Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Rübezahl - Deutsche Volksmärchen vom Berggeist und Herrn des Riesengebirges
(Rudolf Reichhardt)

Rübezahl und der Bauer Veit

<p>Einen Bauer in der Amtspflege Reichenberg hatte ein böser Nachbar durch einen Prozeß um Hab und Gut gebracht&comma; und nachdem sich das Gericht seiner letzten Kuh bemächtigt hatte&comma; blieb ihm nichts übrig als ein abgehärmtes Weib und ein halbes Dutzend Kinder&period; Zwar hatte er noch ein paar rüstige&comma; gesunde Arme&comma; aber sie waren nicht hinreichend&comma; sich und die Seinigen damit zu ernähren&period; Es schnitt ihm durchs Herz&comma; wenn die jungen Raben nach Brot schrien und er nichts hatte&comma; ihren quälenden Hunger zu stillen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mit hundert Talern&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach er zu dem kummervollen Weibe&comma; „wäre uns geholfen&comma; unsern zerfallenen Haushalt wieder einzurichten und fern von dem streitsüchtigen Nachbar ein neues Eigentum zu gewinnen&period; Du hast reiche Vettern jenseits des Gebirges&comma; ich will hin und ihnen unsere Not klagen&semi; vielleicht&comma; daß sich einer erbarmet und aus gutem Herzen von seinem Überfluß uns auf Zinsen leiht&comma; so viel wir bedürfen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Das niedergedrückte Weib willigte mit schwacher Hoffnung eines glücklichen Erfolges in diesen Vorschlag&comma; weil sie keinen besseren wußte&period; Der Mann aber gürtete frühe seine Lenden und&comma; indem er Weib und Kind verließ&comma; sprach er ihnen Trost ein&colon; „Weinet nicht&excl; Mein Herz sagt es mir&comma; ich werde einen Wohltäter finden&comma; der uns helfen wird&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Hierauf steckte er eine harte Brotrinde zur Zehrung in die Tasche und ging davon&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Müde und matt von der Hitze des Tages und dem weiten Wege&comma; gelangte er zur Abendzeit in dem Dorfe an&comma; wo die reichen Vettern wohnten&semi; aber keiner wollte ihn kennen&comma; keiner wollte ihn beherbergen&period; Mit heißen Tränen klagte er ihnen sein Elend&semi; aber die hartherzigen Filze achteten nicht darauf&comma; kränkten den armen Mann mit Vorwürfen und beleidigenden Sprichwörtern&period; Einer sprach&colon; „Junges Blut&comma; spar’ dein Gut&OpenCurlyDoubleQuote;&semi; der andere&colon; „Hoffart kommt vor dem Fall&OpenCurlyDoubleQuote;&semi; der dritte&colon; „Wie du’s treibst&comma; so geht’s&OpenCurlyDoubleQuote;&semi; der vierte&colon; „Jeder ist seines Glückes Schmied&period;&OpenCurlyDoubleQuote; So höhnten und spotteten sie seiner&comma; nannten ihn einen Prasser und Faulenzer und endlich stießen sie ihn sogar zur Tür hinaus&period; Einer solchen Aufnahme hatte sich der arme Vetter von der reichen Sippschaft seines Weibes nicht versehen&comma; stumm und traurig schlich er von dannen und weil er nichts hatte&comma; um das Schlafgeld der Herberge zu bezahlen&comma; mußte er auf einem Heuschober im Felde übernachten&period; Hier wartete er schlaflos des zögernden Tages&comma; um sich auf den Heimweg zu begeben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da er nun wieder ins Gebirge kam&comma; überkam ihn Harm und Bekümmernis so sehr&comma; daß er der Verzweiflung nahe war&period; „Zwei Tage Arbeitslohn verloren&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; dachte er bei sich selber&comma; matt und entkräftet von Gram und Hunger&comma; ohne Trost&comma; ohne Hoffnung&excl; Wenn du nun heimkehrst und die sechs Würmer dir entgegenschmachten&comma; ihre Hände aufheben&comma; von dir Labsal zu begehren und du für einen Bissen Brot ihnen einen