Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Kasperle auf Burg Himmelhoch
(Josephine Siebe, 1922, empfohlenes Alter: 5 - 12 Jahre)

Es geistert im Schloß

<p>So friedlich wie der Abend war der Morgen&comma; der ihm folgte&comma; nicht&period; Das gab gleich in aller Herrgottsfrühe ein lautes Rennen&comma; Rufen und Klingeln im Schloß&period; Sogar in seinem Turm hörte es Kasperle&period; Der witschte ein paarmal durch den Schrank&comma; lauschte hinaus&comma; flitzte ängstlich wieder zurück&comma; wenn er jemand kommen hörte&comma; aber immer verhallten die Schritte in der Ferne&period; Endlich&comma; endlich&comma; Kasperle dachte schon&comma; er hätte hundert Jahre nichts gegessen&comma; kam Veit und brachte ihm das Frühstück&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der gutmütige Bursche sah sehr verdrießlich drein&comma; und als ihn Kasperle ängstlich ansah&comma; brummte er&colon; „Nun kommt sie doch schon wieder&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wer denn&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte Kasperle und sah nach der Türe&semi; er dachte&comma; irgend jemand müßte da anspaziert kommen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die Prinzessin Gundolfine&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; brummte Veit&period; „Na&comma; du armes Kasperle&comma; da nimm dich nur in acht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle sah nun wirklich drein&comma; als sei ihm nicht allein seine Milchtasse&comma; sondern sein Zubrot&comma; sein Wämslein und sonst etwas in den Brunnen gefallen&period; Er vergaß sogar das Frühstück&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; ja&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; knurrte Veit&comma; „da staunste&excl; Zum Vergnügtsein ist’s auch nicht&comma; und ich glaube&comma; der Herzog wünscht seine liebe Base auch ins Pfefferland&comma; heute mittag kommt sie schon&period; Nun flink&comma; nimm dein Frühstück und laufe in den Park&excl; Wer weiß&comma; ob du es morgen noch darfst&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da schluckte Kasperle selbst für ein Kasperle ungeheuer geschwinde alles hinab&comma; was Veit gebracht hatte&comma; und dann flitzte er die Treppe hinab in den Park hinein&period; Niemand sah ihn&comma; und als er am Bächlein anlangte&comma; saß wirklich das traurige Marlenchen schon da&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die Prinzessin kommt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie Kasperle&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Marlenchen wurde totenbleich&comma; und ehe sich Kasperle noch auf ein zweites Wort besonnen hatte&comma; rannte sie schon weg&period; Sie flog mehr&comma; als sie ging&comma; und Kasperle blieb nichts weiter übrig&comma; als hinter ihr her Purzelbäume zu schlagen&comma; um sie einzuholen&period; Er schrie zwar immer&colon; „Bleib doch&comma; bleib doch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; aber Marlenchen hörte in ihrer Angst vor der Prinzessin gar nicht darauf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Endlich erwischte Kasperle sie an einem Zipfel ihres weißen Kleides&comma; und da sank das traurige Marlenchen wie eine kleine&comma; blasse Blume ins Gras&period; Kasperle dachte wirklich&comma; sie wäre gestorben&comma; und er erhob ein lautes Zetergeschrei&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Zum Glück hörte es niemand&comma; und das blasse Marlenchen öffnete nach einigen Minuten wieder ihre Augen&period; Sanft bat sie&colon; „Mußt nicht so schreien&comma; Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Gleich war der muckstill&period; Er sah Marlenchen mit seinen schwarzen Glitzeräuglein aber so traurig an&comma; daß die Kleine ihm sanft über den Kopf strich&period; „Die Prinzessin&comma; die böse Prinzessin&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und sie seufzte tief&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber sie kommt doch erst mittags&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Marlenchen richtete sich verwundert auf&period; Sie hatte gemeint&comma; die Prinzessin liefe hinter Kasperle drein&comma; und sie sagte