Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Siegfried, der Held
(Rudolf Herzog, 1911, empfohlenes Alter: 9 - 12 Jahre)

2. Kapitel
Wie Siegfried durch die Waberlohe zu Brunhild drang, sich mit der Befreiten verlobte, ihr Island eroberte und sich zürnend von ihr wandte

<p>Eine Woche nur hatte Siegfried auf der Burg des Drachenfelsen gerastet&comma; und schon schien ihm die Zeit unerträglich lang&period; Denn sein junger Sinn stand ihm nach Taten und hielt Ruhe und Bequemlichkeit nur würdig des Alters&comma; das befriedigt auf die getane Arbeit zurückschauen kann&period; Darum entbot er den Nibelungenführer Alberich zu sich und besprach sich mit dem kundigen Manne&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Die Welt ist voll von Plagen und Kriegsnöten&comma;« sagte er&comma; »und wartet auf den Befreier&period; Ich aber liege bei meinen Reichtümern und stehle Gott den Tag ab&period; Das ist Schwächlings Art und nicht die meine&period; Weist mir ein würdiges Abenteuer&comma; Freund Alberich&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da antwortete der kriegerische Zwerg&colon; »Nehmt uns mit&comma; Herr&comma; und wir erkämpfen Euch den ganzen Erdball&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried aber schüttelte die Locken&period; »Das wäre mir eine Heldentat&comma; meine Leute für mich kämpfen zu lassen und mir der anderen Lorbeeren um den Helm zu winden&period; Erst will ich mir meinen eigenen Namen verdienen&comma; bevor ich andere führe und leite&period; Nennt mir ein Abenteuer&comma; so schwer&comma; daß kein zweiter Mensch es unternähme&comma; und ich will es bestehen oder ruhmreich unterliegen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Lange sann Alberich vor sich hin&period; Dann hob er den behelmten Kopf und sah dem Helden in die Augen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Ihr habt mich zwar weidlich beim Barte gezaust&comma; als Ihr mich gefangen nahmt&comma;« begann er&comma; »und mein Leib ist immer noch rot und blau&comma; so schlugt Ihr mich wider die Türpfosten&period; Aber Ihr habt doch mich und die Meinen aus der Sklaverei des greulichen Fafner errettet und ritterlich behandelt und gehalten&comma; so daß es mir leid um Euch wäre&comma; Euch in ein todbringendes Abenteuer verwickelt zu sehen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Nennt es mir&comma;« drängte der Held&period; »Wenn Ehre und Ruhm dabei zu gewinnen ist&comma; darf keine Gefahr uns schrecken&period; Das ist kein Mann&comma; der sich nicht selber einsetzt&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Mein edler&comma; junger Herr&comma;« sprach Alberich&comma; »ich will es Euch nennen&comma; weil ich Euch bewundere&period; Und — weil ich keinem die herrlichste Beute gönne als Euch&period; Ich weiß die schönste Frau&comma; die je vom Himmel auf die Erde kam&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Wo ist sie und wie heißt sie&quest;« rief Siegfried rasch&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Brunhild heißt sie&comma;« sagte der Zwerg&comma; »und war eine der Walküren&comma; der starken Schlachtenjungfrauen&comma; die einst die im Kampfe gefallenen Helden auf ihren Rossen in den Himmel Walhalla trugen&period; Weil sie ungehorsam gewesen war und wider göttliches Gebot einen ihr lieben Helden gegen den Tod geschützt hatte&comma; liegt sie auf einem einsamen Berge im Zauberschlaf&comma; und der Berg ist eingehüllt von der Waberlohe&comma; das ist ein loderndes Flammenmeer&comma; und nur der Starke&comma; der furchtlos hindurchreitet&comma; kann sie erwecken und zum Weibe gewinnen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Wie Siegfrieds Augen leuchteten und seine Brust sich mächtig hob&excl; Kaum vermochte der Kühne seine Ungeduld zu meistern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Wo geht der Weg&comma; Alberich&quest; Noch heute versuch' ich den Ritt&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Stammt Euer Roß Grane nicht von den Walkürenrossen&quest;« fragte der Zwerg&period; »Ist es so&comma; so wird es den Weg finden&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da nahm Siegfried Abschied von den tausend Nibelungenrittern&comma; setzte Alberich zum