Stein bieten mußt&comma; Vaterherz&excl; Vaterherz&excl; Wie kannst du’s tragen&excl; Brich entzwei&comma; armes Herz&comma; ehe du diesen Jammer fühlst&excl; Hierauf warf er sich unter einen Schlehenbusch&comma; seinen schwermütigen Gedanken weiter nachzuhängen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Wie aber am Rande des Verderbens die Seele noch die letzten Kräfte anstrengt&comma; ein Rettungsmittel auszukundschaften&comma; Schutz oder Frist für den hereinbrechenden Untergang zu suchen&semi; gleich einem Bootsmann&comma; der sein Schiff sinken sieht&comma; schnell die Strickleiter hinaufrennt&comma; sich in den Mastkorb zu bergen&comma; oder wenn er unter Verdeck ist&comma; aus der Luke springt&comma; in der Hoffnung&comma; ein Brett oder eine ledige Tonne zu erhaschen&comma; um sich über Wasser zu halten&colon; so verfiel unter tausend Anschlägen und Einfällen der trostlose Veit auf den Gedanken&comma; sich an den Geist des Gebirges in seinem Anliegen zu wenden&period; Er hatte viel abenteuerliche Geschichten von ihm gehört&comma; wie er zuweilen die Reisenden geneckt und gefoppt&comma; ihnen manchen Streich und Schabernack gespielt&comma; doch auch mitunter Gutes erwiesen habe&period; Es war ihm nicht unbekannt&comma; daß er sich bei seinem Spottnamen nicht ungestraft rufen lasse&semi; dennoch wußte er ihm auf keine andere Weise beizukommen&semi; also wagte er es auf eine Prügelei und rief so sehr er konnte&colon; „Rübezahl&excl; Rübezahl&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Auf diesen Ruf erschien alsbald eine Gestalt gleich einem rußigen Köhler mit einem fuchsroten Bart&comma; der bis an den Gürtel reichte&comma; feurigen&comma; stieren Augen und mit einer Schürstange bewaffnet&comma; gleich einem Weberbaum&comma; die er mit Grimm erhob&comma; den frechen Spötter zu erschlagen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mit Gunst&comma; Herr Rübezahl&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach Veit ganz unerschrocken&comma; „verzeiht&comma; wenn ich Euch nicht mit dem rechten Namen bezeichne&comma; hört mich nur an&comma; dann tut&comma; was Euch gefällt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Diese dreiste Rede und die kummervolle Miene des Mannes&comma; die weder auf Mutwillen noch Vorwitz deutete&comma; besänftigten den Zorn des Geistes etwas&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Erdenwurm&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach er&comma; „was treibt dich&comma; mich zu beunruhigen&quest; Weißt du auch&comma; daß du mir mit Hals und Haut für deinen Frevel büßen mußt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Herr&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; antwortete Veit&comma; „die Not treibt mich zu Euch&comma; habe eine Bitte&comma; die Ihr mir leicht gewähren könnt&period; Ihr sollt mir hundert Taler leihen&comma; ich zahle sie Euch mit landesüblichen Zinsen in drei Jahren wieder&comma; so wahr ich ehrlich bin&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Tor&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach der Geist&comma; „bin ich ein Wucherer&comma; der auf Zinsen leiht&quest; Gehe hin zu deinen Menschenbrüdern und borge da so viel dir not tut&comma; mich aber laß in Ruhe&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; erwiderte Veit&comma; „mit der Menschenbrüderschaft ist’s aus&excl; Auf Mein und Dein gilt keine Brüderschaft&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Hierauf erzählte er ihm seine Geschichte nach der Länge und schilderte ihm sein drückendes Elend so rührend&comma; daß ihm Rübezahl seine Bitte nicht versagen konnte&semi; und wenn der arme Tropf auch weniger Mitleid verdient