon im Zimmer und der Herzog rief&colon; „Hier kommt er&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle sah vor Verlegenheit nicht rechts und nicht links&comma; trat zaghaft auf&comma; und weil er ohnehin auf dem glatten Boden schlecht gehen konnte&comma; glitschte er und stolperte&period; Er wollte sich an einem Kammerherrn&comma; der neben ihm ging&comma; festhalten&comma; beide verloren das Gleichgewicht und rutschten in das Zimmer hinein&comma; als wäre der Boden eine Eisbahn&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Kammerherr wollte sich auch an etwas anhalten&comma; und unglücklicherweise erwischte er das Bein des Stuhles&comma; auf dem die Prinzessin saß&period; Da rutschte der&comma; die Prinzessin wackelte hin und her&comma; hielt sich am Herzog fest&comma; und pardauz&comma; bums&excl; lagen alle miteinander auf dem Boden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog wurde fuchsteufelswild und die Prinzessin Gundolfine schrie immerzu&colon; „Daran ist Kasperle schuld&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der aber dachte&colon; Es ist am besten&comma; mitzuschreien&comma; und er schrie so gewaltig&comma; daß die andern allmählich erstaunt verstummten&period; So ein Geschrei war nicht Mode am Herzogshof&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Stille&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog&comma; aber das Kasperle schrie und schrie&period; Der kleine Schelm dachte&colon; Wenn ich recht schreie&comma; fragen sie mich nichts&period; Und er hatte recht gedacht&period; Der Herzog vergaß vor Ärger das Gespensterspiel der Nacht&comma; er rief böse&colon; „Bringt Kasperle in den Turm zurück&comma; er soll dort eingesperrt bleiben&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Das ließ sich der gute Haushofmeister nicht zweimal sagen&semi; er winkte Veit&comma; der zerrte Kasperle hinaus&comma; und als unten alle noch aufgeregt durcheinander redeten&comma; saß der schon wieder vergnügt in seinem Turm&period; Er schaute&comma; als Veit gegangen war&comma; über das Land hinweg&comma; hinüber nach Lindeneck&period; Ach&comma; wie gern wäre er doch zu dem traurigen Marlenchen gelaufen&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fiel es ihm ein&comma; er war ja ganz und gar eingesperrt&comma; selbst das Schranktürchen war zu&period; Oder vielleicht doch nicht&period; Er schlüpfte in den Schrank&comma; und richtig&comma; das Türchen drehte sich&semi; er stand wieder im Treppenhaus&period; Ganz vergnügt flitzte er eine Weile hin und her&comma; weil aber unten noch immer viel Gelärm war&comma; wagte er es nicht&comma; die Treppe hinabzugehen&period; So blieb er oben&comma; kauerte sich auf den Boden nieder und lauschte hinab&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Stimme der Prinzessin Gundolfine klang schrill bis zu ihm herauf&period; Die Türen des Zimmers&comma; in dem diese mit dem Herzog saß&comma; standen offen&semi; die Prinzessin behauptete&comma; sonst halte sie es nicht aus&comma; so heiß sei es&period; Sie war noch immer sehr aufgeregt und schalt unverdrossen auf das Kasperle&comma; verlangte strenge Bestrafung&comma; und Kasperle&comma; der das hörte&comma; dachte wieder einmal&colon; Ausreißen wäre am besten&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Er hatte aber doch für sein Michele sein Wort gegeben&comma; und das mußte er halten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Endlich wurde es still unten&period; Der Herzog und die Prinzessin gingen im Park spazieren und der Haushofmeister kam und sagte&colon; „Heute mußt du oben bleiben&comma; Kasperle&comma; sonst wirst du erwischt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle versprach Bravsein&comma; aber das Bravsein wurde ihm bald langweilig&period; Er flitzte zum Türlein hinaus und hinein&comma; und der Vormittag wollte gar kein Ende nehmen&period; Endlich kam Veit und brachte ihm Mittagessen&comma; und dabei sagte er&colon; „Heute geht es unten hoch her&period; Der Herzog steigt eben in den Weinkeller hinab und holt von dem ganz guten Wein herauf&period; Weißt du&comma; der Keller liegt neben dem&comma; in den sie dich neulich gesperrt hatten&period; Dahinein geht der Herzog immer selbst&comma; nur die Prinzessin ist