Verwalter seiner Schätze ein und rief sein Roß Grane&period; Sein Schwert Balmung hing ihm an der Seite&comma; und in einer Ledertasche führte er die unsichtbar machende Tarnkappe mit sich&period; »Grane&comma;« sagte der Held&comma; und das edle Tier spitzte die Ohren&comma; »Grane&comma; weißt du den Brunhildfelsen&comma; wo deine Brüder und Schwestern im Stalle stehen&quest; Trage mich hin&comma; Grane&comma; wir wollen sie befreien und die schöne Jungfrau vor allem&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da wieherte das Pferd hellauf vor Freude und umsprang in wilden Sätzen seinen Herrn&period; Der aber schwang sich behend auf des Pferdes Rücken&comma; und das Roß war mit seinem Reiter den Augen der Nachblickenden entschwunden&comma; bevor sie sich von ihrem Staunen erholt hatten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wie die Windsbraut jagte das Roß dahin&period; Die Locken flogen Siegfried um die Stirn&comma; und er schlug sich vor Freude klatschend auf den Schenkel&period; Durch Berge und Wälder ging es im gestreckten Lauf&comma; Ströme und Seen wurden durchschwommen und alle Hindernisse im sausenden Sprunge genommen&period; Den ganzen Tag jagte Grane mit Siegfried dahin und die ganze Nacht&comma; und als der frühe Morgen dämmerte&comma; hob sich in weiter Einöde ein Berg vor ihnen&comma; der eine einzige Feuersbrunst schien&period; Das wogte und wallte vom Fuß bis zum Gipfel in Flammen und Gischt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mit bebenden Flanken stand das Roß&period; Aber Siegfried zog sich die Tarnkappe über den Kopf&comma; die Roß und Reiter vor dem Feuer hütete&comma; packte sein scharfes Schwert&comma; gab Grane die Sporen und sprengte in die Glut hinein&period; Mit mächtigen Hieben schuf er sich Bahn durch das brennende Dickicht&comma; durch mannshohe Dornenhecken schlug er sich einen Weg&comma; und so oft sie wieder zusammenrückten und ihn zu ersticken drohten&comma; sein Mut und seine Kraft erlahmten nicht&comma; und das brennende Gestrüpp flog unter seinem Schwert wie Feuergarben nach links und nach rechts&period; »Spring an&comma; Grane&excl;« rief der Held&comma; »spring an&excl; Beiß zu&comma; Balmung&excl; Hei&comma; mein gutes Schwert&comma; beiß zu&excl;« Und in gewaltigen Sätzen sprengte das Roß aufwärts&comma; keuchend und stöhnend&comma; Funken und Flammen unter seinen Hufen&period; Und der Stahl Balmung zischte und blitzte&comma; zerbiß Eichenstämme wie dünne Ruten und hielt die Bahn frei&comma; bevor sich die lodernde Wildnis wieder schließen konnte&period; Der Gipfel des Berges war erreicht&period; Ein ragendes Tor stieß Siegfried mit dem Schwertknauf ein&period; Da donnerte es rings um den Himmel herum minutenlang&comma; und als das letzte Rollen des Donners verhallt war&comma; waren die Flammen des Berges erloschen&comma; und der Wald grünte und blühte in der goldenen Morgensonne&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried zog sich die Tarnkappe vom Haupt&period; Sein Gesicht glühte&comma; und die Adern lagen ihm wie Stricke auf der Stirn&period; »Das war&comma; bei Gott&comma; nicht leicht&comma;« stieß er&comma; nach Atem ringend&comma; hervor&comma; schüttelte die Locken und sprang vom Pferde&period; Neben seinem Rosse Grane kniete er hin&comma; das Auge auf die goldene Morgensonne gerichtet&comma; und dankte dem Himmel für die sichtbare Behütung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Dann nahm er Grane beim Zügel und schritt durch das Tor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da lag auf mauerumgürtetem Platze eine große&comma; wunderbar schöne Frau&comma; gepanzert und behelmt&comma; angeschmiedet auf einem eisernen Lager&period; Wie eine Schlafende lag sie mit geschlossenen Augen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Leise trat Siegfried heran und beugte sich über sie&period; Nie glaubte er Herrlicheres geschaut zu haben&period; Denn wie eine Kriegsgöttin war diese Frau anzusehen&comma; von mächtigem Körperbau und doch von Antlitz schön und stolz wie eine hehre Jungfrau&period; Nachtschwarz fielen ihr die Locken um die Wangen&comma; und der Mund blühte rot und sehnsüchtig&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Behutsam