Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Siegfried, der Held
(Rudolf Herzog, 1911, empfohlenes Alter: 9 - 12 Jahre)

1. Kapitel
Wie Siegfried jung war, zu Mime in die Lehre kam, den Drachen erlegte und den Nibelungenschatz gewann

<p>Wenn ihr den Rhein hinunterwandert&comma; immer tiefer ins niederrheinische Land hinein&comma; seht ihr aus der schweigenden Ebene eine altertümliche Stadt sich erheben&comma; die zu träumen scheint&period; Xanten ist sie geheißen&comma; und sie träumt von ihrer großen Vergangenheit&period; Von alten&comma; stolzen Zeiten&comma; da noch ein König hier herrschte weit bis nach Niederland hinein&comma; da noch die Drachenschiffe nordischer Seeräuber vom Meere heraufkamen in den Rhein&comma; und des Königs starke Ritter&comma; die auf den Rheinwiesen ihre Rosse im Turniere tummelten&comma; die Feinde erschlugen und ersäuften&comma; daß es eine wilde Lust war&period; Hei&comma; wie in den Heldentagen die Trompeten jauchzten&comma; die Schwerter blitzten und die Schilde krachten&comma; als kämpfte ein herrlich Gewitter rheinauf und rheinab&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das war die Zeit&comma; da dem König Siegmund und seiner Königin Siegelinde ein Sohn geboren wurde&comma; und weil nach heißen Siegen Friede herrschte&comma; so nannten sie ihn Siegfried&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wie ein junger Baum&comma; den die Gärtner mit Fleiß und Liebe hüten&comma; wuchs der Knabe auf&period; Spielend lernte er die Aufgaben&comma; die seine Lehrer ihm stellten&comma; und war als Kind schon so klugen und hellen Geistes wie wenige vor ihm und nach ihm&period; Das tat&comma; daß er nach den Schulstunden nicht in den Stuben hockte und sich nicht an Mutters Schürzenband hängte&comma; sondern wie ein rechter Knabe&comma; der ein ganzer Mann zu werden wünscht&comma; durch Wiesen und Wälder rannte&comma; die Stimmen aller Tiere erforschte und die Geschichten&comma; die der Wald erzählt und die Wellen des Rheines raunen&period; So wurde nicht nur sein Körper stählern und biegsam wie eine gute Klinge&comma; sondern auch sein Blick wurde scharf und sein Gehör hell und sein Denken rasch und sicher&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mit zehn Jahren ritt er den wildesten Hengst ohne Zügel und Zaum&comma; beschlich ihn auf der Weide&comma; warf sich auf seinen Rücken und bändigte den rasend Dahinstürmenden mit eisernem Griff in die Mähne&period; Denn Furcht war ihm fremd&comma; und wer furchtlos ist&comma; bleibt Sieger im Leben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mit zwölf Jahren besiegte er alle Edelknappen und Waffenknechte seines Vaters&comma; und mit vierzehn Jahren ritt er heimlich zum Turnier der starken Ritter&comma; mit geschlossenem Helmvisier&comma; damit sie nicht wüßten&comma; daß es der Knabe Siegfried sei und sie ihn wegen seiner Jugend von der Bahn verwiesen&comma; legte den Speer ein&comma; den er sich aus dem Stamme einer jungen Esche geschnitzt hatte&comma; und warf die stolzen Ritter aus dem Sattel&comma; daß sie aus ihren Panzerstücken herausgeschält werden mußten&comma; wie gesottene Krebse aus ihren Schalen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da trat er vor seinen Vater&comma; den König&comma; und bat ihn&colon; »Laßt mich in die Welt&comma; Herr Vater&comma; überall hin&comma; wo Feinde sind und es für eine gute Sache zu fechten gilt&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Der König aber sprach&colon; »Die Kraft allein tut's nicht&comma; um die Feinde zu bändigen&comma; sondern ein weiser Sinn&comma; der aus Feinden Freunde macht und dem Lande die Segnungen des Friedens beschert&period; Werde älter&comma; mein Sohn&comma; und du wirst mir meine Worte danken&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried aber dachte&colon; »Er hat gut reden&comma; der Herr Vater&comma; denn sein Bart ist heute grau&comma; und die Tage&comma; in denen er selber mit Schwert und Speer auf die Feinde rannte&comma; liegen hinter ihm&period; Wenn es Abend ist&comma; kommen die