mitgegangen&period; — Meine Güte&comma; was ist da schon wieder&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Unten tönte Rufen&comma; und Veit lief die Treppe hinab und das Kasperle stand&comma; als wäre er mitten in ein Hagelwetter hineingeraten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wenn der Herzog die leeren Fässer entdeckte&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Daß der nichts von dem Türchen wußte&comma; ahnte Kasperle ja nicht&period; Er zitterte vor Angst&comma; und da Veit in der Eile die Türe offen gelassen hatte&comma; ging er durch diese Türe&comma; ließ sie weit offen stehen&comma; schlich sich einen Gang entlang&comma; kam an eine schmale Seitentreppe&comma; und gerade als er die erreicht hatte&comma; hörte er die Prinzessin kreischen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Jemine&comma; jetzt hatten sie die leeren Fässer gefunden&excl; Da war Kasperle schon unten&comma; war draußen im Park und wutschte an den Sträuchern entlang bis zum Wäldchen hin&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Bächlein gluckste und rann&comma; aber Marlenchen saß nicht an seinem Rande&period; Kasperle blieb stehen&period; Wohin sollte er nur&quest; Ehe er durch des Herzogs Land lief&comma; fingen ihn dessen Landjäger schon&semi; sie erkannten ihn sicher an seinem grasgrünen Kasperlekleid&comma; das alle kannten&period; Und dann dachte er an sein Wort&comma; das er gegeben hatte&period; Er seufzte tief&period; Am Bächlein kauerte er sich nieder&comma; und sein kleines unnützes Kasperleherz war ihm zentnerschwer&period; Wäre doch Marlenchen dagewesen&excl; Ach&comma; die traurige kleine Freundin konnte ihn gewiß auch nicht schützen&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Auf einmal fiel ihm der Graf von Singerlingen ein&period; Vielleicht half ihm der in seiner Not&comma; weil er ihn von der Prinzessin befreit hatte&period; Vielleicht gab der dem Herzog ein gutes Wort und bat ihn frei&period; Er dachte&colon; Wenn ich immer an Wiesen entlang wutsche oder durch den Wald gehe&comma; dann sieht mich vielleicht niemand&period; Aber wie fand er den Weg&quest; Da fiel es ihm ein&comma; er würde auf die alte&comma; hohe Ulme klettern&semi; von dort aus konnte er gewiß das Schloß des Grafen von Singerlingen liegen sehen und auch den Weg&comma; der dahin führte&period; Und auf der Ulme&comma; im dichten Gezweig&comma; sah ihn auch niemand vom Schloß aus&period; Da schützte ihn sein grasgrünes Röckchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Ulme war hoch&comma; aber Kasperle fürchtete sich vor der Höhe nicht&period; Rutsch&comma; rutsch&comma; da war er schon ein Stück oben&period; Rutsch&comma; rutsch&comma; höher und höher kam er&period; Er sah schon das Elsternnest an der Spitze und sah die Vögel neugierig ihre Köpfe herausrecken&period; Die schimpften böse&comma; und Kasperle schnitt wieder Frätzlein um Frätzlein&period; Das empörte die Elstern&comma; die fingen laut zu schelten an&comma; sie beugten sich weit aus den Nestern und machten böse Augen&period; Drei Nester waren es und in jedem Nest saß eine ganze Elsternfamilie&period; Kasperle hätte sich schon fürchten können&comma; er merkte aber&comma; die schwatzhaften Vögel hatten Angst vor seinen Teufels- und Räubergesichtern&period; Da kletterte er vergnügt höher und höher&comma; verdrehte die Augen&comma; zog den Mund krumm und schief&comma; wackelte mit Nase und Ohren&comma; und die Elstern kreischten immer lauter vor Angst&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Alten riefen den Jungen zu&colon; „Wir wollen fliehen&comma;&nbsp&semi;fliegt auf&comma; fliegt auf&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; aber die Jungen konnten vor Angst ihre Flügel nicht heben&period; Sie flatterten erschrocken in den Nestern herum&comma; und endlich sagte die älteste&comma; würdigste Elstermadame&comma; die schon viele Jahre in dem Neste wohnte&colon; „Jetzt hacke ich ihm die Augen aus&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da schnitt Kasperle ein Hexengesicht und plumps sank die mutige Elster zurück&period; Sie jammerte laut vor Angst und in dem Augenblick dachte Kasperle&colon; Wenn sie doch ruhig wäre&excl;&comma; denn von unten tönte lautes Rufen&colon; „Kasperle&comma; Kasperle&excl; — Er