Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Neue Sammlung der schönsten Sagen und Märchen von dem Berggeiste im Riesengebirge
(Rosalie Koch)

Wie Fischbach durch Rübezahls Hilfe erbaut worden

<p>Aus dem schönen Tale&comma; zu dem die schlesischen Riesenberge den großartigen Hintergrund bilden&comma; erheben sich zwei hohe Granitkegel&comma; die unter dem Namen der „Falkenberge&OpenCurlyDoubleQuote; bekannt sind&period; Auf einem derselben stand im zwölften Jahrhunderte eine stolze Burg&comma; in welcher ein gewaltiger Raubritter hauste&comma; Herr Prótzko&comma; auch „der Falke vom Berge&OpenCurlyDoubleQuote; geheißen&period; Das war ein gar wilder Gesell und in der ganzen Gegend gefürchtet&period; Durch Spiel und Zechgelage vergeudete er mit seinen Spießgesellen die Beute&comma; die er den Reisenden und Kaufleuten abgenommen hatte&comma; und führte ein lustiges Leben in seiner festen Burg&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eines Abends saß er in seinem hohen Gemache und ließ den vollen Becher unberührt vor sich stehen&semi; seine Zechbrüder spotteten darüber&comma; aber ein wilder Blick des Ritters machte sie sogleich wieder stumm&period; Da kam eilig ein Diener herein und meldete&comma; wie auf der Straße von Schmiedeberg daher ein schwer beladener Wagen komme&comma; der sicher wertvolle Kaufmannsgüter brächte&period; Mit wildem Geschrei sprangen die Raubritter von der Tafel auf und griffen zu ihren Schwertern&semi; nur Prótzko rührte sich nicht und ließ die wilden Gesellen allein hinausstürmen in die finstere Nacht&period; Er war wohl sonst bei solchem Tanze nimmer der letzte&comma; heut aber war seiner sanften Mutter Todestag&comma; darum kam kein Scherz aus des Ritters Munde&comma; kein Wein über seine Lippe&comma; und sein blutgewöhntes Schwert blieb in der Scheide&period; — So war er allein in dem stillen Gemache zurückgeblieben&comma; darin er nun mit großen klingenden Schritten auf und nieder ging&period; Endlich öffnete er das Fenster und lehnte sich in die Nacht hinaus&period; Da hörte er das Stampfen der Rosse&comma; den wilden Ruf der Spießgesellen&comma; und nun dazwischen ein Schrei der Angst&comma; der einen wunderbaren Eindruck auf den finstern Ritter machte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sattle mein Roß&comma; Knappe&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er in den Burghof hinab&comma; griff hastig nach seinem Schwerte und stürmte auch schon nach wenigen Minuten auf seinem Streitrosse den steilen Weg vom Falkenberge hinab&period; Wie eine Wetterwolke stob er gegen die Raubritter&comma; und seine gute Klinge pfiff durch die Luft&period; „Gebt den Gefangenen frei&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie er wild&comma; als er einen Mann gebunden zwischen den Pferden seiner Spießgesellen&comma; sah&comma; „laßt ihn seines Weges ziehen&comma; oder bei meinem Barte&comma; ihr sollt meinen Arm fühlen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; —<&sol;p>&NewLine;<p>Die Raubritter murrten&comma; aber Prótzko war ihr mächtigster Verbündeter und seine feste Burg ihr sicherster Zufluchtsort&period; Darum beschlossen sie&comma; seiner wunderlichen Laune nachzugeben&comma; und banden den gefangenen Kaufmann los&period; Aber dieser sank währenddessen zu Boden&comma; denn er hatte bei seiner tapferen Gegenwehr eine tiefe Wunde am Halse bekommen und sein Körper war bedeckt mit Blut&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Prótzko neigte sich prüfend über ihn und eine seltene Regung des Mitleids zeigte sich in seinem Gesicht&period; „Tragt den armen Mann auf euren Armen nach meiner Burg hinauf&comma; er soll dort Pflege und Wartung finden&period; Auch den Wagen bringt hinauf&comma; aber wer seine Hand an das Eigentum dieses Mannes legt&comma; der hat es mit mir zu tun&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief er wild&comma; und jeder sah es ihm an&comma; daß er nicht spaße&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Der Falke liegt in der Mause&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; höhnten die Raubritter leise&comma; aber es wagte keiner dem wilden Prótzko zu widersprechen&comma; der schweigend und finster dem Zuge voranritt nach seiner Burg&period; Dort ward der fremde Kaufmann so gut als möglich gepflegt&comma; seine Pferde gut versorgt&comma; und die Kisten mit Waren&comma; die er mit sich führte&comma; von dem Burgherrn selbst verwahrt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wochen vergingen&comma; ehe der Kranke genaß und seine Reise weiter fortsetzen konnte&period; Mit großem Danke schied er endlich von seinem mitleidigen Pfleger&comma; der ihm nicht nur seine reiche Ladung ungeschmälert verabfolgen ließ&comma; sondern ihm auch noch zwei seiner kräftigsten Pferde schenkte&comma; auf daß er rascher ans Ziel