Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Deutsche Volksmärchen vom Berggeist und Herrn des Riesengebirges
(Rudolf Reichhardt)

Der geizige Bäcker

<p>Noch mehr als den Hochmut haßte Rübezahl den Geiz&period; Denn der Hochmut ist vielfach erst die Folge des Geizes&comma; wie denn das Schriftwort zu allen Zeiten recht behalten wird&colon; „Der Geiz ist eine Wurzel alles Übels&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>In der Stadt Hirschberg lebte ein reicher Bäcker&period; Bei der Bürgerschaft stand er in hohem Ansehen und mancherlei Ämter der Stadt vereinigte er in seiner Person&period; Bei den Beratungen der Stadtbehörde gab seine Stimme oft den Ausschlag&comma; und wenn er im Ratskeller an dem großen&comma; runden Bürgertische saß&comma; dann führte er das große Wort&period; Aber an seinem Gelde hing sein ganzes Herz&semi; es war ihm gleichgültig&comma; wenn die Handwerker&comma; welche für ihn arbeiteten&comma; oft empört auf ihn schalten&comma; wenn er ihnen Abzüge von ihrem Tagelohn machte&period; Zum Heizen seines Backofens gebrauchte er viel Holz&comma; welches die Bauern aus den benachbarten Dörfern lieferten&period; Von diesen suchte er sich immer die ärmsten aus&comma; machte ihnen einige Vorschüsse und forderte dann das Geld zurück&period; Konnten sie dann nicht zahlen&comma; dann stellte er den Preis für das Holz möglichst niedrig und schädigte so die armen Leute mit solch schändlichem Handel&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Einst brachte ihm ein Bauer ein Fuder Holz&comma; das er bei ihm bestellt hatte&period; Es wurde im Hof abgeladen und der Bäcker zog ihm&comma; wie das oft geschah&comma; einen Taler ab&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Lieber Herr&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; bat da der arme Bauer&comma; „zieht mir diesmal nichts ab&period; Der Holzhandel bringt heuer so wenig ein&period; Ich bin arm und jeder Groschen ist zu Ausgaben bestimmt&period; Meine Gläubiger warten schon auf die Zinsen und ich kann den Verlust unmöglich tragen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Was tat der Geizhals&quest; In aller Ruhe erklärte er dem Bauer&comma; er möge sein Holz auf dem Hofe aufladen und wieder nach Hause fahren&period; Was tun&quest; Ging der Bauer darauf ein&comma; dann hatten er und die Pferde einen Tag Arbeit verloren&comma; auch brauchte er das Geld zur Zinszahlung&comma; deren Termin nahe bevorstand&period; So blieb ihm nichts anderes übrig&comma; als sich den Abzug gefallen zu lassen&period; Traurig fuhr er aus der Stadt zurück&period; Unterwegs holte er einen Handwerksburschen ein&comma; der ermüdet seines Weges zog&period; Er ließ ihn aufsitzen und nun hatte er jemand gefunden&comma; dem er seinen Ärger erzählen konnte&period; Der Handwerksbursche war kein anderer als der Berggeist&period; Aufmerksam hörte er die Geschichte an und beschloß in seinem Innern&comma; dem herzlosen Geizkragen einen gründlichen Denkzettel zu verabfolgen&period; „Wenn er nur einmal in mein Gehege käme&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; dachte er bei sich&comma; „ich wollte ihm schon beikommen&comma; daß er Zeit seines Lebens daran denken sollte&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Bald darauf stieg der Fremde ab&comma; dankte dem Bauer und schenkte ihm einen Taler&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am andern Morgen saß unser Bäcker behaglich in seinem Polsterstuhl&comma; rauchte sein Pfeifchen und blickte zufrieden und behäbig durch die Fensterscheiben auf das geschäftige Treiben des Marktes&period; Da klopfte es an die Tür und auf sein „Herein&OpenCurlyDoubleQuote; erschien ein großer&comma; kräftiger Mann vor ihm und sagte&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich habe gehört&comma; Ihr habt Holz&comma; das klein gehackt werden soll&period; Ich biete Euch meine Dienste