sanft&colon; „Warum hast du denn dann so geschrieen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber sie kommt doch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Kasperle kläglich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ja&comma; sie wollte kommen&period; Trübselig genug war es den beiden zumute&period; Sie gingen langsam über die weite Wiese nach dem Bächlein zurück und Marlenchen sagte traurig&colon; „Wenn sie kommt&comma; darf ich nicht mehr am Bach sitzen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich vergraule sie&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie Kasperle und machte sein Teufels- und Hexengesicht zu gleicher Zeit&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das sanfte Marlenchen erschrak&period; Ganz leise sagte sie&colon; „Du mußt nicht schlimm sein&comma; Kasperle&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich vergraule sie doch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie Kasperle zornig&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wie denn&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da schwieg der kleine Schelm&period; Er wußte noch nicht wie&comma; aber er wußte&comma; etwas fiel ihm schon ein&comma; und trotzdem die sanfte Freundin ein paarmal mahnte&comma; keine Dummheiten zu machen&comma; blieb er doch dabei&colon; „Ich vergraule sie&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und dann saßen die beiden ungleichen Kameraden lange am Bächlein&comma; erzählten sich dies und das&comma; sprachen wieder vom Waldhaus&comma; und viel zu früh ertönte des Haushofmeisters Pfeife&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Jetzt ist sie vielleicht schon da&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; flüsterte Marlenchen scheu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich geh’ nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Kasperle blieb auf seinem Stein sitzen&period; Die Pfeife grillte und schrillte&comma; er rührte sich nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Geh doch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; mahnte Marlenchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nä&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; knurrte Kasperle wie ein kleiner Bär&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Tirillili&comma; tirillili&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; tönte die Pfeife&period; Kasperle rührte sich nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da endlich kam Veit angelaufen&period; „Kasperle&comma; Kasperle&comma; wo bleibst du denn&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich komme nicht&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie Kasperle patzig&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber da hatte er sich doch in Veit verrechnet&period; Der kam mit langen Schritten herbei&comma; packte das Kasperle und trug es ohne weiteres dem Schlosse zu&period; Nicht einmal recht Abschied nehmen konnte er von dem traurigen Marlenchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das verdiente in dem Augenblick seinen Namen wirklich&period; Tief traurig sah es dem lustigen kleinen Kameraden nach&comma; bis sie ihn nicht mehr erblicken konnte&period; Und als sie heimging mit gesenktem Kopf&comma; da sagten die Wiesenblumen zueinander&colon; „Wie seltsam&comma; Regentropfen fallen und der Himmel ist so blau&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Die Regentropfen aber waren des traurigen Marlenchens bittere&comma; bittere Tränen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Inzwischen gelangte Kasperle noch rechtzeitig in das Schloß&period; Und just als sich der Herzog zum Mittagessen setzen wollte&comma; rumpelte und rasselte es draußen&comma; die Prinzessin kam angefahren&period; Ein paar Minuten lang lief und rief alles durcheinander&period; Der Herzog seufzte erschrecklich tief&comma; denn ihm gefiel der Besuch gar nicht&period; Das Kasperle stand ganz verdattert herum&comma; da schüttelte ihn jemand und raunte ihm zu&colon; „Marsch&comma; lauf in deinen Turm&excl; Sonst gibt es gleich Zank und Streit&comma; wenn dich die Prinzessin