nahm Siegfried sein Schwert&comma; und der Balmung durchschnitt die Eisenfesseln&comma; als wären es weiche Stricke gewesen&period; Da dehnte die heldische Jungfrau traumbefangen ihre Glieder&period; Und Siegfried beugte sich tiefer über sie und küßte sie sacht auf den Mund&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Groß und weit öffnete die Jungfrau ihre Augen&period; Dunkel waren sie wie ihr nachtschwarzes Gelock&comma; und sie erwachten aus dem Traum und gewannen Leben und Feuer&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Wer bist du&comma; Held&quest;« sprachen ihre Lippen&period; »Und wo kommst du her&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Held antwortete und war noch immer über sie gebeugt&colon; »Ich bin Siegfried&comma; Siegmunds Sohn und gebürtig aus Xanten am Niederrhein&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Was trieb dich&comma; o Siegfried&comma; dies Wagestück zu bestehen&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Der Wunsch&comma; o Brunhild&comma; dich zu befreien und dich zu gewinnen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Sie stützte sich auf ihre starken Arme und richtete sich auf&period; Ihr Blick schweifte durch das offene Tor den Berg hinab&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Das Feuer ist erloschen&comma;« sagte sie leise und atmete tief&period; »Und der furchtbare Bannspruch ist mit ihm erloschen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Sie sprang auf die Füße&comma; daß ihr Panzer klirrte&comma; reckte die Arme und streckte den Leib&period; »Frei&excl; Frei&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und Siegfried stand neben ihr&comma; staunte ihres Leibes Kraft und Schönheit an und wußte nichts zu sagen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da wendete sie den Kopf nach ihm&comma; gewahrte sein bewunderndes Auge&comma; gewahrte seine Reckengestalt und errötete tief&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Blicke mich nicht so an&comma; o Held&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Du bist so schön&comma; o Brunhild&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Nur wer mein Gemahl wäre&comma; dürfte mich so anschauen&period; Und es gibt keinen Mann auf Erden&comma; der so stark ist&comma; daß er mich bezwänge&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Wehr' dich&comma;« lachte Siegfried&comma; trat auf sie zu und schloß sie in seine Arme&comma; daß sie sich nicht regen konnte&period; Aber der Zorn flammte aus ihren Augen und färbte ihre Wangen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Gib mich frei&comma;« stieß sie hervor&comma; »oder es könnte dich reuen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Hab' nimmer gelernt&comma; was Furcht ist&comma;« lachte der Held und küßte sie auf den zornigen Mund&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Du Unband&comma;« stöhnte sie&comma; aber nun lachte auch sie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Siehst du wohl&comma;« sagte Siegfried&comma; »es geht schon an&period; Nun küsse auch du mich einmal&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Sie glaubte seine Arme gelockert und sprang plötzlich gegen ihn an&comma; daß es ihn fast umgeworfen hätte&period; Aber nun umschlang er sie&comma; daß sich ihr Panzer bog und ihr der Atem in der Kehle stockte&period; »Ist das dein Kuß&comma; du Wilde&quest; So will ich dich wohl auf deine Weise wieder küssen&comma; wenn dir das eher gefällt&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da hob sie&comma; von seiner Kraft und seinem Lachen bezwungen&comma; den Kopf und küßte ihn&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und allsogleich ließ er von ihr ab&comma; bog das Knie und huldigte ihr ritterlich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Blitzen ihrer Augen schwand&comma; und ihr Blick wurde weich und frauenhaft&period; Ihre Hand spielte in seinen Locken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Mein Held&comma;« sagte sie und atmete tief&period; »Mein Held und Befreier&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Danke mir besser&comma; o&comma; ich bitte dich&comma; Brunhild&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Was