Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Kasperle auf Reisen
(Josephine Siebe, 1921, empfohlenes Alter: 5 - 7 Jahre)

Rosemarie

<p>Rings um das Schloß wachten die Wächter&comma; die großen Hunde umliefen es&comma; Kasperle fanden sie aber doch nicht&period; Wo war der nur&quest; Wie weggeblasen war er&period; Die Diener und Mägde durchsuchten wirklich das ganze Schloß&comma; sie schauten sogar in verschlossene Kisten und Schränke hinein&comma; — der unnütze Schelm war nicht zu finden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nur eine im ganzen Schloß wußte&comma; wo das Kasperle steckte&comma; Rosemarie&period; Die hatte am Fenster gestanden&comma; als von unten herauf ein lautes Lärmen erklungen war&period; Da hatte sie erstaunt hinausgesehen und Kasperle erblickt&comma; der wie eine reife Pflaume am Baum in dem Geäst des uralten Efeus hing&comma; der die Schloßmauer bedeckte&period; „Der fremde Junge&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Rosemarie hatte es verwundert gerufen&comma; und da purzelte Kasperle auch schon in ihr Zimmer&comma; denn weiter konnte der nicht klettern&period; Er war ohnehin vor Angst und Eile schon ganz außer Atem&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Unten war das Rufen lauter und lauter geworden&comma; und Kasperle war auf einmal zu Rosemaries größter Verwunderung unter das Sofa gekrochen&period; Von dort her jammerte er kläglich&colon; „Sie hängen mich auf&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Rosemarie hatte sehr viel Mitleid mit dem kleinen Schelm gehabt&comma; sie hatte ihn vorgelockt und ihn in ihrer großen Puppenstube versteckt&period; Das war ein kleines Zimmer&comma; in dem alles für Rosemaries Puppen eingerichtet war&period; In das Bett der größten Puppe ging Kasperle gerade noch hinein&period; Ein bißchen zusammenkrümmen mußte er sich freilich&comma; wie ein Igel&comma; aber Rosemarie sagte&colon; „Das schadet nichts&comma; hier findet dich niemand&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Es war auch niemand im ganzen Schloß auf den Gedanken gekommen&comma; in Rosemaries Puppenstube nachzusehen&period; Ihre Lehrerin dachte&comma; sie hätte die ganze Zeit mit ihren Puppen gespielt&comma; weil sie so still in der Stube gesessen hatte&period; Als Rosemarie hinausging&comma; schloß sie sorgsam die Vorhänge am Puppenbett&comma; und das Kasperle lag in dem weißen Mullbettchen&comma; von himmelblauen Seidenvorhängen umgeben&period; Das Bettchen war fein und weich&comma; nur für so einen kleinen strampeligen&comma; unnützen Kasper zu zart und fein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der seufzte denn auch arg&comma; als Rosemarie gegangen war&period; Am liebsten wäre er aufgestanden und hätte in der Puppenstube alles umgekramt&semi; er hatte aber doch große Angst&comma; man könnte ihn finden&comma; darum blieb er still liegen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Endlich kam Rosemarie wieder&period; Die hatte den Gästen gute Nacht sagen müssen und sollte nun selbst bald zu Bett gehen&period; Sie sollte sich ausschlafen&comma; denn morgen war die Hochzeit&semi; die wollte sie ganz und gar mitfeiern&period; Leise zog sie den Vorhang auseinander&comma; begierig&comma; ob der fremde Kasper wohl schlief&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle sah sie betrübt an&comma; er seufzte kläglich und murmelte&colon; „Ich kann in dem Bett nicht liegen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du mußt aber drin bleiben&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; flüsterte Rosemarie ängstlich&period; „Ach&comma; Kasper&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; klagte sie&comma; „was hast du angerichtet&excl; Der Herzog ist bitterböse&comma; und es sind schon dreißig Landjäger gekommen&comma; die sollen das Schloß bewachen&comma; damit niemand hinaus kann&period; Und morgen früh soll noch einmal alles&comma; alles abgesucht werden&period; Dann kommen sie gewiß auch hier