Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Neue Sammlung der schönsten Sagen und Märchen von dem Berggeiste im Riesengebirge
(Rosalie Koch)

Die drei besten Menschen

<p>Rübezahl kam auf seinen Streifereien eines Abends bei den Grenzbauden vorbei&period; „Wie wär’s&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; dachte er&comma; „wenn du über Nacht hier bliebest&quest; Vielleicht erlebst du einen lustigen Zufall&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; und damit ging er ins Haus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da saßen drei Männer um einen Tisch&comma; tranken ihre Flasche Österreicher und waren guter Dinge&semi; zu denen setzte sich Rübezahl und bat&comma; sie möchten sich in ihrem Gespräch nicht irre machen lassen&period; Nun fuhr der erste von ihnen in seiner Rede also weiter fort&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich bin ein Landsknecht&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; „aus Dinckelsbühl in Schwaben&comma; und da jetzt Frieden im Reiche ist&comma; so gehe ich in die weite Welt&comma; um auf meine eigene Rechnung Taten zu tun&comma; vor denen die Menschen staunen sollen&comma; und ich will niemand raten&comma; daran zu zweifeln&semi; ich bin zwar sonst der beste Mensch von der Welt&comma; den Widerspruch aber kann ich nicht leiden&comma; ich möchte da immer gleich mit dem Schwerte dreinschlagen&comma; und das nehmen die Leute gleich übel&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der andere erzählte&comma; er sei aus Schlesien und habe sonst in Goldberg Tuche geschoren&comma; aber er habe die Stadt um einer Kleinigkeit willen verlassen und suche nun andere Arbeit&period; „Ich bin eigentlich der beste Mensch von der Welt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte er&comma; „aber obgleich ich manches Tuch geschoren habe&comma; lasse ich mich doch nicht scheren&comma; und da es der Meister einmal mit mir probieren wollte&comma; warf ich ihm mein Eisen an den Kopf&period; Da verklagte er mich und ich nahm Reißaus&comma; um nicht im Stock zu brummen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich bin ein Müller&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte der dritte auf Befragen&comma; „und gewiß der beste Mensch von der Welt&comma; nur kann ich keine Ungerechtigkeit leiden&period; Wenn mir nun einer von der Mahlmetze und dergleichen anfängt&comma; kribbelt’s mich in den Fäusten und ich fasse da manchmal nach einem Stuhlbein oder dem Bierkandel und schlage drein&period; Darüber kam ich mit aller Welt in Unfrieden&comma; und der Meister jagte mich fort&comma; weil ich ihm die Mahlkunden verjagte&comma; wie er sagte&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun&comma; da haben wir ja ziemlich einerlei Geschick&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; fing darauf der Landsknecht an&comma; „wie wär’s&comma; wenn wir ein Stück miteinander in die Welt gingen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; Das waren die anderen zufrieden und legten sich einig und friedlich aufs Stroh&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als sie nun fest schliefen&comma; betrachtete sie Rübezahl und sagte zu sich selbst&colon; „Warum mache ich doch diese Entdeckung so spät&comma; die alle meine früheren Erfahrungen Lügen straft&period; Sonst wäre ich ja zufrieden gewesen wenn ich nur einen besten Menschen auf der Welt gefunden hätte&comma; und hier habe ich nun gleich drei auf einmal&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Am anderen Morgen zogen die drei besten Menschen ihres Weges&comma; und Rübezahl zauberte jedem einen Portugaleser in die Tasche&comma; der ihnen auf ihrer Wanderschaft ganz gut zustatten kam&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nach langer Zeit dachte der Berggeist&colon; „Ich möchte wohl wissen&comma; wo jetzt die drei besten Menschen der Welt sein mögen und wie es ihnen ergeht&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und siehe da&comma; kaum hat er es gedacht&comma; so sieht er den Goldberger Tuchscherer von Hohenelbe herkommen&period; Rübezahl verwandelt sich geschwind in einen Grenzjäger und fängt ein Gespräch mit dem Burschen an&period; „Ei&comma; warum wandert ihr denn ganz allein&comma; habt ihr keinen Reisegefährten gefunden&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Zwei für einen&comma; aber mit denen war nicht auszukommen&comma; obgleich ich der beste Mensch von der Welt bin&period; Was scher ich mich drum&comma; ich hab gehört&comma; mein Meister ist gestorben&comma; und da er mir nun nichts weiter antun kann&comma; gehe ich wieder&comma; woher ich gekommen bin&comma; nach Goldberg&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist wohl eine große&comma; schöne Stadt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragt der Grenzjäger&semi; „ich bin aus Schwaben und erst zwei Tage hier im Lande&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun&comma; dem kannst du eins aufbinden&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; denkt der Goldberger&comma; und sagt&colon; „Ei ja&comma; es hat viel Merkwürdigkeiten in meiner Vaterstadt&comma; besonders den Ratsturm&comma; der ist an die elftausend Fuß hoch&comma; und die Esse des Türmers nimmt allein tausend Fuß davon weg&period; Wenn die einmal gefegt wird&comma; so braucht der Essenkehrer einen und einen halben Tag und muß Nachquartier darin machen&comma; wozu mitten in der Esse ein kleines Stübchen gebaut ist&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du Schelm&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; denkt Rübezahl&comma; „das soll dir doch nicht ungestraft hingehen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Der Goldberger aber lügt tapfer weiter&period; Endlich kommen sie nach Krummhübel&comma; und die Sonne vergoldet die Berge über ihnen zum Entzücken schön&period; An den Bleichplätzen sind viele Menschen versammelt&comma; und der Tuchscherer grüßt herablassend nach allen Seiten&period; Aber die Bleicher stemmen die Arme in die Seiten und lachen&comma; daß es in den Bergen widerhallt&period; Die Wanderer am Wege bleiben stehen und sehen den Goldberger mit Staunen und Entsetzen an&period; Der sieht nämlich wie ein Kreuzschnabel und Pfefferfresser aus&comma; eine große Nase sitzt in seinem Gesicht und darum noch eine Menge kleine&period; Das sieht er&comma; wie er eben an einem großen Zuber mit Wasser vorübergeht und erschrickt halb zum Tode darüber&period; Die Hände vor das Gesicht geschlagen&comma; läuft er in den Wald zurück&comma; verfolgt von dem Gelächter der mutwilligen&comma; jungen Leute&comma; die auf dem Felde und den Bleichen beschäftigt sind&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Goldberger blieb die ganze Nacht versteckt&comma; und nur der Hunger trieb ihn endlich wieder dem Dorfe zu&period; Da begegnet ihm ein Jäger und spricht lachend&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&comma; du bist dem Berggeist wohl auch in die Hände gelaufen&quest; Deine Nase ist keine natürliche&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich glaube&comma; der Fremde&comma; der mir in Hohenelbe begegnete&comma; ist der Herr Johannes gewesen und dem habe ich freilich auch eine Nase aufgebunden&period; Ach&comma; wäre ich nur noch einmal diese schreckliche Nase los&comma; ich wollt in meinem Leben nicht mehr lügen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Topp&comma; es gilt&comma; mein Bursch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief der Jäger&comma; „aber&comma; halt auch Wort&period;&OpenCurlyDoubleQuote; — Und lachend verschwand er zwischen dem hohen Korn&period; Der Goldberger aber hatte sein natürliches Gesicht wieder&period;<&sol;p>