Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Neue Sammlung der schönsten Sagen und Märchen von dem Berggeiste im Riesengebirge
(Rosalie Koch)

Der alte Schäfer

<p>Nach allem Vorhergegangenen möchtet ihr nun wohl glauben&comma; habe es sich Rübezahl zum Grundsatz gemacht&comma; das Böse zu bestrafen und nur den guten Menschen Hilfe und Glück angedeihen zu lassen&period; Im Grunde aber handelte er meist nach guter oder schlimmer Laune&comma; und nicht immer war er mit Ersatz und Schadloshaltung zur Hand&comma; wo er durch seine Neckereien Schaden und Unheil angerichtet hatte&period; Zuweilen erschreckte er ganz ohne Ursache eine Gesellschaft Marktweiber durch allerlei abenteuerliche Tiergestalten&comma; lähmte den Reisenden die Rosse&comma; zerbrach ein Rad und warf abgerissene Felsstücke in den Weg&comma; die nur mit großer Mühe wieder hinweggeschafft werden konnten&period; Wer sich durch solche Neckereien zum Zorn und Unmut gegen Rübezahl reizen ließ&comma; den verfolgte er mit einem Steinhagel so lange&comma; bis er sein Gebiet verlassen hatte&semi; oder ein Schwarm wilder Bienen umgab ihn gleich einer dunklen Wolke&comma; und der Wanderer ward von ihnen so geängstet&comma; daß er halbtot aus den Bergen zurückkehrte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nur mit einzelnen Menschen ließ sich der Berggeist zuweilen in ein Gespräch ein&comma; wobei sich aber jene sehr zu hüten hatten&comma; eine allzu große Vertraulichkeit zu zeigen&comma; oder sich auf seine freundliche Gesinnung zu verlassen&period; Man erzählt sich eine Begebenheit mit einem alten Schäfer&comma; die von Rübezahls Eigensinn und Grausamkeit den besten Beweis liefert&period; Mit diesem Manne unterhielt sich der Berggeist oft&comma; ja er leitete eine förmliche Bekanntschaft mit ihm ein&comma; und gern ließ er sich den einfachen Lebenslauf des Hirten erzählen&period; Zum Dank dafür erlaubte er ihm&comma; die Herde bis an die Hecken seines Gartens zu treiben&comma; was kein anderer zu tun wagen durfte&comma; verbot ihm jedoch ernsthaft weiter vorzudringen&period; Lange Zeit hielt der Schäfer gewissenhaft dieses Verbot und begnügte sich&comma; nur von weiter Ferne hineinzusehen&comma; als er aber ganz sicher in der Gunst des launenhaften Gnomen sich glaubte&comma; trieb er seine Schafe einstmals zu nahe an das Gehege von Rübezahls Garten&comma; daß einige der Tiere&comma; denen die duftenden Kräuter darin verlockend waren&comma; hindurchbrachen und nun lustig auf dem verbotenen Felde weideten&period; Darüber ward Rübezahl so sehr erzürnt&comma; daß er die Herde durch ein furchtbares Getöse dergestalt erschreckte&comma; daß sie auseinander- und den Berg hinabstürzte&comma; wobei der größte Teil der Schafe verunglückte oder sich verlief&period; Darüber ging der Wohlstand des Schäfers ganz zu Grunde&comma; von der Freundschaft Rübezahls wollte er nichts mehr wissen und härmte sich tot&period;<&sol;p>