könntest du Besseres begehren als meine Freundschaft&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und Siegfried sprang vom Boden auf und rief&colon; »Dich selber&excl; Werde mein Weib&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Lange sann Brunhild in die Ferne hinaus&period; Dann sprach sie&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>»Fern im Nordmeer liegt ein Inselreich&period; Wie eine unbezwingbare Festung steigt es aus der wildrollenden See&period; Eine Kette von feuerspeienden Bergen umgürtet es&comma; und kochend heiße Flüsse zischen ins schwarzblaue Meer&period; Island heißt das Land&comma; das nie bezwungene&comma; und mir gehörte es&comma; bis mich der Spruch des zürnenden Gottvaters hierher und in Ketten in die wabernde Lohe warf&period; Seit ich fern bin&comma; ist Island unterjocht&period; Du willst mich zum Weibe&comma; Siegfried&quest; Wo ist dein Brautgeschenk&quest; Ich will es dir nennen und will die Deine sein&comma; so du es mir schaffst&colon; Nimm Island mit stürmender Hand für mich&period; Setze mich wieder auf den Thron meiner Heimat&period; Ich kann mich nur als Königin dir schenken und nicht als Magd&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>So sprach die stolze Frau&comma; und Siegfried&comma; hingerissen von der Größe ihrer Sprache&comma; gelobte es ihr in die Hand und zog den Ring Nibelungs von seinem Finger und steckte ihn ihr an als Verlobungsring&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Auf dem Ringe aber lastete der Fluch&comma; von dem Mime gesprochen hatte&comma; als Siegfried auszog&comma; den Lindwurm zu erlegen&comma; der Fluch Nibelungs&comma; der den Träger des Ringes sich überheben läßt in wachsendem Ehrgeiz und nimmersatten Wünschen&period; Und Siegfried hatte Mimes Warnung vergessen&comma; als er den Ring an Brunhilds Finger schob&period; —<&sol;p>&NewLine;<p>Im Stalle des Bergfrieds stand Brunhilds Walkürenroß&period; Und bei ihm stand Grane und leckte ihm zärtlich den Hals&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Hoho&comma; mein guter Genoß&comma;« rief Siegfried&comma; »hast du den Kameraden gefunden&quest; Nun&comma; wenn es auch gar so schnell wieder auf die Reise geht&comma; ihr bleibt zusammen&period; Gefällt euch das&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da wieherten die Rosse vor Vergnügen und ließen sich willig satteln und zäumen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und Siegfried hob mit starken Armen Brunhild in den Sattel&comma; daß sie im stillen au&fjlig;auchzte über seine Kraft&comma; und er selber schwang sich auf Granes Rücken&comma; schaute nach dem Stand der Sonne&comma; versicherte sich der Himmelsrichtung und ritt mit Brunhild den Berg hinab&period; In der Ebene aber ließen sie den Gäulen die Zügel&comma; daß sie Seite an Seite dahinstoben wie Falken im Revier&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als die Sterne aufstiegen&comma; suchte Siegfrieds scharfes Auge aus den Figuren der Gestirne den Polarstern heraus und ritt ihm nach gen Norden&period; Und je mehr sie sich dem Meere näherten&comma; desto heller und stärker hub Siegfried zu singen an&period; So ritten sie Tage und Nächte&comma; vom Rheine zur Wesermündung&comma; und eines Morgens rauschte machtvoll hinter den Dünen her die Melodie des Meeres in Siegfrieds Lied&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Ein seefestes Schiff fanden sie&comma; und der Held gab dem Schiffer eine breite&comma; goldene Armspange als Fährlohn und versprach ihm mit ritterlichem Handschlag einen Schild&comma; angefüllt mit gemünztem Gold&comma; so er ihn&comma; Brunhild und die Rosse in kürzester Frist hinüberbrächte nach Island&period; Da spannte der Schiffer die braunen Segel&comma; und Siegfried packte das Steuer&period; Am Mast waren die Rosse angebunden&comma; und Brunhild saß vorn am Bugspriet des Schiffes&comma; durchforschte die wilde See und rief ihrem Steuermann die Richtung zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Hui&comma; warf sich der Sturm in die Segel und jagte das Schiff durch die Wellenberge&comma; daß es im Gischt verschwand&period; Aber Siegfrieds Faust hielt das Steuer umklammert&comma; und