seiner Reise komme&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Aber die Spießgesellen des Ritters waren mit dieser unzeitigen Großmut sehr unzufrieden und grollten&comma; daß ihnen eine so gute Beute entgangen war&comma; und sannen auf eine Rache&comma; wie sie ihm etwas anhaben könnten&period; Es war an einem schwülen Sommertage&comma; die Sonne verschwand grade blutrot hinter den Bergen und vergoldete mit ihren letzten Strahlen die Zinnen der Burg&period; Prótzko saß sinnend und allein in seinem Speisesaal und sah auf die Landschaft hinaus&comma; als sein treuer Burgvogt atemlos gelaufen kam und meldete&colon; „Herr&comma; die Mannen des Herzogs Bolko umschleichen unsere Burg und haben gefährliche Waffen bei sich&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Prótzko sprang&comma; kaum seinen Ohren trauend&comma; auf und befahl die Tore zu schließen&comma; die Zugbrücke herabzulassen und jedem Knappen auf seinen Posten zu gehen&period; Lautlos und beobachtend standen sie da&comma; entschlossen&comma; sich nicht zu ergeben&comma; als ein plötzlicher&comma; brandiger Geruch ihnen die Vermutung brachte&comma; daß sie verraten und Feuer in der Burg angelegt sei&period; Mit Blitzesschnelle verbreitete sich dasselbe durch das ganze Schloß und in wenigen Minuten prasselten blauzüngelnde Flammen fast zu allen Seiten des Daches hoch empor&comma; und die Feinde drangen ein&comma; so daß der arme Ritter sich nur mit großer Not durch einen unterirdischen Gang retten konnte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Verlassen und verraten von treulosen Freunden irrte der Flüchtige nun durch die Nacht&comma; als er plötzlich jenen Kaufmann dem er so viel Gutes getan hatte&comma; in Fischertracht vor sich stehen sah&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kommt mit mir in meine arme Hütte&comma; Herr Ritter&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte dieser freundlich zu Prótzko&comma; „sie wird euch sicher Schutz und Obdach gewähren&period; Ich bin durch Unfälle aller Art arm geworden und lebe hier ganz einsam und still als Fischer&semi; hier wird niemand den tapfern Ritter vom Falkenberge suchen&comma; und ich kann euch einen Teil des Dankes abtragen&comma; den ich euch schuldig bin&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Prótzko verschmähte dies Anerbieten nicht&period; Sein Wirt versorgte ihn reichlich mit Speise und Trank&comma; als aber der Ritter am andern Morgen erwachte&comma; war dieser verschwunden und hatte ihm sein Fischergerät zurückgelassen&period; Damit erwarb sich Prótzko nun seinen Unterhalt&comma; während die Mannen des Herzogs seine Burg völlig zerstörten und dann abzogen&period; Nun durfte sich der Ritter mehr aus seinem Versteck wagen&comma; um als Fischer seine Beute feilzubieten&comma; und lebte lange Zeit davon&period; Aber wenn er die Ruinen seiner Burg sah&comma; das zerstörte Nest des Falken&comma; da ward sein Herz traurig&period; Er sehnte sich nach einem ritterlichen Leben&comma; und obschon er sein früheres wüstes Treiben verabscheute&comma; so schmerzte es ihn doch&comma; sein treues Schwert verloren und statt dessen die Angelrute in der Hand zu haben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Traurig senkte er diese in das klare Bächlein&comma; das unfern seiner Hütte vorüberfloß&semi; es war eben wieder der Todestag seiner Mutter&comma; und schwere Gedanken bedrückten Prótzkos Herz&semi; da fing sich ein Fisch von ganz ungewöhnlicher Größe an seinem Haken&comma; den er nur mit der größten Kraftanstrengung ans Land zu ziehen vermochte&period; Er mußte tief in den Bach hinein waten&comma; um den Fang herauszuholen&semi; aber siehe da&excl; von gediegenem Golde war der köstliche Fisch&comma; und nun erst ward es dem Ritter klar&comma; daß jener Kaufmann&comma; dem er einst Güte und Milde hatte angedeihen lassen&comma; niemand anders&comma; als der mächtige Geist der Riesenberge&comma; Rübezahl&comma; gewesen sei&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun war er mit einem Male wieder reich und fand bald wieder Anhänger&semi; er begründete in dem weniger bewohnten&comma; östlichen Gebirgstale ein neues Schloß&comma; an derselben Stelle&comma; wo sein Zufluchtsort&comma; die kleine Fischerhütte&comma; gestanden hatte&period; Mitten im Walde erhob sich bald die Burg des Ritters&semi; er gab ihr einen hohen Turm und mächtige Wälle und nannte dieselbe&comma; in dankbarer Erinnerung der Weise&comma; wodurch ihm die Mittel dazu geworden waren&comma; Fischbach&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So entstand mit Hilfe des Berggeistes das schöne Dorf&comma; welches jetzt&comma; als einer der interessantesten und berühmtesten Punkte des Gebirgstales&comma; von vielen Reisenden besucht wird und das Eigentum einer Fürstenfamilie geworden ist&period;<&sol;p>