Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Tante Toni und ihre Bande
(Alberta von Brochow)

2. Kapitel
Es wird Krocket gespielt, und Tante Toni macht dabei Charakterstudien

<p>Am folgenden Tag war die ganze Kinderschar wieder bei Wulffs versammelt&period; Vater Wulff stand vor dem Barometer und runzelte die Stirne&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es tut mir leid&comma; Kinder&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; sagte er endlich&comma; „aber ihr werdet euern Spaziergang nicht machen können&period; Der Barometer ist sehr gefallen&comma; und dort in der Wetterecke sieht es drohend aus&period; Wir bekommen Regen und Wind&comma; vielleicht sogar Sturm&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Da gab es enttäuschte&comma; betrübte und ärgerliche Gesichter&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wie langweilig&excl; Was fangen wir jetzt an&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun&comma; wir können wenigstens in den Garten gehen&comma; solange es noch nicht regnet&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; schlug Tante Toni vor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Weißt du was&comma; Tante Toni&quest; Mache mit uns eine Krocketpartie&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach ja&comma; Tante Toni&comma; die Mieze hat recht&comma; wir wollen Krocket spielen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nee – Krocket ist entsetzlich langweilig&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Tante Toni lachte&colon; „Lieber Otto&comma; das Wort ‚langweilig&OpenCurlyQuote; scheint ein Lieblingsausdruck von dir zu sein&excl; Ich stimme für Krocket&period; Wer spielt also mit&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich natürlich&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; erklärte Otto mit Bestimmtheit&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wie&comma; Otto&comma; du&quest; – Du findest das Spiel doch so langweilig&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Immerhin weniger langweilig als gar nicht zu spielen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun gut also&period; Und wer spielt noch mit&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich – ich – ich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrien alle Kinder durcheinander&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; wir können aber nicht alle spielen&comma; wir sind etwas zu zahlreich&period; Ich will gerne zuschauen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; Tante Toni&comma; das gibt's nicht&period; Du mußt vor allen mitspielen&period; Wir können ja das Los ziehen&comma; um zu sehen&comma; wer mitspielt&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach nein&semi; da gibt's doch immer Ärgerliche und Unzufriedene&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; behauptete Mariechen Helmer&period; „Spiele du mit den Größeren&comma; Tante Toni&semi; ich nehme die Kleineren mit auf die Wiese und spiele mit ihnen Ball oder Reifen&period; Komm&comma; Tonichen&semi; kommt&comma; Rudi&comma; Lilly und Anna&comma; wollt ihr mit mir gehen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich schau' lieber den Großen zu&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; erklärte Rudi&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Wir können zu sechs spielen&comma; drei gegen drei&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; erklärte Philipp Helmer&period; „Tante Toni&comma; Paul&comma; Kurt&comma; Otto und ich&comma; das sind fünf&semi; da kann der Rudi also mit uns spielen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; der Rudi spielt viel zu schlecht&comma; den will ich nicht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Otto&period; „Dann lieber die Lilly&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach ja&comma; Tante Toni&comma; laß mich mitspielen&comma; ich spiele schon sehr gut&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; bat Lilly&comma; und nach einigem Hinundher kam endlich die Partie zustande&comma; und zwar so&comma; daß Tante Toni mit Kurt und Lilly gegen Paul&comma; Philipp und Otto spielte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Im Anfang ging alles ganz gut&semi; als aber Paul einen ungeschickten Schlag ausführte&comma; wurde er verdrießlich und ärgerlich&period; Bald darauf passierte seinen beiden Partnern Otto und Philipp dasselbe Mißgeschick&semi; da geriet er ganz außer sich und machte ihnen die größten