Harfner in die Halle und singen von König Siegmunds Taten&period; Da ist es leicht für ihn&comma; zu verzichten und anderen vom Verzicht zu reden&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und er ging bekümmert umher und wußte nicht aus noch ein mit seinem wachsenden Jugendmut&period;<&sol;p>&NewLine;<p>An einem stürmischen Herbstabend hatte er sich wieder in die Halle geschlichen&comma; in der König Siegmund&comma; von seinen Rittern umgeben&comma; thronte und das Trinkhorn kreisen ließ&period; Der Sänger saß mit der Harfe auf den Stufen des Thrones&period; Er sang von den Kämpfen der Götter und Menschen&period; Von den Helden sang er&comma; die das Land befreit hatten von Räubern und Drachen&period; Von den Mutigen und Starken&comma; die mit dem blanken Schwert ein Königreich erobert und die schönste Prinzessin zur Frau gewonnen hatten&period; Und er sang das alte Lied von den Goldschätzen des Zwergenkönigs Nibelung&comma; die von Fafner&comma; dem greulichen Lindwurm&comma; im Berge gehütet wurden und der erobernden Heldenfaust harrten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da ward's dem lauschenden Knaben heiß und hoch zu Sinn&comma; und er fand in der Nacht keinen Schlaf und stand auf&comma; kleidete sich an und trat vors Burgtor&period; Hui&comma; riß ihm der Sturmwind die Mütze vom Kopf&comma; und er lief mit dem Sturmwind um die Wette&comma; sie zu fangen&comma; und jagte durch die schauernden Wiesen in die nachtdunklen Wälder hinein&comma; die sich unermeßlich dehnten und in denen es schrie&comma; jauchzte und winselte von tausend Stimmen der Nacht&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried aber lachte&comma; daß es durch den Wald hallte&comma; denn das gefiel ihm wohl&period; Und er packte einen jungen Eichbaum&comma; bog ihn nieder&comma; riß ihn mitsamt der Wurzel aus und erschlug mit ihm&comma; was sich in der Finsternis gegen ihn warf&colon; einen schnaufenden Eber mit gleißenden Hauern&comma; ein gewaltiges Einhorn mit glühenden Augen und eine Schlange&comma; deren Lindwurmkopf rote Flammen und giftgrüne Dämpfe spie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und Siegfried schrie in den Sturm hinein&colon; »Das ist ein Leben&excl; Ha&comma; das ist ein Leben&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Die Nebel brodelten auf&comma; zerfetzten sich in den Kronen der Bäume und ließen den dämmernden Tag in den Wald hinein&period; Siegfried schaute sich um&period; Er mußte über die Grenze in ein fremdes Land geraten sein&comma; denn er fand sich nicht mehr zurecht&period; Das machte ihn noch einmal von Herzen lachen&comma; denn nun konnte er wohl seine Tapferkeit vor den Menschen beweisen&period; Aber wie er weiter und weiter durch Dickicht und Gestrüpp den Weg sich bahnte&comma; verspürte er plötzlich einen Hunger&comma; der immer grimmiger in ihm wütete&period; Da lugte er&comma; wo er den höchsten Baum fände&comma; und kletterte bis in den Wipfel&comma; Ausschau nach einer Menschensiedelung zu halten&comma; und seine scharfen Augen entdeckten bald den Rauch einer Hütte&comma; die an einem fließenden Wasser in einer Waldlichtung lag&period; Dorthin sprang er in weiten Sätzen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es stand ein Schmied vor der Tür&comma; und Siegfried staunte ihn an&period; Denn der Mann hatte einen schweren&comma; kurzgefügten Körper mit einem großen Höcker zwischen den Schultern und einen verwitterten Kopf&period; Daß ein Mensch so häßlich sein konnte&comma; tat dem schönen Knaben leid&comma; und er wünschte dem verwachsenen Schmied recht fröhlich einen guten Morgen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Gerade hatte der Kleine mit Armen&comma; die stark waren wie Hebebäume&comma; einen Eisenbalken auf den Amboß gewälzt&comma; als Siegfried ihn anrief&period; Er richtete sein wirrbärtiges Gesicht auf&comma; packte einen ungefügen Hammer und fragte&colon; »Was willst du hier&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Ei&comma;« rief Siegfried&comma; »was wird ein nüchterner Magen wollen&quest; Eine