Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Kasperle auf Burg Himmelhoch
(Josephine Siebe, 1922, empfohlenes Alter: 5 - 12 Jahre)

Kasperles Krankheit

<p>Der Herzog August Erasmus kam sehr brummig von seiner Spazierfahrt zurück&period; Er hatte Kasperle strafen wollen und hatte sich selbst gestraft&comma; denn er hatte den lustigen kleinen Quirlewind sehr vermißt&period; Er befahl also&comma; man solle schnell Kasperle holen&comma; meinte&comma; der könnte ihm die schlechte Laune vertreiben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Haushofmeister ging selbst das Kasperle holen&period; Er blieb an der Türe stehen und rief freundlich&colon; „Komm&comma; mein Kasperle&comma; komm&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber er konnte lange rufen&comma; kein Kasperle kam&period; Nur ein seltsames Stöhnen und Schnarchen war zu hören&comma; und der Haushofmeister sah endlich den kleinen Burschen an der Erde liegen&period; Eingeschlafen ist der arme Kerl&comma; dachte er mitleidig&semi; er mag sich recht gefürchtet haben&period; Und er ging hin&comma; rüttelte und schüttelte Kasperle&comma; doch der schnarchte und stöhnte weiter&period; Nun hob ihn der Haushofmeister auf und trug ihn aus dem Keller&period; Draußen rief er nach Veit&comma; und beide versuchten Kasperle zu wecken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Vergeblich&comma; der wurde nicht munter&period; Veit kam auf den Gedanken&comma; ihm ein Wassergüßlein über den Kopf zu gießen&period; Er holte ein Glas Wasser und goß es Kasperle auf die Nase&period; Da strampelte und zappelte der eine Weile und — schlief weiter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Inzwischen klingelte der Herzog ungeduldig&period; „Kasperle soll kommen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kasperle schläft&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; meldete der Diener&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er schläft&quest; Ja&comma; da weckt ihn doch auf&excl; Wie kann er schlafen&comma; wenn ich ihn sprechen will&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er wacht nicht auf&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; stotterte der Diener erschrocken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er wacht nicht auf&quest; Aber das ist ja unerhört&excl; Man gieße ihm Wasser über den Kopf&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog war ganz aufgeregt&comma; und als er hörte&comma; Veit habe Kasperle schon das zweite Wassergüßlein über den Kopf gegossen&comma; bekam er Angst&period; Er verlangte den Leibarzt&comma; und dann lief er selbst&comma; sich das schlafende Kasperle anzusehen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der schlief und schlief&comma; grunzte&comma; stöhnte und schnarchte&comma; und der Leibarzt schüttelte bedenklich den Kopf&period; „Er ist krank&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; „ganz bestimmt ist er krank oder — er schläft nun wieder einmal viele&comma; viele Jahre&period; Bei einem Kasperle kann man eben nicht wissen&comma; wie eine Sache ausgeht&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog wurde leichenblaß&period; „Lieber Leibarzt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; flehte er&comma; „machen Sie mir das Kasperle munter&excl; Zwölf Jahre lang habe ich alles versucht&comma; um Kasperle zu bekommen&comma; und nun — ja&comma; nun schläft er vielleicht länger&comma; als ich noch lebe&period; Oh&comma; oh&comma; ist das eine dumme Geschichte&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Leibarzt legte den Finger an die Nase&comma; schüttelte wieder den Kopf und begehrte ganz genau zu wissen&comma; was eigentlich Kasperle zuletzt getan hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Eingesperrt war er in einem dunklen Keller&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; brummte der Haushofmeister&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&comma; da haben wir’s&excl; Eingesperrt in einem dunklen Keller — nein&comma; das verträgt kein Kasperle&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Leibarzt&period; Er war froh&comma; etwas sagen zu können&comma; und weil er auch fand&comma; der Herzog sei zu streng