Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Neue Sammlung der schönsten Sagen und Märchen von dem Berggeiste im Riesengebirge
(Rosalie Koch)

Wie Rübezahl sich eines armen Studenten annimmt

<p>In der Zeit&comma; wo Rübezahl noch sein Wesen auf den Bergen trieb&comma; da war’s freilich anders&comma; als jetzt&comma; da half’s einem ungelehrten Burschen nicht zu einem guten Amte&comma; wenn einer seiner Vettern auch ein vornehmer Rat beim Konsistorium oder im Reichstag war&comma; da gab’s auch noch nicht so viele Hofräte wie jetzt&comma; und doch war der gute Rat nicht so teuer&period; Es mußte jeder etwas tüchtiges lernen&comma; wenn er in der Welt fortkommen wollte und auch damit hatte es noch Not genug&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da gab es denn eine Menge arme Studenten&comma; die fleißig hinter den Büchern sitzen mußten&comma; um endlich ein mageres Ämtchen zu bekommen und solchen half der Rübezahl gern&comma; wenn sie nicht etwa Raufbolde waren&comma; die mit Sporen und Peitsche Straß’ auf Straß’ ab lärmten&comma; sondern still daheim saßen und arbeiteten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ein solcher Student reiste einmal in den Sommerferien über das Gebirge und ist in tiefen Gedanken&period; Ein Mann&comma; der wie ein reisender Handelsherr aussieht&comma; gesellt sich dort zu ihm und fängt ein Gespräch mit ihm an&period; Da zeigt sich denn der Student als wohl unterrichtet&comma; und wie ihn der Fremde teilnehmend über sein Schicksal befragt&comma; setzt er sich nicht aufs hohe Pferd&comma; sondern erzählt treuherzig und unbefangen&comma; daß er arm sei und nur durch Unterricht und Abschreiben sich forthelfe&comma; daß er noch eine arme Mutter habe&comma; die für andere Studenten wasche und koche&comma; und wie er eben jetzt recht sehr bekümmert sei&comma; daß er sich ein gewisses Buch nicht anschaffen könne&comma; dessen er eben zu seinen Studien bedürfe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Handelsmann hört ihm mit Teilnahme zu&comma; sucht ihm Mut zuzusprechen und freut sich&comma; daß er gerade das nötige Buch besitze und mit sich führe&period; Dabei ruft er seinen Diener&comma; der ein großes Felleisen trägt&comma; zieht das Buch heraus und schenkt es dem Studenten&period; Wer ist nun glücklicher als dieser&semi; er hätte am liebsten gleich angefangen zu lesen&comma; wenn er die Gesellschaft des Reisenden nicht so lange als möglich hätte genießen wollen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als dieser sich aber endlich von ihm trennt&comma; setzt sich der erfreute Student unter einen überhangenden Stein und studiert fleißig in dem Buche&period; Und so jeden folgenden Tag&semi; es gab keinen emsigeren Arbeiter auf der ganzen Hochschule&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eines Tages kam einer seiner Bekannten und bot dem Studenten zehn Taler für das Buch&comma; damit könne er ja eine lange Zeit ohne Sorgen leben&semi; aber dieser behielt sein Buch und sagte&comma; er wolle lieber ferner sich dürftig behelfen&comma; wenn er nur recht viel lernen könne und dazu sei ihm das Buch am meisten behilflich&period; — Ehe ein Monat verstrich&comma; hatte der Student das Buch ganz inne&period; Als er aber zu den letzten Seiten desselben kam&comma; da lag ein Schein&comma; ein großer Geldschein zwischen den Blättern in ein sauberes Papier eingeschlagen und darauf standen die Worte&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ein kleines Andenken an den Herrn vom Berge&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; — Nun konnte er ohne Not seine Studien vollenden und ward ein sehr gelehrter Mann&period;<&sol;p>