Morgensuppe will er&comma; wie sie dort auf Eurem Herde so appetitlich duftet&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Hand weg&comma;« sagte drohend der Schmied&period; »Müßiggänger brauchen nicht zu essen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Ich will's Euch wohl beweisen&comma; ob ich das Essen verdiene&comma;« zürnte Siegfried&period; »Habt Ihr was zu schaffen für mich&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Der Schmied reichte ihm den ungefügen Hammer und wies auf den Eisenbalken&comma; der über dem Amboß lag&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Wenn dein Arm so stark ist wie dein Mundwerk —«<&sol;p>&NewLine;<p>Da hob Siegfried wütend den Hammer und ließ ihn auf den Eisenbalken niedersausen&comma; daß der in Stücken durch die Lüfte flog und der Amboß eine Klafter tief in die Erde fuhr&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Was ist das für ein Kinderspielzeug&quest;« rief der starke Siegfried&period; »Gebt mir Männerarbeit&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Mit weitgeöffneten Augen starrte der Schmied auf den Zornigen&period; »Nun könnt Ihr mich morden&comma; Jungherr&comma; denn Ihr habt die Waffe in der Hand&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfrieds Zorn aber war schon verraucht&period; »Da habt Ihr sie wieder&period; Ich kämpfe nicht mit Waffenlosen&period; Auch scheint die Natur Euch Armen so schwer mißhandelt zu haben&comma; daß man Euch mit Liebe begegnen muß&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Der Mißgestaltete sah ihn noch immer an&period; Aber in seinen Augen war ein warmes Aufleuchten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Reicht mir die Hand&period; Ihr könnt nur Siegfried sein&comma; der junge Held&comma; von dessen Stärke schon heute die Sänger Kunde tun&period; Nun aber weiß ich&comma; daß Ihr in Wahrheit ein Ritter seid&period; Denn Ihr habt ein reines und gütiges Herz&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Und wer seid Ihr&quest;« fragte Siegfried&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Ich bin Mime&comma; der Schmied&period; Bleibt bei mir&comma; so lange es Euch gefällt&comma; und ich will Euch viele Künste lehren&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da blieb Siegfried bei Mime im Walde und wußte nicht&comma; daß es ein Jahr ward und ein zweites und drittes&comma; so lief die Zeit dahin wie ein Wunder und wurde von Meister und Schüler weidlich genützt&period; War Siegfried als Knabe stark gewesen&comma; so wurde er als Jüngling ein Hüne an Kraft und doch geschmeidig wie der schnellfüßigste Hirsch&period; Er lernte den Bären mit den Fäusten fangen und ihn am Bratfeuer ohne Messer und Spieß zerreißen und zerlegen&period; Das frische Blut trank er wie einen Becher Rotwein und genoß zum Wildbret eine Fülle von saftigen Wurzeln und Kräutern&comma; die ihn vor jeder Krankheit bewahrten&period; Täglich aber unterrichtete ihn Mime in der höchsten Kunst des Waffenhandwerks und lehrte ihn die feinsten Handgriffe und die Vollendung in Ansturm und Abwehr&comma; so daß ein einzelner leicht ein Dutzend bestände&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Es stand ein Roß im Stall&comma; das stammte von den Rossen Wotans&comma; auf denen einst die Walküren ritten&comma; und hieß Grane&period; Das schenkte Mime seinem Zögling&period; Und Helm und Panzer schmiedete er ihm und ein Schwert&comma; das durch härtestes Eisen schnitt wie durch einen Butterkloß&comma; und das Schwert hieß Balmung&period; Wie da Siegfrieds Augen leuchteten&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>»Vater Mime&comma;« fragte er&comma; »weshalb macht Ihr mich so reich&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Mißgestaltete sprach&colon; »Laß es dir gefallen&comma; mein junger Held&period; Keiner auf der Welt hat mir Liebe geschenkt als du&period; Ist es da nicht verständlich&comma; daß ich dir auf meine Art davon zurückgeben möchte&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried errötete&period; »Ich habe es nicht