hätte&comma; so schien doch dem Geist das Unterfangen&comma; von ihm ein Kapital zu leihen&comma; so neu und sonderbar&comma; daß er um des guten Zutrauens willen geneigt war&comma; des Mannes Bitte zu gewähren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Komm&comma; folge mir&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach er und führte ihn darauf waldeinwärts&comma; in ein abgelegenes Tal zu einem schroffen Felsen&comma; dessen Fuß ein dichter Busch bedeckte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nachdem sich Veit neben seinem Begleiter mit Mühe durchs Gesträuch gearbeitet hatte&comma; gelangten sie zum Eingang einer finsteren Höhle&period; Dem guten Veit war nicht wohl dabei zumute&comma; da er so im Dunkeln tappen mußte&semi; es lief ihm ein kalter Schauer nach dem andern den Rücken herab und seine Haare sträubten sich empor&period; Rübezahl hat schon manchen betrogen&comma; dachte er&comma; wer weiß&comma; was für ein Abgrund mir vor den Füßen liegt&comma; in welchen ich beim nächsten Schritt hinabstürze&period; Dabei hörte er ein fürchterliches Brausen als eines Tagwassers&comma; das sich in den tiefen Schacht ergoß&period; Je weiter er fortschritt&comma; je mehr engten ihm Furcht und Grausen das Herz ein&period; Doch bald sah er zu seinem Trost in der Ferne ein blaues Flämmchen hüpfen&comma; das Berggewölbe erweiterte sich zu einem großen Saal&comma; das Flämmchen brannte hell und schwebte als ein Hängeleuchter in der Mitte der Felsenhalle&period; Auf dem Pflaster fiel ihm eine kupferne Braupfanne in die Augen&comma; mit lauter harten Talern bis an den Rand gefüllt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Als Veit den Geldschatz erblickte&comma; schwand alle seine Furcht dahin und das Herz hüpfte ihm vor Freuden&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nimm&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach der Geist&comma; „was du bedarfst&comma; es sei wenig oder viel&comma; nur stelle mir einen Schuldschein aus&comma; wenn du überhaupt schreiben kannst&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Schuldner bejahte das und zählte sich gewissenhaft die hundert Taler zu&comma; nicht einen mehr und keinen weniger&period; Der Geist schien auf das Zählungsgeschäft gar nicht zu achten&comma; drehte sich weg und suchte indes Feder und Tinte hervor&period; Veit schrieb den Schuldschein so bündig als ihm möglich war&semi; der Berggeist schloß ihn in einen eisernen Schatzkasten und sagte zum Abschied&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sieh hin&comma; mein Freund&comma; und nütze dein Geld mit arbeitsamer Hand&period; Vergiß nicht&comma; daß du mein Schuldner bist&comma; und merke dir den Eingang ins Tal und diese Felsenkluft genau&excl; Sobald das dritte Jahr verflossen ist&comma; zahlst du mir Kapital und Zins zurück&semi; ich bin ein strenger Gläubiger&comma; hältst du nicht ein&comma; so fordere ich es mit Ungestüm&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Der ehrliche Veit versprach&comma; auf den Tag richtig Zahlung zu leisten&comma; versprach’s mit seiner biederen Hand&comma; doch ohne Schwur&semi; verpfändete nicht seine Seele und Seligkeit&comma; wie lose Bezahler zu tun pflegen&comma; und schied mit dankbarem Herzen von seinem Schuldherrn in der Felsenhöhle&comma; aus der er leicht den Ausgang fand&period; —<&sol;p>&NewLine;<p>Die hundert Taler wirkten bei ihm mächtig auf Seele und Leib&comma; daß ihm nicht anders zumut war&comma; als er das Tageslicht wieder erblickte&comma; als ob er Balsam des Lebens in der Felsenkluft eingesogen habe&period; Freudig und gestärkt an allen Gliedern&comma; schritt er nun seiner Wohnung zu und trat in die elende