mit dem kleinen Schelm gewesen&comma; schüttelte er immer wieder ernsthaft den Kopf&period; „Schlimm&comma; schlimm&comma; schlimm&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; murmelte er&comma; „sehr schlimm&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Er verordnete&comma; Kasperle müsse im Bett liegen und kalte Umschläge bekommen&comma; und immer solle jemand neben ihm sitzen&comma; damit&comma; wenn er aufwache&comma; er gleich ordentlich geschüttelt werden könne&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Alles soll geschehen&comma; nur machen Sie mir mein Kasperle wieder gesund&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; das geht nicht so schnell&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Leibarzt runzelte die Stirne&comma; wiegte wieder den Kopf hin und her und sagte wieder&colon; „Schlimm&comma; schlimm&comma; sehr schlimm&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle wurde nun in sein Bett getragen&comma; und eine ganze Stunde saß der Herzog neben seinem Bett&period; Und Kasperle schnarchte&comma; stöhnte&comma; ein paarmal murmelte er auch etwas im Schlaf&comma; und jedesmal dachte der Herzog&colon; Jetzt wacht er auf&period; Und er neigte sich über ihn und fragte zärtlich&colon; „Bist du munter&comma; mein Kasperle&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und weil der nicht aufwachte&comma; ließ er wieder den Leibarzt holen&comma; und gerade da fing Kasperle an zu brummeln und zu murmeln&comma; und als sich der Herzog über ihn beugte und sanft fragte&colon; „Mein Kasperle&comma; was fehlt dir denn&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; griff Kasperle plötzlich nach des Herzogs Nase und schrie&colon; „Hallo&comma; hallo&comma; Michele&comma; der Kasperlemann&excl; Hallo&comma; hallo&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und dabei zerrte und zog Kasperle an des Herzogs Nase&comma; als wäre dies eine Klingelschnur&period; Zipp zapp&comma; zipp zapp&excl; Dem Herzog verging Hören und Sehen&period; Er brüllte laut und suchte sich zu befreien&comma; die andern halfen&comma; und da schlug Kasperle auf einmal seine Augen auf&comma; gähnte erschrecklich&comma; klappte die Augen wieder zu und schnarchte rissel&comma; rassel weiter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Oooh&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog und hielt sich seine Nase&period; Kasperle hatte schon einen festen Griff und die Nase war feuerrot geworden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Eine sehr böse Krankheit&excl; Er hat Fieber&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Leibarzt schüttelte wieder den Kopf und sah wieder höchst besorgt drein&period; „Ruhe&comma; Ruhe&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und dann gingen alle&period; Der Herzog hielt sich seine Nase und der Leibarzt sagte&comma; er müsse kalte Umschläge machen&period; Der Herzog war böse und traurig zugleich&period; Das Nasenanfassen und daß Kasperle ihn Kasperlemann genannt hatte&comma; war verdrießlich&period; Aber freilich&comma; Kasperle war krank&comma; und wer weiß&comma; ob es jemals wieder aufwachte&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle schlief und schlief&period; Im Schloß fragte von Viertelstunde zu Viertelstunde einer den andern&colon; „Ist er wieder ausgewacht&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; Doch das Kasperle dachte nicht daran&comma; das schnarchte weiter&comma; rissel&comma; rassel&comma; sogar im Treppenhaus war es zu hören&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Alle glaubten&comma; das Kasperle sei wirklich furchtbar krank&comma; nur der alte Haushofmeister nicht&period; Der wußte besser im Schloß Bescheid als der Herzog selbst&semi; er kannte alle verborgenen Türen und Winkel&period; Sein Vater&comma; der auch schon Haushofmeister gewesen war&comma; hatte sie ihm verraten&period; Und als sich alle um das Kasperle sorgten&comma; ging er ganz leise unten in den Keller hinein&period; Er meinte nämlich&comma; von Kasperle sei ein Düftlein ausgegangen&comma; das an Wein mahnte&period; Das verborgene Pförtchen fand er schnell und gelangte in des Herzogs geheimen Weinkeller&comma; zu dem dieser den Schlüssel