herein&comma; und wenn sie dich finden&comma; wirst du ins Gefängnis gesteckt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Brrrr&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Kasperle schüttelte sich&comma; dazu war er doch nicht in die weite Welt gelaufen&comma; um eingesteckt zu werden&period; „Ich fliehe&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; brummte er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dann fassen dich die Hunde oder fangen dich die Landjäger&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Rosemarie seufzte bekümmert&period; Auf einmal aber hellte sich ihr Gesichtchen auf&period; „Ich weiß was&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&period; „Ich gebe dir den Turmschlüssel&period; Gleich neben dem Turm geht es hinaus&comma; und vielleicht ist gerade da kein Landjäger&period; Komm&comma; jetzt sitzen alle beim Essen&comma; da zeige ich dir flink den Weg&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Sie packte fürsorglich noch ein Stück Torte ein&comma; das sie selbst hätte essen sollen&comma; und steckte es Kasperle zu&comma; und dann lief sie ganz&comma; ganz leise voran&period; Kasperle folgte ihr&comma; die Schuhe in der Hand&period; Rosemarie stieg eine schmale&comma; schmale Treppe hinab&comma; dann ging sie einen Gang entlang und öffnete am Ende eine Türe&comma; und beide betraten ein rundes Gemach&period; Ein Tisch stand in der Mitte&comma; Stühle darum&comma; es war noch so hell&comma; daß Kasperle alles sehen konnte&period; Aus dem runden Zimmer führte ein schmales Treppchen abwärts&comma; und Rosemarie belehrte Kasperle&comma; dort müsse er hinabsteigen&comma; die Tür unten aufriegeln&comma; dann sei er am Parkende und komme vielleicht hinaus&period; Wie sie das sagte&comma; erfaßte sie ein tiefes Mitleid mit dem armen fremden Jungen&period; Sie fand&comma; er hätte doch gar nichts Schlimmes getan&period; „Du armer Kasper&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; flüsterte sie&comma; und über ihr liebliches Gesicht liefen helle Tränen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In diesem Augenblick kam sich das Kasperle selbst sehr&comma; sehr arm und verlassen vor&comma; und er fing an ganz erschrecklich zu heulen&period; Rosemarie hielt ihm rasch mit beiden Händchen den Mund zu&comma; denn Kasperle hatte eine Stimme&comma; die selbst durch eine dicke Turmmauer hindurchschallte&period; Er schwieg dann aber auch gleich und sah Rosemarie erschrocken an&semi; doch als die sagte&colon; „Nun muß ich gehen&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; da purzelten dem Kasperle wieder die Tränen wie ein Bächlein aus den Augen&period; Er war jedoch still&comma; versprach auch&comma; er wolle fein brav alles befolgen&comma; was Rosemarie ihm geraten hatte&comma; und dann hielt er ein Weilchen die feine&comma; kleine Hand des Grafenkindes fest&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ach&comma; wie himmelgern wäre er jetzt hiergeblieben in dem schönen Schloß und wäre Rosemaries Spielkamerad geworden&excl; Er legte den Kopf auf die Seite und schielte Rosemarie traurig an&period; Da sagte die plötzlich&colon; „Weißt du&comma; wie du aussiehst&quest; Wie — wie meine Kasperlepuppe&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und ganz jäh begann sie sich ein wenig vor dem fremden häßlichen Jungen zu fürchten&comma; und sie sagte rasch&colon; „Ich muß gehen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Sie nickte Kasperle noch einmal zu und glitt dann leise aus dem Zimmer&period; Kasperle hörte sie zuschließen&comma; dann war er allein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Er blieb noch ein paar Minuten still sitzen&comma; weinte bitterlich und vergaß darüber Rosemaries gute Lehren&period; Statt sachte das Trepplein hinabzusteigen und unten die Turmtüre aufzuschließen&comma; wollte er erst einmal durch das Fenster hinausschauen&period; Er öffnete das kleine Fensterchen&comma; das klirrte und knarrte arg&comma; und