Vorwürfe&semi; diese wollten sich das aber nicht gefallen lassen&comma; und Philipp meinte spöttisch&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ei&comma; wenn du schimpfen willst&comma; so fang' nur bei dir selber an&excl; Du bist uns mit dem schlechten Beispiel vorangegangen&semi; du hast die erste Dummheit gemacht&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das kann dem besten Spieler einmal passieren&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Gewiß&semi; aber um so eher kann es mittelmäßigen Spielern passieren&comma; und zu denen rechnest du Otto und mich ja doch&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber keine Spur von einer Latern'&excl; Zu den schlechten Spielern rechne ich euch&comma; zu den ganz schlechten&excl; Ihr spielt geradezu miserabel – wie soll man denn eine Partie gewinnen mit solchen Partnern&quest; Da ist ja nicht daran zu denken – das ist überhaupt gar kein Spiel mehr&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das finde ich auch&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; versetzte Tante Toni&comma; die dem Streite bisher schweigend zugehört hatte&period; „Sag' mal&comma; lieber Paul&comma; weshalb spielen wir denn eigentlich Krocket&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nun&comma; um zu gewinnen&semi; das ist doch selbstverständlich&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Doch nicht so ganz&period; Der Hauptzweck ist doch der&colon; wir wollen uns unterhalten und uns am Spiel erfreuen&comma; indem jeder danach trachtet&comma; den andern an Geschicklichkeit zu überbieten&comma; aber in aller Freundschaft&semi; und wenn man eine Dummheit oder eine Ungeschicklichkeit begeht&comma; dann lacht man sich gegenseitig ein wenig aus – wieder in aller Freundschaft&period; Es kann ja natürlich nur eine Partei gewinnen – wenn aber dann die Verlierenden sich jedesmal gebärden&comma; wie wenn ihnen ein Unglück widerführe oder ein Unrecht geschähe – ja&comma; dann hört eben aller Spaß auf und man kann das kein Spiel mehr nennen&period; Nun&comma; was meinst du dazu&comma; Paul&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; Tante Toni&comma; du hast eigentlich recht&period; Wenn's einem aber egal ist&comma; ob man gewinnt oder nicht&comma; dann gibt man sich auch keine Mühe&comma; und das Spiel ist gar nicht interessant&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„So habe ich's aber auch nicht gemeint&period; Es soll einem gewiß nicht egal sein&comma; und jeder muß sich natürlich die größte Mühe geben&comma; um zu gewinnen&period; Das Gewinnen soll nur nicht der Haupt- und alleinige Zweck des Spieles sein&period; – So&comma; ich glaube&comma; ich bin nun an der Reihe&comma; und wirklich&comma; Paul&comma; ich werde mich tüchtig anstrengen&comma; um einen Meisterschlag zu vollführen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Bravo&comma; Tante Toni&excl; Das hast du gut gemacht&comma; du hast Ottos Kugel getroffen – hinaus mit ihr&comma; so weit du kannst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich will sie lieber liegen lassen und benützen&comma; um durch die Schelle zu kommen&semi; sie liegt doch hinter ihrem Reifen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Als Tante Toni sich umdrehte&comma; sah sie gerade&comma; wie Lilly mit dem Füßchen ihre Kugel ein wenig vorschob&comma; so daß sie für den nächsten Schlag in eine günstigere Lage kam&period; Sie sagte nichts&comma; sie schaute nur Lilly ernst an&period; Diese wurde ein bißchen rot und tat&comma; als ob sie bloß ein Steinchen unter ihrer Kugel entfernt hätte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Nachdem nun Kurt gespielt hatte&comma; kam Philipp an die Reihe&semi; er gab seiner Kugel einen kräftigen Schlag&comma; so daß sie durch ihren Reifen flog und in Lillys Nähe zu liegen kam&semi; als Kurt sich nun anschickte&comma; Lillys Kugel zu treffen&comma; schrie diese ihn an&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du&comma; das gibt's nicht&excl; Philipp&comma; du hast gepfuscht&semi; deine Kugel lag vorhin so&comma; daß du gar nicht durch deinen Reifen kommen konntest&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Sag' noch einmal&comma; ich hätte gepfuscht&comma; du kleine Kröte&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; ereiferte sich Philipp&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du hast gepfuscht – gepfuscht – gepfuscht&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; schrie Lilly&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Impertinente