Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.


()

Der kleine Peter

<p>In dem Dorfe Krumhübel&comma; welches im Riesengebirge unweit der Schneekoppe liegt&comma; wohnte ein armer Holzhacker&period; Er nährte sich und seine Familie&comma; bestehend in seiner Frau und seinem kleinen Knaben Peter&comma; nur kümmerlich&period; Da starb ihm eines Tages seine Frau&period; Da er beim Holzhacken im Walde sein Brot verdienen mußte&comma; so hätte er sich der Erziehung und Pflege seines Knaben nicht widmen können&comma; wenn nicht eine Anverwandte von ihm&comma; die Muhme aus Fischbach&comma; sich bereit erklärt hätte&comma; ihm die Wirtschaft zu führen und den Knaben in Aufsicht zu nehmen&period; Peter war ein kleiner aufgeweckter&comma; allezeit fröhlicher Bursche&comma; der immer vergnügt sein Liedchen trällerte und wohlgemut auf- und absprang&period; Die Muhme aber war durch mancherlei schwere Lebenserfahrungen verbittert&comma; sah mürrisch und scheel auf das aufgeweckte Treiben des Knaben herab und setzte ihm&comma; so oft sie ihn erblickte&comma; mit Zanken&comma; Keifen und harten Worten zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie schwärzte Peter auch bei dem Vater an&comma; wenn er am Abend aus dem Walde zurückkam&comma; und dann tanzte der Haselstock oft auf Peterchens Rücken und die Beteuerungen der Unschuld halfen dem armen kleinen Schelm nichts&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Folge davon war&comma; daß Peter den Tag über möglichst das Haus floh und am liebsten auf dem Felde draußen sich aufhielt&comma; wo er im Sommer die bunten Blumen im Getreide pflückte oder dem Gesange der Vögel lauschte&period; Wie lieblich klang das in seinen Ohren&semi; ganz anders als das mürrische Gezänk der Alten im engen Hause&period; Im Winter freilich mußte er im Stübchen bleiben&comma; dann ging’s ihm schlecht&period; Dann war seine einzige Freude&comma; hinaus vor die Haustür zu treten und den zirpenden Sperlingen und Meisen Krumen von seinem Stück trockenen Schwarzbrotes zu streuen&period; Denn Peter hatte ein mildes Herz&comma; er erbarmte sich&comma; wie alle Kinder im Winter tun sollten&comma; der frierenden&comma; hungernden Vögel&semi; und obwohl er sich selbst etwas von seinem Frühstück entzog&comma; hatte er doch seine helle Freude an den gefiederten Gästen&comma; wenn sie&comma; ehe er vor die Tür trat&comma; ihn ungeduldig lockten&comma; als ob sie sein Kommen erwarteten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eines Abends kündete der Vater der Muhme an&comma; daß am nächsten Sonntage ein Bruder von ihm zum Besuch kommen werde&period; Die Muhme kaufte am nächsten Tage einen großen Hecht und setzte ihn einstweilen in einem kleinen Fischkasten in das Wasser&comma; damit er nicht stürbe&comma; ehe sie ihn schlachtete&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du armes Tier&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte Peter&comma; als er an dem Kasten vorüberkam&comma; „in diesem kleinen Raume sollst du leben und atmen&comma; du wirst sterben&comma; wenn dir die Freiheit nicht bald wiedergegeben wird&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Von diesem Gedanken geleitet&comma; entnahm er dem Kasten den zappelnden Fisch und warf ihn in den Dorfbach&period; Als nun tags darauf die Alte den Hecht schlachten wollte&comma; da war er längst von dannen geschwommen&period; Da sauste denn eine tüchtige Tracht Prügel auf Peter hernieder und seine Freude über seine gute Tat sollte ihm bald gründlich vergällt werden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Habe ich dich denn&comma; du nichtsnutziger Bursche&comma; wieder einmal bei einem Schabernack abgefaßt&semi; nun warte nur&comma; du Taugenichts&comma; bis der Vater nach Hause kommt&comma; der soll dir den verlorenen Hecht mit dem Stocke wieder suchen helfen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Da gab’s am Abend wieder hageldicke Hiebe und mit Weinen und Schluchzen mußte Peter sein Lager aufsuchen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als der Knabe am andern Morgen hinaus zum Spiel in den Wald gehen wollte&comma; rief ihm die Muhme kreischend nach&colon; „Du Faulenzer&comma; brauchst draußen nicht umherzugaffen und dir die Sonne in den Mund scheinen zu lassen&period; Flugs nimm den Sack hier&comma; gehe hinaus auf die Getreidefelder und lies Ähren&period; Wage dich aber nicht eher nach Hause&comma; als bis du den Sack damit gefüllt hast&period;&OpenCurlyDoubleQuote; —<&sol;p>&NewLine;<p>Niedergeschlagen ging der Knabe auf das erste Kornfeld und suchte fleißig Ähren auf&comma; aber der Boden des Sackes war nach zwei Stunden kaum bedeckt&period; Die fleißigen Ortsbewohner hatten auf dem Feld bereits Nachlese gehalten und nur wenige Halme liegen gelassen&period; Auch auf den andern Feldern hatte er denselben Erfolg und am Abend war der Sack noch