dann streckte Kasperle den Kopf hinaus und sah sich um&period; Ach&comma; war das eine schöne frische Luft draußen&excl; Kasperle schaute in die Höhe und schaute nach rechts und nach links&comma; und dann schaute er auch hinab&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wauwau&comma; wuwuwu&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; ging es plötzlich unten los&semi; ein großer Hund stand da und bellte zu Kasperle hinauf&period; „Wauwau&comma; wuwuwu&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Ganz drohend klang seine Stimme&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle wollte schnell den Kopf zurückziehen&period; Doch so schnell ging das nicht&comma; das Fensterchen war eng und Kasperles Kopf dick&comma; und ehe der wieder drin war&comma; tauchte draußen ein Landjäger im Gebüsch auf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gab das ein Hallo&excl; „Er steckt im Turm&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie der Mann&period; Und dann drohte er hinauf&colon; „Nu&comma; warte du&comma; dich fange ich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Er maß schnell das kleine Fenster mit seinem Blick&comma; nein&comma; da konnte selbst ein kleiner Junge nicht hindurchkriechen&period; Und weil er zu dem Pförtlein unten keinen Schlüssel hatte und auch wußte&comma; daß dies immer verschlossen war&comma; lief er eilig in das Schloß hinein&comma; seinem Hund aber rief er zu&colon; „Sultan&comma; paß auf&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle hörte ihn davonlaufen&comma; und er besann sich einen Augenblick&comma; was zu tun sei&period; Dann nahm er flink Rosemaries Kuchen vom Tisch&comma; rannte blitzschnell das Treppchen hinab und schloß unten auf&period; „Wauwauwau&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; bellte ihn Sultan zornig an&period; Das Kasperle aber nicht faul&comma; warf dem Hund geschwinde den Kuchen in den Rachen&period; Rrrabsch&excl; Sultan vergaß das Bellen&period; So ein feiner Kuchen flog ihm nicht oft ins Maul&period; Er schleckte und schluckte&comma; und da hatte Kasperle auch schon die kleine Türe erreicht&period; Sie knarrte und quietschte&comma; da war sie schon auf&comma; aber inzwischen hatte auch Sultan seinen Kuchen verschluckt&comma; und er besann sich auf seine Wächterpflicht&period; Doch Kasperle war flinker draußen als er am Türchen&period; Das schlug ihm vor der Nase zu&comma; und draußen kollerte Kasperle vor lauter Eile den Schloßberg hinab in einen kleinen Bach hinein&period; Das Wasser spritzte hoch auf&comma; dem Bächlein gefiel dies Hineingeplumse gar nicht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Oben auf dem Schloß wurde der Lärm lauter und lauter&period; Jetzt bellte nicht Sultan allein&comma; auch die andern Hunde fingen an zu bellen&comma; Stimmen wurden laut&comma; Rufe ertönten&comma; und Kasperle begann vor Angst zu zittern&period; Er rannte in seiner Furcht eine Weile in dem Bach weiter&comma; bis er an ein Gebüsch kam&semi; da schlüpfte er hinein&period; Er kroch hindurch und sah vor sich eine weite Wiese liegen&comma; dahinter stand dunkel der Bergwald&period; Dort konnte er sich vielleicht verstecken&period; Aber statt über die Wiese zu laufen&comma; fing Kasperle an Purzelbaum zu schlagen&period; Das ging so geschwinde&comma; wie Tauwasser einen Berg hinabrennt&period; Da war der Wald&comma; und Kasperle tauchte in seinen dunklen Schatten unter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es war aber auch die höchste Zeit&period; Auf dem Schloß hatten sie den Turm leer gefunden&comma; und die Landjäger schlugen einen gewaltigen Lärm&period; Den hörten der Graf und seine Gäste&comma; und als der Herzog vernahm&comma; daß Kasperle gesehen worden war&comma; verlangte er&comma; man solle ihn eilig verfolgen&period; Er war noch immer bitterböse auf den kleinen Kerl&period; Dem&comma; der ihn finden würde&comma; versprach er eine hohe Belohnung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da