um Lohn getan&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Schmied sprach weiter&colon; »Gerade deshalb bist du des Lohnes würdig&period; Aber ich weiß&comma; daß deine junge Ritterseele nicht nach Lohn giert&comma; der dir ohne Kampf und Zutun in den Schoß fällt&period; Den echten Mann erfreut nur der Besitz&comma; den er sich selbst erobert hat&period; Deshalb schuf ich dir nur die Waffen&period; Dein Werk sei nun&comma; den Schatz zu gewinnen&period; Und jetzt höre mich an&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da erzählte Mime&comma; der Schmied&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>»Es war ein König mit Namen Nibelung&comma; der besaß den reichsten Schatz der Erde an Gold und Edelgestein&period; Mein Bruder Fafner und ich gewannen ihn durch List&semi; doch als es zwischen uns zur Teilung kommen sollte&comma; höhnte mich der arge Bruder wegen meiner Mißgestalt und bedrohte mein Leben&period; Da entfloh ich vor dem Treulosen und büßte in dieser Waldeseinöde meine Habgier&period; Fafner aber hielt sich von Stund an für reicher und mächtiger als die Götter in Walhalla&comma; erzürnte die Himmlischen und wurde zur Strafe in einen scheußlichen Lindwurm verwandelt&period; Wo sich am Rhein das Land der Sieben Berge erstreckt&comma; gewahrst du den steil zum Strome abstürzenden Felsen&comma; der seine Wohnung bildet&period; Hier hütet der Drache seine Schätze&comma; tief in einer Felsenburg&comma; in der tausend gefangene Nibelungenritter die Wache halten&period; Und das gefräßige Untier&comma; das schon seinen Goldhunger nicht zu stillen vermochte&comma; wirft sich auf die Bauern des Gebirges und verschlingt sie bei lebendigem Leibe&comma; immer wähnend&comma; es schlänge Gold&period; Nun mach du dich auf&comma; mein Sohn&comma; bestehe das Abenteuer und gewinne den Schatz&period; Aber hüte dich vor dem Ring&comma; den der Drache an der Klaue trägt&period; Nibelung trug ihn und verfluchte ihn&comma; als er ihm von Fafner entrissen wurde&period; Vergrabe ihn tief im Bauche der Erde oder wirf ihn ins Meer&comma; wo sein Schlund am schwärzesten gähnt&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Das versprach Siegfried&comma; ließ sich von Mime wappnen und das Schwert gürten&comma; nahm mit Kuß und Umarmung Abschied von seinem Pflegevater&comma; bestieg das Roß Grane und ritt singend in die Welt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So aber sah Siegfried aus&comma; als er&comma; Mann geworden&comma; singend auszog&comma; ein Held zu werden&colon; Um Haupteslänge überragte er die Menschen&period; Goldrot flog ihm das Haar um den Kopf&comma; als hätte er die Sonne in seinen Locken gefangen&period; Stahlblau blickten seine Augen&comma; und so froh und weich ihr Glanz in guten Tagen zu sein vermochte&comma; so dräuend und blitzend konnten sie funkeln und flammen&comma; schien dem Helden eine Sache nicht recht&period; Wohlgebildet war sein Körper&comma; daß es den Frauen eine Wonne wurde&comma; ihn zu schauen&comma; sein Arm eisern und seine Schenkel von unermüdlicher Kraft auf dem Pferderücken und im Weitsprung hinter der Wurfscheibe her&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wohin er kam&comma; staunten die Leute dem jugendschönen Recken nach&comma; und sein Bild machte aller Herzen fröhlich&period; Er aber zog singend durch die Lande&comma; als wäre er der Frühling&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So nahte er sich dem Siebengebirge und sah den Drachenfels wie eine Festung über dem Strome lagern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Ei&comma; mein Roß Grane&comma;« rief er lachend&comma; »wollen wir heute noch den Strauß wagen&quest; Verschiebe nicht auf morgen&comma; was du heute noch verrichten kannst&period;« Und das edle Roß Grane flog wie ein Pfeil ins Gebirge hinein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Immer dunkler und dichter wurden die Wälder&period; Kein Mensch war hier gegangen seit Jahren und Jahren&period; Unheimlich lastete die Einsamkeit&comma; und geräuschlos fast&comma; als verstünde