kleine Person&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Philipp war rot vor Ärger&comma; und er hätte seine kleine Cousine gewiß etwas unsanft angefaßt&comma; wenn Tante Toni nicht dazwischengetreten wäre&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Lilly&comma; schau mich mal an&comma; und dann sage mir ehrlich&colon; Hast du gesehen&comma; daß Philipp gepfuscht hat&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Lilly wurde verlegen&period; „Nein&comma; gesehen hab' ich es nicht – aber vorhin lag seine Kugel anders&comma; und da &period;&period;&period;&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„O&comma; da kann man sich so leicht täuschen&excl; Sieh&comma; mir kommt es vor&comma; als hätte deine Kugel vorhin auch anders gelegen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Lilly senkte die Augen vor dem klaren&comma; durchdringenden Blick der Tante&semi; sie wurde so verlegen&comma; daß Tante Toni Mitleid mit ihr hatte und Philipp einen Wink gab&comma; den der gutmütige Junge auch verstand&comma; worauf er weiterspielte&comma; als ob nichts geschehen wäre&comma; und er behandelte Lillys Kugel so glimpflich&comma; daß dieselbe ganz in der Nähe ihres Reifens liegen blieb&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Das Spiel nahm nun einen ganz friedlichen Verlauf&comma; es wurde sogar lustig&comma; weil Tante Toni nachdem sie wieder einmal einen Meisterschlag versprochen hatte&comma; glänzend am Ziele vorbeischoß&comma; worüber sie selbst in lustiges Lachen ausbrach&semi; die Kinder stimmten von Herzen ein&comma; und von diesem Augenblicke an wurde über jeden ungeschickten Schlag gelacht und nicht mehr gezankt&period;<&sol;p>&NewLine;<p>So ging alles vortrefflich&semi; selbst Lilly war wieder ganz vergnügt&comma; sie war sogar sehr stolz&comma; denn sie hatte mit einigen geschickten Schlägen ihre Kugel weit voran gebracht&period; Sie lag eben wieder sehr schön vor ihrem Reifen&comma; als Paul&comma; der Anführer der Gegenpartei&comma; dieselbe traf und mit einem kräftigen Schlag ziemlich weit fortschickte&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Da warf Lilly einfach ihren Hammer hin&semi; sie sagte&colon; „Ich spiel' nicht mehr mit&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; und setzte sich schmollend in einen Winkel&period; Tante Toni sah ihr ganz überrascht nach&comma; Paul aber sagte ärgerlich&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; so macht sie's immer&period; Wie ihr etwas nicht nach dem Kopf geht&comma; dann läuft sie fort und verdirbt einem das ganze Spiel&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Soll ich hingehen und sie zu versöhnen suchen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; schlug der gutmütige Philipp vor&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„O nein&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; antwortete Tante Toni&comma; „das wäre ganz verkehrt&semi; dann würde sie es bei der nächsten Gelegenheit gleich wieder so machen&period; Nein&comma; wir lassen sie ganz ruhig in ihrem Schmollwinkelchen sitzen&comma; und Rudi kann für sie einspringen&period; Magst du&comma; Rudi&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber wie gern&comma; Tante Toni&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach nein&comma; der Rudi spielt gar zu schlecht&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; knurrte Otto&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Aber Otto&comma; das kann dir doch nur angenehm sein&comma; er ist ja dein Gegner&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ach&comma; das ist ja überhaupt gar keine Ehre mehr&comma; gegen solch einen Gegner zu gewinnen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich spiel' gar nicht so schlecht&comma; Tante Toni&comma; du wirst es schon sehen&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; und Rudis eben noch vor Freude strahlende Augen füllten sich mit Tränen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich bin überzeugt&comma; daß du recht gut spielst&comma; mein lieber Rudi&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; tröstete ihn Tante Toni und sah sich nach Lillys Hammer um&semi; allein inzwischen war Otto zu seiner Schwester gegangen und hatte leise aber eindringlich auf sie eingesprochen&comma; und gerade als Tante Toni sich nach dem Hammer bücken wollte&comma; sprang Lilly herbei&comma; erfaßte ihn und rief&colon; „Ich spiel' selbst weiter&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Tante