ist ausgerissen&comma; der Bösewicht&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; gellte eine Stimme und Kasperle hörte ganz genau&comma; es war die Prinzessin&comma; die rief&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gewiß hatten sie die leeren Fässer entdeckt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das hatten der Herzog und seine Base nun wirklich getan&period; Sie waren&comma; gefolgt von etlichen Dienern&comma; in den Keller gekommen&comma; in dem die köstlichen Weine lagerten&comma; und der Herzog hatte befohlen&colon; „Von dem Faß in der Mitte&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da hielt der Diener den silbernen Krug unter und — kein Tropfen kam heraus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Prinzessin schnupperte unterdessen in dem Keller herum und sie sagte&colon; „Wie sehr es hier nach Wein riecht&comma; nein&comma; sonderbar&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das Faß ist leer&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; meldete der Diener&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Leer&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog verdutzt&period; „Ja&comma; wie kommt denn das&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; Er trat selbst an das Faß heran&comma; pochte&comma; schüttelte&comma; — es war leer&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du hast es ausgetrunken&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte seine Base spitz&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Unsinn&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog war wirklich ärgerlich&period; „Nimm aus dem linken Faß&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er dem Diener zu&period; Der zog den Zapfen aus und hielt das Krüglein unter&comma; aber kein Tropfen kam&period; Das war doch toll&excl; Und beim dritten Faß ging es ebenso&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es muß jemand im Keller gewesen sein&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog&period; „Schnell&comma; schnell&comma; man bringe Licht&comma; um alles zu untersuchen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du hast gewiß alles allein ausgetrunken&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Prinzessin Gundolfine wieder spitz&comma; und der Herzog ärgerte sich so&comma; daß er ganz grün wurde&period; Er schrie immer lauter&colon; „Licht her&comma; Licht her&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und die Diener kamen mit Lampen und Kerzen gerannt&period; Sogar die Kammerherren trugen Kerzen und alle leuchteten in dem kleinen Keller herum&period; Plötzlich rief der jüngste Ho&fjlig;unker&comma; der Augen wie ein Falke hatte&colon; „Hier ist eine Türe&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Unsinn&comma; der Keller hat nur eine Türe&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; erwiderte der Herzog&comma; aber da schob das Junkerlein das Pförtchen zurück&comma; und alle sahen erstaunt in einen zweiten Keller hinein&period; Auf einmal riefen etliche&colon; „In dem Keller hat Kasperle gesteckt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; und dann war er krank und hat immerzu geschlafen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Der dicke Oberstallmeister brach plötzlich in ein dröhnendes Lachen aus&period; „Am Ende hat das Kasperle ein Schwipslein gehabt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Oooh&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog sah drein&comma; als wäre vor ihm ein Kirchturm umgepurzelt&period; Die Prinzessin aber kreischte&colon; „Dieser schreckliche Kasper&comma; den muß man aufhängen&comma; in den Brunnen werfen&comma; schlagen&comma; der muß furchtbar bestraft werden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Man hole ihn&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog stöhnte&period; Wirklich&comma; das Kasperle war doch ein arger Strick&comma; den mußte er wirklich streng bestrafen&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Unter den Dienern war auch Veit&comma; der lief mit&comma; um das Kasperle zu holen&period; In seinem Herzen dachte er mitleidig&colon; Vielleicht kann er noch entwischen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und