Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Deutsche Volksmärchen vom Berggeist und Herrn des Riesengebirges
(Rudolf Reichhardt)

Meister Meckerling

<p>In der Stadt Landshut in Schlesien lebte ein Schneidermeister&comma; namens Samuel Meckerling&period; Sein Name war weit über das Weichbild der Stadt hinaus bekannt&comma; denn er galt für einen der geschicktesten Meister weit und breit und es kam nicht selten vor&comma; daß Edelleute&comma; hohe Beamte und Gelehrte in seinem Hause abstiegen und die Anfertigung ihrer Kleider bestellten&period; Einen Fehler aber besaß der geschäftige Meister&period; Er pflegte von den kostbaren Stoffen&comma; aus welchen er die Kleider zuschnitt und anfertigte&comma; immer einige Stücken in die „Hölle&OpenCurlyDoubleQuote; wandern zu lassen&comma; das heißt für sich zu verwerten&period; Auch kam es wiederholt vor&comma; daß er gröbere Stoffe an Stelle der ihm übergebenen feineren verarbeitete&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Einst hielt ein herrschaftliches Geschirr vor seinem Hause und diesem entstieg ein vornehmer Herr&period; Meckerling sprang von seinem Schneidertisch&comma; ging vor die Tür und begrüßte mit tiefer Verbeugung den Fremden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Was verschafft mir&comma; gnädiger Herr&comma; die Ehre Eures Besuches&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; redete er ihn mit gewandten Worten an&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich wünsche von Euch innerhalb drei Tagen von diesem Tuche einen Rock angefertigt zu haben&period; Gebt Euch rechte Mühe&semi; er soll mein Staatsrock werden und es wird für Euch kein Schaden sein&comma; wenn das Werk den Meister lobt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Meister Meckerling betrachtete mit Wohlgefallen den kostbaren Stoff und machte sich daran&comma; an der Gestalt des Fremden Maß zu nehmen&period; Da wiegte er seinen Kopf wie bedenklich hin und her und sagte&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Der Stoff wird nicht reichen&comma; gnädiger Herr&comma; aus solchem kurzen Stück kann ich den Rock&comma; wie Ihr ihn wünscht&comma; nicht anfertigen&period; Es fehlen noch fast zwei Ellen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Fremde aber&comma; welcher wußte&comma; daß er zwei Ellen zu viel beim Tuchhändler gekauft hatte&comma; antwortete nicht&comma; sondern ging aus dem Hause&period; Als ihm Meckerling das Geleit gab&comma; verabschiedete er sich mit den kurzen Worten&colon; „In drei Tagen also wird mein Diener den fertigen Rock von Euch abholen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>So geschah es&period; Ein reichbetreßter Diener erschien&comma; nahm den Rock in Empfang und bezahlte die Rechnung&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Meckerling lachte sich ins Fäustchen&comma; als er die blanken Taler einstrich&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das war ein feines Geschäft&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; murmelte er vor sich hin&comma; „einen honetten Kunden mehr&comma; eine reichliche Bezahlung und obendrein noch zwei Ellen des kostbaren Stoffes für die ‚Hölle&OpenCurlyQuote;&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Es war Sommer geworden und Meister Meckerling beschloß&comma; drüben im Böhmerlande seinen Bruder zu besuchen&period; Für die Schneiderei ist der Sommer die stillste Zeit&comma; darum war es ihm möglich&comma; einen Ausflug zu unternehmen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Frisch und fröhlich ging er seinen Weg über das Gebirge&period; Da stand plötzlich an einer engen Stelle der Straße ein Reiter vor ihm&comma; der ihn am Weitergehen hinderte&period; Von Kopf bis zu den Füßen war er feuerrot gekleidet und auf seinem Hute prangte eine lange rote Feder&period; Sein Reittier bestand in einem riesigen schwarzen Ziegenbock mit zwei gewaltigen Hörnern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun&comma; ehrsamer Meister Meckerling&comma; das trifft sich ja herrlich&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie der Rote&comma; in welchem jener mit Schrecken seinen Kunden&comma; den Edelmann&comma; erkannte&period; „Liegen denn noch die zwei Ellen gestohlenen Stoffes von meinem Rock in Eurer Hölle&quest; Ihr werdet mir gewiß davon mancherlei zu erzählen haben&period; Also kommt&comma; schwingt Euch auf meinen Ziegenbock&comma; ich habe wenig Zeit&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fiel der Schneider in die Knie und hob flehentlich seine Hände auf&period; „Ach Herr&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; jammerte er&comma; „macht keinen Ernst mit Euren Worten&period; Ich will Euch alles gern wieder ersetzen&comma; was ich veruntreut habe&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aufsitzen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; befahl wütend der Reiter&comma; der kein anderer als Rübezahl war&comma; „oder ich schleudere dich den Abgrund hinunter&comma; daß du kein Glied mehr fühlst&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da faßte Meckerling in seiner Angst in das zottige Fell des Bockes&comma; um sich auf seinen Rücken zu schwingen&period; Aber in demselben Augenblick erhob sich das Tier und nun schwebte der dürre Schneider angsterfüllt zwischen Himmel und Erde und flog sausend durch die Luft&period; Mit einem steinerweichenden Schrei bat er flehentlich den lachenden Reiter&comma; ihn wieder zur Erde zu befördern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Endlich setzte ihn der Bock ab&period; Aber es war finster geworden und der arme Tropf befand sich in einer wildfremden Gegend&period; Über Stock und Stein&comma; durch Dornen und Dickicht&comma; durch Moor und Sumpf stapfte er dahin&comma; bis er endlich erschöpft auf der breiten Fahrstraße anlangte&period; Mit zerrissenen Kleidern&comma; ermatteten Gliedern und gedemütigtem Herzen traf er endlich wieder in seiner Behausung ein&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Lustritt aber hatte den Schneider geheilt&period; Nun wurde er ehrlich und legte vor seiner Hölle für alle Zeiten ein Schloß&period; Das wurde allenthalben bekannt und Meister Meckerling ein wohlhabender Mann&period;<&sol;p>