wohl verwahrt hatte&period; Und richtig&comma; da fand der Haushofmeister Kasperles Spuren&colon; alle drei Fässer leer&comma; die Zapfen am Boden&period; „Ei&comma; du heilloser Schelm&comma; du kleiner Nichtsnutz&comma; du&comma; ein Schwipslein hast du&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schalt der alte Mann&comma; aber er lachte leise dazu&period; Dann steckte er in jedes Faß den Zapfen und ging wieder zu dem verborgenen Türchen hinaus&period; Das schloß er sorgfältig und brummelte dabei vor sich hin&colon; „Na&comma; die Prinzessin Gundolfine wird böse sein&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Die Weine aus dem Keller liebte die Prinzessin nämlich sehr&semi; allemal wenn sie zu Besuch kam&comma; stieg der Herzog selbst in den Keller und holte ein Krüglein herauf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Was der Haushofmeister wußte&comma; sagte er keinem Menschen&period; Nur als Veit klagte&colon; „Kasperle wird noch sterben&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er heiter&colon; „I wo&comma; der stirbt nicht&excl; Paß auf&comma; morgen ist er putzmunter&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Es dauerte aber wirklich lange&comma; ehe Kasperle aufwachte&period; Vierundzwanzig Stunden schlief er wie ein Säcklein&comma; und der Herzog stand gerade wieder traurig an seinem Bett und der Leibarzt sagte&colon; „Sehr schlimm&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; da schlug Kasperle auf einmal die Augen auf&period; Er sah den Herzog&comma; den Doktor und etliche Hofherren an seinem Bett stehen&comma; und alle staunten sie ihn an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wie sonderbar das war&excl; Kasperle lag ein Weilchen&comma; rührte und rappelte sich nicht und sah mit seinen schwarzen Glitzeräuglein nur immer in die verdutzten Gesichter&period; Er fand das ungemein spaßhaft&comma; bis er plötzlich ein heftiges Grimmen in seinem Bäuchlein spürte&period; Das knurrte los und der Herzog drehte sich erschrocken rundum&period; „Man jage den Hund aus dem Zimmer&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er&period; „Wo ist der Hund&comma; der so knurrt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und alle drehten sich um&comma; suchten und suchten&comma; bis Kasperle jäh in ein lautes&comma; heftiges Geschrei ausbrach&period; „Hunger&comma; Hunger&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; jammerte er&comma; und da merkten es erst alle&colon; Kasperles Magen knurrte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Er hat Hunger&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog sank vor Erstaunen auf einen Stuhl&comma; der Leibarzt schüttelte wieder den Kopf&comma; er sagte aber doch&colon; „Man bringe schnell etwas zu essen&comma; ein Süppchen und ganz kleine Brötchen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle&comma; der Schelm&comma; merkte wohl&comma; alle waren in Angst um ihn&period; Er verstand zwar nicht recht warum&comma; denn er konnte sich erst gar nicht besinnen&comma; was mit ihm geschehen war&period; Das Angsthaben machte ihm aber den größten Spaß&period; Er verdrehte seine Äuglein&comma; schnitt fürchterliche Gesichter und wiederholte kläglich&colon; „Hunger&comma; Hunger&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Schnell&comma; schnell&comma; bringt doch etwas&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da rannte auch schon ein Diener herbei&comma; der brachte Suppe und ein paar hauchfeine Schinkenschnittchen&comma; mehr nicht&period; Kasperle machte plötzlich sein Räubergesicht&comma; steckte schwipp&comma; schwapp sämtliche Schnitten in den Mund&semi; schluck&comma; schluck&excl; weg waren sie und der Strick schrie&colon; „Mehr&comma; mehr&comma; ich sterbe&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Merkwürdig&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Leibarzt sah das Kasperle verwundert an&comma; der Herzog aber rief&colon; „Mehr&comma; bringt mehr&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und weil er selbst gern Schokolade lutschte&comma; holte er eine feine silberne Dose aus der Tasche&comma; reichte sie Kasperle und sagte&colon; „Nimm eins&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Ein