ob das Schiff in den Fugen krachte und der Mast sich bog unter den schier berstenwollenden Segeln&comma; er handhabte das Steuer mit eisernen Griffen und warf das Schiff über die Wasserschlünde&comma; als tummelte er seinen Renner über Hecken und Gräben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Und der Sturm schrie mit gellenden Stimmen&comma; und Siegfried schrie nicht minder in den Sturm hinein&comma; und seine Locken flatterten wie heiße Sonne um seinen Kopf&colon; »Heia&comma; heia&excl; Es ist eine Lust zu leben&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Dann lugte Brunhild über die Schulter nach dem Helden&comma; und er schien ihr begehrenswert vor allen Männern und ein erlesen Werkzeug für ihren weitschweifenden Ehrgeiz&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Tage und Nächte tobte der Sturm&comma; drang vom Steuer her Siegfrieds helles Singen&period; An einem Morgen aber gewahrten sie an der Brandung&comma; daß sie Island nahe waren&period; Da stellte Siegfried das Singen ein und tastete nach seinem Schwert&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In den Hafen fuhren sie ein&comma; und gewappnete Männer eilten herbei&comma; ihnen die Landung zu wehren&period; Siegfried aber packte das Tau&comma; mit dem er das Schiff am Lande befestigen wollte&comma; und sprang mit jähem Satze unter sie&comma; daß sie von dannen stoben und nicht anders vermeinten&comma; als der leibhaftige Teufel säße ihnen im Nacken&period; Nun warf der Schiffer die Planke ans Ufer&comma; und Siegfried holte Brunhild herüber und die stampfenden Rosse&period; Wohl gerüstet ritten sie vor die Burg des Königs&comma; und alles Volk strömte auf die Mauern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Der König soll kommen&excl;« rief Siegfried befehlend&comma; und man rannte&comma; dem König die seltsame Mär zu künden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>In schwarzen Panzer geschient&comma; ritt der König auf schwarzem Streitroß vor das Tor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Frecher Fremdling&comma;« schalt er drohend&comma; »welcher Sprache erkühnst du dich&quest; Ich werde die Fische mit deinem Leichnam mästen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfrieds Adern schwollen auf der Stirn&period; Doch beherrschte er sich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Sitz' ab&comma;« gebot er&comma; »denn du bist nur ein Emporkömmling und hast deiner Königin demütig zu Fuße zu nahen&period; Brunhild ist heimgekommen&period; Sitz' ab&comma; sage ich dir noch einmal&comma; nimm die Krone vom Helm und trage sie ihr an den Steigbügel&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da riß der König wutschnaubend sein Visier herab&comma; senkte den riesigen Speer und sprengte gegen Siegfried an&period; Der trug Balmung nackt in der Hand&comma; trieb Grane mit einem Schenkeldruck an&comma; hob den guten Stahl und trennte mit wagerechtem Hieb den Speer vom Faustkorbe&period; Mit aller Kraft warf der König den Gaul herum&comma; um das schirmende Burgtor zu erreichen&period; Aber Granes schneller Flug holte den Streithengst ein&comma; Steigbügel klirrte an Steigbügel&comma; und Siegfried warf seinem Roß die Zügel über den Kopf&comma; umklammerte mit den Schenkeln Granes Bug&comma; streckte die freien Hände nach dem weit zurückweichenden König aus&comma; umarmte ihn wie mit Zangen&comma; riß ihn im Dahinjagen aus dem Sattel und schleuderte ihn vor Brunhilds Füße&comma; wo er liegen blieb&comma; ohne sich im Leben noch einmal zu erheben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Sagte ich dir nicht&comma;« rief der zürnende Held&comma; »daß du deiner Königin zu Fuß nahen solltest&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Vom Pferde sprang er&comma; hob die Krone auf und drückte sie Brunhild ins Haar&period; Und wandte sich wieder der Burgmauer zu und rief zum Volke hinauf&colon; »Sehet hier eure Königin&comma; die heimgekehrt ist&comma; eure Treue zu erproben&period; Kommet heraus auf euren schnellsten Sohlen und huldigt ihr&comma; so euch an ihrer Huld gelegen ist&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da kamen sie in langem Zuge&comma; mit Fahnen und Musikanten&comma; bogen