erblickt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Haushofmeister war es&period; Kasperle ließ sich das nicht zweimal sagen&period; Er rannte davon und kam dabei durch das Anrichtezimmer&period; Dort standen allerlei schön verzierte Speisen&comma; Schüsseln mit Kuchen und dergleichen&comma; und Kasperle dachte&colon; Davon bekomme ich nun nichts&period; Plötzlich blieb er stehen&comma; eine feine rosenrote Torte hatte es ihm angetan&comma; und eins&comma; zwei&comma; drei&comma; nahm er die Torte und trug sie in seinen Turm hinauf&period; Er war beinahe oben&comma; da traf ihn jemand&semi; der gute&comma; dicke Oberstallmeister war es&period; „Potzwetter&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;&nbsp&semi;rief der&comma; „wo willst du denn mit der Torte hin&quest; Bist du Küchenjunge geworden&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nä&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; stammelte Kasperle und schielte den freundlichen Herrn scheu an&period; „Ich — ich will sie essen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Die ganze Torte&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle sah den Oberstallmeister an&comma; sah die Torte an und dachte&colon; Sie langt schon für beide&period; Er sagte das auch ganz treuherzig und der dicke Herr lachte herzhaft darüber&period; Weil er aber auch schon einen rechtschaffenen Hunger hatte und wußte&comma; nun würden noch viele Minuten vergehen bis zum Mittagessen&comma; rief er&colon; „Kasperle&comma; du bist ein Schlauerchen&period; Aber meinetwegen&comma; wir essen die Torte zusammen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und dann setzten sie sich auf die Turmtreppe&comma; der Oberstallmeister nahm seinen Säbel&comma; schnitt die Torte mittendurch&comma; und dann schmausten sie höchst einträchtig zusammen&period; Danach war Kasperle pumpelsatt&comma; der Oberstallmeister halbsatt&comma; und als sie sich trennten&comma; hatte Kasperle einen neuen Freund im Schloß gewonnen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle stieg sehr vergnügt in seinen Turm hinauf&comma; kletterte auf das Fensterbrett und sah sich die Welt von oben an&period; Dabei sah er zwei Stockwerke tiefer zur Seite eine Anzahl Fenster offen stehen&comma; die sonst geschlossen waren&period; Und wie er so hinsah&comma; steckte aus dem einen jemand seinen Kopf heraus und das — war die Prinzessin Gundolfine&period; Kasperle purzelte vor Schreck in seinen Turm zurück&period; Eine ganze Weile lag er da und schnappte nach Luft&comma; so arg war er erschrocken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber Kasperle war eben ein zu dummen Streichen und Schabernack aufgelegtes Kasperle&period; Das dachte den ganzen langen Nachmittag an weiter nichts&comma; als daran&comma; der Prinzessin als ein Gespenstlein zu erscheinen&period; Niemand kümmerte sich um den Kleinen&semi; zu Tisch wurde er nicht geholt&comma; der Herzog wollte ihn am liebsten seiner Base nicht zeigen&period; Zu essen brachte ihm auch niemand etwas&comma; weil der Oberstallmeister dem Haushofmeister von der verschwundenen Torte erzählt hatte&period; Da dachte der&colon; Das reicht bis zum Abendessen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Hunger hatte Kasperle auch nicht&comma; aber Langeweile&period; Er flitzte immer wieder zu seinem Schranktürchen hinaus&comma; und da alles ganz&comma; ganz still blieb unten&comma; wagte er sich endlich weiter und geriet bei seinem Herumsuchen auf den Schloßboden&period; Da gab es Türe an Türe&comma; gab weite&comma; offene Kammern&period; Kasperle steckte überall seine Nase hinein&comma; und als er einmal aus einer Fensterluke blickte&comma; sah er&comma; daß er gerade über dem Zimmer der Prinzessin war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Hach&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Kasperle kreischte ganz laut&comma; und dann sah er sich erschrocken um&period; Der weite&comma; leere Raum gab das Echo zurück&comma; und Kasperle fürchtete sich ein paar Augenblicke schrecklich&period; Dann merkte er aber&comma; es war niemand da&comma; nur ein Mäuslein huschte eilig an ihm vorbei&period; Der kleine Schelm sah sich um&period; In einer Ecke