dann fanden sie die Turmtüre offen und kein Kasperle war zu sehen&period; Der Schelm war ausgerissen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als das der Herzog erfuhr&comma; vergaß er Mittagessen und alles&semi; er war bitterböse&comma; rief&comma; man solle überall suchen und die Landjäger ausschicken&comma; um das Kasperle zu fangen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Und dann wird es aufgehängt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief die Prinzessin Gundolfine&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; denn von einem toten Kasperle habe ich nichts&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; erwiderte der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&comma; aufhängen ist am besten&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; es ist mein Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Und mich hat es geärgert&period; Das Gespenst heute nacht war sicher auch Kasperle&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief die Prinzessin&period; „Er muß doch aufgehängt werden&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie der Herzog zornig&comma; und so stritten sich beide eine ganze Weile herum&comma; was mit dem Kasperle geschehen sollte&period; Sie hatten es aber noch gar nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unterdessen suchten die Diener überall herum&period; Veit sagte&colon; „Ich suche im Wäldchen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Er dachte&colon; Wenn ich da das Kasperle sehe&comma; kann es noch ausreißen&period; Aber etliche Kammerherren sagten auch&comma; sie suchten im Wäldchen&comma; und der gute Veit mußte sich das gefallen lassen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle sah sie alle kommen von seinem hohen Sitz aus&period; Jemine&comma; klopfte da sein unnützes kleines Kasperleherz&excl; Und die dummen Elstern kreischten und flatterten&period; Kasperle wollte sie zur Ruhe bringen&comma; aber je bösere Gesichter er schnitt&comma; desto schlimmer krächzten sie&period; Er machte endlich sein dummes&comma; gutmütiges Kasperlegesicht&comma; aber da flatterten die Elstern gleich wütend auf ihn los und wollten ihm die Augen aushacken&period; Das war Kasperle zu toll&comma; er schlug mit seiner Faust nach ihnen und machte ein Teufelsräubergesicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wir müssen fliehen&comma; fliehen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; krächzte die älteste Elsternmadame&comma; „Kinder&comma; strengt euch an&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und die Kinder strengten sich an&period; Sie hoben die Flügel und flatterten&comma; und auf einmal flog die ganze Elsternschar mit so lautem Schreien davon&comma; daß die Menschen unten aufmerksam wurden&period; Sie sahen hinauf&comma; und der jüngste Ho&fjlig;unker mit seinen scharfen Augen erblickte das Kasperle trotz seines grasgrünen Röckleins hoch oben auf der alten Ulme&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Da sitzt er&comma; da sitzt er&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er&comma; und nun schauten alle hinauf und alle riefen&colon; „Da sitzt er&comma; da sitzt er&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle fuhr der Schreck arg in die Glieder&period; Er wäre beinahe von dem Baume heruntergesaust&comma; und in seiner Angst griff er nach dem verlassenen Elsternest&comma; um sich daran festzuhalten&period; Dabei ergriff er etwas hartes und hatte auf einmal einen großen goldenen Ring mit einem schönen Rubin in der Mitte in seiner Hand&period; Das war nun wirklich sonderbar&period; In einem Elsternest lag ein goldener Ring&excl; Kasperle war ausnehmend neugierig&comma; und vor Neugier vergaß er sogar seine Angst&period; Er kletterte noch ein Stückchen höher und schaute in das Nest hinein&period; Nein&comma; so etwas&comma; da lag noch ein kleiner silberner Löffel und ein goldener Ohrring&excl; Aber der Ring&comma; den er in der Hand hielt&comma; war das schönste Stück&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Himmel&comma; vielleicht war das gar des Herzogs Ring&comma; den der Herr von Lindeneck gestohlen haben sollte&excl; Kasperle hielt das kostbare Ding in der Hand&comma; besah es von