es die Gefahr&comma; setzte das Roß Grane Huf vor Huf&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da lag die kahle Höhe des Felsen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Roß erschauerte&period; Ein Dampf quoll auf&comma; der in Stößen den Himmel verfinsterte&comma; und ein giftiger Brodem erfüllte die Luft und stach in die Lungen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried zog das Helmband fester und lockerte den gewaltigen Eschenspeer&comma; der von der Spitze bis zum Schaft mit zweischneidigem Eisen beschlagen war&period; Mit der Linken tastete er nach seinem guten Schwert Balmung&comma; strich beruhigend seinem Pferde über den Kopf und lenkte es behutsam um einen Felssturz&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da lag das Untier&comma; an die hundert Fuß lang&comma; mit dem Kopfe eines Krokodils&comma; den Krallen eines Löwen und dem schuppigen Schwanze eines fürchterlichen Wurmes&period; Es schlief&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Pfui&comma;« sagte Siegfried und hätte gern das Wort zurückgenommen&period; Denn vom Klange seiner Stimme war der Drache erwacht&comma; glotzte aus vorquellenden Augen den tollkühnen Ritter an&comma; öffnete den Rachen und — lachte ein grausenerregendes Lachen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das erbitterte den Helden&comma; denn er spürte den Hohn&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Schließe den Schnabel&comma; du Vieh&excl;« rief er zornig&period; »Dein Atem riecht übel&period; Warte&comma; ich sperr' ihn dir&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und er bog den Arm zurück&comma; sprengte vor und schleuderte den eisenbeschlagenen Speer dem Drachen ins Maul&comma; daß nur noch das Ende des Schaftes hervorwippte&period; Das Untier aber erhob sich&comma; würgte und spie den Speer mit solcher Wucht zurück gegen Siegfrieds auffangenden Schild&comma; daß sich das Roß auf die Hinterbeine setzte und sich überschlagen hätte&comma; wäre Siegfrieds zwingende Hand nicht so stark gewesen&period; Jetzt aber ging der Drache zum Angriff vor&period; Er brüllte&comma; daß die Felsen erdröhnten und das Gestein ringsum zersprang&period; Und bei jedem Atemzug schossen lodernde Flammen aus seinem Rachen&comma; daß der Held vor Hitze schier glaubte verkommen zu müssen&period; Den Gaul riß er herum&comma; um dem sengenden Qualm zu entgehen&period; Da holte der Lindwurm mit dem Schuppenschwanze zum Schlage aus&period; Aber das Roß Grane stieg hoch und schwang sich wie ein Vogel über den Rücken des Ungetüms&comma; hinüber und wieder herüber&comma; wie die Schläge des Schwanzes fielen&comma; und Siegfried holte sein Schwert Balmung aus der Scheide&comma; und plötzlich beugte er sich vom Rücken des springenden Rosses tief hinab&comma; der Stahl pfiff durch die Luft und durchhieb den Schwanz des Untiers&comma; daß er losgetrennt gegen die Felswand klatschte&period; Heulend fuhr der Drache in die Höhe&comma; und ein Prankenschlag traf den Steigbügel und riß Siegfried vom Pferd&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Ich will's dir vergelten&comma; du Nimmersatt&period;« rief der Held und sprang zu Fuß den Drachen an&period; Aber die Glut&comma; die ihm entgegenströmte&comma; war so furchtbar&comma; daß ihm die Panzerschnallen schmolzen und der Harnisch von seinem Körper fiel&period; »So ist's bequemer&comma;« lachte grimmig der Held und ließ den Balmung wie einen Wirbel tanzen&period; Schon lief ihm der Schweiß in Strömen über den Leib&comma; schon fühlte er das Mark im Arm verdorren vor der höllischen Hitze&comma; und immer noch war der Drache übermächtig&period; Da gewahrte er an der Klaue des Lindwurms einen blitzenden Ring&comma; den Ring des Königs Nibelung&period; Und er nahm seine letzte Kraft zusammen&comma; duckte sich&comma; sprang vor&comma; warf sich an des Untiers Kehle und durchschlug mit sausendem Querhieb die zum Schlag erhobene Tatze&comma; daß die Krallen mit dem Ringe in die Steine flogen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Einen einzigen