entdeckte er eine Anzahl Stäbe&comma; aber als er einen zum Fenster hinaussteckte&comma; merkte er wohl&comma; die reichten nicht bis an die Zimmer der Prinzessin&period; Er flitzte in allen Winkeln und Ecken herum&comma; und da fand Kasperle endlich eine lange&comma; lange Waschleine&period; Gerade als er die gefunden hatte&comma; meinte er von ferne Schritte zu hören&period; Er lief also eiligst in seinen Turm zurück und war kaum ein paar Minuten darin&comma; als Veit kam&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle saß ganz brav und bieder auf dem Fensterbrett und schaute hinaus&comma; und Veit hatte rechtes Mitleid mit dem kleinen Kerl&period; „Armes Kasperle&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er „gelt&comma; das ist ein langweiliges Leben&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle nickte eifrig&comma; aber als Veit in seine Glitzeräuglein sah&comma; sagte er plötzlich&colon; „Kasperle&comma; mach’ keine Streichlein&excl; Du schaust recht wie ein Bruder Unnütz und Vetter Dummheitenmacher drein&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da glitt Kasperle vom Fenstersims herab und hängte sich schmeichelnd an Veits Arm&comma; und der streichelte den Schelm&comma; versprach ihm allerlei gute Dinge zum Abendessen und sagte&comma; heute dürfe er noch nicht herabkommen&comma; der Herzog habe Angst&comma; die Prinzessin Gundolfine könnte ihm etwas antun&period; „Also sei brav&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; mahnte Veit noch&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle gab keine Antwort&comma; er dachte mehr ans Unnütz- als ans Bravsein und Veit dachte&colon; Na&comma; der stellt doch noch etwas an&excl; Freilich&comma; zum Turm kam er nicht hinaus&period; Von dem geheimen Türlein&comma; das der gute alte Haushofmeister dem Schelm verraten hatte&comma; ahnte Veit nichts&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ein wenig später brachte er wirklich Abendbrot&period; Kasperle schmauste und legte sich in sein Bett&period; Veit deckte ihn noch zu&comma; und dann verschloß er sorgfältig die Türe&comma; brachte den Schlüssel dem Herzog&comma; und der zeigte ihn seiner Base und sagte&colon; „Nun siehst du&comma; jetzt ist Kasperle im Turm eingeschlossen&period; Du brauchst dich also nicht zu fürchten&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ein Kasperle ist ein halbes Gespenst&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; brummte die Prinzessin&comma; „wer weiß&comma; was der noch anstellt&excl; Ich wollte&comma; er läge unten im Schloßbrunnen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Nach dem feuchten&comma; tiefen Schloßbrunnen hatte Kasperle gar keine Sehnsucht&period; Der lag in seinem Bett&comma; strampelte vor Vergnügen und schielte immer wieder hinaus&comma; ob es nicht bald dunkel werde&period; Als Dämmerung draußen über dem Lande lag&comma; wuschelte er sein Bett zusammen&comma; nahm das Kopfkissen unter den Arm&comma; flitzte durch das verborgene Türlein und huschte durch die Bodenkammer&period; Dort nahm er die längste Stange&comma; band das Kopfkissen daran und versuchte damit das offene Fenster der Prinzessin zu erreichen&period; Es langte gerade&comma; weiter nicht&period; Da zog Kasperle das Kopfkissen wieder hinauf&comma; setzte sich auf die Fensterbrüstung und dachte vergnügt&colon; Nun kann es losgehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Warten wurde ihm freilich lang&comma; denn die Prinzessin blieb bis spät in die Nacht beim Herzog&period; Da wurde Kasperle schließlich müde&comma; er kroch in die Kammer zurück&comma; kauerte am Boden nieder und schlief ein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als er erwachte&comma; war es tiefstill ringsum&comma; nirgends ein Laut zu hören&period; Kasperle schaute zum Fenster hinaus&period; Unzählige Sterne glänzten am Himmel&period; Es war eine helle&comma; klare Nacht&period; Ein paar Fledermäuse huschten lautlos am Bodenfenster vorbei&comma; sonst rührte und regte sich nichts&period; Da stopfte Kasperle flugs noch etliche Kieselsteine zwischen Kopfkissen und Bezug&comma; und dann steckte er seine Stange zum Fenster