rannte alles&comma; was Beine hatte&comma; um Kasperle zu suchen&period; Man fand auch bald&comma; wo er ausgerissen war&comma; denn Sultan stand und bellte die kleine Mauerpforte immerzu wütend an&period; „Den haben wir bald&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Landjäger&comma; „Sultan findet ihn schon&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Doch Sultan fand ihn nicht&period; Der stand plötzlich am Bach still&comma; schnupperte und schnupperte&comma; aber das Wasser hatte Kasperles Fährte hinweggespült&period; Wo war das Kasperle&quest;<&sol;p>&NewLine;<p>Landjäger&comma; Hunde&comma; Mägde&comma; Diener&comma; alles rannte im Schloß umher&comma; um das Schloß herum&comma; Kasperle fanden sie nicht&period; „Er ist noch im Schloß&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagten die einen&comma; „nein&comma; er ist entwischt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; behaupteten die Landjäger&semi; „man muß im Walde suchen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Die Mägde meinten&comma; Kasperle sei ein Gespenst&comma; ein Kobold&semi; aber die Hausverwalterin sagte&comma; ein Gespenst schlecke nicht so viel Schlagsahne&period; Und sie sah zehnmal in den Speisekammern nach&comma; sie dachte&comma; Kasperle hätte sich gewiß darin versteckt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle kletterte unterdessen den hohen Waldberg empor&comma; der steil in die Höhe stieg&period; Der Wald war hier so dicht&comma; daß sich ein kleiner Schelm schon darin verstecken konnte&period; Aber vor den Landjägern und den Hunden hatte Kasperle doch eine jämmerliche Angst&period; Darum rannte er&comma; so schnell er konnte&period; Und das war nicht immer leicht&period; Dürre Äste&comma; knorrige Wurzeln&comma; auch einmal ein umgestürzter Stamm erschwerten das Fortkommen sehr&period; Kasperles Nase war zuletzt ganz zerschunden&comma; so oft hatte er sich daran gestoßen&period; Und je höher es hinaufging&comma; desto schlechter wurde der Weg&period; Steingeröll bedeckte den Boden&comma; und ein Menschenbube wäre wohl nicht so schnell in die Höhe gelangt&period; Aber Kasperle stieg und stieg immer höher&comma; bis auf einmal vor ihm eine grüne Bergwiese lag&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es war Abend geworden&comma; und am dunkelblauen Himmel stand schon ganz blaß und fein der Mond&period; Auch ein Sternlein glitzerte&comma; aber Kasperle sah es gar nicht&period; Der sank müde am Waldrand nieder&period; Er kniff die Augen zu&comma; und da schlief er auch schon&period; Und die großen Waldbäume hatten Mitleid mit dem armen&comma; verirrten kleinen Kerl&period; Sie&comma; die immer nach oben schauen&comma; zum Himmel empor&comma; haben gütige&comma; fromme Gedanken&comma; sie haben Mitleid mit den Kleinen&comma; die sich quälen müssen auf der Erde&period; Und der kleine Kerl&comma; der da so müde und abgehetzt unter ihnen schlief&comma; tat ihnen leid&period; Sie rauschten ihm ein schönes&comma; feierliches Schlummerlied&comma; erzählten ihm Geschichten&comma; und Kasperle schlief auf dem weichen Waldboden besser als der Herzog im seidenen Bett&period; Er hörte nicht&comma; wie weiter unten im Wald die Hunde bellten und die Landjäger mit Hussageschrei den Flüchtling suchten&period; Bis zur Bergwiese stieg keiner hinauf&comma; denn der Weg war so steil und beschwerlich&comma; daß niemand dachte&comma; Kasperle könnte denselben gegangen sein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasperle schlief noch süß und fest&comma; da kehrten die Landjäger schon in das Schloß zurück&comma; und sie sagten nun auch&colon; „Der hat sich im Schloß versteckt&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und sie bewachten das Schloß weiter&comma; und die Hausverwalterin hütete ihre Speisekammer&period; Und doch fehlte darin am nächsten Tag ein großes Stück Torte&period; Sie sagte&colon; „Das war der Junge&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; und die Mägde sagten