nicht bis zur Hälfte gefüllt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Sonne ging unter&period; Da traten dem kleinen Peter die Tränen in die Augen und er wußte keinen Ausweg in seiner Not&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Warum weinst du&comma; mein Sohn&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; ließ sich plötzlich eine Stimme vernehmen und ein alter Jägersmann stand an seiner Seite&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Peter erzählte unter Tränen treuherzig sein Leid&comma; wie die böse Muhme ihn tagtäglich peinige und ihm das Leben sauer mache&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dann müßte sie eine tüchtige Strafe erhalten&comma; denn es ist grausam&comma; dir solche Aufträge zu erteilen&comma; deren Ausführung unmöglich ist&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegnete der Knabe&comma; „ich möchte nur&comma; daß die Muhme einmal fröhlich würde&comma; den ganzen Tag lachte und vor Freude in die Luft spränge&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Dann soll dir und ihr geholfen werden&comma; mein Sohn&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; war die Antwort des Jägers&period; Er zog darauf ein kleines Pfeifchen hervor und pfiff so laut&comma; daß es in den Ohren gellte&period; Im Nu rauschte ein großer Schwarm Sperlinge hernieder&period; Sie lasen die Halme mit ihren Schnäbeln auf&comma; trugen sie auf ein Häufchen zusammen und der Jäger wies darauf hin und sagte&colon; „Hier&comma; mein Sohn&comma; fülle den Sack damit an&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Peter gehorchte voller Freude und der Jäger legte hierauf den vollen Sack auf seine Schulter&comma; doch er war so leicht&comma; als wenn gar nichts darin wäre&period; Als er sich umwandte&comma; seinem Wohltäter zu danken&comma; war dieser verschwunden&semi; die Sperlinge aber begleiteten ihn bis ins Dorf und an ihrem Zwitschern erkannte er&comma; daß es seine Freunde vom Winter her waren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Muhme empfing ihn wieder mit mürrischem Gesicht&comma; aber als sie ihm keine Vorwürfe machte&comma; meinte Peter&comma; er habe sie versöhnt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Seine Annahme aber war ein Irrtum&period; Kaum graute der Morgen&comma; so erschien die Alte vor seinem Bett und rief laut&colon; „Stehe fix auf und fang’ ein Gericht Fische im Teiche&comma; daß ich sie deinem Vater&comma; der krank geworden ist&comma; kochen kann&period; Kommst du mit leeren Händen zurück&comma; so kann ich ihm nichts zu essen geben und die Krankheit verschlimmert sich&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Peter nahm sein kleines Fischnetz und ging hinaus zum Teiche&period; Die Krankheit des Vaters hatte ihn traurig gestimmt und er nahm sich vor&comma; fleißig zu fischen&comma; um dem kranken Vater ein Gericht zu seiner Stärkung zu verschaffen&period; Aber Stunde um Stunde verging&comma; der Mittag kam und das Netz blieb leer&period; Vor Angst weinend schaute er nach dem alten Jäger aus und richtig&excl; — da stand er wieder am Bachesrand&comma; der alte freundliche Mann&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Schon wieder Kummer&comma; Peterchen&comma; und Tränen im Auge&comma; scheinst nahe ans Wasser gebaut zu haben&comma; oder hat dir die hartherzige Muhme wieder einen Auftrag gegeben&comma; der dir mißfällt&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; begann der Jäger&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„So ist’s&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; entgegnete der Knabe&comma; „dies Netz voll Fische nach Hause zu bringen&comma; ist diesmal ihr Begehr&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da pfiff der Jäger wieder auf seinem Pfeifchen&period; Da kam ein großer Hecht herangeschwommen und trieb eine Menge kleiner Fische vor sich her&comma; die schlüpften alle in das Netz und Peter mußte es mehrmals ausleeren&period; Helle Freude ging über sein Gesicht und mit inniger Freude dankte er seinem Wohltäter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Kennst du aber dort den großen Fisch nicht mehr&quest; Es ist derselbe&comma; den du aus dem Fischkasten genommen und in den Bach getragen hast&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Verwundert schaute Peter dem Fische so lange als möglich nach&comma; der jetzt langsam im Teiche hinschwamm&period; Wieder war der rätselhafte Jägersmann verschwunden und Peter lief glücklich und hocherfreut nach Hause&semi; von dem Fange konnte sich der Vater viele Tage lang satt essen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als der Knabe die Aufträge der Muhme pünktlich ausgeführt hatte&comma; beschlich sie tödlicher Haß auf den Knaben und schon am andern Morgen hatte sie eine neue Bosheit ersonnen&period; Sie wollte den Knaben gar zu