hinaus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Prinzessin schlief noch nicht&period; Sie lag wach und dachte allerlei&semi; freundliche Gedanken hatte sie nicht&comma; sie wollte den Grafen von Singerlingen recht kränken und sann nach&comma; durch was&period; Auf einmal rauschte etwas Weißes an ihrem Fenster vorbei&comma; klapp&comma; schlug es an&comma; — weg war es&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Prinzessin rief erschrocken und sehr laut nach ihrer Kammerfrau&comma; und das unnütze Kasperle hörte das Rufen&comma; denn das Fenster stand halb offen&period; Es zog flugs sein Kopfkissen hinauf und lauschte&period; Unten sah jemand hinaus und sagte&colon; „Es ist nichts zu sehen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Schließe das Fenster&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie die Prinzessin&period; Das Fenster klirrte&comma; es war wieder alles still&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fing plötzlich die Schloßuhr zu schlagen an&comma; zwölfmal&comma; die Geisterstunde begann&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es ist unheimlich&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte die Prinzessin unten gerade&period; Da rauschte draußen etwas Weißes an ihrem Fenster vorbei&comma; klappte heftig an&comma; und sie schrie laut um Hilfe&period; Die Kammerfrau sah erschrocken hinaus&comma; und da sah sie gerade über sich das Kopfkissen schweben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ein Gespenst&comma; ein Gespenst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; kreischte sie&comma; und ein paar Augenblicke später hallte durch das Schloß Schreien und Hilferufen&comma; und Kasperle nahm sein Kopfkissen&comma; so schnell er konnte&comma; und witschte in seinen Turm&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er kam gerade noch hinein&comma; da klirrten draußen Schritte&comma; und er mußte den langen Stock mit ins Bett nehmen&comma; weil er nicht schnell genug die Stricke davon losbekam&period; Da wuschelte er sich so in sein Bett&comma; daß nur die Nase heraussah&comma; und er tat&comma; als schliefe er ganz fest&period; Er hörte draußen ein paar Diener sich über die Gespensterfurcht unterhalten&comma; hörte sie auf den Boden gehen und wieder zurückkommen&period; Wieder war alles still&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Prinzessin Gundolfine zeterte und schrie zwar noch eine Weile in ihrem Bett&comma; und die arme Kammerfrau&comma; die vor Angst bebte&comma; mußte noch dreimal zum Fenster hinaussehen&semi; es war aber nichts zu erblicken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog lag in seinem Bett und schalt&comma; Haushofmeister und Diener schalten&comma; und zuletzt schliefen alle ein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nur Kasperle schlief nicht&period; Der kugelte sich lachend in seinem Bett herum und hörte draußen die Uhr schlagen&colon; halb&comma; dreiviertel&semi; da kletterte er wieder zum Turme hinaus&comma; schleppte aber noch seinen Wasserkrug mit und schlich sich wieder in die Bodenkammer&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Prinzessin war halb eingeschlafen&comma; da ging es draußen klapp&comma; klapp&comma; etwas Weißes rauschte am Fenster entlang&period; Diesmal sprang die Prinzessin selbst auf und riß das Fenster auf&period; Es klirrte und krachte&comma; dumpf dröhnte die Uhr&comma; und schwapp&excl; bekam die Prinzessin so ein Güßlein&comma; daß sie pustend und stöhnend in das Zimmer zurücktaumelte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wieder tönten Hilferufe&comma; Jammern&comma; Kreischen&semi; Türen klappten&comma; Schritte hallten und Kasperle lag gerade in seinem Bett&comma; als er draußen des Herzogs Stimme hörte&period; Der wollte selbst dem Gespenst zu Leibe gehen&period; „Kasperle kann es nicht sein&comma; der ist ja eingeschlossen&comma; aber nachsehen will ich doch&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; hörte der kleine Schelm ihn sagen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der bekam einen argen Schreck&period; Er zog sich das Bett so fest über die Ohren&comma; daß nur seine Nase herausschaute&comma; und tat&comma; als ob