Toni sah unschlüssig von einem Kinde zum andern&period; Ihr Gerechtigkeitsgefühl sagte ihr&comma; daß Lilly Strafe verdient habe und eigentlich vom Spiel ausgeschlossen bleiben müßte – sie wußte ja auch&comma; daß Lilly nur deshalb wieder mitspielen wollte&comma; weil sie und Otto dem kleinen Rudi das Vergnügen mißgönnten&period; Anderseits konnte sie es aber nicht übers Herz bringen&comma; gegen die beiden mutterlosen Kinder strenge zu sein&period; Sie neigte sich deshalb zum enttäuschten Rudi nieder und erklärte ihm&colon; „Lieber Rudi&comma; wir sehen und wissen beide&comma; daß Otto und Lilly nicht schön handeln&comma; aber sie haben eben keine liebe Mutter&comma; die ihnen täglich und stündlich zur Seite steht&comma; sie ermahnt und belehrt – wir wollen daran denken und Geduld mit ihnen haben&comma; nicht&quest; Aber du sollst nicht zu kurz kommen&comma; und ich verspreche dir&comma; die nächste Krocketpartie mache ich mit dir&comma; Mieze und Anna&period; Bist du zufrieden&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Rudi nickte unter Tränen lächelnd&comma; und Tante Toni gab ihm noch einen herzlichen Kuß&comma; als Otto ungeduldig rief&colon; „Holla&comma; Tante Toni&comma; aufgepaßt&comma; du bist dran&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Während Tante Toni spielte&comma; stieß Otto den Rudi an und höhnte&colon; „Hä&comma; du spielst doch nicht mit&comma; siehst du's&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Rudi war ein guter Junge&comma; jedoch er konnte Spott nicht vertragen&period; Er wurde sehr rot bei Ottos Worten&comma; aber er dachte noch daran&comma; was Tante Toni ihm eben gesagt hatte&comma; und er hielt an sich&period; Er streckte seine Hände in die Hosentaschen und drehte Otto den Rücken&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; geh' nur fort&comma; geh' zu den Kleinen ins Kinderzimmer&comma; da gehörst du auch hin&period; Hier störst du uns ja nur&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Rudi stellte sich breitspurig hin und sagte&colon; „Ich bleibe hier und schaue zu&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich sag' dir aber&comma; daß du fortgehen sollst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Du hast mir nichts zu sagen&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Gewiß&comma; denn ich bin älter&comma; größer und stärker als du&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Älter&comma; ja&semi; größer nicht viel&comma; aber stärker gar nicht&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Was hast du gesagt&comma; du frecher Knirps du&quest; Sag's doch noch einmal&comma; wenn du's wagst&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ich bin stärker wie du&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Mit dem Mund vielleicht&comma; aber nicht in Wirklichkeit&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Soll ich's beweisen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das wagst du ja nicht&comma; du Feigling&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Nun war Rudis Geduld zu Ende&period; Er stürzte sich auf Otto&comma; und die beiden Knaben begannen zu ringen&period; Otto war allerdings fast drei Jahre älter als Rudi&comma; aber er war verhältnismäßig klein und zart gebaut&comma; während Rudi groß und kräftig war&period; Rudi bekam denn auch bald die Oberhand&comma; und ehe es der erschrocken herbeieilenden Tante Toni gelang&comma; die beiden zu trennen&comma; lag Otto auf der Erde&period; Sofort begann er ein entsetzliches Wehegeschrei&comma; so daß nicht nur Mieze mit den andern Kindern gelaufen kamen&comma; um zu sehen&comma; was geschehen sei&comma; sondern auch die Eltern&comma; die in der Nähe des Hauses in einer Laube gesessen hatten&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Helmer rief&comma; die Hände ringend&colon; „Natürlich wieder mein Rudi&excl; Wenn ich Geschrei höre&comma; dann brauch' ich gar nicht zu fragen&comma; denn ich weiß schon im voraus&comma; daß der Rudi wieder etwas angestellt hat&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Frau Wulff und Tante Toni hatten sich inzwischen um Otto bemüht&comma; hatten ihn befragt&comma; befühlt und betastet und konnten gar nicht finden&comma; wo er eigentlich verletzt war&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„So sag' uns doch endlich mal&comma; wo es dir fehlt&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Tante Toni aus&period; „Ich kann mir doch nicht denken&comma; daß du uns ohne Grund so