es auch&period; Berta und Dörte aber&comma; die beiden jüngsten&comma; die leckten sich heimlich den Mund ab&comma; sie hatten nämlich die Torte gegessen&period; Sie schrien aber am lautesten&comma; der fremde Junge sei es gewesen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog wurde vor Ärger&comma; und weil er so furchtbar erschrocken war&comma; am Tag nach der Hochzeit krank&period; Vielleicht hatte er auch zu viel Kuchen gegessen&comma; wer kann das wissen&excl; Und der Graf rief immerzu&colon; „Schafft mir nur den Jungen her&comma; damit ihn der Herzog bestrafen kann&excl; Der Herzog soll sich doch in meinem Schlosse nicht krank ärgern&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der kleinen Rosemarie war das Herzchen bitter schwer&period; Die hätte gern ihren Eltern alles gestanden&comma; aber sie wagte es nicht&period; Sie fürchtete&comma; der Herzog könnte dann auch so bitterböse auf sie werden&comma; und sie wußte doch&comma; sie konnte nicht einmal sagen&colon; „Es tut mir leid&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Dazu freute sie sich viel zu sehr über Kasperles Rettung&period; Aber sie ließ tief betrübt ihr Näslein hängen und ging still und blaß einher&comma; und ihre Mutter begann sich recht um sie zu sorgen&period; Der Herzog krank&comma; Rosemarie krank&comma; es war gar nicht gemütlich im Schloß in diesen Tagen&period; Der gute Graf von Singerlingen dachte&colon; Das muß ein bißchen lustiger werden&comma; ich muß mir etwas Vergnügliches ausdenken&period; Und als er hörte&comma; unten in dem winzigen Städtchen&comma; das am Fuße des Schloßberges lag&comma; sei ein Puppenspieler angekommen&comma; schickte er hinab&comma; der Puppenmann möchte heraufkommen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich habe eine Überraschung&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der Graf von Singerlingen bei Tisch&period; Und dann erzählte er von dem Puppenspieler&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog&comma; der etwas verdrießlich am Tisch saß&comma; mußte lachen&period; „Das ist freilich eine schnurrige Überraschung für große Leute&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&period; „Doch der Mann mag kommen&comma; auch ein Puppenspiel kann lustig sein&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>So gab es am Nachmittag eine Vorstellung im Schloß&period; Der Kasperlemann aus dem Städtchen kam herauf&comma; er stellte seine kleine Bühne auf&comma; und dann streckte Kasperle seine große Nase heraus und — ja&comma; was er sagen wollte&comma; das hörten die Zuschauer gar nicht&comma; alle riefen&colon; „Der fremde Junge&excl; Genau so sah er aus&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Kasper ist’s&excl; dachte auch Rosemarie erschrocken&comma; und ganz jäh begann sie bitterlich zu weinen&period; Sie schluchzte so herzbrechend&comma; daß der Kasperlemann seine Reden und der Herzog seinen Ärger vergaß&period; Der fragte milde nach Rosemaries Kummer&comma; und da bekannte die Kleine alles&comma; und sie war froh&comma; es sagen zu können&comma; zu sehr hatte das Geheimnis ihr Herz bedrückt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„O Rosemarie&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief die Gräfin ganz erschrocken&comma; „warum hast du geholfen und den schlimmen Jungen ausreißen lassen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mit Verlaub&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; redete da der Kasperlemann hinter seiner Bühne hervor&comma; „das ist gar kein Junge&comma; das ist ein Kasperle&comma; ein lebendiges Kasperle&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Potzwetter noch einmal&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Herzog sah den Kasperlemann ganz grimmig an und rief&colon; „Was redet Er da für Unsinn&quest; Ein lebendiges Kasperle&comma; so etwas habe ich in meinem Leben noch nicht gehört&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Kasperlemann aber kam geschwind