er ganz fest schliefe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog kam in den Turm&comma; sah Kasperle liegen&comma; ließ ihm ins Gesicht leuchten und murmelte&colon; „Nein&comma; nein&comma; der kann es nicht gewesen sein&comma; aber — ich glaube&comma; der denkt sogar im Schlaf an unnütze Dinge&period; Hm&comma; hm&comma; merkwürdig&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;&nbsp&semi;Der Herzog ging&comma; der Haushofmeister drehte sich aber noch einmal um&comma; und als Kasperle ein bißchen blinkerte&comma; sah er&comma; wie sein alter Freund ihm drohte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Auf dem Boden&comma; nirgends wurde etwas gefunden&comma; nur einer bückte sich rasch und hob etwas auf&comma; die andern sahen es nicht&comma; es war der Haushofmeister&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und wieder gingen alle in ihre Betten&period; Bei der Prinzessin mußten aber außer der Hofdame und der Kammerfrau noch drei Mädchen wachen&comma; und alle graulten sie sich schrecklich&period; Alle schliefen sie aber ein&comma; und plötzlich wachten alle von einem Zetergeschrei auf&comma; das aber rasch verstummte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Jetzt hat das Gespenst geschrien&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Die Prinzessin sah käseweiß aus und ihre Wächterinnen sahen ebenso käseweiß aus&period; Sie horchten alle zitternd&comma; aber alles blieb still&period; Daß Kasperle oben in seinem Bett lag und bitterlich weinte&comma; dies konnten sie nicht hören&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle hatte eben gespürt&comma; daß der gute alte Haushofmeister auch einmal einen unnützen Schelm tüchtig verwichsen konnte&period; Er war gerade eingeschlafen&comma; da hatte er unversehens klatsch&comma; klatsch&excl; gespürt&comma; wie weh Schläge tun&period; Darob hatte er so mörderlich gebrüllt&period; Er verstummte aber gleich&comma; als ihm der Haushofmeister ein Hosenknöpflein vor die Nase hielt und sagte&colon; „Kasperle&comma; soll ich das dem Herzog zeigen und sagen&comma; das hat das Gespenst verloren&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; O lieber Himmel&comma; es ist schon schlimm&comma; wenn einer immerzu Hosenknöpfle verliert&excl; Arg schlimm&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle schluchzte in sein Bett hinein und der alte gute Haushofmeister fragte traurig&colon; „Kasperle&comma; warum bist du nur so unnütz&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sie ist böse&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; knurrte Kasperle zornig wie ein kleiner wütender Hund&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; das ist sie&period; Denk’ aber an den Keller&comma; Kasperle&comma; und an — die Fässer&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich will’s nicht wieder tun&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; murmelte Kasperle bedrückt&period; Daß der gute Haushofmeister aber auch alles herausbekam&excl; Es wurde ihm ordentlich etwas bange vor ihm&comma; und scheu blinzelte er den alten Mann an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der mußte ein wenig lachen&period; „O Kasperle&comma; du Strick&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; „du machst doch sicher noch eine Dummheit&comma; solange die Prinzessin da ist&excl; Jetzt sperre ich aber das Schranktürchen zu&comma; sonst geisterst du noch einmal herum&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Haushofmeister wollte gehen&comma; da griff Kasperle bittend nach seiner Hand&comma; und der alte Mann strich ihm linde über den Kopf&period; „Armer kleiner Kerl&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; „warum hat dich unser Herzog nicht in deinem Waldhaus gelassen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle seufzte tief&comma; tief&comma; danach drehte er sich um und schlief wie ein Rätzlein&comma; schlief bis zum sonnigen Morgen&period; Und als er aufwachte&comma; dachte er an keine Gespensterei&comma; nichts&comma; nur daran&comma; wie er wohl heute das traurige Marlenchen sehen könnte&period;<&sol;p>

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