erschreckt hast&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Otto antwortete nicht sofort – dann aber fuhr er sich mit beiden Händen an den Kopf und jammerte&colon; „Mein Kopf&comma; o mein Kopf&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Tante Toni und Frau Wulff sahen sich besorgt an&semi; sie führten ihn ins Haus&comma; um ihn aufs Sofa zu legen und ihm Umschläge auf den Kopf zu machen&period; Im Vorbeigehen warf Tante Toni dem Rudi einen vorwurfsvollen Blick zu&period; Das Kind wandte sich ab – es hatte eben schon die Vorwürfe seiner Mutter zu hören bekommen –&comma; sein sonst so offenes&comma; liebes Gesicht bekam einen Ausdruck von finsterem Trotz&period; Ohne ein Wort zu sagen&comma; verließ er den Spielplatz&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mariechen aber hatte ihr Brüderchen beobachtet&period; Sie ging ihm leise nach&semi; sie wußte&comma; sein Trotz würde nicht lange dauern&comma; sondern bald einem großen Schmerz weichen&period; Schon mehrmals hatte sie Rudi nach einem solchen Auftritt bitterlich weinend in irgendeinem Gebüsch des Gartens versteckt gefunden&period; Diesmal war er ganz hinten in den Garten gegangen&semi; dort war ein stilles&comma; von dunkeln Tannen und dichtem Gesträuch umstandenes Plätzchen&semi; da hockte er auf einer Bank&comma; die Arme auf die Lehne gestützt und den Kopf darin vergraben&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mariechen setzte sich neben ihn&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Komm&comma; Rudi&comma; sag' mir's&comma; wie ist's denn wieder gekommen&quest;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Zuerst wollte Rudi nicht antworten&comma; endlich stieß er hervor&colon; „Nun&comma; wie halt immer&period; Erst höhnt er mich und reizt mich&comma; bis ich nicht mehr anders kann&comma; als ihn anpacken&comma; und sowie er fühlt&comma; daß er unterliegen wird&comma; dann fängt er seine Brüllerei an&comma; stellt sich&comma; wie wenn ich ihm Gott weiß was getan hätte – und ich krieg's nachher von allen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Es klangen Trotz&comma; Schmerz und Bitterkeit aus seiner Stimme&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Mariechen schlang ihren Arm um Rudi und sagte begütigend&colon; „Komm&comma; Rudi&comma; wir wissen's ja doch&comma; daß Otto der schuldige Teil ist&comma; und &period;&period;&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„So&quest; Hast du denn nicht gehört&comma; was Mama eben sagte&comma; und hast du nicht gesehen&comma; wie Tante Toni mich angeschaut hat&quest; Und Tante Toni hatte mir doch gerade gesagt &period;&period;&period;&OpenCurlyDoubleQuote; Hier ging die Stimme des Knaben in Schluchzen über&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Komm&comma; Rudichen&comma; mein liebes Goldrudichen&comma; weine nicht so&period; Sag' mir genau&comma; wie alles gekommen ist – ich erzähle es der Tante Toni&comma; und ich werde schon sorgen&comma; daß sie keine falsche Meinung von dir behält&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es wird ihr aber recht leid tun&semi; denn sie hat Otto und Lilly sehr lieb&comma; weil sie keine Mama mehr haben&period; Für uns ist das aber auch schrecklich&semi; sie sind beide unausstehlich&comma; und wir müssen uns alles von ihnen gefallen lassen&semi; niemand straft sie&comma; und wenn man sich über sie beklagt&comma; dann heißt es nur immer&colon; ‚Habt doch Geduld mit den armen Kindern&comma; denn sie haben keine Mutter mehr&period;&OpenCurlyQuote;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; Rudi&comma; das ist freilich alles wahr&OpenCurlyDoubleQuote;&comma; sagte Mariechen&semi; dann schwieg sie nachdenklich still&comma; während ihr Brüderchen fortfuhr&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Und dazu sind sie auch fast immer bei uns oder hier bei Wulffs – wir können niemals etwas unternehmen&comma; außer sie müssen dabei sein&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Ja&comma; Rudi&comma; denke doch aber auch daran&comma; wie traurig es bei ihnen zu Hause ist so ohne Mama und fast ohne Papa&semi; denn du weißt ja&comma; wie angestrengt Onkel Robert arbeiten muß und daß er sich fast nicht um seine Kinder kümmern kann&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„O&comma; Fräulein Helene sorgt aber doch recht gut für sie&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Das ist aber doch nicht dasselbe&period; Denke nur daran&comma; wie unsere Mutter jeden Abend mit uns betet&comma; wie