Hütte&comma; indem sich der Tag zu neigen begann&period; Sobald ihn die abgezehrten Kinder erblickten&comma; schrien sie ihm wie aus einem Munde entgegen&colon; „Brot&comma; Vater&comma; einen Bissen Brot&excl; Hast uns lange darben lassen&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Das abgehärmte Weib saß in einem Winkel und weinte&comma; fürchtete verzagt und kleinmütig das Schlimmste und vermutete&comma; daß der Angekommene wieder das alte traurige Lied anstimmen werde&period; Er aber bot ihr freundlich die Hand&comma; hieß sie Feuer anschüren auf dem Herde&semi; denn er trug Grütze und Hirse aus Reichenberg im Zwerchsack&comma; wovon die Hausmutter einen steifen Brei kochen mußte&comma; daß der Löffel darin stand&period; Nachher berichtete er von dem guten Erfolg seines Geschäfts&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Deine Vettern&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach er&comma; „sind gar rechtliche Leute&semi; sie haben mir nicht meine Armut vorgerückt&comma; haben mich nicht verkannt oder mich schimpflich vor der Tür abgewiesen&comma; sondern mich freundlich beherbergt&comma; Herz und Hand mir geöffnet und hundert bare Taler vorschußweise auf den Tisch gezählt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fiel dem guten Weibe ein schwerer Stein vom Herzen&comma; der sie lange gedrückt hatte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wären wir&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sagte sie&comma; „eher vor die rechte Schmiede gegangen&comma; so hätten wir uns manchen Kummer ersparen können&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Hierauf rühmte sie ihre Freundschaft&comma; von welcher sie vorher so wenig Gutes erwartet hatte&comma; und tat recht stolz auf die reichen Vettern&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Mann ließ ihr nach so vielen Drangsalen gern die Freude&comma; die ihrer Eitelkeit so schmeichelhaft war&period; Da sie aber nicht aufhörte&comma; von den reichen Vettern zu sprechen&comma; und das viele Tage so forttrieb&comma; wurde Veit des Lobposaunens der Geizdrachen satt und müde und sprach zum Weibe&colon; „Als ich vor der rechten Schmiede war&comma; weißt du&comma; was mir der Meister Schmied für eine weise Lehre gab&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Sie sprach&colon; „Welche&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Jeder&comma; sagte er&comma; sei seines Glückes Schmied&comma; und man müsse das Eisen schmieden&comma; so lange es heiß sei&semi; drum laß’ uns nun die Hände rühren und unserm Beruf fleißig obliegen&comma; daß wir was vor uns bringen&comma; in drei Jahren den Vorschuß nebst Zinsen abzahlen können und aller Schuld quitt und ledig seien&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Darauf kaufte er einen Acker und eine Wiese&comma; dann wieder einen und noch einen&comma; dann eine ganze Hufe&semi; es war Segen in Rübezahls Gelde&comma; als wenn ein Hecktaler darunter wäre&period; Veit säete und erntete&comma; wurde schon für einen wohlhabenden Mann im Dorfe gehalten&comma; und sein Säckel besaß noch immer ein kleines Kapital zur Erweiterung seines Eigentums&period; Im dritten Sommer hatte er schon zu seiner Hufe ein Herrengut gepachtet&comma; das ihm reichen Ertrag brachte&semi; kurz&comma; er war ein Mann&comma; dem alles&comma; was er tat&comma; zu gutem Glück gedieh&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Der Zahlungstag kam nun heran und Veit hatte so viel erübrigt&comma; daß er ohne Beschwerde seine Schuld abtragen konnte&semi; er legte das Geld zurecht und an dem bestimmten Tage war er früh auf&comma; weckte das Weib und alle seine Kinder&comma; hieß sie waschen und kämmen und