allen Seiten und dachte&colon; Vielleicht wenn ich den dem Herzog bringe&comma; verzeiht er mir&period; Aber just da kam unten die Prinzessin Gundolfine angelaufen und kreischte&colon; „Man hole eine Kanone und erschieße ihn&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle schnitt sein Teufelsgesicht hinab&period; Aber was half das&comma; die unten liefen nicht davon&comma; wie die Elstern davongeflogen waren&period; Die blieben stehen&comma; schimpften hinauf&comma; redeten von einer Kanone und der Wasserspritze&semi; sehr freundlich klang das nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle überlegte&period; Ausreißen konnte er nicht&comma; auch hatte der Herzog ja nicht gesagt&colon; „Geh zum Teufel&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; also war er noch nicht frei&period; Aber wenn er mit dem Ring ankam&comma; würde der Herzog vielleicht wieder gut werden&period; Wenn nur die Prinzessin nicht unten gestanden hätte&comma; an der er vorbei mußte&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Plötzlich kam dem Kasperle ein Gedanke&period; Blitzschnell nahm er das Nest&comma; in dem außer den Kostbarkeiten auch noch allerlei Unrat lag&comma; und warf es hinab&comma; der Prinzessin gerade auf den Kopf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unten erhob sich ein lautes Geschrei&comma; aber alle sahen ein paar Augenblicke nicht zu Kasperle hinauf&comma; sondern auf die Prinzessin&comma; und da rutschte der kleine Schelm den Baum hinab und schoß auf einmal einen Purzelbaum über alle hinweg&comma; rollte sich und kollerte bis zum Schlosse hin&comma; ehe die unter dem Baume noch wußten&comma; was geschehen war&period; Im Schloß flitzte er aber an ein paar Dienern vorbei&comma; husch&comma; husch in das Zimmer des Herzogs hinein&comma; in dem der seine Mittagsruhe zu halten pflegte&period; Und richtig&comma; da saß der Herzog auch verdrießlich in seinem großen Stuhl und ärgerte sich&period; Ja&comma; über was ärgerte er sich alles&excl; über Kasperle&comma; den ausgelaufenen Wein&comma; seine Base&comma; das verspätete Mittagessen&comma; am meisten aber doch über Kasperle&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er muß streng&comma; ganz streng bestraft werden&comma; dachte er&comma; und da purzelbaumte gerade das Kasperle in das Zimmer hinein&comma; stand plötzlich vor ihm und hielt ihm seinen Ring unter die Nase&period; Dazu machte der kleine Kerl das betrübteste unnützeste Kasperlegesicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog&comma; „wo hast du den Ring her&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle legte den Kopf schief&comma; schielte den Herzog bittend an und erzählte von seiner Kletterei und den scheltenden Elstern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mein Himmel&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Herzog&comma; „eine Elster hat den Ring gestohlen und der arme Herr von Lindeneck ist darum in Verdacht gekommen&excl; Kasperle&comma; um des Ringes willen soll dir alles&comma; alles verziehen sein&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da kugelte und kollerte sich Kasperle im Zimmer herum&comma; und plötzlich bettelte er&colon; „Herr Herzog&comma; laß mich nach Lindeneck laufen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dann reißt du aus&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog schüttelte ernst den Kopf&comma; aber Kasperle hing tief betrübt die Nase&period; „Du hast doch noch nicht gesagt&colon; ‚Geh zum Teufel&excl;&OpenCurlyQuote;&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; murmelte er und seufzte schwer dazu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ei&comma; das ist gut&excl; Vorher reißt du also wirklich nicht aus&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog lachend&period; „Nun&comma; dann brauche ich ja keine Sorge zu haben&semi; das sage ich nie&period; Also laufe nur nach Lindeneck und bestelle&comma; der Herr von Lindeneck möchte gleich kommen&period; — Aber&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; er rieb sich nachdenklich die Nase&comma; „weißt du denn&comma; wo Lindeneck liegt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle nickte eifrig und ganz zutraulich erzählte er dem Herzog von seiner