sie selbst die Kleinen besorgt und ins Bettchen legt&comma; wie sie noch zu jedem von uns ans Bett kommt&comma; um uns das Kreuzzeichen zu machen und den letzten Gutenachtkuß zu geben&semi; denke doch daran&comma; wie du immer und zu jeder Stunde zu ihr gehen&comma; sie um alles bitten und fragen kannst&period; Versuche doch einmal dir vorzustellen&comma; wie schrecklich es wäre&comma; wenn wir unsere Mama nicht mehr hätten&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nein&comma; nein&comma; Mieze&comma; daran kann und will ich gar nicht denken&period; Und jetzt – vielleicht weint sie gerade&comma; weil ich vorhin so zornig war&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Bei diesem Gedanken fingen Rudis Tränen wieder an zu fließen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>„Komm&comma; wir wollen sie schnell aufsuchen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote; Mariechen sprang auf und zog ihr Brüderchen mit sich fort&period; Sie waren aber kaum ans ihrem versteckten Plätzchen hervorgetreten&comma; da erblickten sie ganz in der Nähe ihre Mutter und Tante Toni&period; Rudi wollte sich schnell verstecken&comma; aber Mariechen hielt ihn fest und sagte&colon; „Geh' du nur gleich zu Mama – ich nehme inzwischen Tante Toni beiseite und erkläre ihr alles&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Mariechen erzählte nun Tante Toni&comma; wie vorhin der Streit zwischen Otto und Rudi entstanden war&period; Tante Toni hörte aufmerksam zu&comma; dann sagte sie&colon;<&sol;p>&NewLine;<p>„Es ist mir schon mehrmals aufgefallen&comma; daß Otto und Lilly nicht nett mit Rudi sind&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„Nicht wahr&comma; du hast es auch bemerkt&quest;&OpenCurlyDoubleQuote; rief Mariechen eifrig&period; „Was mögen sie nur gegen den guten Rudi haben&quest; Otto neckt und ärgert uns ja alle gern&comma; aber doch ganz besonders den Rudi – er weiß&comma; daß der Rudi Spöttereien nicht vertragen kann&semi; er weiß aber auch&comma; daß Rudi ihm nichts tun darf&period; Du kannst mir glauben&comma; Tante Toni&comma; ich habe schon manchmal gemerkt&comma; wie Rudi an sich gehalten und wie er sich beherrscht hat – aber wenn dann Otto gar nicht aufhört und nur immer ärger kommt&comma; dann bricht er halt los&comma; und man kann's dem kleinen Buben doch nicht so streng anrechnen&comma; wenn er im Zorn einmal ein bißchen fest dreinschlägt&semi; dann gibt's aber jedesmal ein Gebrüll und ein Getue&comma; wie du es vorhin gehört hast&comma; und die ganze Familie gerät in Aufregung&comma; weil Otto doch keine so feste Gesundheit hat&period; Vor einiger Zeit hat er sich nach solch einer Balgerei sogar ein paar Tage ins Bett gelegt und hat behauptet&comma; es sei ihm entsetzlich übel&semi; als ich ihm aber ein großes Stück Kuchen brachte&comma; da hat er's mit dem besten Appetit verzehrt&comma; und wie dann Onkel Wulff von einem Ausflug in die Lichtenau sprach&comma; da war Herr Otto plötzlich wieder gesund&period; Und Lilly hält zu Otto – bei sich zu Hause streiten sie auch miteinander&comma; aber gegen uns halten sie stets zusammen&period; Und wirklich&comma; Tante Toni&comma; wir lassen uns viel von den beiden gefallen&comma; denn sie tun uns ja doch wieder so leid&comma; weil ihre Mutter tot ist&period;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>Tante Toni seufzte und ging eine Weile schweigend neben Mariechen her&period; Endlich sagte sie&colon; „Wir wollen unsere Hoffnung auf Ottos erste heilige Kommunion bauen&comma; und wir wollen recht eifrig für ihn beten&comma; liebes Mariechen&period; Otto und Lilly waren doch so liebe&comma; herzige Kinder&comma; als sie noch klein waren – und sie haben auch einen so vorzüglichen Vater&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>„O ja&comma; Tante Toni&excl; Sie hängen aber auch beide sehr an ihrem Vater&comma; und wenn Onkel Robert dabei ist&comma; dann sind sie einfach musterhaft&period; Ach&comma; es ist recht schade&comma; daß er immer so viel zu tun hat&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>&NewLine;<p>In diesem Augenblick kam Anna herbeigesprungen&colon; „Tante Toni und Mieze&comma; wo bleibt ihr denn&quest; Schnell kommt Kaffee trinken&comma; sonst kriegt ihr nichts mehr&semi; denn der arme Otto hat von seinem Sturze einen wahren Heißhunger davongetragen&period; Er hat schon verschiedene Rosenbrötchen&comma; zwei Stücke Kuchen und drei Bretzeln verschlungen&excl;&OpenCurlyDoubleQuote;<&sol;p>

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