gern los sein&period; Darum herrschte sie ihn an&colon; „Flugs&comma; eile dich&comma; deines Vaters Krankheit ist ernster geworden&comma; hier kann nur noch eine Pflanze&comma; das Wurzelmännchen genannt&comma; helfen&period; Aber es wächst nur auf jenem Teil des Gebirges&comma; wo der Herr des Gebirges&comma; Rübezahl&comma; haust&period; Ruf’ ihn und wenn er erscheint&comma; so bitte ihn um das Wurzelmännchen für deinen kranken Vater&period; Bleib aber so lange im Gebirge und ruf ihn&comma; bis er deine Bitte gewährt&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Dabei dachte sie in ihrem arglistigen Herzen&colon; „Nun bin ich den verwünschten Jungen los&comma; denn Rübezahl wird ihm den Hals umdrehen&comma; wenn er ihn bei seinem Spottnamen ruft&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Peter ergriff seinen Stab&comma; pfiff sich ein lustiges Liedlein und trabte wohlgemut dem Gebirge zu&period; Wohl hatte er von seinen Schulkameraden allerlei Schauergeschichten von „Herrn Johannes&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; wie sich Rübezahl selbst bezeichnete&comma; gehört&comma; doch tröstete er sich mit der Überzeugung&comma; daß auch der Berggeist ihn nicht mehr Leides antun könne als die böse Muhme daheim&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Eben wollte er&comma; auf einer Anhöhe des Gebirges angekommen&comma; seinen Mund zu einem kräftigen „Rübezahl&comma; Rübezahl&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; öffnen&comma; als eine Stimme hinter ihm rief&colon; „Nun&comma; mein Peterchen&comma; willst wohl verreisen&quest; Oder hat dir die Muhme den Laufpaß gegeben&semi; willst du den alten kranken Vater verlassen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; antwortete der Knabe dem freundlichen Jäger — denn dieser war es —&comma; „denkt Euch&comma; ich soll Rübezahl aufsuchen und von ihm ein Wurzelmännchen holen&comma; davon wird der Vater gesund werden&comma; sagt die Muhme&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber fürchtest du dich nicht vor dem mächtigen Berggeist&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Bewahre&comma; wie wird er wohl&excl; Der straft Leute&comma; die ihn verhöhnen&comma; ich aber komme&comma; daß er meinem kranken Vater helfen soll&period; Und wenn dabei ein paar Püffe und Schläge abfallen&comma; so sind sie mir nichts Neues&comma; denn sie sitzen in der Hand der Muhme immer gewaltig locker&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Belustigt entgegnete der fremde Jägersmann&period; „Du bist ein Prachtkerl&comma; kleiner Peter&comma; aber vielleicht wird dir dein Rufen nichts helfen&comma; der Berggeist ist zuweilen verreist&period; Wir Forstleute bringen unsere Zeit meist im Walde zu und kennen alle Kräuter und Wurzeln und sind wohlvertraut mit ihren heilenden Wirkungen&period; Hier hast du ein Wurzelmännchen&comma; hänge es deinem Vater um den Hals&comma; so wird er gesund werden&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Fremde verschwand vor Peters Augen&period; Dieser aber eilte&comma; das Wurzelmännchen fest in der Hand haltend&comma; in seine väterliche Behausung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Die Muhme kam ihm schon in der Tür entgegen mit einem gar grimmigen Gesicht und murmelte&colon; „Unkraut vergeht nicht&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Da hielt ihr Peter den Wurzelmann grade vor die Nase&period; Es war ein wunderliches Geschöpf mit dickem&comma; boshaft grinsendem Kopf und einem daran hängenden langen Zopf&comma; dessen Länge diejenige des ganzen Männchens bei weitem übertraf&period; In demselben Augenblick&comma; als der Knabe der Alten den Wurzelmann zeigt&comma; ging mit dieser eine wunderbare Wandlung vor&comma; sie lachte und sprang hoch in die Luft vor ausgelassener Freude den ganzen Tag über&comma; so daß sie am Abend müde und zerschlagen war von allem Toben und Tanzen&period; Aus Angst&comma; daß sich diese Vorgänge wiederholen würden&comma; schnürte sie ihr Bündel und verschwand aus dem Dorfe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fiel es dem kleinen Peter wieder ein&comma; wie er gegen den Jägersmann&comma; als er ihm das erstemal begegnete&comma; geäußert hatte&comma; er wünsche&comma; daß die Muhme einen ganzen Tag lachen und springen müsse&comma; und nun kam ihm die Erkenntnis&comma; daß Rübezahl selbst ihm unter jener Gestalt erschienen sei und dieser ihm die Ähren&comma; die Fische und das Wurzelmännchen geschenkt habe&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Peter hatte nun gute Tage&comma; denn der Vater wurde wieder gesund&period; Er ging mit ihm fleißig auf die Arbeit und half ihm mit Rat und Tat&comma; so daß sie bald rüstig vorwärts kamen und der Vater viel Freude an seinem Sohn erlebte&period; Die Muhme aber soll vor Neid und Mißgunst gestorben sein&period;<&sol;p>