Schokoladeplätzchen&comma; jemine&excl; Kasperle nahm die Dose&comma; und weg waren alle Plätzchen&comma; verschwunden in seinem großen Mund&period; Kasperle aber schrie jetzt richtig unnütz&colon; „Mehr&comma; mehr&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da rannte schon ein Diener in das Zimmer mit einer Platte&comma; auf der die leckersten Dinge standen&comma; und der Herzog sagte gerade&colon; „Man muß ihm etwas aussuchen&comma; er darf nicht zuviel essen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; da schluckte das Kasperle schon&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Himmel&comma; wie das ging&excl; Dem Herzog&comma; dem Leibarzt&comma; den Hofherren&comma; allen blieb der Mund vor Staunen offen&period; Wie ein richtiger kleiner Gierschlund war Kasperle&period; Belegte Schnittchen&comma; Kuchen&comma; Braten&comma; ein Schüsselchen Gemüse&comma; alles schluckte er hinab&comma; und zuletzt nahm er sich den großen Pudding&comma; der auch auf der Platte stand&comma; und von dem er nur kosten sollte&comma; und schnabulierte darauf los&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es wird zuviel&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie der Herzog und wollte selbst den Pudding wegnehmen&comma; aber Kasperle hielt seinen Pudding fest&comma; er schmauste und schmauste und sah dabei so vergnügt drein&comma; daß der Leibarzt plötzlich sagte&colon; „Es scheint&comma; er ist gesund&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber er überißt sich&period; Kasperle&comma; mein liebes Kasperle&comma; gib den Pudding her&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; bat der Herzog&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nä&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Kasperle grinste&comma; und als der Herzog wieder nach der Schüssel greifen wollte&comma; schnitt er ein Hexengesicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Oooh&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog wich erschrocken zurück&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da sagte auf einmal der alte Haushofmeister&colon; „Es ist genug&comma; Kasperle&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und dabei sah er Kasperle freundlich und doch streng an&comma; und der kleine Schelm spürte plötzlich&comma; der gütige alte Mann meinte es am allerbesten mit ihm&period; Er gab ohne ein Widerwort die Schüssel zurück und streckte sich ganz still und brav in seinem Bett wieder aus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Leibarzt&comma; der etwas sagen wollte und nicht recht wußte&comma; was er sagen sollte&comma; denn in seinem Leben hatte er noch kein Kasperle behandelt&comma; murmelte&colon; „Er muß im Bett bleiben&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Doch da redete der alte Haushofmeister freundlich dazwischen&comma; es wäre wohl am besten&comma; Kasperle stünde auf und liefe im Park herum&period; Dies wäre gewiß gesund&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Vortrefflich&comma; ganz vortrefflich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Leibarzt&comma; und da stimmte auch der Herzog zu&period; Er ordnete freilich an&comma; ein Diener müsse Kasperle zum Schutz begleiten&comma; und der alte Haushofmeister sagte ferner&comma; ja&comma; das könne Veit tun&period; So war es dem Herzog recht&period; Kasperle durfte aufstehen und in den Park laufen und Veit sagte&colon; „Geh nur an den Bach&comma; das traurige Marlenchen wartet schon&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Marlenchen saß wirklich am Bach&comma; und es war heute wieder ganz traurig&period; Es hatte das blasse Gesichtchen über das Wasser geneigt und drehte darin Stein um Stein um&period; Plötzlich aber schrie es auf&period; Kasperles Bild erschien im Wasserspiegel&comma; und nun sah das traurige Marlenchen gleich ein klein wenig nach Sonne aus&period; „Du bist da&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie erfreut zu dem kleinen&comma; unnützen Freund&period; „Ach&comma; ich dachte schon&comma; du kämst nie wieder&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle schoß vor Vergnügen über die Freiheit und das Zusammensein mit dem