ihre Sonntagskleider anziehen&comma; auch die neuen Schuhe und die scharlachenen Mieder und Brusttücher&comma; die sie noch nicht auf den Leib gebracht hatten&period; Er selbst holte seinen Feiertagsrock herbei und rief zum Fenster hinaus&colon; „Hans&comma; spann’ an&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mann&comma; was hast du vor&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; fragte die Frau&comma; „es ist heute weder Feiertag noch Kirchweihfest&comma; was macht dich so guten Mutes&comma; daß du uns ein Wohlleben bereitet hast&comma; und wo gedenkst du uns hinzuführen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Er antwortete&colon; „Ich will mit euch die reichen Vettern jenseits des Gebirges heimsuchen und dem Gläubiger&comma; der mir durch seinen Vorschub wieder aufgeholfen hat&comma; Schuld und Zins bezahlen&comma; denn heute ist der Zahltag&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Das gefiel der Frau wohl&semi; sie putzte sich und die Kinder stattlich heraus&comma; und damit die reichen Vettern eine gute Meinung von ihrem Wohlstande bekämen und sich ihrer nicht schämen dürften&comma; band sie eine Schnur gekrümmter Dukaten um den Hals&period; Veit rüttelte den schweren Geldsack zusammen&comma; nahm ihn zu sich&comma; und da alles in Bereitschaft war&comma; saß er auf mit Frau und Kind&period; Hans peitschte die vier Hengste an und sie trabten mutig über das Blachfeld nach dem Riesengebirge zu&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Vor einem steilen Hohlwege ließ Veit den Rollwagen halten&comma; stieg ab und ließ die anderen ein Gleiches tun&comma; dann gebot er dem Knechte&colon; „Hans&comma; fahr’ gemachsam den Berg hinan&comma; oben bei den drei Linden sollst du unser warten&comma; und ob’s auch ein wenig lange dauert&comma; so laß dich’s nicht anfechten&comma; laß die Pferde verschnaufen und einstweilen grasen&semi; ich weiß hier einen Fußpfad&comma; er ist etwas um&comma; doch lustig zu wandeln&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Darauf schlug er sich in Geleitschaft des Weibes und der Kinder waldein durch dicht verwachsenes Gebüsch und spähte hin und her&comma; die Frau meinte&comma; ihr Mann habe sich verirrt&semi; sie ermahnte ihn darum&comma; zurückzukehren und der Landstraße zu folgen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Veit aber hielt plötzlich still&comma; versammelte seine sechs Kinder um sich her und redete also&colon; „Du wähnst&comma; liebes Weib&comma; daß wir zu deiner Freundschaft ziehen&semi; dahin steht jetzt nicht mein Sinn&period; Deine reichen Vettern sind Knauser und Schurken&comma; die&comma; als ich damals in meiner Armut Trost und Zuflucht bei ihnen suchte&comma; mich gefoppt&comma; gehöhnet und mit Übermut von sich gestoßen haben&period; — Hier wohnt der reiche Vetter&comma; dem wir unsern Wohlstand verdanken&comma; der mir aufs Wort das Geld geliehen&comma; das in den drei Jahren in meiner Hand so wohl gewuchert hat&period; Auf heute hat er mich herbeschieden&comma; Zins und Kapital ihm wieder zu erstatten&period; Wißt ihr nun&comma; wer unser Schuldherr ist&quest; Der Herr vom Berge&comma; Rübezahl genannt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Weib entsetzte sich heftig über diese Rede&comma; schlug ein Kreuz vor sich&comma; und die Kinder bebten und gebärdeten sich ängstlich vor Furcht und Schrecken&comma; daß sie der Vater vor Rübezahl führen wollte&period; Sie hatten viel in den Spinnstuben von ihm gehört&comma; daß er ein scheußlicher Riese und Menschenfresser sei&period; Veit erzählte ihnen sein ganzes Abenteuer&comma; wie ihm der Berggeist in Gestalt eines Köhlers auf sein Rufen erschienen sei&comma; und was