Schrei tat der Drache&period; Einen Schrei&comma; wie ein Verdammter schreit&period; Und brach in seinem Blute tot zusammen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Held Siegfried stützte sich auf seinen Schwertknauf&period; Die Zunge lag ihm trocken im Munde&period; Einen Trunk mußte er tun&comma; wollte er nicht verdursten&comma; und er beugte sich über das Drachenblut und schöpfte mit der Hand&period; Als er aber die Hand zurückzog&comma; war sie&comma; soweit er sie in das Blut getaucht hatte&comma; wie mit einer Hornhaut überzogen&period; Da erkannte sein scharfer Sinn sofort das Wunder&comma; und er warf die Kleider ab und badete den ganzen Leib in dem Blute&comma; so&comma; daß sein ganzer Körper hörnern wurde und undurchdringlich für Hieb und Stich&period; Nur zwischen den Schulterblättern blieb eine kleine Stelle frei&period; Ein Lindenblatt hatte sich im Walde gelöst und war ihm beim Baden angeflogen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Angetan mit seinen Kleidern&comma; das Schwert Balmung in der Hand&comma; schritt der Held zum Eingang der Felsenburg&period; Mit dem Fuß stieß er an die abgehauene Klaue&comma; und als er den Ring blitzen sah&comma; bückte er sich&comma; zog ihn von der Kralle und streifte lachend das Kleinod an seinen Finger&period; »Aufgemacht&excl;« rief er und schlug mit dem Schwert gegen das Eisentor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Blitzschnell öffnete sich das Tor&comma; und ein Hagel von Schwerthieben fiel auf den Recken nieder&comma; daß er des Todes gewesen wäre&comma; hätte ihn die hörnerne Haut nicht geschützt&period; Hageldicht fielen die Hiebe&comma; und doch gewahrte er niemanden&comma; der sie schlug&period; Da griff er blindlings geradeaus und nach rechts und nach links&comma; und plötzlich hielt er einen Bart in seiner Faust und fühlte wohl&comma; daß er an dem Barte einen Menschen herumschwang&comma; und er schlug diesen unsichtbaren Menschen gegen die steinernen Torpfosten&comma; bis eine Stimme kläglich um Erbarmen bat&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Zeig' dich&comma;« rief Siegfried&comma; »oder ich fresse dich an diesem Bart mit Stumpf und Stiel&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da rieselte es wie ein Nebel zu seinen Füßen nieder&comma; und er hielt in den Händen einen eisengeschienten&comma; kriegerischen Zwerg&comma; der an seinem eigenen Barte zappelte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Wer bist du&quest;« befragte ihn Siegfried&period; »Und was machte dich unsichtbar&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Zwerg stöhnte&colon; »Ich heiße Alberich und bin der Führer der Nibelungenritter&comma; die der greuliche Fafner sich dienstbar machte&period; Wenn ich Euch schlug&comma; tat ich&comma; was meine Pflicht mir gebot&period; Habt ein Einsehen deshalb&comma; so Ihr selber ein Ritter seid&period; Und ich weise Euch die Tarnkappe&comma; die ihren Träger unsichtbar macht vor den Menschen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Schwöre mir&comma;« sagte Siegfried&comma; »daß du fortan in Treuen mein Dienstmann sein willst mit deinen Rittern&comma; und ich will euch ritterbürtig halten&period; Schwöre getrost&period; Denn ich habe euch von eurem Bedrücker befreit&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da beugte Alberich das Knie&comma; überreichte die Tarnkappe und schwur sich mit seinen Mannen Siegfried in die Hand&period; Und die tausend Nibelungenritter eilten herbei&comma; schlugen Schilder und Schwerter zusammen und huldigten ihrem Befreier und ritterlichen Herrn mit brausendem Jauchzen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Alberich aber führte Siegfried durch die gewaltigen Schatzkammern und wies ihm den Nibelungenhort&comma; der so reich war an Gold und Edelgestein&comma; daß es mehr als hundert Leiterwagen bedurft hätte&comma; um ihn von dannen zu führen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wie Siegfried da fröhlich lachte&excl;<&sol;p>

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