traurigen Marlenchen einen Purzelbaum und platschte dabei ins Wasser&semi; es spritzte hoch auf&comma; und erst als das Kasperle klitschnaß war&comma; setzte es sich neben Marlenchen und begann zu erzählen&comma; wie es ihm ergangen war&period; So nach und nach fiel ihm alles ein&period; Da erzählte er auch den Streich aus dem Keller und Marlenchen rief erschrocken&colon; „Aber Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle senkte die Nase&period; Er schielte seine kleine Freundin seitwärts an&comma; wie es die rechten Schelme tun&comma; und er sah so unnütz und drollig aus&comma; daß Marlenchen ein ganz klein wenig lachen mußte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Hach&comma; du lachst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Kasperle streckte die Beine in die Luft vor Vergnügen&comma; und dann fing er an zu schwatzen&comma; schneller als die Elstern in der hohen Ulme&period; Das Bächlein erschrak ordentlich&comma; es rann und lief&comma; gluckste und plätscherte&comma; dachte&colon; Nein&comma; der unnütze Strick da darf nicht flinker reden&comma; als ich renne&period; Die Elstern erhoben auch ihre Stimmen lauter&comma; und es war im sonst so stillen Waldtälchen ein Geschwätz und Gelärme um das traurige Marlenchen herum&comma; wie noch nie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber auch die Stunden hatten Eile wie das Bächlein&semi; viel zu früh&comma; meinten Kasperle und Marlenchen&comma; kam Veit&comma; und die beiden ungleichen Kamerädles mußten Abschied nehmen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das war bitter&period; Marlenchen sagte betrübt&colon; „Vielleicht wirst du nun wieder eingesperrt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle seufzte&period; Ach&comma; es war schon schwer&comma; in des Herzogs Dienst zu stehen&excl; Die Sehnsucht nach dem Waldhaus stieg wieder heiß in ihm empor&period; Traurig gab er Marlenchen die Hand und sagte&comma; er werde wiederkommen&period; „Und wenn er mich nicht läßt&comma; dann brenne ich durch&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; fügte er trotzig hinzu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; ich tu’s&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und Kasperle schnitt ein Teufelsgesicht&comma; ein Räubergesicht&comma; sah wie eine Hexe drein&comma; und Marlenchen begann sich ordentlich zu fürchten&period; Sie wich erschrocken an das Bächlein zurück&period; Doch gleich machte Kasperle wieder ein so liebes&comma; betrübtes Schelmengesicht&comma; daß sie ihn flink streichelte&colon; „Armes Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&period; „Aber ausreißen mußt du nicht&comma; denn sonst — bin ich wieder ganz allein&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich reiße nicht aus&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; versprach Kasperle gleich&comma; und als er mit Veit dem Schlosse zuging&comma; nahm er sich vor&comma; ungeheuer brav zu sein&comma; damit der Herzog ihn nicht wieder einsperren brauchte&period; Marlenchen sollte nicht wieder vergeblich auf ihn warten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er saß auch wirklich stumm und stocksteif am Abendtisch&comma; und der Herzog verwunderte sich sehr über Kasperle&period; Er dachte aber&colon; Er ist müde&comma; gewiß ist er doch noch krank&comma; und dann fragte er sehr freundlich&colon; „Willst du schlafen gehen&comma; Kasperle&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun war der Kleine kein bißchen müde nach seinen vierundzwanzig Stunden Schlaf&comma; er riß darum seinen Mund weit auf und schrie&comma; so laut er konnte&colon; „Nä&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mein Himmel&comma; ich bin doch nicht taub&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Herzog beleidigt&period; „Schäme dich&comma; so zu schreien&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle senkte den Kopf&period; Jemine&comma; war es schwer bei Hofe&comma; den rechten Ton zu treffen&excl; Einmal war er zu laut&comma; einmal zu leise&semi; sagte er viel&comma; war es nicht recht&comma; sagte er gar nichts&comma; auch nicht&semi; Vor lauter Ärger schnitt er sein Teufelsgesicht und der Herzog rief wieder vorwurfsvoll&colon; „Aber