er mit ihm verhandelt in der Höhle habe&comma; pries seine Mildtätigkeit mit dankbarem Herzen und so inniger Rührung&comma; daß ihm die warmen Tränen über die Backen herabträufelten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wartet hier&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; fuhr er fort&comma; „jetzt geh’ ich hin in die Höhle&comma; mein Geschäft auszurichten&period; Fürchtet nichts&comma; ich werde nicht lange ausbleiben und wenn ich’s vom Gebirgsherrn erlangen kann&comma; so bring’ ich ihn zu euch&period; Scheuet euch nicht&comma; eurem Wohltäter treuherzig die Hand zu schütteln&comma; ob sie gleich schwarz und rußig ist&semi; er tut euch nichts zuleide und freut sich seiner guten Tat und unsers Danks gewiß&excl; Seid nur beherzt&comma; er wird euch goldene Äpfel und Pfeffernüsse austeilen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Ob nun gleich das bängliche Weib viel gegen die Wallfahrt in die Felsenhöhle einzuwenden hatte und auch die Kinder jammerten und weinten&comma; sich um den Vater herlagerten und&comma; da er sie auf die Seite schob&comma; ihn an den Rockfalten zurückzuziehen sich abmühten&comma; so riß er sich doch mit Gewalt von ihnen&comma; drang in den dicht verwachsenen Busch und gelangte zu dem wohlbekannten Felsen&period; Er fand alle Merkzeichen der Gegend wieder&comma; die er sich wohl ins Gedächtnis geprägt hatte&semi; die alte halberstorbene Eiche&comma; an deren Wurzel die Kluft sich öffnete&comma; stand noch&comma; wie sie vor drei Jahren gestanden hatte&comma; doch von einer Höhle war keine Spur mehr vorhanden&period; Veit versuchte auf alle Weise&comma; sich den Eingang in den Berg zu eröffnen&comma; er nahm einen Stein&comma; klopfte an den Felsen&semi; er sollte&comma; meinte er&comma; sich auftun&semi; er zog den schweren Geldsack hervor&comma; klingelte mit den harten Talern und rief&comma; so laut er nur konnte&colon; „Geist des Gebirges&comma; nimm hin&comma; was dein ist&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Doch der Geist ließ sich weder hören noch sehen&period; Also mußte sich der ehrliche Schuldner entschließen&comma; mit seinem Säckel wieder umzukehren&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Sobald ihn das Weib und die Kinder von ferne erblickten&comma; eilten sie ihm freudevoll entgegen&semi; er war mißmutig und sehr bekümmert&comma; daß er seine Zahlung nicht an seinen Gläubiger abliefern konnte&comma; setzte sich zu den Seinen auf einen Rasenrain und überlegte&comma; was nun zu tun sei&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da fiel ihm sein altes Wagestück wieder ein&period; „Ich will&comma;&OpenCurlyDoubleQuote; sprach er&comma; „den Geist bei seinem Spottnamen rufen&semi; wenn’s ihn auch verdrießt&comma; mag er mich bläuen und zupfen&comma; wie er Lust hat&comma; wenigstens hört er auf diesen Ruf gewiß&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Darauf schrie er aus Leibeskräften&colon; „Rübezahl&excl; Rübezahl&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Das angstvolle Weib bat ihn&comma; zu schweigen&comma; und wollte ihm den Mund zuhalten&semi; er ließ sich aber nicht wehren und trieb’s immer ärger&period; Plötzlich drängte sich jetzt der jüngste Bube an die Mutter an und schrie bänglich&colon; „Ach&comma; der schwarze Mann&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Getrost fragte Veit&colon; „Wo&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; „Dort lauscht er hinter jenem Baume hervor&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Und alle Kinder krochen in einen Haufen zusammen&comma; bebten vor Furcht und schrien jämmerlich&period; Der Vater blickte hin und sah nichts&semi; es war Täuschung&comma; nur