Kinderbücher
Wunderbare Geschichten für Kinder zum Lesen & Vorlesen.

Der Trotzkopf
(Emmy von Rhoden, 1885, empfohlenes Alter: 10 - 12 Jahre)

Kapitel 11

<p>In dem Krankenzimmer dachte man nicht an Schlaf&comma; noch weniger an glückliche Träume&period; Traurig sah es dort aus&period; Lilli tobte zwar nicht mehr&comma; aber sie lag ohne Teilnahme da&period; Das Fieber war noch immer im Zunehmen begriffen&period; Als die Vorsteherin eintrat&comma; erhob sich der Arzt und teilte ihr seine Befürchtung mit&period; Ilse schluchzte leise in sich hinein&semi; es wurde ihr so schwer&comma; sich zu beherrschen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Geh zu Bett&comma; Ilse&comma;« sprach Fräulein Raimar sanft zu ihr&comma; »du darfst nicht länger hier verweilen&period;«<&sol;p>&NewLine;<p>Der Arzt stimmte energisch bei&comma; und so schmerzlich bittend das junge Mädchen auch die Vorsteherin ansah&comma; dieselbe beharrte bei ihrem Willen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Du bist ein gutes Kind&comma;« sagte sie weich und ihre Stimme klang wie verhaltene Thränen&comma; »aber ich darf deinen Wunsch nicht erfüllen&period; Ein längerer Aufenthalt hier könnte deiner Gesundheit schaden&period; Du kannst dem Kinde auch nicht helfen&comma; – sieh hin – es kennt dich – uns alle nicht mehr&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p><img style&equals;"display&colon; block&semi; margin-left&colon; auto&semi; margin-right&colon; auto&semi;" src&equals;"&sol;Emmy-von-Rhoden&sol;Der-Trotzkopf&sol;015&period;jpg&quest;m&equals;1382220332&" alt&equals;"" width&equals;"700" height&equals;"639"><&sol;p>&NewLine;<p>Bevor sie das Zimmer verließ&comma; trat Ilse noch einmal zögernd und leise an Lillis Bett&period; Zitternd ergriff sie die kleine&comma; fieberheiße Hand&comma; beugte sich nieder und drückte einen Kuß darauf&period; »Gute Nacht&comma; Liebling&comma;« hauchte sie leise&comma; »gute Nacht&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Und mit einem langen&comma; thränenschweren Blick auf das blasse Gesichtchen nahm sie Abschied&comma; ach&comma; sie fühlte es&comma; es war ein Lebewohl für immer&period; Dann eilte sie hinaus&comma; das Taschentuch fest vor den Mund gepreßt&comma; damit sie vor Herzeleid nicht laut aufschreie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>Draußen&comma; dicht vor der Thür&comma; stand Nellie&period; Unbemerkt war sie der Vorsteherin gefolgt und hatte die Freundin erwartet&period; Ilse fiel ihr um den Hals und Nellie führte die Trostlose hinauf in ihr Zimmer&period; Dort angelangt warf Ilse sich verzweifelnd auf ihr Bett und begrub ihr Gesicht laut weinend in die Kissen&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Ist sie so sehr krank&quest;« fragte Nellie&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Sie stirbt&comma; Nellie&excl;« schluchzte Ilse außer sich&comma; »unser süßer&comma; kleiner Liebling stirbt&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Nellie wurde blaß und ein heftiges Zittern überfiel ihren Körper&comma; aber sagen konnte sie nichts&period; Sie vermochte niemals ihren Schmerz laut herauszujammern&comma; die ungestüme Art Ilses war ihr fremd&period; War das zu verwundern&quest; Ilse hatte Kummer und Leid noch niemals Aug in Auge gesehen&comma; ihre frohe Jugendzeit war bis dahin einem sonnigen Maientag zu vergleichen&comma; der wolkenlos mit blauem Himmel auf die Erde niederlacht&comma; – wie anders Nellie&excl; So mancher trübe Schatten hatte bereits ihr junges Dasein verdunkelt&excl; Sie mußte an den Tod des geliebten Vaters denken&comma; der sie so jung als Waise zurückließ&excl;<&sol;p>&NewLine;<p>Still setzte sie sich neben die Freundin auf den Bettrand und ergriff deren Hand&period;<&sol;p>&NewLine;<p>»Komm&comma;« sagte sie mit unsichrer Stimme&comma; »setze dir hoch&period; Du machst dir auch krank&comma; wenn du so hitzig bist&excl; Und wenn wir uns tot weinen&comma; wir machen doch der arm’ klein’ Herz nicht gesund&period; Wenn der liebe Gott sagt&colon; ›Ich will der klein’ Engel zu mich nehmen&comma;‹ was können wir da machen&quest; – O Ilse&excl; es ist gar nicht so schrecklich&comma; als ein jung Kind zu sterben&excl; Wer weiß&comma; welch’ traurig Schicksal unsre Lilli aufwartete&colon; Ist es nicht besser&comma; da tot zu sein&quest; – Ich wär’ sehr glücklich&comma; wenn mich der liebe Gott als klein’ Kind zu sich genommen hätte&excl;«<&sol;p>&NewLine;<p>Wie traurig das klang&excl; Sofort wendete sich Ilses ganzes Mitleid ihrer einzigen Nellie zu&period; Sie antwortete nichts&comma; aber sie erhob sich und umschlang dieselbe fest und innig&period; Und die beiden jungen Mädchengestalten in ihren duftigen Ballgewändern&comma; die sie nur zur Freude zu tragen gehofft hatten&comma; schlossen in diesem ernsten Augenblick einen innigen Freundschaftsbund für das ganze Leben&period; Der Mond trat plötzlich hinter dem dunklen Gewölk hervor und verklärte mit seinem blassen Schimmer die lieblichen&comma; thränenvollen Gesichter der Freundinnen wie zwei betaute Rosen&comma; die an einem Stengel erblüht sind&period; –<&sol;p>

«

»