Freundschaft mit dem traurigen Marlenchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog wurde sehr&comma; sehr nachdenklich&period; Er schämte sich&comma; daß er dem Herrn von Lindeneck so unrecht getan hatte&comma; und er dachte bei sich&colon; Eigentlich ist das Kasperle besser als ich&period; — Solche Gedanken hatte der Herzog selten&comma; wenn sie ihm aber kamen&comma; dann blickten seine Augen milde und gütig und das Kasperle dachte&colon; Jetzt gefällt er mir&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun laufe nur schnell&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Herzog&period; „Halt&comma; der Haushofmeister mag dich ein Stück geleiten&comma; denn wenn dich die Base Gundolfine erwischt&comma; geht es dir übel&period; Sie denkt sogar&comma; du hättest heute nacht gegeistert&comma; und du lagst doch in deinem — Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog machte plötzlich wieder böse Augen&comma; denn Kasperle ließ gar zu schuldbewußt seine Nase hängen&period; „Du warst es doch&comma; Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Schelm nickte&comma; und schon wollte der Herzog schelten&comma; da fiel sein Blick auf den Ring und er sagte&colon; „Na ja&comma; klettern kannst du freilich&excl; Aber nun laufe nur&comma; auch das soll dir verziehen sein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle huschte hinaus&comma; froh&comma; daß der Herzog nicht weiter gefragt hatte&period; Er fand den Haushofmeister&comma; erzählte ihm flink alles&comma; und der ließ ihn zu einem schmalen Pförtchen hinaus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als die Prinzessin zornig und scheltend in das Schloß zurückkehrte&comma; rannte Kasperle schon über eine große Wiese Schloß Lindeneck zu&period; War die Prinzessin Gundolfine aber böse&excl; Sie machte wirklich Kulleraugen&comma; als sie erfuhr&comma; Kasperle sei beim Herzog gewesen und alles&comma; alles sei verziehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich verzeih’ ihm nicht&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie sie&comma; „nie und nimmer&excl; Er soll seine Strafe schon bekommen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Doch als der Herzog ihr sagte&comma; der vermißte Ring sei im Elsternest gewesen und dem Herrn von Lindeneck sei bitteres Unrecht geschehen&comma; da redete sie gleich von Abreisen&period; Sie fühlte ihre Schuld&comma; aber sie wollte sie nicht&comma; wie der Herzog es tat&comma; eingestehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog&comma; der die Gewohnheit hatte&comma; manchmal laut mit sich selbst zu sprechen&comma; sagte&comma; als die Prinzessin von ihrer Abreise sprach&colon; „Ach&comma; das wär’ fein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Hach&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; kreischte die Prinzessin&comma; „ich falle in Ohnmacht&excl; Das sagt man mir&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und weinend lief sie auf ihr Zimmer und sie schluchzte so laut&comma; daß es bald im ganzen Schloß zu hören war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wenn sie doch abreiste&excl; dachten alle&comma; und sie sagten es laut und leise zueinander&period; Aber die Prinzessin Gundolfine dachte gar nicht an die Abreise&semi; die wollte bleiben&comma; wollte sich an Kasperle rächen&period; Denn daß der kleine Schelm den Ring gefunden hatte&comma; das rechnete sie ihm nur als neuen Schabernack an&period; Auf ihrem Zimmer hielt sie Rat mit einer Kammerfrau und einer Hofdame&comma; die beide genau so boshaft wie sie selbst waren&period; Und weil sie dabei doch nicht weinen konnte&comma; mußte eine andere Kammerfrau an der Türe stehen und schreien und jammern&comma; denn der Herzog sollte das allergrößte Mitleid mit seiner Base bekommen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Doch was zuviel ist&comma; ist zuviel&period; Der Herzog mochte das Geschrei nicht mehr hören&comma; er sagte&colon; „Bringt mir Watte&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und dann steckte er sich Watte in die Ohren&comma; sagte&comma; man solle ihn nur wecken&comma; wenn Kasperle käme&comma; legte sich hin und hielt seinen Mittagschlaf&period;<&sol;p>

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