ein leerer Schatten&semi; kurz Rübezahl kam nicht zum Vorschein und alles Rufen war umsonst&period;<&sol;p>&NewLine;<p><img style&equals;"display&colon; block&semi; margin-left&colon; auto&semi; margin-right&colon; auto&semi;" src&equals;"&sol;Rudolf-Reichhardt&sol;Ruebezahl&sol;001&period;jpg&quest;m&equals;1382265070&" alt&equals;"Ach&comma; der schwarze Mann&comma; dort lauscht er hinter jenem Baume vor&period;" width&equals;"439" height&equals;"650"><&sol;p>&NewLine;<p>Die Familie trat nun den Rückweg an und Vater Veit ging ganz betrübt und schwermütig auf der breiten Landstraße vor sich hin&period; Da erhob sich vom Walde her ein sanftes Rauschen in den Bäumen&comma; die schlanken Birken neigten ihre Wipfel&comma; das bewegliche Laub der Espen zitterte&comma; das Brausen kam näher und der Wind schüttelte die weitausgestreckten Äste der Steineichen&comma; trieb dürres Laub und Grashalme vor sich her&comma; kräuselte im Weg kleine Staubwolken empor&period; An diesem lustigen Spiel vergnügten sich die Kinder&comma; die nicht mehr an Rübezahl dachten&comma; und haschten nach den Blättern&comma; mit welchen der Wirbelwind spielte&period; Unter dem dürren Laube wurde auch ein Blatt Papier über den Weg geweht&comma; auf welches einer der Knaben Jagd machte&semi; doch wenn er danach griff&comma; hob es der Wind auf und führte es weiter&comma; daß er’s nicht erlangen konnte&period; Darum warf er seinen Hut danach&comma; der’s endlich bedeckte&semi; weil’s nun ein schöner&comma; weißer Bogen war und der sparsame Vater jede Kleinigkeit in seinem Haushalte zu nutzen pflegte&comma; so brachte ihm der Knabe den Fund&comma; um sich ein kleines Lob zu verdienen&period; Als dieser das zusammengerollte Papier aufschlug&comma; um zu sehen&comma; was es wäre&comma; fand er&comma; daß es der Schuldbrief war&comma; den er an den Berggeist ausgestellt hatte&semi; er war von oben herein zerrissen und unten stand geschrieben&colon; „Zu Dank bezahlt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Wie das Veit las&comma; rührte es ihn tief in der Seele und er rief mit freudigem Entzücken&colon; „Freue dich&comma; liebes Weib und ihr Kinder allesamt&comma; freuet euch&semi; er hat uns gesehen&comma; hat unsern Dank gehört&comma; unser guter Wohltäter&comma; der uns unsichtbar umschwebte&comma; weiß&comma; daß Veit ein ehrlicher Mann ist&period; Ich bin meiner Zusage quitt und ledig&comma; nun laßt uns mit frohem Herzen heimkehren&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Eltern und Kinder weinten noch viele Tränen der Freude und des Dankes&comma; bis sie wieder zu ihrem Fuhrwerk gelangten&comma; und weil die Frau groß Verlangen trug&comma; ihre Freundschaft heimzusuchen&comma; um durch ihren Wohlstand die filzigen Vettern zu beschämen&comma; so rollten sie frisch den Berg hinab&comma; gelangten in der Abendstunde in das Dorf und hielten bei dem nämlichen Bauernhofe an&comma; aus welchem Veit vor drei Jahren hinausgestoßen worden war&period; Er pochte diesmal ganz herzhaft und fragte nach dem Wirte&period; Es kam ein unbekannter Mann zum Vorschein&comma; der gar nicht zur Freundschaft gehörte&semi; von diesem erfuhr Veit&comma; daß die reichen Vettern ausgewirtschaftet hatten&period; Der eine war gestorben&comma; der andere verdorben&comma; der dritte davongegangen und ihre Stätte ward nicht mehr gefunden in der Gemeinde&period; Veit übernachtete mit seiner Familie bei dem gastfreien Hauswirt&comma; der ihm und seinem Weibe das alles weitläufiger erzählte&period; Tags darauf kehrte er in seine Heimat und an seine Berufsgeschäfte zurück&comma; nahm zu an Reichtum und Gütern und blieb ein rechtlicher&comma; wohlhabender Mann sein lebelang&period;<&sol;p>