Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Märchen-Sammlung
(Ludwig Bechstein, empfohlenes Alter: 8 - 11 Jahre)

Die drei Federn

<p>Einem Manne wurde ein Söhnlein geboren&semi; und da der Vater ausging&comma; einen Paten zu suchen&comma; der das Kind aus der Taufe hebe&comma; so fand er einen jungen&comma; wunderschönen Knaben&comma; gegen den sein Herz gleich voll Liebe wurde&period; Und als er ihm nun seine Bitte vortrug&comma; war der schöne Knabe gern bereit mitzugehen und das Kind zu heben und hinterließ ein junges&comma; weißes Roß als Patengeschenk&period; Dieser Knabe ist aber niemand anders gewesen als Jesus Christus&comma; unser Herr&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der junge Knabe&comma; welcher in der Taufe den Namen Heinrich empfangen hatte&comma; wuchs zu seines Vaters und seiner Mutter Freude&comma; und wie er die Jünglingsjahre erreicht hatte&comma; da hielt es ihn nicht mehr daheim&comma; sondern es zog ihn in die Ferne nach Taten und Abenteuern&period; Nahm daher Urlaub von seinen Eltern&comma; setzte sich auf sein gesatteltes Rößlein&comma; das ihm der unbekannte Knabe zum Patengeschenk gegeben&comma; und ritt frisch und fröhlich darauf in die Welt hinein&period; Da kam er eines Tages durch einen Wald&comma; und siehe&comma; da lag hart am Wege eine Feder aus dem Rade eines Pfauen&comma; und die Sonne schien auf die Feder&comma; daß ihre bunten Farben in ihrem Glanze prächtig leuchteten&period; Der junge Knabe hielt sein Rößlein an und wollte absteigen&comma; um die Feder aufzuheben und sie an seinen Hut zu stecken&period; Da tat das Rößlein sein Maul auf und sprach&colon; „Ach&comma; laß die Feder auf dem Grunde liegen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Des verwunderte sich der junge Reiter&comma; daß das Rößlein sprechen konnte&comma; und es kam ihn ein Schauer an&semi; er blieb im Sattel&comma; stieg nicht ab&comma; hob die Feder nicht auf&comma; sondern ritt weiter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nach einer Zeit geschah es&comma; daß der Knabe am Ufer eines Bächleins hinritt&comma; siehe&comma; da lag eine bunte&comma; viel schönere Feder auf dem grünen Gras&comma; als jene war&comma; die im Walde gelegen hatte&comma; und des Knaben Herz verlangte nach ihr&comma; seinen Hut damit zu schmücken&comma; denn dergleichen Pracht von einer Feder hatte er all sein Lebtag noch nicht gesehen&period; Aber wie er absteigen wollte&comma; sprach das Rößlein abermals&colon; „Ach&comma; laß die Feder auf dem Grunde&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Und wieder verwunderte sich der Knabe über alle Maßen&comma; daß das Rößlein sprach&comma; während es doch sonst nicht redete&semi; er folgte auch diesmal&comma; blieb im Sattel&comma; stieg nicht ab&comma; hob die Feder nicht auf&comma; sondern ritt weiter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun währte es nur eine kleine Zeit&comma; da kam der Knabe an einen hohen Berg und wollte da hinauf reiten&comma; da lag an seinem Fuße im Wiesengrunde wieder eine Feder&semi; das war nach seinem Vermeinen aber die allerschönste in der ganzen weiten Welt&comma; und die mußte er haben&period; Sie glänzte und funkelte wie lauter blaue und grüne Edelsteine oder wie die hellen Tautropfen in der Morgensonne&period; Aber wiederum sprach das Rößlein&colon; „Ach&comma; laß die Feder auf dem Grunde&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Dieses Mal vermochte der Jüngling dem Rößlein nicht zu gehorchen und wollte seinen Rat nicht hören&comma; denn es gelüstete ihn allzusehr nach dem lieblichen und stattlichen Schmuck&period; Er stieg ab&comma; hob die Feder vom Grunde und steckte sie auf seinen Hut&period; Da sprach das Rößlein&colon; „O weh&comma; was tust du dir zum Schaden&quest; Es wird dich wohl noch reuen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Weiter sprach es nichts&period; Wie der Jüngling weiter ritt&comma; so kam er an eine stattliche und wohlgebaute Stadt&comma; da sah er viel geschmückte Bürgersleute&comma; und es kam ihm ein feiner Zug entgegen mit Pfeifern&comma; Paukern und Trompetern und vielen wehenden Fahnen&comma; und das war prächtig anzusehen&period; Und in dem Zuge gingen Jungfrauen&comma; die streuten Blumen&comma; und die vier schönsten trugen auf einem Kissen eine Königskrone&period; Und die Ältesten der Stadt reichten die Krone dem Jüngling und sprachen&colon; „Heil dir&comma; du uns von Gott gesandter edler Jüngling&excl; Du sollst unser König sein&excl; Gelobt sei Gott&comma; der Herr&comma; in alle Ewigkeit&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und alles Volk schrie&colon; „Heil unserm König&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Jüngling wußte nicht&comma; wie ihm geschehen&comma; als er auf seinem Haupte die Königskrone fühlte&comma; er kniete nieder und lobte Gott und den Heiland&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Hätte er die erste Feder aufgehoben&comma; so wäre er ein Graf geworden&semi; die zweite&colon; ein Herzog&comma; und hätte er die dritte Feder nicht aufgehoben&comma; so hätte er auf dem Bergesgipfel eine vierte gefunden&comma; und das Rößlein hätte dann gesprochen&colon; „Diese Feder nimm vom Grunde&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Dann wär’ er ein mächtiger Kaiser geworden über viele Reiche der Welt&comma; und die Sonne wäre nicht untergegangen in seinen Landen&period; Doch war er auch so zufrieden und war ein gütiger&comma; weiser&comma; gerechter und frommer König&period;<&sol;p>