das Knie und boten auf goldener Schüssel Brot und Salz&comma; in goldenem Becher den Willkommtrunk&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Stolz und erhaben saß Brunhild zu Pferde&comma; die Krone im Haar&period; Und sie nahm von dem Brot und dem Salz mit königlicher Gebärde und netzte ihre Lippen an dem Becher und reichte ihn huldvoll Siegfried dar&comma; der ihn lachend nahm und ihn bis zur Nagelprobe leerte&period; Das Volk aber klatschte dem starken und frohen Helden begeisterten Beifall&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Hocherhobenen Hauptes zog Brunhild in die Königsburg&comma; heiteren Auges Siegfried neben ihr&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Acht Tage ordnete Brunhild die Regierungsgeschäfte&comma; und Siegfried ließ sie fröhlich gewähren&period; Am neunten Tage aber trat er vor sie hin&comma; küßte ihre schönen Hände und fragte nach dem Tage der Hochzeit&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Brunhild schlug die Augen nieder&period; Ihr Blick fiel auf den glitzernden Ring des Nibelung an ihrer Hand&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Mein Held&comma;« begann sie&comma; »dieses Reich ist nur klein und allzu klein für unseren Heldensinn&period; Dein Vater Siegmund aber lebt und kann noch lange regieren&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>»Das wünsche ich ihm von Gottes gnädigster Huld&comma;« sagte der Held&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Nun wohl denn&comma;« fuhr die Königin fort&comma; »nimm meine besten Schiffe&comma; meine besten Ritter und Mannen&comma; segle nach Norge hinüber und nach Dänemark&comma; bekriege die Länder und gründe dir ein großes Nordlandreich&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfried schaute auf&period; Dann lächelte er&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Du willst mich auf die Probe stellen&period; Ich bin kein seeräubernder Wiking&comma; sondern ein Ritter&period; Und Norge und Dänemark leben in Frieden mit uns&period; Sprich also&comma; wann soll die Hochzeit sein&quest;«<&sol;p>&NewLine;<p>Brunhild aber antwortete&colon; »Sobald du heimgekommen bist mit den Kronen von Norge und Dänemark&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Da merkte der Held&comma; daß ihr Sinn hochfahrend geworden war&comma; und er suchte in der Königin das liebende Weib zu wecken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Brunhild&comma; gedenke&comma; daß wir Verlobte sind&period; Ich will kein Mannweib an meiner Seite&comma; sondern die süße Genossin&comma; die sich der Taten ihres Mannes freut und seinen wilden Kopf in ihrem Schoße zur Ruhe bettet&period; O laß mich nach all den heißen Schlachtgesängen dir von Liebe singen und singe mir wieder von Liebe&comma; damit ich weiß&comma; für welchen Reichtum ich draußen kämpfe&comma; und doppelt scharf den Balmung schwinge&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Hohnvoll lachte sie über ihn hinweg&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Hier ist kein Asyl für Ermattete und Bresthafte&period; Eine Königin schenkt sich nur einem König&period; Laß dein Schwert für dich reden und nicht deine Zunge&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Siegfrieds Stirn zog sich zusammen&period; Hochaufgerichtet stand er vor Brunhild und maß sie mit blitzenden Augen&period; Dann wandte er sich und schritt zum Strande&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da lag noch der Schiffer&comma; der sie hergebracht hatte&comma; und wartete auf günstigen Wind&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Fahr zu&comma;« gebot ihm Siegfried&comma; »ich nehme wieder das Steuer&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Auf der Burgmauer stand Brunhild&comma; prächtig zu schauen in ihres Leibes Schönheit und den reichen Gewändern aus Purpur und Gold&period; Wie die herrliche Mitternachtssonne war sie anzusehen unter ihren dienenden Frauen&period; Nun hob sie die Hand&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Siegfried&comma;« rief sie voll königlichen Bewußtseins&comma; »Siegfried&comma; ich harr' deiner Wiederkehr&excl;«<&sol;p>

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