Kasperle&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Es saß aber einer an diesem Tage am Tisch des Herzogs&comma; das war ein lustiger und gütiger Mann&semi; der Oberstallmeister war es&period; Dem hatte Kasperle schon viel Spaß gemacht&comma; und er begann sehr herzhaft über das Teufelsgesicht zu lachen&period; Da merkte Kasperle gleich&colon; Der versteht dich&comma; und er schnitt flugs böse und lustige Gesichter durcheinander&comma; wie es ihm einfiel&period; Zuletzt mußte selbst der Herzog lachen und er sagte&comma; Kasperle dürfe an diesem Abend bei ihm bleiben&period; Da trieb Kasperle die allergrößten Narrenpossen&comma; und zuletzt sollte er dem Herzog noch etwas erzählen&comma; als der schon im Bett lag und nicht einschlafen konnte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle hockte neben ihm auf einem Stuhle und machte das allerdümmste Gesicht von der Welt&comma; als der Herzog sagte&colon; „Erzähle mir etwas&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dazu hatte er keine Lust&period; Den Herzog allein wollte er auch nicht unterhalten&semi; er dachte an das Einsperren und das kranke Marlenchen&period; Da drehte er den Kopf schief und schaute den Herzog böse an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„So ein Gesicht sollst du nicht machen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Herzog zornig&period; „Gleich erzähle mir&colon; Wer hat alles im Waldhaus gewohnt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Im Waldhaus&excl; Bei der Erinnerung daran vergaß Kasperle seinen Zorn auf den Herzog&semi; sein unnützes Schelmengesicht bekam einen lieben&comma; zärtlichen Ausdruck&comma; und als der Herzog mahnte&colon; „Erzähle mal vom Waldhaus&excl; Lebt denn der Meister Friedolin noch&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; Da fing Kasperle an&period; Wie das Bächlein so flink ging seine Rede&period; Er vergaß&comma; daß es der Herzog war&comma; der im Bett lag&comma; er war auf einmal wieder im Waldhaus bei Meister Friedolin und Mutter Annettchen&period; Er schwatzte von der schönen Liebetraut und Herrn Severin&comma; von seinem Michele&comma; von dem am meisten&period; So etwas hatte der Herzog noch nie gehört&period; Daß man abends nur Milchsuppe und ein Stück Brot aß und Feste feierte&comma; wenn das erste Schneeglöckchen&comma; die ersten Primeln blühten&comma; die Singvögel heimkehrten&comma; kam ihm wie ein Märchen vor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperles Augen glänzten&period; Er redete und redete&comma; er erzählte von den Rehen&comma; die ganz zahm waren und manchmal in die große Waldhausstube hereinschauten&comma; und wie sie stille standen&comma; wenn jemand aus dem kleinen Haus kam&comma; und sich streicheln ließen&period; Und von dem zahmen Eichkätzchen&comma; von dem Hasen Wackelbart und der Ziege Ludowisia erzählte Kasperle&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog lag ganz still und lauschte&period; Er meinte den Wald rauschen und die Vögel singen zu hören&comma; und am liebsten wäre er aufgestanden und hätte gesagt&colon; „Komm&comma; Kasperle&comma; wir gehen ins Waldhaus&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da zupfte plötzlich der Kammerdiener Kasperle am Jackenzipfel und sagte leise&colon; „Komm hinaus&comma; sieh doch&comma; der Herzog ist eingeschlafen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der war wirklich eingeschlafen&comma; er lag und träumte vom Waldhaus&comma; und er sah dabei gar nicht böse und streng wie sonst aus&comma; sondern ganz milde&period; Kasperle schüttelte erstaunt den Kopf und brummelte&colon; „Da liegt ’n anderer im Bett drin&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„I bewahre&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; flüsterte der Kammerdiener&comma; „es ist schon unser Herzog&period; Freilich&comma; so freundlich hat er lange nicht dreingesehen&period; Lieber Himmel&comma; ja&comma; wenn er doch immer so aussehen möchte&comma; dann diente ich ihm auch lieber&excl; So&comma; und nun gehe in dein Bett&comma; Kasperle&comma; und schlafe&comma; es ist Zeit&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>

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