näher und verbeugte sich immerzu ganz tief&period; Er stippte mit der Nase beinahe auf dem Boden auf&comma; bis der Herzog endlich rief&colon; „Genug&comma; genug&comma; jetzt will ich wissen&comma; was das mit dem Kasperle für eine Geschichte ist&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da erzählte der Puppenspieler vom Waldhaus und von Protzendorf und daß er Kasperle fangen wolle&comma; und wenn er&comma; wer weiß wie weit ziehen müßte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>War das eine sonderbare Geschichte&excl; Der Herzog ließ sie sich dreimal erzählen&comma; und dann mußte der Puppenspieler auch noch heilig versichern&comma; alles sei bestimmt wahr&period; Ein Kasper also war der fremde Junge gewesen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die kleine Rosemarie dachte daran&comma; wie sie im Turm sich vor ihm gefürchtet hatte&comma; und daß sie sich jetzt nicht mehr fürchten würde&semi; er war ja nur ein Kasperle&period; Und ihr kleines Herz brach fast vor Mitleid&comma; als sie jetzt den Herzog sagen hörte&colon; „Der muß gefangen werden&excl; So einen seltsamen Kauz will ich besitzen&period; Wer ihn fängt&comma; der soll eine hohe Belohnung haben&period; Mit dem Puppenschnitzer im Waldhaus werde ich schon einig werden&semi; der muß mir das Kasperle überlassen&period; Schnell&comma; schnell&comma; es sollen zehn Landjäger mit Hunden ausreiten&comma; und es soll überall nachgeforscht werden&excl; Das Kasperle will ich haben&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Puppenspieler vergaß&comma; daß er dem Meister Friedolin versprochen hatte&comma; er&comma; nur er allein solle Kasperle bekommen&period; Die hohe Belohnung verlockte ihn&comma; und er gelobte dem Herzog&comma; ihm das Kasperle zu bringen&comma; wenn — er es erst hätte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Herzog aber sagte&comma; er würde Kasperle in einen goldenen Käfig stecken&comma; er dürfe ihm nicht mehr ausreißen&comma; — wenn er ihn erst hätte&period; Und die Landjäger sprengten davon&period; Unten im Städtchen erzählte es einer dem andern&colon; „Wer das richtige Kasperle findet&comma; der bekommt viel&comma; viel Geld&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Manche Leute rannten da gleich flink in die weite Welt hinein&comma; um Kasperle zu suchen&semi; die dachten gar&comma; der sitze nun wohl mitten auf der Landstraße und lasse sich fangen wie ein Schmetterling&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die kleine Rosemarie aber lag in ihrem Bett und weinte bitterlich&period; Als ihre Mutter noch einmal zu ihr kam&comma; da war das Kopfkissen der Kleinen naß von den vielen Tränen&period; Und Rosemarie klagte der Mutter&comma; wie leid ihr das arme verfolgte Kasperle tue&comma; das in einen Käfig gesetzt werden solle&period; Die Mutter tröstete linde&comma; noch sei Kasperle ja nicht gefangen&period; „Vielleicht findet er noch heim in das Waldhaus&semi; mir scheint&comma; das ist seine beste Heimat&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich will beten&comma; daß Kasperle heimfindet&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; flüsterte Rosemarie und faltete fromm ihre Hände&period; Und dann schlief sie ein und träumte&colon; Kasperle saß in einem goldenen Käfig&comma; und da kam ein Vogel&comma; sang und sang&comma; und plötzlich war um den Käfig herum der grüne Wald&comma; und Kasperle spazierte vergnügt hinein&period; Er nickte ihr noch fröhlich zu&comma; und dann war er verschwunden&period; Auf einmal aber kam der Herzog gelaufen und die Landjäger und viele&comma; viele Leute&comma; und alle riefen&colon; „Wo ist Kasperle&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; Da fing die kleine Rosemarie an zu lachen&comma; sie lachte und lachte und wachte schließlich von ihrem eigenen Lachen fröhlich auf&period; Vielleicht wird Kasperle wirklich nicht gefangen&comma; dachte sie getröstet&period;<&sol;p>

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