an&period; Zwar bin ich kein Holzhacker&comma; der sein Handwerk geschäftsmäßig betreibt&comma; sondern ein Bürger aus Schweidnitz&period; Mir liegt nicht am Geldverdienen&comma; sondern daran&comma; daß mir das Holzhacken meine Gesundheit wiederbringen soll&period; Ich leide an der Leber und der Arzt hat mir tüchtige Bewegung verordnet&period; Ich will kein Geld für die Arbeit von Euch&comma; wenn Ihr mir erlaubt&comma; so viel gespaltenes Holz mit heimzunehmen&comma; als ich in einer Hocke forttragen kann&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das muß ein närrischer Kauz sein&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; dachte der Bäcker im stillen und freute sich schon&comma; solch billigen Kaufs davonzukommen&period; Großmütig lud er den Fremden ein&comma; mit ihm ein Glas Wein zu trinken&period; Dieser bewunderte die Ausschmückung der Stube und war besonders voller Erstaunens über die prächtige Decke&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dazu habt Ihr gewiß einen auswärtigen Maler kommen lassen&comma; Meister&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; meinte er&comma; was der Bäcker schmunzelnd bejahte&period; Dabei schlug er auf seine geldgeschwollene Tasche&comma; daß die Silber- und Goldmünzen darin Polka tanzten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Am andern Morgen versprach der angebliche Schweidnitzer Bürger seine Arbeit zu beginnen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Meister lag noch in den Federn&comma; da hörte er es schon im Hofe klappern und krachen&comma; splittern und sausen&comma; daß er erschreckt seinen Schlafrock anzog und in den Hof ging&comma; um zu sehen&comma; was der Mann denn mit seinem Getöse treibe&period; Ein solches Krachen und Dröhnen hatte er bei den andern Holzhackern noch nicht vernommen&period; Aber mit weit offenem Munde blieb er in der Hoftür stehen und sah mit Entsetzen&comma; wie der Holzmacher sein linkes Bein aus der Hüfte gezogen hatte und damit auf die Scheite einhackte&comma; daß die Späne nur so flogen und sich ein Donnern und Poltern erhob&comma; daß das ganze Haus in allen Fugen krachte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Dem Bäcker wurde es angst und bange und er rief dem Fremden zu&comma; er möge doch aufhören und sich fortscheren&period; Der aber tat&comma; als hörte er es nicht und hieb immer unbarmherzig darauf los und ehe eine Viertelstunde verging&comma; war das ganze Holz gespalten&period; Dann steckte er sein Bein wieder in die Hüfte&comma; als ob nichts geschehen wäre&comma; und begann alles gespaltene Holz zusammenzulesen und zu einer ungeheuren Hocke aufzuhäufen&period; Diese umschnürte er mit einem langen Seil&comma; hob sie wie einen Spielball auf den Rücken und ging gleichgültig grüßend zum Tore hinaus&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da stand nun der dicke Bäcker und schrie Angst und Wehe&comma; ballte die Faust und stieß laute Verwünschungen hinter dem Abziehenden aus&period; Dieser Denkzettel hatte aber bei ihm gefruchtet&period; Er war seit jener Zeit wie umgewandelt&comma; wurde mildherziger und entzog niemand mehr den verdienten Lohn&period; Zeigte sich aber hin und wieder einmal die alte Neigung&comma; so mußte er stets an den merkwürdigen Holzhacker denken&period; Denn es war in ihm längst die Ahnung aufgegangen&comma; daß ihm kein anderer als Rübezahl den Streich gespielt habe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Dieser aber hatte seine Hocke vor dem Hause des armen Bauern abgesetzt&comma; der höchst erstaunt war&comma; als er plötzlich den Holzhaufen und noch dazu in zerkleinertem Zustande wiedersah&period; So hatte er sein Geld und Holz wieder&period; Er konnte sich auf lange Zeit eine warme Stube machen und seine Suppe dabei kochen&semi; ja er gab sogar seinem armen Nachbarn noch einen Teil von dem reichlichen Holzvorrat&period;<&sol;p>